Changes

Jason und ich mussten eine ganze Weile lang einen schnurgeraden Kiesweg entlang laufen, bevor wir das Haus überhaupt sahen. Dadurch, dass auf dem Grundstück überall Bäume standen, hatte es etwas von einem Spaziergang im Park. Hin und wieder blickte ich zu Jason der fröhlich vor sich hin pfiff und seine Spraydose befingerte. Mir war als könnte ich seinen Arm um meine Schulter immernoch spüren.

Das Haus, oder die Villa, oder das Schloss, ich wusste nicht recht als was ich es bezeichnen sollte, hätte mir einen Herzinfarkt verpassen können, hätten die letzten Tage in diesem Buch mich nicht an scheiß - viel Luxus gewöhnt.

Es gab Säulen und zwar reichlich davon, es gab Türmchen, es gab Panoramafenster und es gab einen riesigen Pool, der fast schon als Wassergraben hätte fungieren können. So sieht das also aus, wenn Leute unvorstellbar viel Geld haben, dachte ich.



Jason hatte für das Gebäude vor uns kaum mehr als einen kurzen Blick übrig, der abschätzte an welcher Stelle er seinen persönlich Touch mit der Spraydose hinterließ. Aus dem Gespräch mit Dorothee hatte ich mir schon zusammenreimen können, dass Jason nicht das erste Mal hier war. Waren er und Aiden mal befreundet gewesen und hatten sich regelmäßig hier besucht? Was war passiert, um so einen Hass zwischen den beiden zu erfachen?

Ich schüttelte kurz den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Bestimmt interpretierte ich zu viel darein, dass er Dorothee kannte hieß nicht, dass er Aiden gut kennen musste. Villeicht war sie eine Freundin seiner Eltern, oder seine Nachbarin. Und das er Aiden nicht mochte musste keinen tieferen Grund haben, er wirkte auf mich auch nicht grade sympathisch, obwohl ich zugeben musste, dass er wirklich gut aussah.

Ohne große Umstände begann Jason schwarze Buchstaben auf die Hauswand zu sprühen. Nervös sah ich ihm dabei zu und versuchte zu erraten, was er da schrieb. Ich war mir sicher, dass Aiden jeden Moment auftauchen würde. Was sonst wäre der Sinn hiervon, wenn nicht Destiny und Aiden aufeinandertreffen zu lassen?

,,Jason?"

,,Mmh?"

Er stand mit dem Rücken zu mir und sprühte grade ein i.

,,Weißt du wo Aiden ist? Schule hat er doch bestimmt nicht mehr?"

Ich wusste zwar nicht welche Fächer er hatte, aber auch der letzte Kurs müsste inzwischen vorbei sein. Und da ich wusste, dass Aiden entweder mit einem Sportwagen oder mit einem Motorrad zur Schule kam, würde er schnell zu Hause eintreffen.

,,Jep. Er macht was mit seiner Clique. Und dann ist heute Abend ja auch noch die Party von Jackson. Keine Sorge, ich denke nicht, dass er überhaupt vor Mitternacht zurück sein wird."

,,Was macht er denn mit seiner Clique?"

Jason drehte sich zu mir um und lächelte rätselhaft. ,,Nichts was brave Mädchen wie dich interessieren müsste."

Also Kriminellen Kram! Das wird ja immer besser, dachte ich seufzend. Dieser Hauptcharakter machte es mir echt schwer Gefühle für ihn zu entwickeln.

,,Kommst du auch zu der Party?"

,,Nope. Bin nicht eingeladen. Und ich hab eh keinen Bock darauf Aiden da zu sehen."

Schon war er fertig mit sprayen und trat einen Schritt zurück, um sein Werk zu betrachten. Ich hatte irgendetwas originelles erwartet, aber auf der Hauswand stand einfach nur: Fick dich, Aiden.

,,Schlicht und simpel, dennoch klassisch und von erhabener Leichtigkeit." Sagte Jason dramatisch, legte sich eine Hand aufs Herz und klimperte mit den Wimpern. ,,So wenige Worte und doch drückt es so viel aus."

Ich betrachtete ihn skeptisch. Er ließ die Hand sinken. ,,Ich habe nur Spaß gemacht. Mir wäre was originelleres eingefallen, aber ich fand das Aiden die Mühe nicht wert war. Ich geh nochmal eben rein und hole mir von Dorothee ein Stück Kuchen. Wartest du hier?"

Ich nickte zögerlich. Eigentlich wäre ich viel lieber schon aus dem Tor und nach Hause gegangen, aber das Buch sah es bestimmt so vor, dass ich hier alleine stand während Aiden nach Hause kam und mich hier sah. Dann würde sich irgendein Gespräch ergeben, weil ich ihn davon abhalten müsste, den Schriftzug an der Wand zu sehen und das Buch würde ein paar Tage später damit enden, dass wir zusammenkamen. Ganz einfach.

Mit einem nervösen Gefühl der Erwartung im Bauch wartete ich auf das Eintreffen von Aiden. Ich wagte es nicht Siri aus dem Rucksack zu holen, aus Angst Aiden würde sehen, wie ich mit einem Handy redete. Keine Ahnung wie das Buch das erklären wollte.

