Kapitel 5

NATASHA

Ich stürzte zu Boden und schlug Clint kräftig ins Gesicht. Er durfte nicht bewusstlos sein! Ich schlug so kräftig gegen seine Wange, dass er die Augen aufriss und aufschrie, bevor er sich die Wange hielt und zusammenzuckte, als er sich aufsetzen wollte.

„Scheiße, Clint, sag mir, was passiert ist?", fragte ich, während ich eines meiner Oberteile auf seine Schusswunde presste.

„Kaufman hat mich angeschossen, verdammt! Ich wollte ihn klammheimlich im Bad ermorden, doch er wusste von meiner Anwesenheit und als ich auf ihn geschossen habe, hat er auch geschossen", brachte mein Partner hervor und sog scharf Luft ein. „Das tut so höllisch weh!"

„Ach! Ist ja nicht so, dass da eine verdammte Kugel in dir steckt", konterte ich, half Clint beim Aufstehen und geleitete ihn zu einem Sessel, wo er sich setzte.

„Ich glaub, die Kugel steckt noch", antwortete Clint.

„Das kann nicht sein. Es ist ein glatter Durchschuss, Clint. Du blutest hinten am Rücken, genau wie vorn", antwortete ich und holte Verbandszeug aus meiner Reisetasche. Ich legte zudem ein Handtuch auf den Sessel, damit Clint nicht alles zu bluten würde und wir Probleme damit hätten, es dem Hotelpersonal zu erklären, dann riss ich ihm sein Hemd vom Leib und untersuchte seine Schussverletzung. Es war tatsächlich ein klarer Durchschuss, der wohl keine wichtigen Organe getroffen hatte.

Vorsichtig begann ich damit, seine Wunde zu verarzten und nähte. Bei jedem Nadelstich zuckte Clint zusammen, doch ich wusste, dass er das aushielt, wie oft hatte er sich selbst seine Wunden genäht?

Als ich fertig war, verband ich die Wunden ordentlich und säuberte meine Materialien, die ich benötigt hatte.

„Fertig."

„Danke, Tasha", stöhnte Clint wie ein alter Opa und erhob sich. „Warum war ich so dumm, allein dort aufzukreuzen?"

„Weil du mich offensichtlich schlafen lassen hast. Vermutlich, damit es mir besser geht", antwortete ich und strich mir eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Ja, da wollte ich auch noch mit dir drüber sprechen. Du wurdest vergiftet. Von Ferri und Kaufman. Anscheinend war Luca hier im Hotel und hat dir irgendwo etwas reingemischt oder so. Ich habe keine Ahnung. Jedenfalls waren seine Männer scheinbar vorhin hier", berichtete Clint.

Ich schüttelte langsam den Kopf. Das konnte nicht sein. Ich hatte zwar geschlafen, als Clint zurückgekommen war, doch unmittelbar davor war ich wach gewesen und hatte die ganze Zeit Fernsehen geschaut. Außerdem konnte mich auch niemand vergiftet haben, denn ich war noch nicht einmal außerhalb dieses Zimmers seit unserer Ankunft. Vorher hatten Ferri oder Kaufman auch keine Gelegenheit dazu gehabt, mich zu vergiften.

„Was schüttelst du jetzt den Kopf?", fragte Clint, die Stirn in Falten gelegt.

Ich erklärte ihm die Situation rasch und seine Augen wurden immer größer. Er konnte es nicht glauben, sah mich an, und stützte sich dann an die Wand.

„Verflucht! Dieser Scheiß Kaufman hat geblufft!"

„Aber das heißt doch nicht, dass er die anderen Straftaten nicht getätigt hat, Clint." Ich sah ihn ernst an. „Er wollte dich bloß provozieren. Doch du hast unseren Auftrag erledigt, das ist alles, was zählt. Jetzt packen wir unsere Koffer und verlassen das Hotel, okay?"

Er nickte. „Vorher brauche ich aber einen Whisky." Er zog sich andere Schuhe an, nahm sich seine Jacke und sah mich auffordernd an. Er wollte wohl, dass ich mitkam. Nun, ich hatte kein Problem damit, ich begleitete Clint zuhause auch des Öfteren in eine Bar.

