Kapitel 7
CLINT
„Hände hinter den Rücken", knurrte eine der Personen mit einem italienischen Akzent. Es war schon mal nicht Kaufman, und für Ferri war die Gestalt zu groß. Wer zum Teufel waren diese Leute? Und was wollten die von uns? Wie lange verfolgten sie uns? Gehörten sie zu Kaufmans Plan? Oder waren das andere Leute, die es auf Tasha und mich abgesehen hatten?
Ich wechselte einen Blick mit Natasha, während wir taten, was die Leute von uns verlangten.
Zwei der Gestalten kamen auf uns zu und fesselten uns – ziemlich fest, wie ich merkte.
Nicht schon wieder, stöhnte ich innerlich und verdrehte die Augen. Bestand diese Mission etwa nur daraus, gefesselt zu werden?
„Vorwärts", zischte der dritte Mann, wieder mit dem italienischen Akzent.
„Gibt es auch andere Optionen?", fragte ich.
„Tod", grummelte einer der Männer, die uns gefesselt hatten, er besaß einen noch stärkeren Akzent und ich vermutete, dass er nicht besonders gut der englischen Sprache begabt war.
„Das sind ja tolle Optionen", sagte ich sarkastisch. „Tod oder ins Unbekannte gehen und vermutlich auch sterben. Ihr müsst euch mal bessere Optionen einfallen lassen."
„Klappe!", zischte der Mann hinter mir. „Sonst du schnell tot."
Ich ließ mich vorwärtsdrängen und sah hinüber zu Natasha. Etwas war mit ihr. Sie zeigte kaum Widerstand und ihre Schritte waren verdächtig schwach. Als würde sie jeden Moment einknicken.
Scheiße, warum muss auf dieser Mission eigentlich alles schief laufen? Das ist doch Verarsche, sagte ich zu mir selbst.
Plötzlich näherte sich ein Kleintransporter. Das Scheinwerferlicht blendete mich und ich musste die Augen zusammenkneifen.
Der Wagen hielt vor uns und ein vermummter Mann stieg aus. Er besprach etwas mit dem dritten Mann auf Italienisch, ich konnte nur Bruchstücke verstehen, vermutlich, weil mein Italienisch nicht besonders gut war.
„... Versteck ... beeilen ... vor Kaufman ... ausfragen ... töten", konnte ich verstehen. Na super! Das letzte Wort gefiel mir besonders.
„Marco, Lorenzo, verladen", sprach der dritte Mann auf Italienisch und wir wurden zu dem Kleintransporter gedrängt. Die hinteren Türen wurden geöffnet und Natasha und ich mussten einsteigen.
„Setzen", befahl einer der Männer.
Langsam glitt ich zu Boden – so gut es mit gefesselten Händen ging. Ich wurde mit den Händen hinterm Rücken an eine Metallstange, die fest am Boden angebracht war, gefesselt, und zusätzlich erneut meine Beine.
Muss das sein?, dachte ich genervt. Ich konnte sehr gut darauf verzichten, wieder gefühlt Stunden in Fesseln zu verbringen.
Ich beobachtete Natasha, die gegenüber von mir ebenfalls an eine Metallstange gefesselt wurde. Sie versuchte sich zu befreien, was sie aber nur mehr in Schwierigkeiten brachte, denn die Entführer zogen die Fesseln strammer.
Ich sah, wie Natasha innerlich aufschrie, doch nach Außen hin machte sie keinen Laut.
Auch ihre Füße wurden gefesselt.
„Was soll das? Was wollen Sie von uns? Wir haben nichts getan. Sie haben kein Recht, uns festzuhalten. Unser Chef weiß bereits Bescheid und hat ein Suchtrupp losgeschickt. Er wird Sie finden und festnehmen", sagte Natasha.
„Das ist die ehemalige KGB-Agentin, Lorenzo, die blufft nur. Das ist ihre Taktik, sie will viel herausfinden, doch wir werden ihr nichts sagen", sagte der dritte Mann.
„Verstanden. Was ist mit Tuch?", fragte der angesprochene und zeigte auf das Küchentuch, mit dem Natasha vorhin die Augen verbunden hatte. Steckten die vier etwa doch unter einer Decke mit Kaufman? In dem Gespräch vor ein paar Minuten fiel jedenfalls sein Name.
„Verbinde ihr die Augen, du weißt doch, wie gut diese Agenten inzwischen ausgebildet sind. Sie kann nur anhand von dem, was sie sieht, herausfinden, wo sie ist", sagte der dritte. Ich wusste, dass dies nicht stimmte, denn er wollte Natasha Angst machen. Wenn man nichts mehr sah, wusste man auch nicht, was los war, und das jagte vielen Menschen Angst ein.
Dieser Lorenzo stieg in den Transporter und verband Natasha die Augen, bevor er wieder hinauskletterte und die Türen mit einem lauten Knall schloss.
Stille. Ich spürte, wie sich der Transporter in Bewegung setzte. Da er wendete, fuhren wir nicht dorthin, wo man uns zuvor festgehalten hatte.
Ich hörte, dass Natasha unregelmäßig atmete. Sie hatte verdammte Angst, und ich wusste, dass sie diese nur vor mir zeigen würde.
