Ausreiten für Anfänger

Ich machte mir einen lustigen Abend mit Emil, Nick und Theo, über Mama dachte ich eher weniger nach. Dazu war auch ehrlich gesagt keine Zeit, denn Theo und Emil hielten mich und Nick ziemlich auf trab.
»Wollen wir uns einen Pferdefilm ansehen?«, fragte Theo und holte eine DVD aus ihrer Tasche.
»Kennst du den schon Conni?«, fragte Theo mich und hielt mir die DVD vor die Nase.
Es mischte sich Nick ein: »Ich bin mir sicher den kennt sie nicht, sie hat noch nie einen Pferdefilm gesehen.«
»Bitte was?!«, fragte Theo entsetzt. »Du hast noch nie einen Pferdefilm gesehen? Warum das denn?«
Ich zuckte verlegen mit den Schultern und wusste nicht so recht wie ich das erklären sollte.
»Lass nicht lange reden, wir gucken den jetzt einfach«, sagte Theo mit froher Miene und legte ihren Arm um meine Schulter.
»Och ne Theo bitte nicht, ich hab den schon so oft gesehen«, maulte Nick ziemlich unmotiviert.
»Ach komm schon, Conni hat ihn noch nie gesehen«, meinte Theo motivierend.
»Sei mir nicht Böse aber ich will ihn auch nicht noch mal sehen«, mischte sich Emil ein.
»Okay gut, ich hab meine Spielkonsole dabei. Ihr könnt dann hier spielen und Conni und ich gucken den Film auf meinem Laptop. Guter Vorschlag?«, meinte Theo und verdrehte ein wenig die Augen.
»Du bist einfach die beste«, sagte Emil, drückte Theo und gab ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn.
»Jaja du mich auch«, antwortete sie ironisch und hatte ein freches, aber dennoch amüsiertes Grinsen im Gesicht und ging mit mir nach oben.
Theo und ich schauten uns oben den Film an, und Nick und Emil spielten unten auf der Konsole, was bei Mama und Sabine abging konnte keiner von uns auch nur erahnen.

Der Abend war lange kein Abend mehr gewesen, es war mitten in der Nacht. Theo schaute auf die Uhr, es war schon 2 Uhr gewesen. Sie schickte mich und Nick nach oben, wo wir uns zusammen unter meine Bettdecke quetschten.
Mein Bett war nicht besonders groß, aber dennoch passten Nick und ich gut hinein. Wir hatten beide genügend Platz um gut schlafen zu können.
Nachdem Emil und Theo, Nick und mir eine gute Nacht gewünscht hatten, und die Zimmertür schlossen, machten sie es sich im Doppelbett in Mamas Zimmer bequem.
Nick und ich mussten noch ziemlich laut gewesen sein, denn zwei mal kam Emil rein und bat uns leiser zu sein. Er war nicht böse auf uns und auch überhaupt nicht streng. Er sagte es in einem lustigen freundschaftlichen Ton. »So meine süßen, es ist spät genug und Nick du weißt ganz genau, dass wir morgen früh aufstehen müssen. Die Pferde werden auf die große Weide getrieben und das so früh wie möglich, denn dann ist am wenigsten Verkehr.«
Nick wusste das Emil recht gehabt hatte, und wir wurden wirklich ruhiger. In dieser Stille übermannte mich meine Müdigkeit und ich schlief ein.

Am nächsten Morgen standen wir früh auf, es war keine wirklich erholsame Nacht, wir hatten nicht mehr als 6 Stunden geschlafen und ich wachte ständig auf. Nick war ein talentierter Redner im Schlaf, er quasselte ständig irgendwas unverständliches vor sich hin und wälzte sich hin und her. Dies war vielleicht lustig, denn ein paar verständliche Sätze kamen schon aus seinem Mund, aber auch unglaublich nervig, wenn man sonst ein Genießer der Stille war.