Ich zog mir Schuhe und Jacke an und folgte Clint aus dem Zimmer. Wir stiegen in den Fahrstuhl und ich drückte den Knopf für das Erdgeschoss.

Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung und Clint und ich starrten wartend auf die Aufzugstür, und zugleich auf die Leuchtziffer, die uns den Stock verriet.

3 ... 2 ... 1 ... Plötzlich hielt der Fahrstuhl mit einem gewaltigen Ruck, das Licht flackerte und dann fiel es ganz aus. Stille. Der Fahrstuhl bewegte sich keinen Zentimeter.

„Scheiße, was geht hier ab?", fragte Clint, trat an die Tür und hämmerte mit seinen Fäusten dagegen. Doch nichts geschah.

Mir wurde auf einmal ganz schummrig. Ich stützte mich am Geländer ab, schüttelte mich. Was war jetzt los. Ich sank zu Boden, meine Beine waren zu schwach, mich zu halten.

„Was ist mit mir los?", brachte ich hervor, bevor ich sah, oder vielmehr hörte, wie auch Clint zu Boden ging. Dann wurde alles schwarz.


CLINT

Langsam öffnete ich meine Augen und schloss sie gleich wieder. Helles Licht blendete mich. Ich öffnete erneut meine Augen, schloss sie gleich wieder und tat dies so lange, bis ich mich ans Licht gewöhnt hatte.

Ich befand mich in einem Raum, vermutlich in einem Keller, denn durch schmale Fenster oben an der Wand fiel Sonnenlicht hinein.

Wo bin ich?, fragte ich mich.

Verwirrt sah ich mich um. Der Raum bestand aus einer Tür, die vermutlich verriegelt war, den kleinen Fenstern, die den Raum in dämmriges Licht tauchten, und einer Reihe von dicken Eisenketten, die von der Decke baumelten. Ich befürchtete das Schlimmste. Leute wurden daran aufgehängt, um sie zu foltern oder gar zu töten.

Ich erstarrte, als ich sie entdeckte! Natasha. Sie saß mir gegenüber auf dem Boden an eine Wand gelehnt. Ihre Arme waren mit Seilen gefesselt und ihre Arme dann an ihren Oberkörper gebunden worden. Ihre Füße waren ebenfalls von Seilen zusammengebunden, ebenso ihre Beine. Die Seile mussten so fest sitzen, dass sie mit Sicherheit in ihre Haut einschnitten. Konnte sie sich überhaupt bewegen?

Zu allem Überfluss war sie auch noch mit einem Geschirrtuch geknebelt und mit einem anderen hatte man ihre Augen verbunden! Verdammt! Ich musste sie unbedingt befreien!

Doch ich war ebenfalls gefesselt. Nicht so intensiv, wie Natasha, doch meine Hände und Füße konnte ich trotzdem nicht benutzen.

Bestimmt haben sie Tasha so fest gefesselt, weil sie sich so gut aus normalen Fesseln befreien kann, waren meine Gedanken.

Ich sah mitfühlend zu ihr, obwohl sie meinen Blick gar nicht sehen konnte.

Ich suchte mit meinen Augen den Raum nach einer Möglichkeit, mich zu befreien, ab, doch ich fand nichts Brauchbares.

In Gedanken ging ich durch, was passiert war. Tasha und ich waren Aufzug gefahren, der war gestoppt und das Licht hatte den Geist aufgegeben. Und plötzlich wurden wir beide ohnmächtig. Wie konnte das pass...

Ein Gas! Jemand hatte ein Gas in der Kabine freigesetzt! Darum hatte der Aufzug auch anhalten müssen!

Doch wer? Kaufman war doch tot, und Ferri hatte damit kein Interesse mehr an uns, oder doch? Aber war er dazu in der Lage? Der kleine Mann? Sicher nicht. Er hatte Hilfe benötigt. Auch Chester hätte das nicht allein anstellen können.

Hatten wir Ferri unterschätzt?

