Die Schrift an der Wand
„Was geht hier vor? Was ist los?" Es war Filchs Stimme und dem Gedränge nach zu muten, kämpfte er sich durch die Schülerschar. Als er an Professor Snape vorbei war, blieb er voller Entsetzten stehen und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
„Meine Katze! Meine Katze! Was ist mit Mrs Norris passiert", seine Stimme war herzzerreißend, bis sein Blick Harry fixierte: „Du!", kreischte er, „du! Du hast meine Katze ermordet! Du hast sie getötet! Ich bring dich um! Ich‑"
„Argus!" Dumbledore hatte sich durch die gegenüberliegende Menge von Schülern gedrängt und zusammen mit weiteren Lehrern den Schauplatz betreten. „Kommen Sie mit, Argus", sagte er sanft zu Filch und nahm Mrs Norris von der Wand, „und Sie auch, Mr Potter, Mr Weasley, Miss Granger."
„Mein Büro ist am nächsten, Direktor ‑ nur die Treppe hoch ‑ bitte seien Sie so frei ‑", sagte Professor Lockhart übereifrig, doch er wurde unterbrochen.
„Ich danke Ihnen, Gilderoy", sagte Dumbledore.
Die stumme Menge teilte sich, um sie durchzulassen.
Zoe sah fragend zu ihren Freunden, doch keiner von ihnen sagte ein Wort. Stattdessen folgten sie Dumbledore gehorsam, ebenso Professor McGonagall und der aufgeregte Professor Lockhart.
Ihr Hauslehrer rief die Vertrauensschüler zu sich und befahl diesen die Schüler in den Gemeinschaftsraum zu bringen, dann schlug Professor Snape denselben Weg wie Dumbledore ein. Zoe wollte ihm augenblicklich hinterhergehen, doch Snape reagierte, als ob er damit gerechnet hatte: „Sie folgen den anderen Schülern in den Gemeinschaftsraum, Miss Dumbledore!"
„Ab-"
„Kein Aber!" Seine Worte waren endgültig und Zoe blieb sofort in der Pfütze aus Wasser stehen.
Die Kammer des Schreckens wurde geöffnet. Was hatten ihre Freunde mit der Sache zu tun?
„Ihr habt gehört was Professor Snape, sagte! Zurück in den Gemeinschaftsraum! Zoe! Kommt!"
Sie folgte ihnen nur widerwillig und ging an den hämischen, grinsenden Draco vorbei.
„Vielleicht schaffen sie es diesmal Potter von der Schule zu werfen. Was der sich alles erlauben kann!", schnarrte er, doch Zoe überhörte es gekonnt.
Den Gesprächen im Mädchenschlafsaal konnte sie allerdings nicht entkommen.
„Meinst du Harry hat Mrs Norris verzaubert?", fragte Daphne Zoe als sie umgezogen waren.
„Nein! Warum sollte er denn Filchs Katze verzaubern?", verteidigte sie ihren Freund.
„Naja, verdient hätte es dieser Filch schon. So ein Trollfuß!", warf Millicent ein und hüpfte auf ihr Himmelbett.
„Ich muss Draco allerdings Recht geben", mischte sich auch noch Pansy ein. „Holy Potter darf hier alle Regeln brechen und niemand tut was dagegen."
„Du gibst Draco doch nur Recht, weil es Draco ist!", warf Tracey ein.
„Achso", zischte Pansy, „dann ist das normal, wenn ein Erstklässler in die Quidditchmannschaft aufgenommen wird? Oder wenn er mit einem verzauberten Auto in die Schule fliegt, dann ist das auch in Ordnung? Was meinst du, Tracey, hätten sie dir das auch durchgehen lassen?"
Darauf hatte auch Zoes Freundin keine Antwort mehr.
„Was ist eigentlich die Kammer des Schreckens?", fragte Daphne, die versuchte das Thema zu wechseln und sah Zoe fragend an.
„Eine verborgene Kammer ...", sagte Zoe leise und versuchte sich an das zu erinnern, was sie in der Geschichte Hogwarts' gelesen hatte, doch sie erinnerte sich nicht genau.
