22. Kapitel - Ash

Ash Lesharo

Nachdem Tristan gestern gegangen ist, war Violet auch nicht mehr lange da. Sie konnte sich kaum konzentrieren, hat immer wieder aus dem Fenster gesehen und irgendwie verloren gewirkt, doch ich konnte nichts dagegen tun. Sie hat deutlich klar gemacht, dass ich Abstand halten soll und das werde ich tun. Schließlich hat sie damit auch vollkommen Recht.

Penny habe ich nach Hause geschickt, als Violet gegangen ist und bin dann ins Lehrerzimmer gegangen. Dort habe ich noch ein bisschen mit Kelly geredet, versucht mich abzulenken, aber es hat nicht funktioniert. Das war abzusehen, aber auch überhaupt nicht gut. Irgendjemand muss mich in Zukunft ablenken, sonst komme ich nicht von ihr los.

Sie ist wie ein Magnet. Für jeden Schritt, den ich mich von ihr entferne, will ich wieder zwei auf sie zugehen. Wenn ich einmal nicht an sie denke, erinnert mich irgendetwas an sie und mir geht wieder durch den Kopf, was für eine tolle, junge Frau sie ist.

Gleichzeitig kommt mir mein Professor immer wieder in den Sinn, der etliche Male betont hat, dass es nicht einfach so Gesetzte gibt, die vorschreiben, wie wir mit unseren Schülern umzugehen haben und welchen Abstand wir halten sollen. Das belastet mein Gewissen, aber ich kann einfach nicht damit aufhören.

Ich werde noch wahnsinnig, wenn das so weiter geht.

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Bis jetzt, vier Minuten vor Unterrichtsbeginn, habe ich die ganze Zeit nur wieder an Violet gedacht. Dabei hat sie deutlich gemacht, dass sie Bescheid weiß und ich es unterlassen soll, und ich weiß, dass sie Recht damit hat. Sie ist in diesem Punkt eindeutig die Vernünftigere von uns beiden.

>Herr Lesharo, schönen guten Morgen.< Penny ist soeben zu der Gruppe gestoßen, trägt ihren rosafarbenen Badeanzug offenbar schon, dazu eine sehr knappe Hotpants. Die meisten sind schon da, nur von Violet und Tristan fehlt jede Spur. Wir warten hier vor dem Eingang, damit ich sichergehen kann, dass alle da sind, doch langsam werden sie ungeduldig.

>Ihr könnt schon Mal rein gehen.< Es müssen noch alle durch das Drehkreuz, die Karten habe ich schon gekauft. Demnach dauert das ohnehin noch etwas, bis dahin sollten sie hier sein.

Tatsächlich tauchen sie auf, als die Letzten durch das Drehkreuz gehen, wirken allerdings beide angespannt. Sie halten auch Abstand voneinander, obwohl sie offenbar zusammen hergelaufen sind.

>Guten Morgen<, wünscht sie mir, richtet den Träger ihrer Schwimmtasche, Tristan dagegen schweigt, nickt nur knapp. Er geht auch ohne ein Wort an mir vorbei nach drinnen, sie allerdings bleibt bei mir stehen. >Sie sollten ein bisschen darauf achten, dass er nicht mit Luca allein ist.< Fragend mustere ich ihr Gesicht, doch sie ist sehr bemüht, mir mit ihrer Mine nichts zu verraten.

>Wegen dieser Sache?< Sie runzelt verwirrt die Stirn, dann folgt ihr Blick meinem kurz zu ihrem flachen Bauch.

>Nein, das hat damit nichts zu tun. Also schon, aber Luca hat Tristan mit etwas anderem provoziert und er ist auch sauer auf mich, weil ich ihm etwas verschwiegen habe<, erklärt sie, hebt die Schultern. >Wir beide kommen bald wieder miteinander aus, das ist immer so. Luca ist aber ziemlich auf Streit aus, weil er das mit Tristan und mir wirklich glaubt. Immer noch.< Wenn ich sie manchmal zusammen sehe, wie vertraut sie sind, könnte ich mir das zugegeben auch sehr gut vorstellen. Aber ich glaube ihr, dass das zwischen den beiden nur Freundschaft ist. Es gibt auch keinen Grund, wegen dem sie mich anlügen sollte, denke ich.

>In Ordnung, dann lass uns auch rein gehen.< Sie nickt knapp, geht voraus und ich male mir aus, wie sie wohl gleich in ihrem Badeanzug aussehen wird. Obwohl ich das natürlich nicht tun sollte.

Sie biegt zu den Kabinen ab, ich dagegen gehe weiter zu den Becken, denn ich trage meine Badehose schon und dazu ein Shirt, welches ich später erst ausziehen werde. Wir wollen uns am Schwimmbecken treffen, wo zum Glück auch wenig los ist. Alle Bahnen werden wir nicht brauchen, aber zwei auf jeden Fall. Was genau wir machen, weiß ich noch gar nicht so Recht. Das mit dem Schwimmbad war eher eine spontane Idee, aber ich bin zuversichtlich, dass mir etwas einfällt.

>Herr Lesharo?< Ich bin versucht sie einfach zu ignorieren, aber als Lehrer sollte ich das nicht. Ich muss jede Schülerin möglichst gleich behandeln, so wie eigentlich auch Violet. Auch wenn René mir empfohlen hat, ihr die kalte Schulter zu zeigen, kann ich sie schließlich nicht völlig ignorieren.