Plötzlich nahm ich eine Bewegung mir gegenüber wahr. Natasha war aus ihrer Ohnmacht erwacht! Sie versuchte sich zu befreien, doch, wie ich bereits vermutet hatte, konnte sie sich kaum bis gar nicht bewegen. Der Knebel hinderte sie auch noch am Sprechen und sehen konnte sie ja auch immer noch nicht.

„Tasha!", beschloss ich zu sagen. „Ich bin hier! Keine Angst. Ich versuche mich zu befreien, und dann befreie ich dich. Ich weiß nur noch nicht, wie. Hast du eine Idee?"

Ich merkte sogleich, wie dumm es war, sie in dieser Situation zu fragen. Sie konnte nicht sehen und wenn, hätte sie mir nicht mal eine Antwort geben können.

Ein gedämpftes Geräusch kam aus ihrem Mund. „Ich befreie dich gleich sofort von dem Knebel, wenn ich einen Weg gefunden habe, mich zu befreien! Ich verspreche es dir!"

Ob ich mein Versprechen allerdings einhalten konnte, das wusste ich nicht. Aber was ich wusste, war, dass ich, seit ich wieder zu Bewusstsein gekommen war, niemanden gehört hatte, nicht mal ein Auto oder einen bellenden Hund. Verdammt, wo waren wir?

„Hallo!", ließ mich plötzlich eine Stimme zusammenzucken, von der ich geglaubt hätte, sie wäre tot „Willkommen in meinem Escape-Spiel! Zwei Top-Agenten, die sich aus meinem Raum befreien müssen, welch ein tolles Spiel. Sie zwei haben sich nach vieler Überlegungen als meine zwei ‚Versuchskaninchen' herausgefiltert. Ihr habt vierundzwanzig Stunden dafür Zeit, euch aus diesem Raum zu befreien, oder ich schicke einen meiner Männer, und dann wird es unschön. Um aus dem Raum zu entkommen, müsst ihr euch zunächst von den Fesseln befreien. Wie ihr das anstellen wollt, das müsst ihr selbst herausfinden." Die Stimme lachte höhnisch und in diesem Moment entdeckte ich einen Lautsprecher in einer Ecke oben an der Wand angebracht. „Ach, und Clint: Bedenke, dass deine Natasha sehr fest gefesselt ist und je länger sie so verbringt, desto schwächer wird sie. Ihr müsst am Ende den Raum verlassen haben, dann habt ihr mein Spiel gewonnen und ihr dürft mich umbringen, so wie es euer Arbeitgeber vorgesehen hat. Wenn ihr allerdings scheitert, darf ich mit euch machen, was ich will. Das sind die Spielregeln!"

„Sie Psychopath! Wir haben nie eingewilligt in so ein Spiel!", rief ich wütend und versuchte die Seile zu lösen, doch ohne ein Werkzeug hatte ich keine Chance.

„Oh, indirekt. Sie wollen mich töten, dann müssen Sie erst bei meinem Spiel mitmachen", antwortete die Stimme.

„Sie sind tot", beharrte ich. „Ich habe Sie getötet!"

„Wie viel Drogen einem doch vormachen können. Das Pärchen, in welches sie gelaufen sind, es gehört zu mir und hat Ihnen auf der Gala eine Droge, die ihre Sinne betrübt, verabreicht. Sie glauben, mich auf der Gala erschossen zu haben, doch in Wirklichkeit haben Sie eines meiner Doubles erschossen, welches sich als mich ausgegeben hat. Und jetzt wünsche ich viel Spaß beim Escape-Spiel. Die Zeit beginnt jetzt!"

„Sie Schwein!", rief ich und blickte wütend Richtung Lautsprecher, doch es kam keine Antwort mehr.

Mein Hirn brauchte eine Weile, bis es die Informationen verarbeitet hatte. Wir spielten nun also Luca Kaufmans Versuchskaninchen in einem Escape-Spiel, welches wir, wenn wir verloren, vermutlich nicht lebend verlassen würden. Verfluchte Scheiße!

Doch wenn dies ein Escape-Spiel war, dann gab es auch Dinge, mit denen wir uns befreien konnten! Ich musste sie nur finden! 

                                                                                                                         
Geschrieben von Alexandra


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