„Tasha, alles wird gut. Ich bin bei dir. Wir schaffen das", flüsterte ich ihr zu und versuchte mit meinen Beinen ihre zu erreichen, damit sie spüren konnte, dass ich da war.
„Alles tut weh", wisperte sie. „Ich habe das Gefühl, ich spüre meine Füße nicht mehr, so fest sitzen die Fesseln."
„Kannst du sie irgendwie lockern?", fragte ich besorgt.
„Nein. Sie sitzen so fest. Jede Bewegung tut weh", antwortete sie.
„Wir kommen hier raus, Tasha, okay?", sagte ich und versuchte, hoffnungsvoll zu klingen. Doch ob dies funktionierte, wusste ich nicht.
Ich wusste nicht, wie lange wir im Transporter waren, doch die Nacht war längst vorbei. Durch die Türschlitze fiel Tageslicht und ich konnte Natasha schemenhaft erkennen. Sie sah so schwach aus. Bestimmt machten ihr die strammen Fesseln zu schaffen.
Plötzlich hielt der Transporter an, Leute stiegen auf und ich hörte, wie sich jemand der hinteren Tür näherte. Sobald sie mich losbanden, könnte ich den Überraschungseffekt nutzen und mich befreien.
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet. Die vermummten Männer banden meine Fußfesseln los, dann befreiten sie mich von der Stange, an die ich gefesselt war. Einer der Männer zog mich auf die Beine, und diesen Moment nutze ich, um einem der Männer kräftig in seinen Intimbereich zu treten, den anderen schubste ich aus dem Transporter. Ich war bereit, gegen sie zu kämpfen.
Während sich die beiden Männer erholten, schaffte ich es, meine Hände zu befreien und stürzte mich in den Kampf gegen die beiden. Es wurde eine sehr blutige Angelegenheit. Die beiden Männer bekamen eine Menge ab.
Ich konnte spüren, wie der Adrenalinschub meinen Körper durchflutete, als ich mich gegen die Angreifer verteidigte. Jeder Schlag, den ich austeilte, war von der Wut über die Situation getrieben, von der Ungewissheit, was mit Natasha passieren würde, wenn ich versagte.
Die Männer versuchten verzweifelt, sich zu verteidigen, aber ich war entschlossen, sie zu überwältigen. Mein Herz raste, mein Atem ging schnell, aber ich durfte keine Sekunde zögern. Ich musste stark sein, nicht nur für mich, sondern auch für Natasha.
Schließlich gelang es mir, die Männer außer Gefecht zu setzen. Sie lagen am Boden, keuchend und blutend. Ich atmete tief durch, während ich mich von ihrem Griff befreite und zu Natasha eilte.
Sie saß immer noch gefesselt da, die Augenbinde fest um den Kopf gebunden.
Ich löste die Fesseln an ihren Händen und Füßen und half ihr auf, doch sie knickte sofort ein, deshalb hob ich sie in meine Arme und trug sie aus dem Transporter.
„Du hast die Augenbinde vergessen, ich kann nichts sehen", flüsterte sie, nicht fähig, lauter zu sprechen.
„Glaub mir, das Bild hier willst du nicht sehen, Süße", sagte ich, während ich Natasha vom Transporter wegtrug.
Wir befanden uns mitten in den Bergen im Nirgendwo. Wie sollten wir hier bloß wegkommen? Hier war weit und breit nur Gestein, Berge, und Wald. Was wollten die Entführer bloß von uns? Und wo waren die anderen Entführer? Ich hatte nur zwei erledigt.
Als wir weit genug von dem Transporter entfernt waren, nahm ich Natasha die Augenbinde ab und setzte sie auf einen Baumstumpf. Sie sah richtig schwach aus.
„Hey, wie geht es dir?", fragte er besorgt, während ich ihre Handgelenke ansah, die von den Fesseln ganz blutig waren.
Kurzerhand riss ich das Tuch entzwei und verband ihre Handgelenke notdürftig. Ich musste dringend ein Haus finden und die Verletzung desinfizieren und vernünftig verbinden, bevor sich die Wunde entzündete.
„Ich spüre meine Füße kaum und fühle mich total schwach", gab Natasha zu. „Ich will nach Hause, Clint." Sie war den Tränen nahe.
„Hey, nicht weinen, Tasha. Ich finde einen Weg, wie wir heim kommen, versprochen. Jetzt müssen wir erst einmal weiter." Ich hob sie wieder in meine Arme und trug sie weiter die einsame Straße entlang, in der Hoffnung, bald auf Zivilisation zu stoßen.
Natasha war schwach, noch so eine Aufregung würde ihrer Gesundheit ganz und gar nicht guttun. Ich musste sie in Sicherheit bringen, und sie pflegen, bis es ihr besser ging.
Doch dafür musste ich erst mal ein Dorf oder eine Stadt finden.
Wir waren gefangen, inmitten den Bergen von Italien. Und Natasha wurde immer schwächer.
„Ich bin bei dir, Süße, alles wird gut", flüsterte ich ihr zu. Hoffentlich würde dieses Abenteuer gut ausgehen.
Geschrieben von Alexandra
Ja, werden sie es wohl aus den Bergen schaffen? Und was ist wohl mit Kaufman und seinem Gefolge, oder gehören die vermummten Männer doch nicht zu ihm?
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