Kapitel 18

CLINT

Ich selbst schlief ein und achtete nicht mehr auf Natasha.

Ich öffnete erschöpft meine Augen, erblickte jedoch nur weiße Neonröhren – hektisch sah ich mich um. Wo war ich?

Ich wollte mich bewegen, konnte es aber nicht. Meine Hände waren an einen metallenen Operationstisch gekettet.

Panisch zog ich daran, die Ketten zogen sich allerdings enger.

Ich öffnete den Mund, es kam aber kein Ton heraus. Ich sah mich mit großen Augen um, die Wände waren alle weiß, ohne jegliches Muster, nur eine Wand war in einer anderen Farbe, rot.

Plötzlich öffnete sich eine schwere dunkelgraue metallische Tür mit einem lauten Quietschen.

Ich sah sofort zu der Tür, Natasha kam in den Raum.

Ihr Gesicht war blutüberströmt, ihre Augen waren ausgekratzt und ließen Tiefe Augenhöhlen zurück. Ohne ihr typisches Funkeln in den Augen sah Natasha traurig aus.

Ich wollte zurückweichen, als ich Natasha in diesem Anblick sah, bewegte mich aber nicht.

„Du hast alles kaputt gemacht!", rief Natasha mir wütend zu. „Du verlässt mich, du hasst mich!", machte sie weiter. Ich sah sie mit großen Augen an.

„N... Nein Natasha, d... das stimmt nicht!", stammelte ich ängstlich.

Sie nickte nur ärgerlich.

„Doch, das hast du! Du bist ein schlechter Mensch Clint Barton! Verschwinde! Verschwinde aus meinem Leben und lass mich in Ruhe!", fauchte Natasha nur, „du bist ein sehr schlechter Mensch!", rief Natasha und machte weiter.

Ich sah sie traurig und den Tränen nahe an.

„Bitte Natasha, du weißt das das nicht stimmt! Ich kann nicht mehr ohne dich leben!", flehte ich sie an. Sie schüttelte nur den Kopf.

„Dafür ist es jetzt zu spät!", rief sie nun.

Dann hörte ich einen Schwall an Natashas, die meinen Namen riefen.

„Clint, Clint, Clint!"

Ich wachte mit klopfenden Herzen, Tränen in den Augen und panischen Blick auf. Natasha kauerte über mir und schüttelte mich leicht.

Verwirrt sah ich sie an, dann betrachtete ich den Raum, bevor ich feststelle, dass alles nur ein Traum war. Ich atmete erst einmal zittrig aus, um den Traum loszuwerden und mein Herz zu beruhigen.

„T... Tasha!", rief ich leise und mit leicht zittriger Stimme, die von Angst gezeichnet war.

Ich sah, wie Natasha erleichtert ausatmete.

„Verdammt, du hast mir so Angst gemacht!", keuchte sie, während sie sich anspannte.

Ihre Angst hat wahrscheinlich ihre Bauschmerzen überlagert, überlegte ich, oder sie hat keine mehr und sie sind verschwunden, überlegte ich eine andere Möglichkeit.

Ich glaubte allerdings eher Ersteres, das war logischer.

Natasha betrachtete meine ängstliche Miene, während sich ihr Körper allmählich etwas lockerte und wir einfach nur schwiegen.

Irgendwann durchbrach ich die Stille, es kam mir einfach so still vor. Zu still, wie ich fand.

„Alles gut, es war nur ein Traum!", sagte ich schnell, bevor Natasha sich noch mehr Sorgen machte. Ich hoffte, das dieser Traum auch ein Traum bleiben würde.

Natasha sah mich besorgt und mit einer leichten Sorgenfalte in der Stirn an.

„Sicher das alles gut ist? Du siehst nicht gut aus!", bemerkte sie und musterte mich eine Weile.

Ich versuchte meine Angst währenddessen etwas zu unterdrücken, um ihr keine Möglichkeit zu geben, dass sie sich Sorgen machen müsste. Ihr ging es schon scheiße genug, da musste sie sich nun wirklich keine Sorgen um mich machen.