Zoe sprang auf und ging zu ihrem Bücherregal hinüber, doch das Buch über ihre Schule musste eines der Bücher sein, die noch in den privaten Räumen ihres Großvaters lagen.
„Es gibt ein extra Kapitel dazu in der Geschichte Hogwarts', aber ich hab' es leider nicht hier."
Die Mädchen seufzten enttäuscht.
„Ich werde morgen Draco fragen", sagte Pansy und begann ihre Vorhänge zuzuziehen. „Er sagte es habe mit dem Erben Slytherins zu tun. Also keinen Grund für uns sich Sorgen zu machen."
„Holy Malfoy", flüstert Zoe leise, als Pansys Vorhänge zu waren.
Daphne und Tracey kicherten.
Zoe war so neugierig gewesen, dass sie Harry, Ron und Hermine schon vor dem Frühstück vor ihrem Gemeinschaftsraum auflauerte. Sie hatte das Portrait der Fetten Dame, die den Eingang zum Gryffindorturm bewachte, zwar angefleht, doch diese hatte sich nicht erweichen lassen, der Slytherin Einlass zu gewähren.
Als ihre Freunde in Begleitung von Rons kleiner Schwerster endlich herauskamen durchlöcherte Zoe sie gleich mit etlichen Fragen.
„Was ist mit Mrs Norris passiert?"
„Dumbledore sagt, sie sei versteinert worden und man kann sie wohl wiederbeleben", antwortete Harry.
„Hat er geglaubt, ihr seid es gewesen?"
Die drei schüttelten gleichzeitig den Kopf und Ginny, die ziemlich mitgenommen wirkte, starrte auf ihre Füße.
„Filch behauptet das aber. Er glaubt, weil ich seinen Kwikzaubern-Brief gelesen hätte, hätte ich seine Katze angegriffen."
„Filch ist so ein Idiot!", sagte Ron glucksend, der die Vorstellung, dass Filch ein Squib war immer noch witzig fand. „Ach Ginny, schau nicht so traurig. Dumbledore bekommt diese Katze ja wieder hin."
„Und die Schrift an der Wand?", fragte Zoe weiter.
„War auch schon vorher da. Wir kamen gerade von Nicks Feier und da war sie schon da gewesen. Und ein paar Sekunden später seid ihr schon aufgetaucht?"
In der Großen Halle setzte sich Ginny zu ihren Klassenkameraden und Ron sah ihr besorgt nach.
„Die ganze Sache nimmt sie ganz schön mit. Wo sie so eine Katzenliebhaberin ist."
Die Schrift an der Wand, sollte auch noch eine lange Zeit als dunkles Ohmen und Zeuge des Unheils der vergangenen. Tage erhalten bleiben. Tagelang hielt Filch Wache im zweiten Stock, als glaube er, der Täter würde zurückkommen. Mit magischen Reinigungsmitteln hatte er stundenlang versucht die Schrift an der Wand zu entfernen, vergeblich.
Die Attacke war auch die folgenden Tage das Gespräch in Hogwarts gewesen und Zoe hatte die erste beste Gelegenheit genutzt, um ihr Exemplar von Geschichte Hogwarts' zu holen, doch leider hatte ihr die Lektüre nicht viel weiter geholfen.
Dem Buch nach gab es eine Legende, nach der Salazar Slytherin eine geheime Kammer in Hogwarts geschaffen hatte, in der ein Monster lebte. Dieses Monster konnte nur von Slytherin selbst oder seinen Erben kontrolliert werden.
Allerdings hatten schon viele bedeutende Hexen und Zauberer nach dieser Kammer geforscht und gesucht und niemand hatte sie gefunden. Aus diesem Grund, war sie von vielen als Märchen abgetan worden.
