Kapitel 27
Meine Gedanken gaben mir keine Ruhe, denn das Gespräch gestern mit Ladislao wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Er hatte es verdient, etwas über mich zu erfahren, denn so vieles hatte er bereits mit mir geteilt. Und ich? Ich verheimlichte ihm alles, was ich nur so vor ihm verbergen konnte. Das musste ich ändern. In wenigen Tagen würden wir heiraten. Auch wenn es teilweise immer noch als eine Formalität galt, wollte ich dennoch nicht, dass etwas zwischen uns stand. Ich musste mit ihm reden. Genau heute wollte ich dieses Gespräch hinter mich bringen.
Wir hatten gerade frühen Mittag. Vorhin war ich wach geworden und bemerkte, dass Ladislao nicht mehr neben mir lag, weshalb ich mich fragte, warum ich nichts mitbekommen hatte, als er sich fertig machte und heraus ging. Hatte ich so tief geschlafen? Nun hieß es, irgendwie den Tag überstehen bis er kommen würde, und ich mit ihm reden konnte. Dieses Mal durfte ich mich nicht davor drücken, denn ich wollte ihm endlich erzählen, was ich mal für ein Mensch war.
Allmählich richtete ich mich auf und ging ins Badezimmer, um mich frisch zu machen. Im Anschluss zog ich mich um und begab mich nach unten. Mal sehen, was meine Verrückten heute taten. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen und verzog den einen Mundwinkel leicht nach oben. Ich rannte schon förmlich nach unten und trat in die Küche.
„Morgen, meine Verrückten!", begrüßte ich sie.
Nadja fing unmittelbar an zu lachen und Camilla stimmte mit ein.
„Na, du", grüßten sie zurück.
„Was macht ihr so Schönes?", fragte ich nach. „Ich habe einen Bärenhunger!"
Zur Bestätigung meiner Aussage knurrte mein Magen laut, was die beiden zum Lachen brachte.
„Ja, das kriegen wir zu hören", machte sich Camilla lustig darüber. „Ich pack' den gesamten Kühlschrank aus, keine Sorge, Liebes."
Mit ihrer Aussage wandte sie sich um und bereitete etwas für mich zu.
„Los, komm her", winkte mich Nadja zum großen Esstisch her. „Bist du aufgeregt? Es sind immerhin nur noch ein Paar Tage."
Ich lief zu ihr hin und setzte mich auf den Stuhl ihr gegenüber.
„Ja, du sagst es", gab ich von mir. „Bin höchst aufgeregt. Weiß gar nicht, was ich von allem halten soll."
Erschöpft stöhnte ich auf, legte meine Ellbogen auf die Tischkante und vergrub mein Gesicht in meine Hände. Nadja stand auf, setzte sich neben mich und strich mir beruhigend über den Rücken.
„Hey, mach dich doch nicht fertig. Sieh her, ich habe es ebenso überstanden."
Ich blickte auf und sah in ihr nettes Gesicht. Sie konnte mich ja nicht verstehen, da sie auch die tatsächliche Lage um uns nicht kannte. Damit es nicht fragwürdig wurde, lächelte ich zurück und lenkte das Thema ab. Ich witzelte mit Camilla herum, die nebenbei auch mein Frühstück zubereitete. Die Zeit verstrich, wir machten uns einen angenehmen Tag und gegen abends wurde mir langweilig, sodass ich kurzerhand beschloss, nach langer Zeit wieder trainieren zu gehen. Im Zimmer zog ich mir Sportsachen an und lief dann in den Trainingsraum. Einfach unglaublich, dass ich in so einem Haus lebte, kaum zu fassen. Ich schaltete die Anlage ein und ließ das Radio im Hintergrund laufen. Um mich aufzuwärmen, wollte ich erst einmal zwanzig bis dreißig Minuten auf dem Laufband joggen. Mit der Zeit schweiften meine Gedanken immer mehr ab. Ich dachte über alles, aber irgendwie auch über nichts nach, bis das Radio mich auf sich aufmerksam machte. Gerade liefen die Werbungen.
„Reserviere dir jetzt schon dein ALC-Phone Z2 und sei einer der wenigen ersten, die es frühzeitig bekommen..."
