Kapitel 19
Irgendwie ist es so, dass, wenn ich schreibe, dass es länger dauern wird, ich nur einen Tag für das nächste Kapitel brauche. Wenn ich aber schreibe, ich komme gut voran, dann hab ich überhaupt keine Ideen. Es regt auf...
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Jahr 2014
“Ihr wisst nicht, was für ein Mädchen ich heute getroffen hab. Sie ist sonderbar!“, schwärmt Miguel. Er betritt gut gelaunt das Wohnzimmer
“Ja, ja, sehr interessant.“, murmelt Aurora desinteressiert aus dem Esszimmer, wohin sie zuvor gegangen ist, um ihren Hunger zu stillen.
“Nein, sie ist wirklich sonderbar!“, bestreitet der Vampir begeistert.
Ich verdrehe die Augen. Wie oft er schon von Mädchen geschwärmt hat... Als würde er gar nicht älter werden!
“Ich kann sie weder kontrollieren, noch ihre Gedanken lesen!“
Wir alle horchen auf. Das ist neu.
“Erzähl.“, fordert Christopher.
Miguel plumpst neben mich auf das Sofa. “Ich war wie gewöhnlich in der Stadt und ihr wisst doch: Weihnachtszeit, belebte Märkte und Lärm bis zum Morgengrauen. Und dann ging ein Mädchen an mir vorbei und da war einfach irgendwas an ihr... Ich weiß nicht, was. Aber ich bin ihr gefolgt. Sie hat sich als Lilith vorgestellt. Und dann wollte ich in ihren Gedanken lesen, was sie so von mir hält -“
“Der typische Miguel eben.“, unterbricht ihn Diana und verdreht die Augen.
“Halt den Mund.“, blafft der junge Vampir sie an. “Jedenfalls konnte ich das nicht! Ich stieß gegen eine Wand, gegen einen Schutz, was auch immer das sein sollte.“
“Konnte sie keine Vampirin sein?“, fragt Maximilian seufzend.
Er ist es leid, die Streite zwischen Miguel und Diana ertragen zu müssen. Außerdem Miguels ständige Schwärmerei, als würde er noch ein blöder Jugendlicher sein.
“Denkst du, ich bin dumm? Ich kann einen Vampir erkennen! Sie war keiner. Ihr Geist ist... wie abgeschirmt. Kann mir das mal einer erklären? Das ist doch nicht normal.“
Was sollte schon normal sein? Ein Vampir zu sein ist auch nicht normal. Dass es uns überhaupt gibt, ist nicht normal, und trotzdem sitzen wir hier und sind es.
“Also ich meine, er soll sie zu uns bringen und wir kontrollieren, ob seine Worte denn der Wahrheit entsprechen.“, wendet sich Aurora aus der Esszimmertür an uns, als wäre Miguel nicht dabei.
Das war keine so schlechte Idee, außer dass es Schwierigkeiten geben wird, ihr unsere bunte Mischung vorzustellen. Schließlich hat Diana bereits von Vampiren gewusst, als Maximilian sie einlud.
“Damit ihr mein Blümchen frisst, oder wie?“, wirft Miguel bissig ein.
Wir sehen ihn alle leicht verstört an und sagen wie aus einem Munde: “Blümchen?“
Nur Christopher bleibt ungerührt und schüttelt genervt den Kopf.
“Ich habe euch doch gesagt, dass sie Lilith heißt.“, erklärt Miguel.
“Ich hoffe, du stellst dich zumindest in ihrem Dasein nicht so dumm an.“, murmelt Maximilian.
“Wenn du dich nicht irrst, dann wird es für sie aber eine große Enttäuschung sein, den wahren Miguel kennenzulernen.“, spottet Diana.
“Wir trinken kein Menschenblut.“, wechsele ich erhobener Stimme das Gespräch auf das alte Thema, damit es Miguel zumindest irgendwie erreicht.
“Er hat recht.“, nickt Christopher bedächtig.