Zoe hatte sich den Kopf darüber zerbrochen, ob es tatsächlich ein solches Monster geben konnte? Es gab nicht viele magische Wesen, die mehrere Jahrhunderte alt werden konnten. Drachen und Sphingen waren eine jener seltenen Tierwesen, doch warum sollte Slytherin allein die Kontrolle über sie besitzen? Es war allgemein bekannt, dass man Drachen nicht zähmen konnte und ob es andere Kreaturen von fast annähernd menschlicher Intelligenz dies zuließen wagte Zoe doch ganz stark zu bezweifeln.
War die Kammer des Schreckens also nur eine Legende? Ein weiterer Mythos um Schloss Hogwarts noch geheimnisvoller zu machen?
Als Zoe aus ihrem Tagtraum erwachte, musste sie feststellen, dass sie den Anschluss zu ihrer Klasse verloren hatte und alleine im Korridor unterwegs war. Gedankenverloren versuchte sie die Bilder aus ihrem Kopf zu schütteln, schob ihre Tasche höher auf die Schulter und ging Richtung Große Halle, als sie Schritte hinter sich hörte.
Nach einem Blick über ihre Schulter blieb sie stehen und wartete, bis Snape auf ihrer Höhe war.
„Guten Morgen, Professor!", begrüßte sie ihren Tränkemeister fröhlich.
Snape zog nur kritisch eine Braue nach oben und erwiderte: „Das Mittagessen wird gleich serviert, Miss Dumbledore."
Zoe kicherte, heftete sich an Snapes Fersen und begann ihn mit Fragen zu löchern die ihr Professor bei jedem anderen Schüler unterbunden hätte. Nach einem kurzen Lachanfall, ausgelöst durch Snapes präzise und nicht gerade seröse Beschreibung von Professor Lockhart kamen sie in der Eingangshalle an. Zoes Blick fiel auf die vier Stundengläser und die grünen Smaragde die darin funkelten, während das Glas selbst von einer goldenen Schlange umringt war: Slytherins Symbol. Und da fiel Zoe plötzlich wieder ein, was ihr auf dem Herzen lag.
„Professor ..."
Sie war so abrupt stehen geblieben, dass sogar Snape sich nach ihr umwandte. Aus der Großen Halle drangen ein lautes Stimmengewirr und das Klirren der goldenen Teller und Kelche.
„... glauben Sie, dass es eine Kammer des Schreckens gibt. Oder ... oder ist das nur eine Legende?"
Snapes Blick folgte dem seiner Schülerin und blieb schließlich am prunkvollen Stundenglas hängen.
„Nun, ich glaube, dass an jeder Legende ein bisschen Wahrheit haftet", sagte Snape schließlich.
Zoe sah ängstlich zu ihm auf.
„Dann lebt wirklich ein Monster im Schloss?"
„Das ist sehr unwahrscheinlich. Viele haben schon nach der geheimen Kammer gesucht und sie nicht gefunden. Ihr Großvater war einer davon.
Ich denke, bei der Tat im zweiten Stock handelt es sich wieder um einen sehr boshaften Streich eines Schülers, bei dem höchst wahrscheinlich etwas schief gegangen ist."
„Harry hätte niemand Mrs Norris angegriffen!", sagte Zoe direkt und suchte nach einem Vorwurf in Snapes schwarzen Augen.
„Nun, ich denke es ist durchaus Möglich, dass Mr Potter zur falschen Zeit am falschen Ort war, Miss Dumbledore. Er hat zweifellos ein Talent dafür sich in Schwierigkeiten zu bringen."
Zoe nickte zufrieden und war gleich ein Stückchen erleichterter.
„Sputen sie sich nun, Miss das Essen wird bald vorbei sein."
Als Zoe die Große Halle betrat, sah sie Hermine schon von weitem winken und folgte ihrer Aufforderung ohne einen Blick an den Slytherintisch zu vergeuden.
„Hast du was herausgefunden?", fragte Hermine sofort und rückte ihr auf.
Zoe schüttelte traurig den Kopf. „Ich hab' gerade noch mit Professor Snape gesprochen, aber er konnte mir auch nichts Genaueres sagen. Er hält die ganze Sache für einen schlechten Streich."
„Und Dumbledore?", fragte Ron gespannt.
Zoe dachte an die Unterhaltung zurück, als sie Ihr Exemplar von der Geschichte von Hogwarts' holen ging.