Der Typ im Radio quasselte noch weiter und ratterte dann den Namen der Firma herunter, worunter ich gerade so den Namen Carbone ausmachen konnte. War das etwa von Ladislao die Firma? Ich hatte ja so keine Ahnung. Wusste ich doch nicht so viel über ihn, wie ich dachte? Aber genau deshalb sollte ich mit ihm mehr reden. Ich durfte nicht von meinem Vorhaben abschweifen, ich musste mit ihm reden. Wie sollte ich aber nur? Wo sollte ich anfangen? Etwa da, dass ich mich halber zum Betthäschen gemacht hatte? Dass ich eigentlich nur ein erbärmliches Leben hatte? Dass ich immer Leute beklaute? Dass ich schon Menschen umgebracht hatte? Wie würde er reagieren, wenn er von Snake erfuhr, wo sie auch noch miteinander arbeiten und auskommen mussten? Wo - wo sollte ich nur anfangen? Würde das nicht sein Bild von mir völlig ins Wanken bringen? Würde er mich überhaupt dann noch wollen? Wäre ich ihm dann seiner Meinung nach würdig? Nein, nein! Wenn ich wieder in diese Gedanken verfiel, dann würde ich niemals mit ihm reden können. Scheiße, aber auch! Obwohl ich nicht an diese Zeit zurück denken wollte, musste ich dennoch mit ihm reden. Wir würden heiraten! Verdammt, er musste doch wissen, was für eine er sich zur Braut machte!
Versunken in meinen wirren Gedanken bemerkte ich gar nicht, wie schnell ich schon lief. Außer Atem stellte ich das Laufband aus, hielt mich an den Griffen seitlich fest und keuchte vor mich hin. Vom Laufband herunter gestiegen nahm ich eine Wasserflasche mit, begab mich an die Wand, setzte mich auf den Boden und lehnte mich zurück. Mist!
Was hatte ich nur für ein Leben?! Wer waren meine Eltern, meine Familie? Wollte mich denn keiner haben, dass man mich vor einem Waisenhaus liegen ließ und abhaute? Etwas staute sich in mir zusammen, meine Gefühle spielten verrückt, mein Hals schnürte sich zu. Scheiße! Ein Drang kam in mir hoch, den ich seit einer Ewigkeit nicht mehr verspürt hatte. Verflucht!
„Argh!", brüllte ich laut aus und schmetterte die Wasserflasche in meiner Hand auf den Boden weiter weg von mir.
Meine Augen brannten, mein Hals kratzte seltsam und dann brach der Vulkan in mir aus, der seit längeren Jahren still stand. Meine Tränen flossen unaufhörlich, als kämen die in all den Jahren versammelten zu Tageslicht. Verdammter Scheiß! Das Schluchzen nahm immer mehr zu, sodass meine Schultern bebten. Ich wollte aufhören, scheiße nochmal! Ich wollte nicht weinen, aber mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Die Tränen strömten nur so heraus, mein Körper bebte wegen dem Schluchzen. Ich hoffte nur, dass mich niemand in diesem Zustand vorfinden würde. Wenn ich was hasste, dann war es Schwäche zu zeigen.
Mit der Zeit beruhigte sich meine Atmung und das Schluchzen ebbte ab, wobei auch die Tränen versiegten. Endlich! Was war nur los? Seit Jahren hatte ich keine Träne vergossen, warum jetzt? War ich insgeheim so verzweifelt und verloren? Scheiße...
***
Der Tag zog sich in die Länge wie nochmal was. Ich war müde und einfach nur erschöpft. Die Arbeit nahm meine ganze Energie in Anspruch in letzter Zeit. In der Firma lief alles auf und ab, das neue Smartphone sollte nun beim Endkäufer ankommen. Ein riesiges Tamtam herrschte um mich, sodass ich auch den letzten Nerv verlor. Nachdem ich aus der Firma lief, musste ich noch in die Slums. Irgendetwas lief anscheinend wieder nicht rechtens. Umzingelt von Idioten musste ich mich um alles selber kümmern. Einfach der Wahnsinn, nein, zum Wahnsinnigwerden!