Theo und Emil standen noch früher auf.
Als Nick und ich die knarzende alte Holztreppe hinunter gingen, standen die anderen beiden schon eifrig in der Küche. Es stand Speck und Rührei auf dem Tisch, dazu frisch gepresster Orangensaft und Kakao. Nick und ich setzen uns auf die Eckbank. Theo saß uns gegenüber auf einem der selbst gemachten Stühle und Emil stand noch am Herd.
Theo hatte schon eine dunkelblaue Reithose an und dazu ein graues Top. Ihre Blonden Haare waren im Nacken zusammengebunden. Nick und ich hingegen hatten immer noch Schlafsachen an und zerzauste Haare.
»Macht euch nach dem Frühstück fertig, Emil und ich gehen schon zum Hof und machen die Pferde fertig für die Weide. Conni du kommst doch mit, oder?« Theo sah mich freundlich an und stellte sich schon auf eine Zusage von mir ein.
Ich nickte nur und sagte: »Ich komme gerne mit, aber ich hab noch nie Pferde getrieben. Eine so große Hilfe werde ich wohl nicht sein.«
Sie zuckte mit den Schultern. »So schwer ist das nicht, das wird schon gut gehen.«
»Wenn du meinst«, meinte ich und steckte ein Stück Speck in meinen Mund.

Als wir fertig gegessen hatten, gingen Nick und ich nach oben. Theo nahm Daisys Leine in die Hand. »Ist es Okay wenn wir Daisy mitnehmen? Sie kann sich auf dem Hof frei bewegen, sie müsste dann nicht die ganze Zeit alleine Zuhause sein.«
Ich betrachtete dies als eine gute Idee und stimmte zu. Daisy würde das bestimmt gefallen, draußen an der frischen Luft.
Theo wollte Daisy anleinen, aber Daisy traute Theo noch nicht ganz. Wir einigten uns also darauf, dass Theo und Emil alleine vorgingen, und Nick und ich Daisy im Anschluss mit nehmen würden.

Theo und Emil gingen die Straße bis zum Ende durch. Dort war der Hof. Sie gingen die Einfahrt entlang, an den Stallungen vorbei, bis zum Haus. Die Tür stand offen und sie gingen hinein. Sabine saß im Wohnzimmer und Mama war oben.
»Guten Morgen«, rief Theo.
»Guten Morgen«, kam es von Sabine zurück, »Seid nur ihr zwei da oder auch die kleinen?« Sabine hörte sich ein wenig verlegen an.
»Nein, nur wir zwei. Ist alles Okay?«, fragte Theo besorgt.
»Ja, ich meine nein. Also schon, aber ich bin mir nicht sicher«, stotterte Sabine und versuchte die richtigen Worte zu finden.
»Sabine was denn nun, ja oder nein?« Theo runzelte fragend die Stirn.
Mama kam die Treppe hinunter und trocknete sich gerade die frisch gewaschenen Haare.
»Also es ist so. Du weißt ja, dass der Tag mal kommen würde, an dem Rockys Besitzerin kommen würde, und...«, Sabine stockte und sah verlegen zu Mama.
Theo merkte diesen Blickt und schaute geschockt.
»NEIN!«, schrie sie. »Das ist nicht fair!«
»Lass es uns erklären«, sagte Mama einfühlsam.
»Oh nein, du nimmst mir nicht mein Pferd weg!« Nach diesem Satz stürmte Theo aus der Haustür raus und Emil wollte ihr nachgehen.
»Lass sie«, meinte Sabine zu ihn und hielt ihn auf. »Ich denke das muss Tilly mit ihr klären.«
Sabine gab Mama ein Zeichen mit ihrem Kopf und signalisierte damit, dass sie ihr folgen sollte.
Mama ging raus auf den Hof, sie hatte zwar nicht gesehen wo Theo hingelaufen war, konnte sich aber sehr gut vorstellen wo sie sich verkrochen hatte.
