Kapitel 16 - Gefährliche Fragen

Seitdem es das erste Mal geschneit hatte, hatte es kaum noch aufgehört. Hogwarts lag inzwischen unter einer dicken Schneedecke, welche täglich ein wenig dicker wurde. So schön das weiße Wunderland draußen auch aussah, innerhalb der Mauern des großen Schlosses hatten auch die Lehrer die immer angespannter werdende Stimmung bemerkt, weshalb sie den Alltag deutlicher strukturierten. Und das half vielen Schülern, sie fühlten sich sicherer und als würde alles so weitergehen, wie gehabt. Nur wenige Schüler lies dies völlig kalt, wie zum Beispiel einen bekannten Jungen mit schwarzen Wuschelhaaren, einer großen, runden Brille und der berühmten Blitznarbe auf der Stirn. Er hatte, seitdem er Malfoy mit dem anderen Slytherinmädchen aus dem Raum der Wünsche hatte kommen sehen, einen Verdacht. Nicht den Verdacht, den alle anderen hegten, die die beiden gesehen hatten – er hatte den Verdacht, dass der hellblonde Junge etwas ausheckte. Er war sich sicher, dass dieser etwas zu verbergen hatte und lies sich auch von Hermine und Ron nichts sagen, die Harrys Verhalten im wesentlichen auf eine leichte Paranoia zurückführten. Sicherlich musste man den fiesen Slytherin im Auge behalten, aber ihr Freund verrannte sich öfter mal in Spekulationen, dachten sie. Nicht jeder diente dem dunklen Lord, und nicht hinter jeder Ecke verbarg sich ein dunkles Geheimnis. Für die beiden Freunde des Auserwählten hatte sich die Sache schon erledigt, ebenso wie für Crabbe und Goyle, die sich bestimmt ihren Teil gedacht hatten – so weit sie denken konnten – aber ihrem ach so besten Freund natürlich nach wie vor als Leibwächter zur Verfügung standen. Nur Pansy war es, die eine Szene machte. Obwohl man ihr die Eifersucht in ihren flammenden Augen ansah, erzählte sie ihre Sicht der Geschichte munter weiter und baute sie bei jedem Mal weiter aus. Zum Glück ignorierte sie Susette nun noch mehr als vorher, ging mit hoch erhobenen Haupt an ihr vorbei und verkniff sich wahrscheinlich gerade eine Beleidigung. Aber auch wenn Pansy Susette inzwischen verabscheute wie keine Zweite, sie waren in einem Haus und sie konnte keinen Streit provozieren. Snape hatte offensichtlich genau wie Draco eine Vorliebe für den blonden Neuzugang, was Pansy ganz und gar missfiel. Was war an ihr nur besonders? Nur zu gerne hätte sie sich mit dem Mädchen einen Kampf geliefert, aber es ging einfach nicht. Slytherin stand für sie an erster Stelle und sie würde niemals ihrem eigenen Haus schaden, auch wenn sie dafür ihr Temperament einen Gang herunter schalten musste. Während sich dieser Gedanke seinen Weg durch ihren Kopf bahnte, kam sie an Susette vorbei. Wenn man vom Teufel spricht, dachte sie und blickte stumpf weiter auf den grauen Boden, bevor das blonde Mädchen an ihr vorüber schritt.

Susette seufzte leise, Pansy war schon eine Nummer für sich. Aber um ehrlich zu sein, nichts, was sie auf Beauxbatons noch nicht erlebt hatte. Schnellen Schrittes ging sie weiter durch die Gänge, sie wollte auf keinen Fall zu spät zu ihrem Unterricht bei Snape kommen. Sie kam vom Eulenturm, denn sie hatte Mystral noch einen Brief an ihre Mutter gegeben. Vielleicht war der erste Brief nicht angekommen oder ihre Mutter hatte ihn im Stress als Lehrkraft einfach übersehen. Aber falls es noch Mal ein Wochenende in Hogsmead geben sollte, wollte sie unbedingt dabei sein. Außerdem hatte sie kein schlechtes Verhältnis zu ihrer Mutter, trotz ihrer Verschiedenheiten. Sie wollte einfach ein paar freundliche Worte von ihr lesen und hoffte, dass es der zweite Brief wenigstens schaffen würde. Mystral war eigentlich immer sehr vertrauenswürdig gewesen. Doch sie hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn nach einigen weiteren Schritten stand sie schon im Raum für Zaubertränke. Die Tür fiel ins Schloss und Snape, der schon auf sie gewartet hatte, drehte sich mit wehendem Umhang um. Susette begann zu lächeln. Inzwischen war es nicht mehr nur der Geruch der verschiedenen Mixturen, welcher ihr diese Emotion verlieh, sondern auch das Geräusch von Snapes Mantel oder sein nicht mehr ganz gemeine Gesichtsausdruck, wenn sie einen Trank meisterte. Susette hatte inzwischen schon einige Stunden bei ihm absolviert und immer wieder etwas dazu gelernt. Der andere Unterricht in Hogwarts war für sie zweitrangig geworden, nun wirklich schon langweilig. In Snapes privatem Unterricht gab es einfach keine Grenzen und Susette fand immer mehr Gefallen an schwarz-magischen Tränken. Auch ihr Professor hatte dies natürlich gemerkt und bewunderte ihre Neugier ebenso wie ihren Respekt vor dieser Art der Magie. Aber er wusste, dass er ein Auge auf sie haben müsste, bevor sie sich darin verrannte. So wie einst er selbst.