Mein Handy in die Hand genommen rief ich Carlos an, damit er Männer zu mir schicken sollte, da ich ganz sicher nicht so leichtsinnig war, alleine in diese Drecksgegend zu gehen. Wie leben diese Menschen nur dort? Das war kaum auszuhalten in dieser Umgebung, total unhygienisch. Carlos bestätigte mir, dass er mit einigen Männern gleich zu mir treffen würde. Ich sagte ihm nur, er solle sich beeilen und legte auf. An der Grenze zum Bezirk, in dem sich die Slums befanden, parkte ich und wartete an meinen McLaren 570S gelehnt auf deren Ankunft. Nach einigen Minuten kamen zwei knapp bekleidete, stark geschminkte Frauen auf mich zu. Sie hatten schon eindeutig zu tief ins Glas geschaut, da sie wie bescheuert vor sich hin kicherten und über mich tuschelten. Dachten sie etwa, ich würde sie nicht hören, obwohl sie direkt vor mir liefen?
„Na, Hübscher", sprach die eine mich an, als sie vor mir zum Stehen kamen, „ist das dein Schlitten?"
„Nein, ich stehe nur angelehnt daran", antwortete ich und zwinkerte ihr grinsend zu. „Kann ich dich trotzdem durchficken?"
Ich ließ absichtlich noch meinen Blick auf ihrem ekligen Körper, der eine laufende Werbetafel für plastische Chirurgie darstellte, auf und ab wandern.
„Oh, mein Gott!", schrie die andere entsetzt. „Was für'n Creep?"
„Ja", beteuerte ihre Busenfreundin, „lass uns gehen."
Schnellen Schrittes machten sie sich vom Acker. Die waren doch nur auf der Jagd nach einer laufenden Geldbörse. Schlampen! Auch wenn ich nicht über eine Frau so denken wollte, konnte ich bei den zwei Exemplaren doch nicht anders.
Wenig später erkannte ich auch schon die drei Wagen meiner Männer, wie sie in meine Richtung fuhren. Mit meinem Fahrzeug würde ich niemals in diese Gegend hinein fahren. Von dem vordersten Van stieg Carlos aus dem Beifahrersitz aus und kam auf mich zu.
„Geht es um Gecko?", fragte er mich. „Wieso willst du selber da rein?"
„Anscheinend muss ich hier mal zeigen, wer der Boss ist", entgegnete ich mit den Zähnen knirschend. „Die scheißen uns alle fast schon auf unsere Köpfe! Die denken, dieser Furz von Gecko sei ihr Boss!"
Carlos sagte nichts mehr und begleitete mich zum schwarzen Van mit getönten Scheiben, sodass man von außen keinesfalls hinein blicken konnte. Wir setzten uns und fuhren auch schon los. An der Mauer zum Viertel gewährten uns die Wachen Einlass. Jeder konnte ahnen was diese teuren Wagen hier wollten. Das hieß nie etwas Gutes.
„Die Fakten, Carlos", sagte ich nur und lehnte mich im Sitz zurück.
Scheiße, war ich am Arsch! Mein Kopf platzte fast schon!
„Sein Name ist Georgio Sabani. Der Wichser ist um die dreißig, soweit bekannt keine Kinder."
„Was interessiert mich das?!", fuhr ich ihn an. „Ich vergreife mich doch nicht an deren Kinder! Seinen Scheiß, den er gebaut hat, wird er schon selber ausbaden!"
Ich dachte, nach der Schlachtfeier, die sich auch groß herum gesprochen hatte, müsste ich mich einige Zeit mit so etwas nicht befassen, aber anscheinend lernte niemand aus den Fehlern anderer. Unbedingt musste ich die Leute selber zähmen. Dieser Bastard meldete dauernd irgendwelche Überfälle, dass sein Stoff anscheinend geklaut wurde, aber wie wir nun feststellen durften, hatte er sich einen neuen Markt aufgebaut, indem er die Ware auf eigene Faust vertickte. Natürlich lag dieses Gebiet auch unter meiner Obhut, sodass nach einigen Ermittlungen seitens meiner Männer klar wurde, dass jemand in das Gebiet eingedrungen war. So wurde eins und eins zusammen gezählt und die Spuren führten zu Gecko. Idiot! Für gewöhnlich kümmerte ich mich um solchen Kleinkram nicht, aber meine Mordlust stieg immer, wenn ich zu sehr gestresst war. Ich wollte mich nun mal irgendwo abladen. Entweder musste ich in den Ring steigen oder diesen Weg wählen. Da ich nicht wollte, dass Crystal etwas mitbekam, musste ich mich auf diese Weise abregen, denn wenn ich einen Fight antrat, würde das sicherlich noch seine Spuren auf meiner Haut hinterlassen.