Mama ging in den Stall, die alte, knarrende Holzleiter hinauf und stand auf dem Heuboden. Um sie herum waren riesige Türme aus Heu- und Strohballen. Mama war oft hier oben gewesen und kannte die kleine versteckte Ecke hinter den Türmen. Sie kletterte vorsichtig übers Stroh und zwängte sich zwischen den beiden Holzbalken durch.
»Hey du«, sagte sie vorsichtig zu Theo, die mit dem Rücken zu ihr saß und weinte.
»Geh weg und lass mich alleine!«, keifte Theo.
»Ich will nur mit dir reden. Darf ich mich setzen?« Mama lehnte an einem Balken und wartete bis Theo sie zum bleiben einlud.
»Woher wusstest du, dass ich hier bin?«, fragte sie nicht mehr ganz so böse und schaute verlegen über ihre Schulter.
»Als ich jung war, war das mein liebster Platz wenn ich traurig war. Ich war oft hier oben gewesen wenn ich Streit mit meinen Eltern hatte und glaub mir das war ziemlich oft.«
»Ist das so? Hattest du kein gutes Verhältnis zu deinen Eltern?«, fragte Theo auf einmal ziemlich interessiert und deutete auf eine freie Stelle im Stroh neben ihr.
Mama nahm dankend an und setzte sich neben ihr. »Doch eigentlich schon, es war nur immer das große Streitthema Rocky. Sie fanden es nicht gut wenn ich nicht trainierte oder wenn Sabine und ich rum alberten. Für meine Mama zählte nur die Leistung und was anderes akzeptierte sie nicht.«
»Und dein Vater?«
»Er hatte ein wenig mehr Verständnis für Spaß und Freude, aber meine Mama hatte die Hosen an. Rocky wurde geboren um zu gewinnen. Er war schon immer ein talentiertes Pferd, seine Vorfahren sind alle begnadete Spring- und Dressurlegenden, beste Gene, beste Voraussetzungen, beste Chancen. Er ist ein außergewöhnliches Pferd.«
»Ich weiß und genau deshalb kann ich nicht verstehen wie du ihn alleine lassen konntest. Ich will ihn nicht verlieren, aber ich kann verstehen wenn du ihn wieder haben willst.« Theo senkte traurig ihren Kopf.
»Ich will ihn dir nicht wegnehmen. Ganz klar auf dem Papier ist er meiner und er ist auch mein Herzenspferd. Ich hab ihn ausgebildet, seine ersten Turniere mit ihn gewonnen, ihn Dinge beigebracht, wir sind zusammen gewachsen, aber du hast recht, ich war auch diejenige die ihn alleine gelassen hat.«
»Jetzt wo du so erzählst und schwärmst, kann ich erst recht nicht nachvollziehen warum du das getan hast. Warum du ihn alleine gelassen hast!« In Theos Augen sah man ein Hauch von Unverständnis und Ratlosigkeit.
Mama überging Theos Frage geschickt mit einer neuen Aussage. Sie konnte ihr nicht die komplette Wahrheit sagen, dafür war sie einfach noch zu jung.
»Du musst verstehen, dass ich ihn mindestens genauso liebe wie du ihn. Er ist nun mal mein Baby und wird es immer bleiben. Aber ich werde ihn dir nicht wegnehmen, du wirst weiterhin alles mit ihn tuen und lassen können was du willst. Ich werde ihn nicht mehr reiten oder sonst wie arbeiten, du hast alle Freiheiten der Welt. Aber ich werde da sein, wichtige Entscheidungen treffen, mich um ihn sorgen und Conni wird auch wissen, dass er rechtmäßig uns gehört, vielleicht noch nicht heute oder morgen, aber ganz bestimmt in naher Zukunft.«
Theo sah sie freudig an. »Das würdest du erlauben? Du willst ihn nicht mal reiten?«
»Um Gottes Willen«, lachte Mama. »Ich bin einfach viel zu lange raus aus dem ganzen. Ganz klar ich könnte es noch und wenn er eine Reiterin bräuchte dann wäre ich hier, aber er hat eine super tolle Reiterin gefunden und ich werde nicht länger benötigt.« Mama stupste Theo freudig gegen die Schulter.