Ich nickte nur und setzte zu einer Antwort an, während ich versuchte meine Stimme fest und nicht unsicher klingen zu lassen.

„Ganz sicher! Wirklich Tasha, mir geht es gut!", antwortete ich mit fester Stimme, wie ich wollte. Ich drängte meine Unsicherheit in mein Inneres zurück, meine Unsicherheit würde ich nicht vor Natasha zeigen! Das stand fest, meine Unsicherheit würde ich nur vor mir zeigen und vor sonst niemandem.

Natasha nickte nun und stand auf, ich blieb noch eine Weile liegen. Fürsorglich musterte sie mich noch einmal kurz, dann ging sie aus dem Raum.

Wohin sie ging, wusste ich nicht, es war mir gerade aber auch egal. Die Stimmen meines Albtraumes hallten immer wieder durch meinen Kopf und ich musste darüber nachdenken, was Natasha in dem Traum über mich gesagt hatte.

Du bist ein schlechter Mensch, Clint Barton! Verschwinde! Niemand braucht dich! Du bist ein Versager!

Meint sie das Ernst? Denkt sie wirklich so über mich?, überlegte ich und richtete mich auf, um mich an eine weiße Wand zu lehnen und mein Gesicht in meine Hände zu stützen.

Ich schluckte hart und sah Natasha aus meinem Traum wieder in meinem innerem Auge. Dieses blutüberströmte Gesicht, diese tiefen blutigen Augenhöhlen, diese Worte, die aus ihrem verunstalteten Mund kamen und sich einen Weg in seinen Traum bahnten.

Was ist nur los mit mir? Ich habe doch noch nie Albträume gehabt, wieso dann auf einmal jetzt? Sowas passt einfach nicht zu mir!, überlegte ich niedergeschlagen. Wieso? Eigentlich hatte Natasha doch diese Probleme und nicht ich.

Ich stand auf und zog mich um. Ich wollte hinunter in die Kantine, ich hatte zwar eigentlich keinen Hunger, aber ich wollte keine Aufmerksamkeit erregen. Wenn ich nicht zum Frühstück erscheinen würde, würde Natasha sich auf jeden Fall Sorgen um mich machen und das wollte ich nicht. Sie sollte sich erst mal um ihre eigenen Probleme kümmern und meine in Ruhe lassen. Wenn es ihr besser ging, konnte ich mal schauen, ob ich ihr beichten konnte, wie es mir wirklich ging. Aber nicht vorher!

Ich nahm die Treppen, hier halten meine Schritte, hier war es nicht still. Im Fahrstuhl war es still, wenn ich dort alleine wäre, kämen die Stimmen von der Albtraum Natasha wieder hoch. Das konnte ich nicht, ich konnte es nicht aushalten!

Ich schluckte, während ich extra laut mit den Schuhen auf den Treppen aufschlug, damit es hier bloß nicht still sein würde.

Endlich, und nach einer gefühlten Ewigkeit wie es mir vorkam, war ich unten angekommen.

Hastig öffnete ich die Tür und wurde von einem lautem Redeschwall überschüttet. In der Kantine saßen viele Menschen, die sich lautstark über ihre Fälle unterhielten.

Ich entdeckte Natasha sofort, sie unterhielt sich gerade mit einer anderen Agentin, die ich allerdings nicht kannte. Sie sah freundlich aus, hatte langes braunes glattes Haar und einen schwarzen mit einem weißem Stern besticktem Agentenanzug an. Es schien, als käme sie gerade von einer Mission Zurück.

Wahrscheinlich war ihr Partner bei ihrer Mission verletzt worden, sonst wäre sie nicht hier.

Natasha bemerkte mich gar nicht und sah glücklich aus, also beschloss ich, sie nicht zu stören und unbemerkt wieder zu verschwinden. Ich ging wieder in das Treppenhaus und wollte nach oben, konnte es aber nicht. Es war ruhig hier, zu ruhig. Die Stimme von der Albtraum-Natasha kam zurück.