„Professor Snape?" sprach sie ihren Lehrer nun direkt an. „Ja, Miss Argent?" fragte dieser zurück, heute schienen ihn seine Schüler nicht ganz so sehr verärgert zu haben wie sonst, denn er sprach überhaupt. „Gibt es spezielle Tränke für Animagi?" stellte Susette ihm nun eine Frage, die ihr auf der Zunge brannte, seitdem sie Draco Malfoy ihre Animagusgestalt gezeigt hatte. „Sicherlich, allerdings sind sie aufgrund ihrer Nebenwirkungen verboten." sagte Snape mit seiner leisen, durchdringenden Stimme. Susette sah ihn nur weiter fragend an. „Ein Trank, zum Beispiel, zwingt einen Animagus seine Form anzunehmen, ein anderer sie abzulegen. Beide Tränke verursachen unglaubliche Schmerzen beim Animagus, da dies gegen seinen Willen geschieht." „Und, sind sie schwierig zu brauen?" fragte Susette weiter nach. „Hast du vor sie zu brauen?" kam es nur von Snape zurück. „Ich habe nicht vor sie zu benutzen." entgegnete Susette und wusste, dass sie ihre Karten richtig ausgespielt hatte. Eine gute Antwort, denn Snape kramte sogleich einige Zutaten hervor. Es dauerte etwas, dann hatte er alles beisammen. „Wir werden sie nur brauen. Du wirst auf keinen Fall einen dieser Tränke einnehmen, verstehst du?" fragte er sie dann eindringlich und sah ihr mit seinen schwarzen Augen in ihre. Es war so als könnte Snape einem in die Seele sehen, als könnte er sie lesen wie ein Buch. „Natürlich." sagte Susette, fast schon ein wenig monoton und wusste nicht, warum sie so sprach. Im nächsten Moment räusperte sie sich ein wenig verwirrt, doch Snape wandte sich nur wissend ab, um eine weitere Zutat zu holen. Dieses Mädchen war vielleicht in Zaubertränken und Verwandlung begabt, aber ganz sicher nicht darin, ihre Gedanken zu verschließen, dachte sich Snape, während er einige rötliche Wurzeln in eine Schale legte. Er hatte nur versucht eine einzige Frage aus ihrem Geist zu lesen, und zwar genau die, die er gestellt hatte. Und was hatte er bekommen? Einen ganzen Bilderkatalog, den er gar nicht hatte sehen wollen. Von Okklumentik hatte seine Schülerin auf jeden Fall keine Ahnung.