Theo bedankte sich zig Male und umarmte Mama fest.
Sie gingen zusammen hinunter in den Stall, wo schon Emil und Sabine warteten. Sie halfterten schon mal die Pferde auf, um sie gleich zur großen Sommerweide treiben zu können.
Die Weide war zwar nicht weit vom Hof entfernt, aber das Treiben der Pferde war die schnellste Variante.
»Rocky, Fritz und Möhrchen bleiben noch hier, wir reiten gleich noch aus«, meinte Theo.
»Und was ist mit Conni?«, fragte Emil.
»Das hab ich auch schon überlegt, wir können sie ja nicht einfach hier lassen. Das wäre nicht fair. Ich hatte überlegt, dass sie eines der Schulpferde nehmen könnte.« Theo sah fragend zu Sabine und zuckte ratlos mit der Schulter.
»Ja könnte sie, aber sie ist noch nie geritten. Ich denke das wäre zu gefährlich«, erwiderte Mama.
»Ich habe eine Idee«, warf Emil ein, »Conni könnte mit einen von uns reiten. Wir würden einfach mit einem Voltigiergurt reiten, dann könnte Conni sich festhalten, hätte mehr Sicherheit und wäre dabei. Vorausgesetzt sie würde es wollen natürlich.«
»Das ist eine gute Idee. Aber mit Nick auf Möhrchen halte ich für keine gute Lösung, er ist einfach noch zu grün hinter den Ohren«, meinte Theo schmunzelnd und sah rüber zu Emil.
»Rocky und Fritz sind gut erzogen, also lassen wir Conni einfach entscheiden«, äußerte er.

Nick, Daisy und ich kamen in den Stall. Mama, Sabine, Emil und Theo hatten schon alle Pferde bereit gemacht. Alles wartete nur auf uns. Mama nahm Daisy und Nick und ich sollten uns auf die Fahrräder schwingen. Sabine saß auf Dirt und wollte voran reiten. Emil und Theo öffneten kurz alle Boxen und schwangen sich dann ebenfalls auf Fahrräder.
Jetzt verlief alles ganz schnell. Sabine galoppierte voraus und die Herde hinterher. An der rechten Seite fuhr Emil und an der linken Nick. Theo und ich fuhren den galoppierenden Pferden hinterher und achteten darauf, dass keiner umkehrte oder verloren ging. Die Pferde kannten die Prozedur schon und alles lief routiniert ab, keine Zwischenfälle, nichts dramatisches.
Sie liefen alle freudig auf die Wiese, vom größten bis zum kleinsten, alle freuten sich drauf die saftige Wiese abgrasen zu können.

Nachdem wir das Tor hinter ihnen geschlossen hatten, fuhren Nick, Emil, Theo und ich zusammen zurück zum Hof.
»Conni, wir haben vor gleich auszureiten. Wir hatten überlegt, dass du mitkommen könntest, aber da du noch nie geritten bist, könntest du entweder auf Rocky oder Fritz mitreiten. Würdest du das wollen?« Theo sah mich fragend an. Es war ein tolles Angebot, ich freute mich riesig darüber, dass sie an mich gedacht haben. Dies ist nämlich garantiert nicht selbstverständlich gewesen.
Ich sagte freudig: »Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich liebend gerne mitkommen.«
»Es macht uns absolut gar nichts aus, wir freuen uns, dass du mit kommen möchtest«, fügte Emil hinzu.
Am Hof angekommen gingen die Jungs in den Stall um ihre Pferde schon mal zurecht zumachen. Theo und ich hingegen gingen nach oben in ihr Zimmer.