Ich geriet in Panik und stützte mich am Geländer ab, zum Glück war ich alleine. Sonst hätte jetzt jemand meinen wahren Gemütszustand bemerkt.

Ich musste die Panik irgendwie unterdrücken, ich machte eine andere Tür auf. Sie war Silber aber leicht und leise zu öffnen, anders als in meinem Traum. Sie führte zu einem kleinem Park. Ich huschte nach draußen und setzte mich auf eine Bank. Es war still hier, aber wenigstens waren hier Vögel und das Plätschern eines Baches hier irgendwo ganz in der Nähe.

Ich saß eine ganze Weile hier, bis mir die Stille plötzlich ganz und gar nicht mehr still vorkam. Es wurde lauter und lauter, ich hielt es fast nicht mehr aus.

Panisch sah ich mich um, fand aber nichts, was die Geräusche verursachen könnten.

Werde ich jetzt ganz verrückt?, fragte ich mich panisch. Irgendetwas stimmt mit mir ganz und gar nicht.

Hatte das aber wirklich nur was mit meinem Traum zu tun den ich hatte? Oder hatte das seinen Ursprung auf der Mission die Natasha und ich ausführen mussten?

Es schien, als wollte die Stille mich erdrücken, niederdrücken und qualvoll ersticken lassen. Wie als würde man in das Wasser fallen, nicht mehr hochkommen und an der Qual des Wassermangels ersticken. Ja, genauso kam es mir gerade vor.

Ich zitterte und lehnte meinen Kopf nach hinten. Die Stimmen kehrten zurück und machten die Stille noch lauter. Ich konnte nicht mehr, ich wollte nicht mehr! Meine Hände zitterten, meine Beine knickten weg, als ich aufstehen wollte, laufen konnte ich jedoch trotzdem.

Panisch taumelte ich umher, ich wollte dich einfach nur die Stimmen loswerden.

Ich keuchte auf, nahm wahr das eine Tür mit einem Knall zugeschlagen wurde, was das alles noch verschlimmerte.

Ich zuckte zurück als ich eine Person auf mich zukommen sah. Ich erkannte sie nicht, die Person war zu verschwommen.

Tränen zierten meine Sicht und ließen mich nicht alles sehen. Ich konnte nicht mehr klar denken, konnte mich nicht mehr kontrollieren.

Die Person sagte etwas, aber was sie sagte, verstand ich nicht. Ich merkte nur nebenbei, wie mich die Person auf die Bank drückte und mich ansah.

Mich erreichte allerdings nichts von dem was sie sagte. Die Person versuchte es noch einmal, wieder mit demselben Ergebnis, dass ich nichts mitbekam.

Die Person stand auf und führte mich vorsichtig auf das Gebäude zu. Ich fühlte mich wie ein Roboter, ein demolierter Roboter, der nichts alleine hinbekam, der einen Führer brauchte, um an sein Ziel zu kommen.

Ich dachte nichts, ich fühlte Nichts. Ich stolperte nur hinter der Person her die mich falls nötig stützte. Meine Beine knickten immer öfter weg, meine Atmung wurde hektischer, meine Panik wurde größer.

Ich keuchte hart und stolperte wieder. Dieses Mal fiel ich aber und schlug hart auf dem Boden auf, bevor alles schwarz wurde.

Für ein paar Sekunden erkannte ich die Person, Natasha. Innerlich fluchte ich schwach, bevor ich in eine nie endende Dunkelheit fiel, aus der es kein Entkommen gab.


NATASHA

Clint fiel erschöpft zu Boden. Für einen Moment vergrößerten sich seine Augen voller Erkenntnis, dass er mich erkannt haben musste, dann wurde er bewusstlos.

Was war nur mit ihm los? Dieser Traum hatte ihm wohl mehr geschadet als er zugeben wollte. Wenn ich doch nur wüsste, was er geträumt hatte, das würde alles so viel einfacher machen.

