Kapitel 31

Nach all meinen Erlebnissen, nach all dem, was ich durchgemacht hatte, hätte ich mir niemals denken können, erneut am Altar zu stehen, auf die Frau zu warten, die mein Herz bis zum Hals klopfen ließ. Aber dieses Mal war es anders. Crystal liebte mich mit allem, was sie hatte. Hinter mir stand Carlos und nach ihm folgten noch meine anderen Freunde. Unter diesen zählten Frederico und Carl, zu dessen Club ich mit Crystal damals gefahren war. Gegenüber standen Nadja und auch Camilla. Meine Liebe wollte sie dabei haben. Mein Vater würde Crystal zum Altar führen. Wie absurd es auch war, wir hatten keine andere Wahl. Ich vertraute niemandem wirklich, als dass ich diese Aufgabe irgendwem überlassen könnte. Was die Leute davon halten würden, interessierte mich eigentlich einen Scheiß. Zum Teil konnten sie sich ja denken, dass sie niemanden hatte. So dumm dürften sie schließlich nicht sein. Das Wetter war heute erstaunlich gut, sodass die Feier auf dem Hof des gemieteten Schlosses stattfand. Die ganze Dekoration wurde in einem weichen Grauton und Weiß gehalten. Runde Tische wurden systematisch aufgestellt, die einen Halbkreis um die Bühne bildeten, wovor der improvisierte Altar stand. Die Hochzeit würde nur in einem Ort stattfinden. Ich wollte nicht erst zu einer Kirche oder desgleichen und dann in die Location.

Tatsächlich wurde ich nervös, als die Türen zum Hof sich öffneten. Und da war sie. Mit ihrer Schönheit wie ein Engel. Wenn es in der Tat Engel geben sollte, dann mussten sie so aussehen und nicht anders. Das Klatschen der Gäste drang gar nicht erst zu mir. Sie nahm meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch. Ihr wundervolles pechschwarzes Haar wurde elegant hochgesteckt, die Augen wunderschön durch ihr Make-up hervorgehoben, sodass das Grün stark hervor stach. Ihr Kleid betonte ihre Kurven und fiel in einem breiten Rock bis zum Boden. Meinen Blick konnte ich nicht von ihr nehmen, als sie mit meinem Vater näher kam. Würde mein Herz diesen Tag überstehen? Ich war einfach nur hin und weg. Diese Frau sollte wirklich nun meine sein. Mein Schatz, meine Liebe, meine Kleine. Hatte sie eine Ahnung, was sie mir gerade antat? Wie sie mich gerade an meine Grenzen brachte? Hatte mein Herz jemals so schnell und laut geklopft?

Ich nahm nichts mehr wahr. Es zählte nur noch sie. An der entsprechenden Stelle gab ich ihr mein Ja-Wort und sie ihres. Was dieser Typ neben mir redete interessierte mich überhaupt nicht mehr. Ich sah nur noch diese wunderschönen Augen und diese dünnen, schmackhaften Lippen.

„Sie dürfen die Braut küssen."

Gerade am Rande nahm ich diesen Satz wahr und ließ es mir nicht zwei Mal sagen. Eine Hand wanderte zu ihrem Nacken und die andere zu ihrer Hüfte. Ich drückte sie an mich und hart legten sich meine Lippen auf ihre. Hatte ich sie vermisst! Schon den ganzen Tag konnte ich sie nicht sehen. Am Abend davor bestanden die Frauen, Nadja und Camilla, darauf, dass wir nicht in einem Zimmer schlafen sollten. So wolle es die Tradition. Wen juckte diese?

Ich konnte schon gar nicht mehr aufhören sie zu küssen. Verlangend bewegte ich meine Lippen gegen ihre, fuhr leicht mit meinen Zähnen auf ihrer Unterlippe. Ich wollte gerade so viel mehr, aber so langsam kam ich zu meinen Sinnen und trennte mich von ihr. Die Leute lachten und klatschten. Was gab es zu lachen? Hatte ich es doch übertrieben mit dem Kuss? Ich hatte sie aber schon seit einem Tag nicht mehr geküsst!