»So kannst du nicht reiten«, sagte sie und wühlte in ihrem Schrank. Sie zog eine alte rote Reithose raus und gab sie mir. »Die müsste dir passen, ziehe sie schon mal an, ich hole dir nur noch kurz ein Shirt und lange Socken von Nick, die passen dir bestimmt besser als meine.«
Ich zog mir die Hose an, sie passte wie angegossen. Theo kam wieder mit einem beigen Poloshirt und schwarz-blauen Kniestrümpfen.
Theo zog sich auch noch schnell ein Poloshirt und lange Strümpfe an, dann band sie mir noch meine Haare im Nacken zusammen und ging runter.
»Ich suche dir noch alte Stiefel von mir und ein Helm ist im Stall.«
Ich betrachtete mich im Spiegel. Ich sah aus wie eine richtige Reiterin. Es war wunderschön.
Ich nahm meine Klamotten und legte sie unten auf den Küchentisch. Theo stellte alte dreckige Stiefel in den Flur. »Die sollten fürs erste gehen.«
Ich zog die Stiefel wortlos an und war wirklich überrascht, dass sie so gut passten. Sie wirkten so wie nur für meine schmalen Beine gemacht.
Wir gingen aus dem Haus und die Sonne schien uns mitten ins Gesicht. Es war erst zehn Uhr morgens, aber die Sonne stand schon ziemlich hoch. Es war warm und stickig. Die Insekten waren schon eifrig unterwegs und eine Bremse nach der nächsten wurde zerklatscht. Theo und ich gingen in den Stall und holten Rocky.
Er war erfreut uns zusehen und wieherte aufgeregt. Theo holte eine Möhre und sein Halfter. Sie gab mir den Strick in die Hand und sagte mir wo ich hingehen sollte, sie hingegen holte Rockys Putzkasten, seine Trense und seinen Voltigiergurt.
Rocky war zwar groß, aber unglaublich Sanftmütig. Er trottete mir einfach hinterher.
Ich ging mit ihn aus der großen hinteren Stalltür und ging weiter zum Putzplatz.
Emil und Nick waren schon dabei ihre Pferde zu putzen. Möhrchen und Fritz schlugen mit ihren Schweif um die lästigen Bremsen zu verjagen und scharrten ungeduldig mit den Hufen.
Ich dachte Rocky sei schon ein Riese gewesen, aber Fritz, der war ein wirklicher Riese.
Knappe 1,90m war der Hellbraune Wallach mit schwarzer Mähne groß. Da Emil selber stolze 1,90m groß war, passte diese Konstellation perfekt. Bei Theo und Rocky gab es schon mehr Schwierigkeiten, er mit seinen 1,80m war auch nicht gerade winzig und Theo hatte gerade einmal eine Körpergröße von süßen 1,65m. Auch wenn es einpaar Schwierigkeiten bereitete ihn zu satteln oder zu trensen, war alles noch im Rahmen und verlief gut. Aufgrund dieser Größe war er nicht das geeignetste Sportpferd, seine Sehnen wurden immens belastet. Dies war einer der Gründe weshalb er relativ früh aus dem hohen Sport genommen wurde.
Möhrchen wirkte neben den anderen beiden wie ein Winzling, er war nur 1,40m groß, aber kräftig gebaut. Er hatte keine Probleme den 1,50m großen Nick gut abzudecken. Ich war selber schon immer klein gewesen mit meinen zierlichen 1,40m wirkten fast alle Pferde größer als ich.
Wir beschlossen, dass es das Beste wäre wenn ich auf Rocky mir reiten würde. Wir machten die Pferde schnell fertig, sprühten uns ordentlich mit Fliegenspray ein und zogen uns Helme an. Emil warf zuerst mich und dann Theo auf Rockys Rücken. Ich rutschte soweit es ging nach vorne und Theo setzte sich genau hinter mich. Ich hielt mich an den beiden Griffen des Gurtes fest und Theo hielt die Zügel in der Hand. Rocky war so bequem wie ein Sofa, er hatte einen schön breiten Rücken und wir hatten genügend Sitzfläche. Außerdem war er ziemlich gut bemuskelt. Einziges Manko war seine kleine Plauze, er liebte es zu essen und er war ein kleines Dickerchen.
