Kapitel 15-Freitag

Fröhlich und ausgeschlafen stand ich am nächsten Tag vor meinem Spind und wartete auf den Badboy aller Badboys. Chris sollte bald hier sein, und ich vertrieb mir die Wartezeit mit meinem Handy.

,,Guten Tag, schöne Unbekannte. Haben Sie hier zufällig eine kleine, ziemlich nervige Braunhaarige namens Hailey gesehen?", fragte jemand und ich sah von meinem Handy auf.

Grinsend umarmte ich Christopher, welcher mich lachend hochhob. ,,Hey, du Idiot."

Er sah aus wie immer: schwarze, zu einem leichten Quiff gegelte Haare, hohe Wangenknochen, grüne Augen. Jedes Ohr zierte ein schwarzer Tunnel. Heute trug er schwarze Jeans und ein kariertes Flannelhemd, welches einen Teil des Tattoos auf seinem rechten Arm versteckte.

Gespielt bestürzt sah er mich an. ,,Oh, weil du so leise und fröhlich warst, habe ich dich garnicht erkannt."

,,Halt die Klappe du Idiot.", lachte ich.

,,Ich habe ja anscheinend einiges verpasst. Was ist passiert, das dich fröhlich macht?"

Ich rollte mit den Augen. ,,Na los, klopf deine Sprüche beim Football Team."

Ich hoffte, dass mein Themawechsel mir gelang, denn ich wollte noch die ruhigen Minuten vor dem Sturm, oder eher Hurricane genießen.

Chris legte den Arm um meine Schulter. ,,Genau da gehen wir jetzt hin. Keine Widerrede."

,,Bist du jetzt clean?", fragte ich neugierig.

Christopher sah mich nur verwirrt an. ,,Um damit meinen Ruf abzugeben? Nein Süße. Aber ich fühl mich wie auf Entzug."

Den Weg bis zum Footballplatz legten wir ziemlich langsam zurück, denn mein bester Freund hielt den Mund nicht und wie sagt man so schön? Jungs beherrschen kein Multitasking, also ging er wie eine Schnecke und blieb immer wieder stehen.

Als wir am Platz ankamen, blieben wir nicht lange unentdeckt, denn das Team hatte gerade Training. ,,Hey ihr Looser!", brüllte McCrory grinsend.

,,Chris ist wieder da!", schrie jemand vom Footballteam und ehe wir uns versahen, ignorierten sie den Coach und rannten auf uns zu.

,,Ich hab' die Idioten echt vermisst." Seine Lippen verzogen sich zu einem riesigen Grinsen.

,,Halt die Luft an, das wird weniger schmerzhaft.", riet ich ihm und ging zwei Schritte zur Seite.

Ich wusste, was nun kommen würde: Gruppenkuscheln mit gebrochener Wirbelsäule.

Schon ziemlich oft war ich fast von den Westcoast Wolves zerdrückt worden, denn die Riesenbabys - die ich dennoch liebte- unterschätzten ihre Kraft manchmal.

Brady ging grinsend auf Chris zu. ,,Hailey hat mich vollgejammert. Endlich bist du wieder da, Alter."

Chris lächelte mich spöttisch an und umarmte meinen kleinen Bruder.

Bradley löste sich und wir setzten uns auf die Tribüne, während Riley und Christopher knuddelten. Süß.

,,Hey, weiß Chris, was ihm heute Mittag bevorsteht?"

Zerknirscht sah ich Brady an. ,,Verdammt, nein! Oh Gott, was wenn er's von Riley erfährt? Ich hab' nicht drangedacht, dass unser toller Bruder ihm das erzählen könnte."

Brady sah zu den beiden, die heftig miteinander diskutierten. Dann sah Chris mit gefurchter Stirn zu mir. ,,Hailey, kommst du bitte Mal kurz?"

,,Uh, ich glaube, er weiß es schon.", sagte Brady und verzog das Gesicht.

Oh ja, sah ganz danach aus. Na toll, wahrscheinlich hatte Riley Chris auf seine Seite gezogen.

,,Ja?", fragte ich unschuldig als ich vor den beiden stand.

Chris hob die Augenbrauen. ,,Wolltest du mir vielleicht was erzählen? Es geht um einen Arsch mit gefärbten Haaren namens Michael Clifford!"

Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen. ,,Äh, nein. Keine Ahnung was du meinst, also ganz ehrlich, ich weiß nicht, wovon du redest, Chris."