Crystal lächelte schüchtern und blickte beschämt auf den Boden, was mir ein Grinsen auf meinen Mund zauberte. Sie war so niedlich. Die Show war für's Erste vorbei, jeder setzte sich auf seine Stühle und eine angenehme Musik erfüllte die freie Luft. Mit meiner Frau an meiner Seite liefen wir erst durch die Tische und hießen die Leute willkommen. Sie gab ein sicheres Bild ab und unterhielt sich recht gut mit den Gästen, obwohl sie niemanden wirklich kannte, schlug sie sich wahrhaftig gut. Ich wollte gerade nichts sehnlicher, als sie in diesem Kleid durchzunehmen. Aber leider musste ich mich noch gedulden. Mit diesem luftigen Rock sollte es kein Problem sein, es einfach hoch zu schieben und kräftig mich in sie... Oh Mann! Besinn dich, Ladislao! Gerade schüttelte sie Hände mit irgendwelchen Leuten.

„Ich wünsche Ihnen alles Gute!", meinten sie im Allgemeinen.

Von jedem kam die selbe Leier. Dennoch amüsierte ich mich prächtig, wenn ich an das Resultat dieser Quälerei dachte. Sie war nun meine Frau. Niemals würde ich sie mehr loslassen. Nachdem wir so ziemlich jeden gegrüßt hatten, setzten wir uns endlich an den Tisch, der für die Braut und den Bräutigam gedacht war. Endlich waren wir wieder etwas mehr in unserer Zweisamkeit, während Getränke und Vorspeisen serviert wurden.

„Ich habe dich vermisst", flüsterte ich in ihr Ohr, in dem ich mich zu ihr beugte.

Sie knetete ihre Hände auf ihrem Schoß, als ich ihre Hand nahm, diese anschließend leicht hoch hielt und einen Kuss darauf hauchte. Ihr Blick lag mit einer endlosen Liebe darin auf mir. Erlebte ich diesen Tag wirklich oder war das nur ein Traum?

„Ich liebe dich", flüsterte meine Liebe und küsste mich kurz auf den Mund.

Für meinen Geschmack zu kurz, weshalb ich mich nach vorne lehnte und sie nochmal küsste. Ein Kichern entfloh ihr. Ich musste erneut breit Grinsen.

„Die Gäste scheinen sich zu amüsieren", deutete sie auf die besagten.

„Ja", lautete meine Antwort kurz und bündig, während mein Blick immer noch an ihr haftete.

„Kann es kaum erwarten", sagte ich nach wenigen Sekunden.

„Was denn?", fragte sie wieder zu mir gewandt.

„Dich zu ficken", flüsterte ich direkt in ihr Ohr.

Eine Gänsehaut breitete sich auf ihren nackten Armen aus. Es machte mich jedes Mal fertig, dass sie so sensibel auf mich reagierte. Eine kleine Bewegung, eine winzige Berührung oder auch wie jetzt, irgendwelche Wörter. Sie schluckte kräftig, als sie meinem intensiven Blick begegnete, den ich schon die ganze Zeit nicht von ihr nehmen konnte.

„Tja, du musst dich wohl gedulden", zwinkerte sie, nachdem sie sich wieder gefasst hatte.

Ah, so ein Teufel! Ich sah sie herausfordernd an und wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, jedoch wurden wir unterbrochen, als Frederico und Carl zu uns stießen. Sie setzten sich und wir fingen eine lockere Unterhaltung an. Crystal brachte mich sehr oft zum Grinsen, wie sie einfach mit Leichtigkeit und selbstbewusst mit den zwei umging. Sie forderte die beiden Jungs ziemlich heraus, spaßte mit ihnen herum. Die beiden waren des Öfteren baff. Es war amüsant, ihnen dabei zuzusehen, wie sie von einem neunzehn jährigen Mädchen fertig gemacht wurden. Mein Schatz war wie keine andere. So viel hübscher, so viel kluger und smarter als alle anderen Frauen, die ich je kennengelernt hatte. Ich war wie geblendet und konnte nicht mal richtig ihrem Gespräch folgen. Ihre Art und diese angenehme Stimme genoss ich.