Insgeheim wundere ich mich über seine Zustimmung, denn sonst sind meine Worte ihm gar nichts wert.
“Ja, eher wirst du dich an ihr vergreifen als wir.“, meldet sich Aurora. “Meintest du nicht, da war etwas Anziehendes an ihr?“
Miguel dreht langsam den Kopf zu ihr herum. “Das habe ich nicht behauptet... Warum drängtst du immer in meine Gedanken ein?!“
“Warum lässt du sie immer offen, wenn du sie doch hüten kannst?“, erwidert die Älteste schulterzuckend.
“Schluss mit den ständigen Diskussionen!“, ertönt Christophers kalte Stimme.
Wir verstummen sofort. So interessant, nun war ich seiner Meinung.
“Miguel, du wirst Lilith morgen Abend zu uns einladen. Unser Vorteil ist der frühe Sonnenuntergang. Solange ich mich nicht selbst von deinen Worten überzeugt habe, werde ich nicht mit Alexandra reden. Wenn du recht haben solltest, müsste unsere Anführerin etwas darüber wissen.“
Ich frage mich, wie Alexandra etwas über einen solchen Fall wissen sollte, wenn nicht einmal mir ein Mensch dieser Art begegnet war.
“Und jetzt zu unserer Geschichte. Aurora und ich werden uns als deine Eltern vorstellen. Maximilian, du führst Diana am besten aus. Joshua, du wirst Miguels Bruder sein. Du kannst ihn besänftigen, falls er bluthungrig wird, nicht wahr?“
Ich nicke ruhig.
“Ich will Lilith aber kennenlernen!“, widerspricht Diana.
“Diana, wir hatten doch schon seit langem keinen Kinobesuch gehabt.“, mischt sich Maximilian ein.
Und zum Rechten. Diana ist noch kein Vampir, sie gehört nicht zu unserer Gemeinde. Sie darf sich Christophers Willen einfach nicht widersetzen. Zudem ist es schon unglaubwürdig, uns als eine richtige Familie auszugeben. Beide Ältesten sehen nicht einmal viel älter aus als Miguel! Ich weiß nicht, was einen Menschen dazu bringen soll, dieser Lüge zu glauben, wenn er unseren Kräften nicht untersteht. Ach, morgen wird es so amüsant, ich kann es kaum erwarten.
Am Morgen schaffe ich es nicht einzuschlafen. Es hat mich äußerst überrascht, dass ein Mensch unserem Einfluss nicht unterlegen ist. Denn ich glaube kaum, dass Miguel ich irrt. Der junge Vampir kann seine Kräfte gut einsetzen und in Kämpfen ist er beinahe so gut wie ich. Es ist also unwahrscheinlich, dass es an seiner Unfähigkeit liegt, wie Maximilian behauptet hat.
Somit verbringe ich den ganzen Tag mit Überlegungen.
Am frühen Abend ruft Aurora nach mir. Sie wartet im Erdgeschoss vor der Eingangstür auf mich und hält einen Briefumschlag hoch.
“Was ist das?“, frage ich.
“Das Gleiche wollte ich dich fragen. Hier steht dein Name, mehr nicht.“
Verwundert blicke ich die Vampirin an. “Mein Name? Ich habe keine Post erwartet.“
Ich habe keine Freunde, die mir schreiben würden. Und mit Angelika hatte ich schon seit einigen Hunderten keinen Kontakt. Hat sich Miguel vielleicht einen Spaß erlaubt? Wenn auf dem Papier weder eine Adresse, noch ein Absender steht, dann könnte es auch nicht verschickt werden.
“Gib es mir, vielleicht hatte Miguel nichts zu tun und wollte mir einen Streich spielen.“, sage ich leicht gereizt.
Aurora zuckt die Schultern und hält mir das Brief vor. “Viel Vergnügen.“
Ich nehme es entgegen und die Vampirin lässt mich allein zurück. Nachdem ich mich vergewissert habe, dass mir wirklich niemand über die Schulter schaut, reiße ich den Umschlag auf.
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