Dieser sah mich seufzend an. ,,Riley hat's mir erzählt. Du kannst aufhören zu lügen. Also, was soll das? Hast du vergessen, dass er dich heulend am Flughafen zurückgelassen hat, ohne auch nur ein Sterbenswörtchen zu sagen, dass er geht? Hailey! Wie kannst du ihm so leicht verzeihen? Du warst am Boden zerstört!" Mit jedem Wort wurde Christopher lauter und scheinbar war er ziemlich sauer.

Ich runzelte die Stirn. ,,Ich will das, was wir hatten, nicht wegwerfen."

,,Aber er hat es getan!", schrie Chris verzweifelt.

Riley legte ihm die Hand auf die Schulter. ,,Ihr ist nicht mehr zu helfen. Seit Tagen rede ich auf sie ein, aber sie ist blind. Wenn sie so dumm ist, lass sie. Lass sie in ihr Verderben laufen. Ich werde dann nicht hier sein und dich trösten."

Okay, das brachte das Fass definitiv zum Überlaufen. All die Wut gegen Riley kam hoch und ich sog sauer die Luft ein.

,,Hältst du Mal die Klappe? Niemand hat dich nach deiner verdammten Meinung gefragt, Herrgottnochmal! Es interessiert niemanden wie dir das gefällt, okay?! Du führst dich auf wie der grösste Arsch! Kapierst du nicht, dass es reicht? Verdammt, du bist mein großer Bruder! Statt Micheael nachzusagen, dass er mich verletzen wird, solltest du mal selber nachdenken, was du getan hast! Wie du mich in den letzten Tagen verletzt hast! Du verletzt mich täglich, okay? Falls es dich interessiert, du hast die Beziehung zu mir ziemlich ruiniert! Ich war stolz auf einen so tollen Bruder. Jetzt schäme ich mich für dich!", mittlerweile schrie ich über das ganze Feld. Dann drehte ich mich zu Chris um.

,,Und du!", blaffte ich und stach ihm den Zeigefinger in die Brust. ,,Du warst weg okay? Du kannst nicht wieder herkommen und eine alte Wunde aufreissen! Du warst verdammt nochmal weg! Du bist mein bester Freund, wieso stellst du dich auf die Seite dieses hirnlosen Idioten? Michael hatte vor, mit uns beiden heute zu Mittag zu essen, damit er dich kennenlernen kann, und damit du ihn richtig kennenlernst. Aber darauf hab' ich echt keine Lust mehr!"

Riley und Chris sahen mich mit großen Augen an.

,,Hailey.."

,,Nein, fass mich nicht an!", fuhr ich Riley an und schlug seine Hand weg.

,,Ihr könnt mich kreuzweise. Ich bin keine fünf mehr, ich bin fast erwachsen! Verdammt nochmal, wie soll ich mein eigenes Leben führen, wenn ihr es mich nicht führen lasst? Hm? Wollt ihr mich in Watte einpacken und bis ich dreißig bin in einen Keller sperren? Wisst ihr was, mir reicht dieser ganze Scheiss. Besonders von dir Riley."

,,Hailey, ich-", fing mein Bruder an, doch ich unterbrach ihn.

,,Nein, nichts Hailey. Lass es einfach. Lass mich einfach in Ruhe. Okay? Lass es."

Wieder griff Riley nach mir, und ich ging weg. ,,Mir reicht's. Lass es einfach Riley.", sagte ich kalt und hob die Hände.

Ich bemerkte, dass das Football Team und der Coach mich anstarrten.

Wütend drängte ich mich an ihnen vorbei und ging zurück ins Schulgebäude.

,,Denken auch, sie können tun und lassen, was sie wollen.", schimpfte ich vor mich hin und kickte eine leere Dose mit voller Wucht weg.

,,Leb dein Leben Hailey, du bist alt genug. Wir vertrauen dir.", machte ich Riley nach. ,,Oh ja, ich leb ja ein tolles Leben. Verdammt nochmal!"

Meine restliche Wut ließ ich an einem Mülleimer aus, gegen den ich trat. Er fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden.

Seufzend ließ ich mich an einer Spindreihe zu Boden sinken.

Zufälligerweise saß ich genau gegenüber dem Klassenzimmer, indem Grace Unterricht hatte.

Sie versuchte durch Grimassen und Winken meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Als meine beste Freundin die Wut sah, die sich in meinem Gesicht wiederspiegelte, stand sie auf und ging zum Lehrerpult. Sekunden später ging sie in meine Richtung.

,,Hailey! Was ist passiert? Wen muss ich überfahren, sobald ich den Führerschein habe?", fragte sie und setzte sich neben mich.