„Er sagte, ich solle mir keine Sorgen machen, es würde sich schon noch alles aufklären."
Ronald seufzte enttäuscht.
„Es ärgert mich so sehr, dass ich nicht früher in die Bibliothek gegangen bin!", sprach Hermine aufgebracht und stocherte in ihrem Kartoffelbrei. „Alle Exemplare der Geschichte von Hogwarts' sind vergriffen!"
Zoe nahm sich eine Schüssel Fischstäbchen, füllte ihren Teller und antwortete: „Da steht auch nichts Aussagekräftiges drin, ich hab' in meinem schon nachgeschlagen."
„Aber woher wusste der Täter davon, wenn wir nirgends etwas darüber finden können?", fragte Harry irritiert.
„Wir haben ja noch gar nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft", meinte Hermine beflissen, „sobald es mir möglich ist werde ich wieder in die Bibliothek gehen."
Am Nachmittag hatte Zoe zunächst eine Doppelstunde Zauberkunst mit den Hufflepuffs. Während sie vor dem Klassenzimmer auf Professor Flitwick warteten folgte sie den Gesprächen von Daphne und Tracey, die gerade über ihre Astronomiehausaufgaben plauderten und den Erben Slytherins offensichtlich schon vergessen hatten.
Dies gelang Zoe allerdings erst während des Unterrichts. Die Aufgabe von Professor Flitwick, ihren Frosch in eine Tasse zu verwandeln war äußerst knifflig und benötigte ihre volle Konzentration. Die erste Stunde klappte reibungslos und Professor Flitwick war sogar zuversichtlich, dass es Zoe bis zum Ende der Stunde gelingen würde ihren Frosch komplett zu verwandeln.
Die Slytherin gönnte sich gerade eine Konzentrationspause, als der Name Potter hinter ihr erklang und ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
„Wie er mich angesehen hat. War richtig gruselig", sagte eine Jungenstimme.
„Aber ... glaubst du wirklich ... Ich meine", Ernie Macmillan senkte seine Stimme. „Harry Potter?!"
„Ich würd' mir ja nicht so viele Sorgen machen, wenn's mir nicht bei ihm 'raus gerutscht wäre", sagte die zweite Stimme und jetzt erkannte Zoe Justin Finch-Fletchley. „Und dann dieser Blick. Es war wie ‚du bist der nächste'! Ich muss versuchen ihm aus dem Weg zu gehen!"
„Feinde des Erben nehmt euch in Acht ...", flüsterte Wayne Hopkins.
Ungläubig drehte Zoe sich auf ihrem Stuhl um, sah die drei Hufflepuffs skeptisch an und sagte: „Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass‑„
„Miss Dumbledore!", tadelte Flitwick. „Drehen Sie sich bitte um!"
Zoe gehorchte augenblicklich und konnte daher nicht die sorgenvollen Blicke sehen, die sich die Jungs zuwarfen.
Der Rest der Stunde war danach allerdings zum Scheitern verurteilt. Jedes Mal, wenn Zoe hinter sich ein Flüstern hörte spitzte sie die Ohren, konnte jedoch kein Gespräch mehr erhaschen. Als es zum Ende läutete war Justin der erste, der das Klassenzimmer verließ und Zoe brachte ein wenig zerknirscht ihre braungrüne Tasse nach vorne. Ein wenig enttäuscht sah Flitwick auf das warzenhäutige Ergebnis und winkte seine Schülerin schließlich weiter.
Geschichte der Zauberei im Anschluss war nicht viel besser gewesen. Es war Zoe kaum möglich Professor Binns eintönigen Monolog über irgendwelche mittelalterlichen Ereignisse zu folgen. Ab und an kritzelte sie sich eine Jahreszahl auf ihr Pergament, ohne recht zu wissen was es bedeutet. Das würde sie wieder einiges an Nacharbeit kosten, aber sie konnte sich eben einfach nicht mehr konzentrieren.