„Okay, okay", sagte Carl ergeben. „Du hast ja schon recht."

Um was ging es überhaupt? Ich hätte doch lieber besser zuhören sollen.

„Und ob ich recht habe", entgegnete sie spielerisch.

„Ja, wir tun jetzt alle nur so, damit du endlich Ruhe gibst", neckte Carl sie weiterhin.

Als sie auch schon weiter diskutieren wollten, kamen Nadja und Camilla zu unserem Tisch.

„Wo ist eigentlich Carlos hin?", fragte mich Nadja.

„Ich weiß es nicht", meinte ich ahnungslos.

„Haben wir uns schon einmal getroffen?", stand Frederico auf und ließ ordentlich den Charmeur hängen, als er Camillas Hand nahm und diese zwischen seine nahm.

„Ähm", machte Camilla, „ich denke nicht."

„Wow, wieso wird diese wunderschöne Frau vor mir verborgen gehalten?", grinste Frederico.

Er war auch so ein Frauenheld, aber nicht mit Camilla! Sie war eine besondere Frau und ich weiß, was sie alles durchstehen musste. Niemals würde ich zulassen, dass er sie verarschte!

„Danke", wusste Camilla nicht weiter.

Es verging noch einige Zeit, in der sich jeder näher kennen lernte. Hin und wieder kamen meine Geschäftspartner vorbei, um mir zu gratulieren. Wirklich Freunde hatte ich außer den beiden und Carlos nicht. Die meisten Bekanntschaften waren nur auf geschäftlicher Basis. Mit dem ein oder anderen verstand ich mich ziemlich gut, wobei es mit einigen nur auf formaler Basis blieb. In der Zwischenzeit war Carlos auch aufgetaucht und blieb einen Arm um sie gelegt neben Nadja stehen.

Als gerade jemand den Hof betrat, drehten sich alle Blicke zu ihr, als würde die Braut erneut herein laufen. Aber diese Tatsache war genauso aufregend, wie die Ankunft der Braut, denn diese Frau ließ sich kaum irgendwo sehen. Wer weiß, wann sie zuletzt in der Öffentlichkeit war. Zielstrebig lief sie mit einer Gefolgschaft aus zwei hochgeschossenen, breit gebauten Männern auf mich zu. Ihr Aussehen hatte ich schon fast vergessen, da niemand sie wirklich oft sah.

„Ich wünsche Euch ein liebevolles Zusammenleben", reichte sie mir ihre Hand.

Ihre Aussprache und die Stimmlage waren einfach nur einzigartig. Als hätte sie nichts anderes gemacht, als nur das Reden zu üben, in richtiger Tonlage die richtigen Wörter auszuwählen.

„Danke", entgegnete ich, „es freut mich sehr Sie hier zu sehen."

Crystal, die an meiner Seite stand, wirkte überrascht und eingeschüchtert, als sie sich auch bedankte.

„Glauben Sie mir, ich bin auch recht froh, hier zu sein", sagte die Dame mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen.

In dem Moment sah ich sie mir genauer an. Ihr Kleid war recht waghalsig, da es einen sehr tiefen Ausschnitt trug, ziemlich eng anliegend war und die Farbe, wie ihre Augen, im dunklen Grün strahlte. Sie hatte etwas katzenhaftes an sich. Ihr Haar war schwarz mit einigen, grauen Strähnchen darin. Färbte sie etwa ihr Haar nicht? Diese Tatsache gefiel mir, warum auch immer.

„Und Sie sind die wunderschöne Frau?", wandte sie sich an Crystal. „Seraphine Ferista."

„Es freut mich sehr", reichte Crystal ihr die Hand und stellte sich ebenfalls vor. „Crystal Carbone mittlerweile."