>Was ist?<, richte ich mich an Penny, deren Badeanzug mit Sicherheit eine Nummer zu klein ist und eigentlich sieht das auch ziemlich schmerzhaft aus, aber sie lächelt strahlend.

>Was machen wir heute?<, will sie wissen, beißt sich danach auf die geschminkte Lippe und ich bin so frei, sehe zum Schwimmbecken, anstatt mir das länger anzutun.

>Ein paar Runden schwimmen, viel mehr wird es vermutlich nicht.< Ich bin mir sicher, dass sie wieder etwas sagen will, doch es ist eine männliche Stimme, welche meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.

>Heiß<, murmelt Samuel, wenn ich das richtig zuordne und von allein folgt mein Blick seinem zu Paula, welche im Bikini auf uns zukommt. Darauf werde ich sie gleich ansprechen, denn ich habe früh genug gesagt, dass niemand im Bikini aufkreuzen soll, aber hinter ihr kommen grade Laura und Violet um die Ecke, was mich kurz ablenkt.

Sie lächelt, bindet ihre Haare zusammen, unterhält sich offenbar mit Laura. Ihr schwarzer Badeanzug betont ihre schönen Kurven, steht ihr wirklich sehr gut und der Anblick sorgt für einen leicht erhöhten Herzschlag. Sie hat eine sehr sportliche Figur, was mir bis eben gar nicht so richtig aufgefallen ist und ich wüsste schon gern, ob irgendeine spezielle Sportart ihren Körper so geformt hat. Dieser Badeanzug lässt nicht viel für Fantasien übrig, die ich nur unterbinden kann, wenn ich mich wieder auf die anderen konzentriere.

Die beiden habe ich noch nie zusammen gesehen, aber sie scheinen befreundet zu sein oder zumindest verstehen sie sich gut.

>Paula, komm Mal her.< Violet reagiert auf meine Stimme, sieht auf und wenn ich das richtig sehe, färben sich ihre Wangen ein wenig. Unsere Blicke begegnen sich auch kurz, doch dann sieht sie schnell weg.

>Was ist?<, lenkt mich Paula ab und ich richte mich wieder an sie.

>Du kannst dir einen Stuhl suchen und zusehen. So machst du nicht mit.< Ihr Lächeln verschwindet, sie wirkt genervt, aber sie kannte die Regeln und die gelten ausnahmslos für jeden hier. >Geht euch duschen, wir treffen uns in fünf Minuten wieder hier<, richte ich mich dann an die Klasse und zähle bei der Gelegenheit noch Mal alle durch.

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Ich bin mehr als froh, dass ich kein Teenager mehr bin. Früher hätte ich nichts verbergen können, jeder hätte es gesehen. Hier sind eine Menge Schülerinnen, die meisten von ihnen sind hübsch und haben auch keine üble Figur, aber ich empfinde oder denke rein gar nichts ungewöhnliches, wenn ich sie ansehe. Nur bei Violet. Sie macht es mir in ihrem schwarzen Badeanzug mit dem freien Rücken wirklich nicht leicht, obwohl sie rein sachlich gesehen nicht so sehr viel besser aussieht als ihre Klassenkameradinnen. Das Gesamtbild spricht mich einfach nur viel mehr an.

Es ist nach wie vor nicht gut, dass ich so denke, aber sie ist auch nicht unbedingt abweisend. Genau genommen sieht sie auch ab und an zu mir, lächelt verlegen, wenn ich sie dabei erwische. Dabei war sie diejenige, die wollte, dass ich genau das nicht mehr mache.

Die Klasse benimmt sich, alle schwimmen ihre Bahnen und Paula stoppt die Zeiten, bei den Rennen. Jeder ist mal geschwommen, wir haben auch kleine Turniere gemacht, doch am Ende ist es auf einzelne Wettrennen hinausgelaufen. Die zuschauenden feuern ihre Mitschüler auch an oder ärgern sich, aber alles in allem herrscht eine sehr angenehme Atmosphäre. Paula notiert sich die letzten Ergebnisse, sieht die Liste durch, denn jetzt geht es um das Finale. Dabei hat sie sich ein Handtuch umgebunden, das war meine Bedingung dafür, dass sie von ihrem Stuhl aufstehen darf.

>Violet hat die besten Zeiten von den Mädchen<, schließt Paula am Ende, überfliegt das kleine Notizbuch in ihrer Hand noch einmal. Ich freue mich für sie, dass sie führt, obwohl es sie selbst nicht sonderlich zu kümmern scheint. >Und Tristan ist der schnellste von den Jungs. Das ist aber beides nicht überraschend<, meint sie und wieder huscht mein Blick zu Violet, welche sich für das letzte Rennen bereits dehnt. Sie weiß offenbar schon, dass sie die Schnellste ist und nun das letzte Rennen schwimmt. Ich bin gespannt, wer von beiden schneller sein wird und werfe daher einen Blick über Paulas Schulter in ihr Notizbuch. Tristan war nur zwei Sekunden schneller als sie, bei ihrem jeweils letzten rennen, es ist also noch alles offen. Die Zeit kann sie mit Sicherheit wettmachen, wenn ihr Gegner schwieriger ist. Violet ist in meinen Augen eine Kämpferin und wenn sie hier auch nur ein bisschen gewinnen will, holt sie die Zeit mit Sicherheit auf. 

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