Kurz lächelte ich, wurde aber dann wieder von der Wut ergriffen. ,,Riley und Chris haben sich dermaßen aufgeführt. Ich hab' sie vor dem ganzen Footballteam plus Coach angebrüllt und der Mülleimer dort drüben hat auch was abbekommen."

Grace wusste, dass sie mit keinen Worten meine Wut bändigen konnte, und so legte sie einfach den Kopf auf meine Schulter und blieb still sitzen.

Meine beste Freundin wusste immer genau, wie sie sich in solchen Situationen verhalten musste, um mir zu helfen.

Dann hörten wir Schritte näherkommen.

Grace stand auf und baute sich vor Chris auf, der vor uns stand. 

Dank ihren schwarzen Wildleder Stiefelletten mit dem braunen Absatz war sie fast so groß wie er.

,,Du hörst mir jetzt Mal zu, du Riesenarschloch. Hailey hat ein eigenes Leben und sie teilt es mit dir, wofür du unendlich dankbar sein solltest. Du solltest tagtäglich dankbar sein, mit so einem besonderen Menschen so gut befreundet zu sein. Hast du das verstanden, Mister "Ich bin ja so toll" ?"

Chris nickte stumm.

Grace öffnete den Mund um ihm eine Standpauke zu halten, gegen die mein Rumgebrülle harmlos erschien. Denn Grace wog ihre Worte immer ab und brüllte nicht rum. Nein. Entweder sie wartete auf eine riesige Rache oder schüchterte alle mit ihrer Kälte ein. Die Leute mochten sie zwar, aber man konnte sehr viel Angst vor ihr haben.

Grace' Lehrer rettete Chris vor dem Vortrag mit sehr vielen Drohungen.

,,Miss Hart? Wie wäre es, wenn sie wieder zurück in die Klasse kommen?", rief er und hob die Brauen.

,,Wir sprechen uns noch, mein Lieber. So leicht entkommst du mir nicht."

,,Miss Hart, wenn es sein muss, trage ich Sie zurück in das Klassenzimmer."

Grace verdrehte die Augen und wandte sich wieder Chris zu.

,,Pass bloß auf Chris. Solltest du ein fasches Wort sagen, überfahre ich dich. Und dann warte ich nicht, bis ich den Führerschein habe.", drohte sie.

Sie machte selbst mir Angst. Ich liebe dieses Mädchen einfach. Auf sie konnte man sich immer verlassen.

,,Miss Hart. Muss ich Sie nun tragen oder schaffen Sie es alleine zurück zu uns?"

,,Mister Herondale, Sie sollten Grace besser nicht noch mehr reizen.", warnte ich den Geschichts- und Sportlehrer.

Er war ziemlich jung, vielleicht Mitte zwanzig, hatte schwarze Locken und eine braune, rundliche Brille.

Er musste wohl die Situation verstanden haben, denn er nickte nur und schloss Hinter Grace die Tür.

Chris setze sich schweigend neben mich.

,,Hi."

,,Geh weg."

Er schmunzelte. ,,So hat es angefangen. Mit einem 'Hi',und einem 'Geh weg' "

,,Willst du sonst noch was sagen?"

Chris verzog das Gesicht. Oh ja, ich war sauer. Das müsste er nach meinem Ausbruch am Football Feld eigentlich wissen.

,,Du bist die Schwester, die ich nie hatte. In erster Linie ist es wichtig, dass du nicht verletzt wirst. Du weißt doch, wie ich dazu stehe. Tut mir Leid."

Ich nickte knapp.

,,'kay, ich... werd dann mal gehen.", murmelte er und stand auf.

,,Bin ich jetzt der große böse Chris? Das Arschloch? Denn ich will auf keinen Fall, dass du so über mich denkst."

Schnell schüttelte ich den Kopf. ,,Ich bin einfach immer noch ziemlich sauer. Aber das meiste geht auf Riley's Kappe."

Nun war es Chris, der nickte. ,,Also, Mittagessen?"

Sofort lächelte ich. ,,Ist das dein Ernst? Du gibst ihm 'ne Chance?"

,,Klar. Aber ich sollte wieder zurück zum Football Team, mal sehen, wie wütend dein Bruder ist. Kommst du mit?"

,,Nein. Aber danke."

Mit einem Lächeln ging Chris Richtung Football Team.

Ich war ziemlich froh, dass ich noch keinen Unterricht hatte, denn ich war immer noch wütend.

Aber es tat gut, das mal rausgelassen zu haben.

Seufzend erhob ich mich und ging zum Eingang. Dort setzte ich mich auf das Steingeländer und genoss einfach die Ruhe vor dem nächsten Hurricane.

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[18. Juli. 2017, 1832 Wörter]

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