Beide lachten kurz auf, als wäre das witzig gewesen. Ich wusste nicht, was ich von dieser Sache halten sollte. Dass sie auf die Hochzeit kam, war erstaunlich, aber dass sie sich auch noch jetzt mit Crystal zu verstehen schien, verblüffte mich.

„Ich würde mich gerne hinsetzen, Mr Carbone", meinte sie bestimmt.

„Natürlich", klärte ich meinen Hals wieder und winkte Carlos zu mir. „Zeige Miss Ferista ihren Tisch, bitte."

Wir hatten extra dafür gesorgt, dass sie einen guten Tisch aus der vorderen Reihe bekam. Schließlich war sie eine Art Ehrengast, wie sehr ich sie auch nicht leiden konnte. Aber mein Hass galt nicht ihrer Person, sondern dieser Familie überhaupt. Ich wollte sie einfach weder sehen noch in meiner Nähe haben.

„Okay", pustete Crystal aus, als Seraphine außer Hörweite war. „Das war strange."

„Wieso?", grinste ich sie schelmisch an. „Du hast dich doch prächtig mit ihr amüsiert."

Lächelnd wandte sie sich von mir ab und machte es sich auf ihrem Stuhl gemütlich. Gleich müssten wir den ersten Tanz vorführen. Gestern konnten wir uns doch das Schloss anschauen und haben im Anschluss mit der Organisatorin den Ablauf besprochen. Es war alles zwar sehr kurzfristig, aber anders ging es eben nicht.

Heute hatte ich noch einen Ehrengast. Mal sehen, wann sie eintreffen würde. Das würde meinen Vater sicherlich vom Sockel hauen.

***

Es war echt ein seltsamer Moment, als ich Seraphine kennen lernte, da sie doch einen sehr netten Eindruck machte, seltsamer Weise. Ich saß gerade wieder am Tisch mit Ladislao. Unser Sitzplatz stand neben der Bühne, auf der eine Band bereits sanfte Klänge spielte, um eine angenehme Atmosphäre zu erschaffen, sodass die Gäste uns ansahen. Ich ließ meinen Blick durch die Menge gleiten, als ich nach Seraphine Ausschau hielt. Warum auch immer, wollte ich sie nochmal anschauen.

Als ich sie gerade erblickte, bemerkte ich, dass sie mich ebenso musterte. Warum? Okay, ich war die Braut. Daher sollte es nicht weiter verwunderlich sein, dennoch wurde ich skeptisch und auch unsicher. Sie sah mich nicht nur an, sondern musterte mich. Ihr Gesicht kam mir bekannt vor, aber es konnte unmöglich sein, dass ich ihr begegnet sein sollte. Wir blickten uns weiterhin an, denn ihr Tisch war nicht weit weg, sodass ich ihr Gesicht eindeutig sehen konnte. In dem Moment trat Snake zu ihr. Was machte er denn hier? Sie grüßten sich und dann sahen beide zu mir. Was sollte ich davon halten? Ich wollte Ladislao darauf aufmerksam machen, aber er unterhielt sich gerade mit einem seiner Geschäftspartner oder wem auch immer. Ich kannte diese Leute nicht, aber so wie dieser Schnösel aussah, konnte er nichts anderes als ein Geschäftsinhaber sein. Erneut wandte ich mich an Snake und Seraphine, die sich unbekümmert zu unterhalten schienen. Die zwei Männer, die mit ihr eingetreten waren, saßen ebenfalls am Tisch, aber sie blieben die ganze Zeit ruhig und betrachteten die Gegend. Das waren wohl ihre Bodyguards.