Emil warf noch Nick rauf und ging anschließend zu einem Hocker um selbst aufsteigen zu können.
Möhrchen war noch jung und auch er liebte es zu essen. Er hatte ziemlich hellbraunes Fell, nicht so wie Fritz, sondern viel heller. Außerdem war seine Mähne farblich genauso wie sein restliches Fell. Sein Verhalten bleib manchmal zu wünschen übrig. Er tippelte ungeduldig auf der Stelle rum, ging durch, ging plötzlich einfach rückwärts oder seitwärts und manchmal buckelte er sogar wie wild. Aber man konnte es ihn nicht verübeln, ein bisschen Erziehung fehlte einfach noch. Aber es wurde stetig besser.
Fritz hingegen war die Ruhe selbst. Ein unglaublich sanfter Riese. Er war schmaler als Rocky gebaut, aber auch nicht gerade dünn.
Rocky wusste was er konnte, manchmal spielte er sich ordentlich auf, typisch Hengst halt. Aber im Grunde genommen war er eine super treue und ruhige Seele.
Er war mehr Grau als Weiß. Seine Grundfarbe war zwar Weiß, aber dies war ziemlich dunkel und nicht rein. Farblich war seine Mähne gut passend zum Fell, aber sie war nicht weiß, es war eher ein sattes Grau. Theo erzählte mir, dass er ein Apfelschimmel gewesen sei, dieses Wort hatte ich zuvor nie gehört und fand es eher lustig, ich hätte es zuvor niemals mit einem Pferd kombiniert.
Zuerst ritten wir vom Hof und dann die lange Straße entlang. Mama, Daisy und Sabine kamen uns entgegen.
»Na ihr süßen, schön vorsichtig und seid bitte so am frühen Nachmittag, spätestens, wieder am Hof«, sagte Sabine schmunzelnd und klopfte Rockys Hals.
Mama schaute nur wieder so komisch und war ganz von der Rolle.
Theo versicherte ihr und Mama, dass wir aufpassen würden und bald zurück seien.
Wir ritten im Schritt über die Hauptstraße und anschließend den Weg in den Wald rein.
Am Spielplatz ritten wir vorbei, noch war dort nicht viel los, aber ich war mir sicher, dass dies ganz anders sein würde wenn wir zurück kämen.
»Gleich kommt eine Stelle an der wir traben könnten, wenn du magst natürlich.«
»Ich weiß nicht, glaubst du ich kann das schon?«, fragte ich unsicher.
Theo sprach mir Mut zu und meinte: »Du schaffst das, außerdem bin ich ja hier und Rocky ist ein wunderbares Pferd was viel Sicherheit vermittelt.«
»Okay, wenn du meinst.«
»Wird schon gut werden, einfach locker sitzenbleiben und die Beine locker hängen lassen. Ganz wichtig nicht krampfen.«
Ich atmete tief ein und aus. Ich zitterte ein wenig vor Aufregung und irgendwie war ich ein wenig ängstlich. Aber im Endeffekt vertraute ich Theo und auch Rocky und ließ es einfach passieren.
Die Jungs ritten vor und wir Mädels hinter her, dann kam die Stelle die Theo meinte und wir trabten an.
Ich hoppelte ein wenig auf und ab, aber ich muss zugeben es war nicht schlecht. Auch Theo meinte, dass es zwar ausbaufähig war, aber ich eine gute Figur machte und das Zeug zur Reiterin hätte.
Die Phasen indem wir getrabt waren fühlten sich gut an. Es machte riesigen spaß und ich fühlte mich pudelwohl.