Die Zeit verging und Aiden kam nicht. Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen, spielte mit meinen ungewohnt langen Haaren, zupfte meine Klamotten zurecht und zählte im Kopf immer wieder bis 20. Aber Aiden kam nicht.

Nur Jason trat nach einer Ewigkeit auch mal wieder aus dem Tor der Villa heraus, das eine Maid hinter ihm schloss. Er balancierte einen ganzen Stapel Tupperdosen in seinen Armen, die bei jedem Schritt gefährlich schwankten.

,,Tut mir Leid das es so lange gedauert hat." Entschuldigte er sich bei mir und leckte sich Sahnereste von der Oberlippe. ,,Dorothee hatte viel Redebedarf. Und noch mehr Kuchen."

,,Ist schon okay." Antwortete ich abwesend. Ich war restlos verwirrt. Wo blieb Aiden?

Wir verließen das Grundstück, was eine Weile dauerte, und standen schließlich nebeneinander auf dem Bürgersteig.

,,Also dann..." sagte ich und wandte mich zum gehen. Ich musste mich beeilen wenn ich Destinys Mutter noch treffen wollte. Jason überraschte mich indem er mein Handgelenk festhielt. Nach einer merkwürdigen Pause fragte er: ,,Weißt du in welche Richtung du musst?"

Er sah mich aus seinen blauen Augen so intensiv an, dass ich rot wurde. Schnell riss ich mich los.
,,Ja Klar. Ich bin doch nicht bescheuert!"

Er grinste und wiegte den Kopf hin und her als wäre er sich da nicht so sicher. Beleidigt drehte ich mich um und schlug die Richtung ein die ich für richtig hielt. 100% sicher war ich mir nicht, aber ich wollte alleine laufen um endlich mit Siri reden zu können. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Jason mir noch zuwinkte.

...

,,Ich versteh das einfach nicht!" Jammerte ich zu Siri. ,,Das mit meiner Mutter stand doch schon geschrieben, warum ist es nicht passiert? Warum haben sich schon geschriebene Wörter wieder geändert?"

Als ich vorhin nach Hause gekommen war, hatte ich Destinys Mutter nicht mehr angetroffen. Nur ein Zettel und eine schwarze Kreditkarte hatten auf dem Esstisch gelegen. Dabei war es noch gar nicht so spät, ich hatte immer noch fast zwei Stunden bis Kylie, Ashley und Olivia vorbeikommen würden, damit wir uns gemeinsam für die Party zurechtmachten.

,,Na ja... Da steht ziemlich genau das was passiert ist." Sagte Siri mit beruhigender Stimme. Normalerweise waren bei solchen Gesprächen die Rollen vertauscht. Siri war irgendwas krasses passiert worüber sie mit mir redete, während ich versuchte die Ruhe zu bewahren und meine Freundin zu beruhigen.

,,Aber warum ist Aiden nicht aufgetaucht? Ich war mir sicher, dass er genau dann kommt wenn ich alleine vor seinem Haus stehe. Das wäre doch die perfekte Szene gewesen!"

,,Mmh." Machte Siri vorsichtig. ,,Weißt du, ich hab noch nie in einem Buch von so einer Szene gelesen. Was ist, wenn diese Szene eigentlich gar nicht geplant war?"

,,Hä? Wie meinst du das?" Ich biss nervös auf Destinys perfekten Fingernagel.

,,Diese ganze Szene. Das Jason Aiden eins auswischen will und deshalb diese Sache mit der Spraydose durchziehen will. Das er dich auf dem Weg triff und dazu einläd. Villeicht war es nie so gedacht, dass du mitgehst. Oder dass Jason das überhaupt macht."

Perplex starrte ich auf den Bildschirm, wo Siri ihren Anime gestoppt hatte. So übel es auch sein musste in einem Handy festzustecken, Siri machte echt das Beste draus.

,,Aber das kann doch gar nicht sein. Jede Situation die passiert steht doch hier drin." Ich deutete auf das Buch das aufgeklappt auf dem Bett lag. ,,Das ist der Sinn von einer Geschichte. Dieses blöde Buch ist der einzige Anhaltspunkt den wir haben und jetzt spielt es auch verrückt! Auf nichts kann man sich mehr verlassen!" Jammerte ich, den Tränen nah.

Siris Stimme summte beruhigend aus dem Handy heraus. ,,Überleg doch mal. Als du auf dem Weg nach Hause warst und ins Buch geguckt hast, da stand doch nur das mit deiner Mutter die auf Geschäftsreise geht. Wenn das mit Jason gewollt gewesen wäre hätte das da doch dringestanden. Schließlich ist es passiert, bevor du nach Hause kamst."

Das klang logisch. Es war also wirklich nicht geplant gewesen. Meine Entscheidung mit Jason mitzugehen, mit ihm überhaupt zu reden, hatte es ausgelöst.

Ich begann zu zittern. ,,Das heißt ich hab grade das Buch verändert?! Oh Fuck!"

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