Hatte ich es mir nur eingebildet, dass sie über mich geredet hätten? Aber es war mehr als offensichtlich, wie Snake sich zu ihr setzte und beide in meine Richtung sahen. Ich wollte nicht näher darauf eingehen und mich damit verrückt machen, denn die Band rief das Paar für den ersten Tanz auf die Fläche. So langsam fing es auch schon an zu dämmern, jedoch war es noch nicht dunkel, sodass durch die untergehende Sonne eine angenehme und doch recht romantische Ambiente entstand. Vor wenigen Monaten hätte ich mir niemals ausdenken können, mich hier zu befinden, als die Frau dieses wunderbaren Mannes, der mir meine Welt schenkte.

Ganz wie ein Gentleman nahm er mich an der Hand und trat mit mir zur Tanzfläche. Wir hatten gestern noch wenige Schritte geübt, sodass es besser verlief als bei unserem ersten Mal. Ladislaos Hand lag an meiner Hüfte, wobei ich meine auf seine Schulter legte und die freien Hände verschränkten wir.

„Habe ich schon erwähnt, wie hübsch du heute aussiehst?", fragte er mich mit seinem typischen Schmunzeln.

„Nein", gab ich gespielt beleidigt zurück.

„Was für eine Schande", beugte er sich weiter nach unten und lehnte seine Stirn an meine. „Du bist so hübsch."

Sein intensiver Blick schien in meine Seele zu schauen. Meine Haut stand unter Flammen und mein Inneres kribbelte wie verrückt. Er führte meine Hand zu seiner Brust und hielt mich mit beiden Händen an meiner Hüfte fest, wobei er mich leicht streichelte und wir uns hin und her schwenkten.

„Ich habe vorhin nicht genug bekommen", wisperte er.

„Von was denn?", fragte ich verwirrt.

Hatte er etwa Hunger? Das Essen wurde schließlich auch noch nicht serviert. Gerade als ich noch irgendwelche Theorien aufstellen wollte, hörte er auf, uns zu schwenken, legte seine Hände auf meine Wangen und küsste mich. Meine Hände lagen auf seiner Brust, wobei er mit seinen wieder weiter herunter fuhr und mich fast schon in seine Arme schloss. Langsam und weich bewegten sich seine Lippen auf meinen. Der Geschmack seines letzten Drinks haftete noch an diesen. Die ganze Menge um uns war vergessen, denn es zählten nur noch wir zwei und dieses wunderbare Gefühl, was er in mir auslöste. Ich fühlte mich schwerelos, als würde ich auf den Wolken schweben. Ungeduld nahm mich ein und ich fuhr mit meinen Händen an seinen Nacken. Somit drückte ich ihn weiter zu mir herunter.

„Hör auf", flüsterte er und trennte unsere Lippen. „Soll ich dich etwa auf unserer Hochzeit durchnehmen?"

Augenblicklich wandte ich meinen Blick beschämt ab und musste leise vor mich hinkichern.

„Findest du das lustig?"

„Nein, entschuldige", versuchte ich mein Kichern zu unterdrücken. „Lass uns weiter tanzen, die Leute schauen schon so komisch und lachen uns aus."

„Keiner lacht uns aus", meinte Ladislao nur. „Sie amüsieren sich nur."

Wir redeten nicht mehr bis die Musik aufhörte und das nächste Lied gespielt wurde, sodass auch die anderen Gäste sich uns anschließen durften. Binnen Sekunden füllte sich die gesamte Fläche. Kein Wunder bei der Anzahl der Gäste. Es hatte sich doch ein ordentlicher Haufen zusammen gefunden. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Snake mit Seraphine tanzte. Sie bewegte sich selbstsicher, jeder Schritt schien als wäre er vor Jahren geplant gewesen. Sie war eine wirklich hübsche Frau, mit ihren großen, grünen Augen und dem dichten Haar. Ihre Haut glänzte fast schon, obwohl sie nicht mehr die jüngste war. Dennoch hatte sie nichts von ihrer Schönheit verloren. Erneut fragte ich mich, an wen sie mich erinnerte oder ob ich sie vielleicht doch schon einmal gesehen habe könnte. Ich strengte mich an, aber mir fiel dennoch nichts ein bis... bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Ich wusste nun, woher ich sie kannte. Aber wie war das möglich? Sie sah... sie sah mir ähnlich? Oder ich ihr...? Nein, das lag bestimmt an den grünen Augen und den schwarzen, dichten Haaren, die langsam grau wurden. Und wie sollte ich mir diese Wangen und diese Lippen erklären? Die Brauen, die eins zu eins wie meine aussahen mit der eckigen Form? Scheiße! Konnte das wirklich sein? Aber wie...? Wie eingefroren blieb ich stehen. Ladislao schien zu merken, dass etwas nicht stimmte.