Ich war zwar kein Arzt, aber den Symptomen zu urteilen, hatte er eine Panikattacke, und dazu eine sehr starke.

Warum hatte er denn nicht mit mir geredet? Tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf, während ich mich zu Clint hinunter bückte. Jetzt musste er wohl auf die Krankenstation, denn in diesen Zustand konnte ich ihn auf keinen Fall lassen.

Ich dachte scharf nach.

Okay Natasha, überleg jetzt ganz genau, was du tun kannst! Du bringst Clint jetzt zur Krankenstation und danach sagst du Fury Bescheid!, kommandierte ich mich selbst. Das schien ein guter Plan zu sein, jetzt nur noch die Frage wie ich Clint zur Krankenstation bekam. Er war zu schwer für mich.

Kurzentschlossen ging ich zur Kantine, um Marie um Hilfe zu bitten. Marie war die Agentin gewesen, mit der ich mich am Anfang unterhalten hatte, bevor ich bemerkt hatte, dass Clint nicht wiederkam.

Marie erklärte sich als einverstanden und zusammen gingen wir zu Clint Zurück. Sie musterte Clint überrascht.

„Was ist denn mit ihm passiert?", fragte sie überrascht.

Ich seufzte auf.

„Ich glaube er hatte eine Panikattacke", erklärte ich kurzgebunden. Marie sah mich überrascht an.

„Eine Panikattacke? Als Agent? Wie das?", fragte sie weiter und sah Clint aufmerksam an.

„Auf unserer Mission gab es sehr viele Schwierigkeiten. Also echt eine Menge, zu viele, um jetzt alle zu erklären. Wir haben eine Menge durchgemacht und dann ist Clint auch so einer, der seine wahren Gefühle niemals zeigen würde. Na gut, das tu ich jetzt auch nicht gerade oft aber bei Clint ist das so, dass er seine Gefühle oft so sehr unterdrückt, dass es ihm dann am Ende echt schlecht geht", erklärte ich leise und schaute leicht auf den Boden. Marie sah mich mitfühlend an.

„So ähnlich läuft das bei uns auch", sagte sie niedergeschlagen. Ich sah sie an, dann sah ich wieder auf Clint und wies Marie an, ihn auf drei hochzuheben.

Sie nickte nur und ich zählte herunter. „3 ... 2 ... 1 ... hoch!", rief ich, aber nicht zu laut.

Zu zweit ging es sogar und wir konnten ihn auf die Krankenstation bringen.

Die Schwester eilte uns schon mit großen Augen entgegen.

„Was ist passiert?", fragte sie mit hoher Stimme.

„Mein Partner hatte anscheinend, also glaube ich, eine Panikattacke!", erklärte ich schnell.

„Wie lange ist er schon bewusstlos?", fragte die Schwester jetzt. Ich überlegte kurz.

„In etwa 20 Minuten", sagte ich nach kurzem Überlegen.

Die Schwester nickte, holte schnell ein Bett damit wir Clint darauf legen konnten und ließ uns alleine.

Zurück ließ sie mich und Marie. Ich setzte mich seufzend auf eines der Stühle. Marie sah mich mit großen Augen an.

„Wie kannst du bei sowas so gut sein? Im meine du zeigt keine kleines Anzeichen von Schwäche!", rief Marie und sah mich auffordernd an. Ich seufzte leise.

„Ich habe das Jahrelang trainiert", erklärte ich Marie. Sie nickte nur wieder.

„Wo wurdest du denn eigentlich trainiert?", fragte sie weiter.

Ich seufzte, das ging jetzt wirklich eigentlich keinen an.

„Ich möchte nicht darüber reden. Es ist zu viel passiert, das ist nun mal bei Widows so", erklärte ich.

Marie sah mich mit großen Augen an.

„Du bist eine Widow?", fragte sie mich. Ich nickte.

„Ja, das bin ich."

                                                                                            
Geschrieben von Amelie

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