In dem Moment laberte Carlos noch weiter vor sich hin, bis ich ihn unterbrach.
„Das reicht jetzt", sagte ich ruhig. „Wir wollen ihn umbringen. Wozu die Infos?"
„Ladislao, du hast selber nach den Fakten gefragt", gab er mit den Augen rollend von sich.
„Ja, ist gut", grinste ich ihn an. „Sorry, Prinzessin."
Ich liebte es einfach, ihn derart zu ärgern.
„Ja, ja, sehr witzig, was haben wir gelacht."
Niemand redete mehr, sodass wir in Ruhe die verbliebene Fahrt verbrachten. Ich lehnte mich zurück, schloss kurz meine Augen, hörte mein Blut durch meine Adern rauschen und wie das bekannte Kitzeln meine Finger einnahm - bereit, einem Menschen das Leben zu nehmen. Wir zogen durch dieses ekelhafte Viertel, was ich seit geraumer Zeit nicht mehr besucht hatte. Die Leute blickten noch lange unseren Fahrzeugen hinterher. Eigentlich lief hier alles gut bis jetzt. Anscheinend zu gut für die Verhältnisse.
„Wir sind gleich da", informierte mich Carlos.
Als die Wagen anhielten, stiegen die anderen Männer gleich aus und begaben sich in die Bude von diesem Bastard, um ihn herzuschleppen. Jeder wusste, was dieser schwarze Van hieß! Nämlich, dass die Großen nun am Werken waren. Niemand würde sich jetzt noch trauen, sich hier einzumischen. Ich blickte mich um und erkannte die herunter gekommenen Häuser, Baracken wie man sie eher nennen sollte. Fenster eingeschlagen, Wände beschmiert und mit Graffiti übermalt. Die Symbole der Gang zierten die Wände der Häuser. In diesem Thema waren die Gangs sehr pingelig, denn sie besprühten jede erdenkliche Wand mit ihrem Zeichen. Wer sich traute dieses zu übersprühen wurde auf der Stelle erschossen. Da verstanden sie keinen Spaß. Als ich noch jünger war, war ich sehr oft undercover in den Slums unterwegs. Ich kenne diese Dreckslöcher wie mein Zuhause. Selbstverständlich wusste niemand, wer ich wirklich war. Ich musste aber eingestehen, dass es wirklich bezaubernde Zeiten waren. Denn Action wie es hier gab, fand man sonst nirgends.
Die große Schiebetür wurde geöffnet und Brian, ein zwei Meter großer Koloss, einer meiner besten, schmiss einen stinkenden Mann hinein, der mit geweiteten Pupillen mich aus großen Augen anstarrte. Er begriff wohl, wen er vor sich hatte.
„Boss", nickte mir Brian zu und schloss die Tür.
Carlos schnappte sich den Typen und setzte ihn auf den Sitz gegenüber von mir neben sich.
„Du bist der große Boss", flüsterte er vor sich hin.
Er wirkte sehr beängstigt und man sah ihm auch deutlich an, dass er gerade etwas high war, jedoch noch so, dass er bei klarem Verstand war.
„Ich habe nichts verbrochen", sagte er nun etwas lauter und sein Blick huschte schnell hin und her.
„Brian, wir fahren", befahl ich.
Er hatte sich schon auf den Fahrersitz gesetzt. Mit seinem Funkgerät, womit alle Fahrzeuge des Teams miteinander verbunden waren, gab er zu verstehen, dass wir los fuhren.