Susette war zufrieden, als sie die Steinmauer zum Gemeinschaftsraum der Slytherins öffnete. Das Passwort war inzwischen ein anderes, doch da dieses ebenfalls von Snape erfunden war, war es einfach der Name einer anderen Zutat. Den Zaubertrank hatte sie mit Snapes Hilfe zur Perfektion gebracht, weshalb ihr ein Lächeln auf den Lippen lag. Dies blieb auch bestehen als sich die Steine zur Seite schoben und den Blick auf den leeren Raum freigab. Aber das war nicht ungewöhnlich, der See hinter den großen Glasscheiben war fast schwarz und schimmerte nur noch leicht durch die Fenster. Ein leises Blubbern war zu hören, welches Tagsüber oft von den Stimmen der Schüler übertönt wurde, aber abends oder auch nachts war es deutlich zu hören. Susette wollte gerade den Weg zu ihrem Schlafzimmer einschlagen, schließlich würde sie morgen wieder früh aufstehen müssen, doch in diesem Moment kam Draco aus den Jungenschlafzimmern. Susette, immer noch lächelnd begrüßte ihn freundlich und wollte gerade fragen, was er so den ganzen Tag getrieben hatte. Außer im Unterricht hatte sie den hochgewachsenen Jungen nämlich gar nicht gesehen, fast schon kam es ihr vor als wich er ihr aus. Der Gedanke hatte sich schon fest gesetzt, wobei sie aber ein solches Verhalten niemandem vorwerfen konnte, so musste sie selbst dauernd Treffen mit Daphne absagen, da sie privaten Unterricht hatte. Draco jedoch sah sie nicht ein Mal an und wollte an ihr vorbei gehen, doch da wurde es dem blonden Mädchen zu viel. „Was wird das hier?" fragte sie und hielt ihm grob an der Schulter fest. Obwohl er eher lang und dünn wirkte, konnte Susette an seiner Schulter die sich abzeichnenden Muskeln fühlen, welche sich bei ihrer Berührung auch direkt anspannten. Sie hatte Mühe ihn vom gehen abzuhalten. „Gar nichts, Argent." zischte Draco nur in ihre Richtung und packte ihren Unterarm, um die Hand von seiner Schulter zu entfernen. „Argent? Dein Ernst?" keifte Susette zurück und stellte sich dem Slytherin nun erst recht in den Weg. „Draco, ich kann es langsam wirklich nicht mehr ab, dass du nach jedem unserer Gespräche zu einem ignoranten Arschloch wirst. Entscheide dich für eine Seite, entweder du behandelst mich auch in der Öffentlichkeit freundlich, oder du kannst mich mal!" Susette war wirklich sauer, dieses Verhaltensmuster hatte sie bei Draco jetzt schon öfter beobachtet, nur diesmal war es noch deutlicher. „Und nur weil uns ein paar Schüler aus dem Raum der Wünsche haben gehen sehen, und sich jetzt das Maul darüber zerreißen, so einen Kindergarten zu veranstalten? Ist dir die Meinung der Anderen wirklich so wichtig?" Während Susette sprach, redete sie sich in Rage und wurde immer anklagender. Sie sprach alles aus was sie dachte, was sie Draco eigentlich gar nicht um die Ohren hatte werfen wollen. Doch vielleicht war es besser wenn es raus war, vielleicht würde der Slytherin ja ein einziges Mal auf den Rat einer anderen Person eingehen. „Schrei mich nicht an!" sagte Draco mit einer lauten, grollenden Stimme, die seinen ganzen Ärger ausdrückte und kam einige Schritte auf sie zu, doch Susette blieb mit verschränkten Armen an Ort und Stelle stehen. Dass sie nicht zurückweichen würde, hätte er nicht gedacht und so stand er nur noch ein paar Millimeter von ihr entfernt, das Gesicht immer noch säuerlich verzogen. „Doch, Draco, das werde ich wenn du mir nicht sofort sagst, warum du mich behandelst wie einen verdammten Gryffindor!" sprach Susette klar und deutlich aus. Auch wenn in Dracos Augen immer noch etwas bedrohliches lag, sie hatte keine Angst vor ihm. Er hatte sich ihr geöffnet und Gefühle gezeigt, er hatte etwas über sein Leben erzählt und all dies hemmte ihre Angst. Sie kannte ihn jetzt. Draco atmete nur genervt aus. „Das ist kompliziert zu erklären..." sagte er und versuchte seine Lautstärke wieder etwas zu regulieren, während seine Stimme kalt wie immer blieb. „Das kannst du dir sparen!" konterte Susette, immer noch aufgebracht. Sie hatte ihre Stirn in Falten gelegt, ihre dunkelbraunen Augen blitzten wütend und neben ihrer leicht roten Nasenspitze, waren inzwischen auch ihre Wangen vor Zorn errötet. Sie schien wirklich wütend zu sein, dachte Draco, wütend darüber, dass er ihr ausgewichen war. „Du bist einfach nur zu feige..." begann Susette wieder einen wutentbrannten Wortschwall und wollte Draco gerade von sich wegstoßen, doch er packte ihre Hand und zog sie nur noch näher an sich heran. Ehe sie sich versah, lagen seine Lippen auf ihren. Nach einiger Zeit, die für Susette nicht messbar gewesen war, lösten sie sich wieder voneinander. Völlig perplex sah das blonde Mädchen in Draco Malfoys hellgraue Augen. Dieser zog nur einen Mundwinkel nach oben. „Ich bin nicht feige, sag das nie wieder, Susette."

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