Nach einer gewissen Zeit kam Emil zu uns nach hinten geritten.
»Da vorne ist eine gute Strecke zum galoppieren. Traust du dich?« Emil grinste mich Charmant an, so wie Nick es am Vortag tat, als er mich und Daisy beinahe umgeritten hatte.
»Ich weiß nicht ob ich soweit bin«, antwortete ich verlegen.
»Ich denke wir könnten einen Versuch wagen. Du hältst dich wacker und bist sehr ausbalanciert. Außerdem hat Rocky einen wunderschön gesprungenen butterweichen Sofagalopp. Er galoppiert wirklich außerordentlich balanciert. Er macht zwar große Sprünge, wodurch er ziemlich Tempo aufbringen kann, aber es ist super leicht zu sitzen.«
Theo machte mir mit ihren Worten Mut und vermittelte mir noch viel mehr Sicherheit. Ich hatte keine Angst, deshalb stimmte ich zu.
Wir trabten wieder an. Im Trab spürte man seine Dressurader. Er war unglaublich aktiv in der Hinterhand, sein Takt war langsam aber routiniert und gesammelt.
Hinter der Kurve galoppierten wir an und plötzlich fühlte ich mich frei. Ich fühlte mich als könnte ich fliegen.
Theo hatte Recht, sein Galopp war Butterweich und wir wurden ziemlich schnell. Aus dem versammelten langsamen Trab wurde ein großrahmig gesprungener, schneller Galopp. Es machte unglaublich viel Spaß. Und es fühlte sich endlich mal richtig an.
Ich hatte schon viel im Leben an Sport ausprobiert und da war auch vieles dabei wo drinnen ich richtig gut war. Ich bin eine richtig gute Schwimmerin gewesen, das war etwas was ich gern gemacht hatte und wo ich auch Erfolge erzielte. Aber beim reiten fühlte ich mich noch viel freier und viel glücklicher. Ich wusste, dass war das  was ich möchte und was ich brauchte.

Der Ausritt war fast vorbei, wir kamen aus dem Wald raus, zwar nicht dort wo wir reingeritten waren, aber auch nicht weit von dort entfernt.
Wir gingen wieder ein Stück die Hauptstraße entlang und überquerten sie dann. Wir gingen diesmal nicht die kleine Straße bis zum Hof entlang. Wir gingen auf das daneben gelegene Feld. Ein Wettrennen stand an.
Nick und Möhrchen hatten kaum eine Chance, aber sie hielten sich wacker. Fritz und Rocky sprangen große Galoppsprünge, Möhrchen hingegen machte kleine, aber ziemlich viele. Dadurch war es möglich, dass sie gut mithalten konnten, trotzdem aber unseren Staub fraßen.
Es war ein Kopf an Kopf rennen zwischen Fritz und Rocky, wer hatte die Nase vorne? Schwierig zusagen, es war ein hin und her. In einem Moment war Rockys Nase um Längen vorne, aber im nächsten Augenblick hatte Fritz schon aufgeholt.
Im Endeffekt verloren wir nur um eine Millisekunde gegen Fritz und Emil.
Fritz war ein Läufer, er war schnell und hatte kaum Mühe bei Rocky mitzuhalten. Hätte Emil in nur noch ein bisschen mehr angetrieben, wäre er um Längen schneller gewesen. Fritz hatte keine Mühe das Tempo zuhalten oder schneller zu laufen. Wir glaubten einfach, dass Emil das ein wenig mit Absicht gemacht hatte, er wollte uns anstacheln und uns nicht schon am Anfang die Hoffnung auf einen Sieg zu Nichte machen.
Nick maulte ein wenig darüber, dass er immer verlor, aber er war ja nicht schlecht gewesen und wir nahmen es mit Humor. Es war ein super schöner Ausritt mit einem schönen Abschluss, und dies sahen wir alle so.

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