„Nein, wo gehen wir hin?!", schrie dieser Hur... Bastard vor mir - die Mutter konnte ja nichts für sein Versagen.
Der Typ wurde langsam sichtlich nervös und Angstschweiß rann ihm aus der Stirn herunter. Ich hatte bis jetzt kein Wort zu ihm gesagt. Carlos ebenso nicht, der immer noch still dort saß.
„Hast du nichts von der großen Feier letztens mitbekommen?", fragte ich ihn in Ruhe, weshalb er leicht verwirrt wurde.
„Doch...", gab er zu.
„Aber...?", hakte ich nach.
„Ich habe nichts gemacht!", brüllte er wieder.
So ein Hurensohn! Dachte er etwa, dass das hier ein Kaffeeklatsch wurde? Mit einem Ruck griff ich nach dem Taschenmesser, welches in dem Fach seitlich am Wagen mit einer Pistole daneben steckte, drückte auf den Knopf, sodass die Klinge hervor schoss und rammte diesen voller Wucht in seinen Oberschenkel. Schmerzerfüllt schrie er auf, keuchte sich nach vorne gebeugt auf und starrte mich voller Angst in den Augen an. Er wusste, nachdem er mein Gesicht gesehen hatte, dass es für ihn kein Entkommen mehr gab. Das war wie ein Naturgesetz.
„Ich bin zurzeit sehr gestresst", gab ich erschöpft von mir, lehnte mich wieder zurück und sah auf ihn herab. „Meine Hochzeit, die ganzen Betrüger, dann noch das ganze Unternehmen. Als sei das alles nicht schon genug, muss ich mich auch noch mit so einem Flachwichser herum schlagen."
Seine Augen weiteten sich, die Furcht war in ihnen geschrieben. Er hielt noch sein Bein und keuchte weiterhin vor Schmerz. Wir kamen in der nächsten Stunde an unserem Ziel an. Meine kleine Hütte verschwand fast schon zwischen den Bäumen. Ich liebte diesen Platz. Brian kam um den Wagen gelaufen, öffnete die Tür und packte den Idioten auf seine Schulter. Der Anblick war seltsam und lustig zugleich, wie er einen erwachsenen Mann auf die Schulter packte und den mit sich nahm. Er steuerte auf die Hütte zu und begab sich dann ins Innere.
Ausgestiegen sah ich in den Himmel und bemerkte, dass es bereits ziemlich dunkel wurde. Mein Schatz machte sich bestimmt Sorgen. Sie wartete immer darauf, dass ich von der Arbeit kam. Wenn sie doch nur wüsste... Ich zückte kurz mein Handy hervor, erblickte auf dem Bildschirm zwei neue Nachrichten, die ich dann auch anklickte.
Kommst du spät heute?, lautete die erste.
Baby, ist alles in Ordnung?, die nächste.
Was sollte ich da auch antworten? Ich bringe geschwind einen Mann um und komme dann nach Hause? Ganz sicher nicht! Das Handy wieder eingesteckt lief ich in die Hütte herein. Den Typen hatte Brian auf einem Stuhl gefesselt, was mich einfach nur zum Lachen brachte.
„Was soll das?", lachte ich. „Bind ihn los. Oder warte, ich mache das schon. Geh du raus."
Brian nickte ein Mal und lief dann heraus. Nun stand ich mit ihm alleine. Das Taschenmesser steckte noch in seinem Oberschenkel, welches ich nahm und um ihn herum lief, wobei er vor Schmerzen sich krümmte. Wieso eigentlich? Er war doch noch ziemlich gut dabei, es war ja immerhin nur ein Stich bis jetzt. Als ich hinter ihm ankam, schnitt ich seine Fesseln durch. Er sah dies wohl als eine Einladung zu seiner Flucht, weshalb er sich schnell aufrappelte und zur Tür humpelte. Ich konnte ihn dabei nur auslachen. Er glaubte doch nicht etwa, er könnte tatsächlich noch abhauen? Als er an der Tür ankam, versuchte er diese auch noch zu öffnen, was mich noch mehr zum Lachen brachte.
„Boss, alles gut?", hörte ich Brians tiefe Stimme.