„Was ist los, Baby?", fragte er besorgt.

„Können wir uns... uns setzen?", stotterte ich und sah nochmals diese mysteriöse Frau an.

Sie blickte direkt in meine Augen. Snake war mit dem Rücken zu mir gedreht. Dadurch konnte ich nur ihr Gesicht sehen. Sie beobachtete mich fast schon. Als würde sie nach etwas suchen, aber es nur nicht finden können. Dachte sie etwa auch an das gleiche wie ich? War ihr die verblüffende Ähnlichkeit auch schon aufgefallen?

„Komm, Babe, setz dich hin", führte mich Ladislao aus der tanzenden Masse und wir liefen zu unserem Tisch.

Er hielt mir meinen Stuhl hin, damit ich mich setzen konnte.

„Was ist los?", fragte er mich erneut.

Sollte ich ihm meine Erkenntnis erzählen? Wieso war ihm das nicht aufgefallen? Das war kaum zu übersehen!

„Ich denke, es kommt von der Aufregung", entschied ich mich doch dagegen. „Kannst du mir ein Wasser geben?"

Ladislao wirkte verwirrt, jedoch sagte er zu meinem Glück nichts mehr und schenkte mir ein Glas Wasser ein. Ich wusste gerade nicht, wo oben und unten war. Wie konnte es sein? War sie meine... meine...? Shit! Ich konnte nicht einmal daran denken. Waren wir verwandt? Wie konnte es sonst sein, dass ich einem unbekannten Menschen so ähnlich sah? Ich konnte nicht anders, als nochmal zu ihr zu blicken und in dem Moment kreuzten sich unsere Blicke erneut. War das nur Zufall oder starrte sie mich unentwegt an? Wie sonst sollte es sein, dass unsere Blicke sich so oft trafen? Ein Schimmer lag in ihren Augen, den ich aus Weitem nicht erkennen konnte, ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht ganz deuten. Sie hörte auf, mit Snake zu tanzen und sie gingen wieder auf ihre Plätze. Als sie sich hinsetzte, visierte sie mich erneut an. Wieso sah sie immerzu zu mir? Kannte sie mich?

„Schatz, was ist los?", kniete Ladislao neben mir und nahm meine Hände in seine.

Ich sah in seine Augen und diese nahmen mich für einen Moment mit in eine andere Welt.

„Ich liebe dich", legte ich eine Hand an seine Wange.

Er griff nach dieser und hauchte einen Kuss in meine Handinnenfläche.

„Ich liebe dich", flüsterte er mir zu.

In dieser Sekunde war ich von meinen Gedanken abgelenkt und konnte für einen Moment durchatmen. Ich wusste, dass ich mit ihm reden musste, aber gerade schien es mir einfach ein unpassender Moment zu sein.

„Sagst du mir jetzt, was los ist?"

„Es ist nichts", drückte ich ihm einen kleinen Kuss auf seinen Mund. „Wahrscheinlich war es nur die Aufregung. Es geht schon wieder."

Er schien nicht ganz überzeugt, aber für den Moment beließ er es dabei, wofür ich ihm dankbar war und stellte sich aufrecht hin. Der Abend lief ohne weitere Zwischenfälle weiter. Dennoch beunruhigte mich diese Erkenntnis. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich davon denken sollte. Irrte ich mich etwa? Mit Snake schien sie sich prächtig zu verstehen. Seraphine Ferista, wer bist du nur?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top