„Oh, ja alles bestens!", rief ich zurück.
„Was, was willst du von mir?", drehte er sich um und blickte mir in die Augen.
„Wieso bist du in andere Gebiete eingedrungen?", antwortete ich ihm mit einer Gegenfrage.
„Ich...ich...", stammelte er vor sich hin.
Ich hatte einfach keinen Bock mehr, nahm das Taschenmesser an der Klinge, wog es paar mal in meiner Hand ab und zielte damit direkt auf sein Herz. Das Messer zischte durch die Luft und blieb in seiner Brust stecken. Vor Schreck riss er seine Augen auf. Dieser köstliche Moment, als der Körper noch seine letzten Reaktionen gab. Wie die Tiere, die für Menschennahrung geopfert wurden. Das Tier war schon tot, aber der Körper zuckte noch unaufhörlich weiter. Schüttete noch die letzten Nerven aus. An der Tür sackte er zusammen. Vermutlich war er noch nicht tot, da das Messer nicht allzu tief dringen konnte, immerhin hatte es eine kurze Klinge. Ich sah keinen Sinn mehr, hier Zeit zu verschwenden, während meine Liebe in unserem Zuhause auf mich wartete.
Mit schweren Schritten ging ich auf den zusammengesackten Körper zu und kickte ihn zur Seite, damit er die Tür nicht mehr blockierte. Mit einem Klopfen kündigte ich an, dass sie die Tür aufmachen sollten. Brian schloss auf und sah mich mit einem seriösen Blick an.
„Löst seinen Körper in Säure auf", beauftragte ich ihn. „Nichts soll von ihm übrig bleiben!"
In dieser Branche bestand immer ein Risiko, weshalb ich alles abgesichert hinter mir lassen musste. Denn allein der Schmutz und der Dreck, den man hinterließ, konnte einem zum Verhängnis werden. Unter dieser Hütte befand sich ein riesiger Bunker. Dort konnte man alles Mögliche finden, was das Folterherz begehrte. Von Waffen bis hin zu Säuren. Einfach alles. Das war nicht der einzige Ort, in dem ich solche Utensilien versteckt hielt.
Ich drehte mich nochmal um und blickte die Leiche hinter mir an. War er überhaupt schon tot? Ich konnte nichts riskieren, weshalb ich erneut in die Hütte trat und auf ihn zu schritt. Mich vor ihm hingekniet betrachtete ich das leblose Fleisch vor mir. Erneut griff ich zum Taschenmesser, welcher noch aus seiner Brust heraus ragte und bohrte dieses noch tiefer in ihn. Danach zog ich es heraus, griff nach seiner Hand und schlitzte seine Pulsadern ordentlich auf. So war er sicher tot. Das kleine Messer wischte ich an seinem Oberteil ab, steckte es in die Billettasche am Sakko, stand auf und ging zum Van. Bevor ich einstieg drehte ich mich nochmals um.
„Keine Überreste, Brian!", gab ich ihm eindringlich zu verstehen. „Snake soll jemanden als seinen Nachfolger finden."
„Natürlich, Boss", erwiderte er emotionslos.
Er war nie wirklich ein Mann der vielen Worte.
„Carlos, erst zu meinem Wagen, dann nach Hause."
Dieses Mal fuhr er den Van, da Brian die Leiche beseitigen musste. Ein paar der Männer blieben bei ihm und manche fuhren mit dem zweiten Wagen weg. Neben Carlos saß noch einer, der diesen Van später zum Lager fahren würde, da ich mit Carlos meinen McLaren fahren würde. Es war schon relativ dunkel, als wir zu meinem Auto kamen, ich hatte keine Ahnung von der Uhrzeit.
„Carlos, fahr du", sagte ich leise und schmiss die Schlüssel zu ihm, die er elegant auffing.
Wir setzten uns in den Wagen und fuhren auch schon los. Ich sah aus dem Seitenspiegel, wie der Van einige Meter noch hinter uns her fuhr und dann in eine andere Richtung abbog. Das war vielleicht ein langer Tag, weshalb ich mich umso mehr freute endlich Zuhause anzukommen und mich hinzulegen.
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