Als die Schulglocke das Ende verkündete, verabschiedete sich Zoe von Daphne und Tracey und schlug den Weg zur Bibliothek ein. So besessen, wie ihre Harry und Ron heute Morgen von der Kammer des Schreckens gewesen waren, fand Zoe sie sicherlich bei Hermine sitzend, während diese einen dicken Wälzer nach dem nächsten durchforstete.
Doch in der Bibliothek waren ihre Gryffindorfreunde nicht. Außer einer kleinen Gruppe Sechstklässler und Professor Sprout, die sich mit der Bibliothekarin, Madam Pince, unterhielt war die Bücherei leer.
Unschlüssig, ob sie auf die anderen warten oder sie suchen gehen sollte strich Zoe durch die Regale und tat so, als suche sie nach einem Buch, um nicht das Misstrauen von Madam Pince zu wecken. Schließlich fand Zoe den Weg wie von allein in die Abteilung für Verwandlung und begann nun doch langsam die Buchrücken zu durchstöbern. Verwandlung war mit Abstand ihr Lieblingsfach und hatte sie schon fasziniert, als Zoe ein kleines Mädchen gewesen war.
Vor einem kompakten Hardcover mit abgewetzten rot-braunem Einband blieb sie stehen und las die geprägte Aufschrift: „Handbuch zur Animagusausbildung". Zoes Augen weiteten sich vor Freude und sie zog das Buch heraus und hatte die Kammer des Schreckens schon vergessen. Animagi waren magische Personen, die die Fähigkeit besaßen sich in ein Tier zu verwandeln. Professor McGonagall selbst war eine Animaga.
Zoe blätterte gedankenverloren durch die vergilbten Seiten des Buches, während sie sich die abenteuerlichsten Dinge ausmalte, die sie in der Gestalt eines Tieres anstellen konnte. Ein Animagus zu sein eröffnete einem ungeahnte Möglichkeiten.
„Wollen Sie dieses Buch ausleihen, Miss?"
Zoe ließ erschrocken das Buch geräuschvoll zuklatschen und fing sich augenblicklich einen tödlichen Blick von Madam Pince ein.
„Ich ... ähm ...", stammelte Zoe.
„Oder was suchen Sie sonst hier, in der Bibliothek?!"
„...ja ... also ... ich hab' sowas gesucht ... Für meinen Aufsatz ... In Verwandlung ..."
„Dann folgen Sie mir!", sagte die Bibliothekarin schnippisch und stöckelte in ihre Schreibecke.
Zoe ging ihr gehorsam nach und sah der alten Dame dabei zu, wie sie die Verleihkarte vorbereitete, stempelte und Zoe das Duplikat zum Ausfüllen hinhielt. Sie setzte ihren Namen unter den von Remus Lupin, schrieb ihr Haus dazu und gab Madam Pince den Zettel zurück.
„Gut", sagte diese zufrieden und heftete das Dokument ordnungsgemäß ab, „dann husch, husch fort mit Ihnen!"
Das ließ sich die Slytherin nicht zweimal sagen, klemmte sich das Buch unter den Arm und verließ eilig die Bibliothek. Sie schloss sich einer kleinen Schülergruppe an, die hinunter in die Große Halle gingen, wo es bald Essen geben würde. Spätestens dort würde sie ihre Freunde treffen. Die Gruppe vor ihr fing plötzlich laut an zu Lachen und drängelte aneinander.
Instinktiv blieb Zoe stehen und sah zu, wie ein kleines, blondes Mädchen schließlich aus der Masse geschubst wurde und stolperte. Ihre Schultasche zusammen mit einige bunte Hefte fielen auf den Boden und sie sah den älteren Schüler verwirrt hinterher. Dann ordnete sie ihr zerzaustes, hüftblondes Haar und hob ihre Tasche auf. Das blaue Wappen auf ihrer Uniform identifizierte sie sofort als Ravenclaw.
„Das war aber nicht nett von denen", sagte Zoe grimmig, steckte das Handbuch zur Animagusausbildung in ihre Tasche und begann dem Mädchen beim Einsammeln der Sachen zu helfen.
„Oh, das passiert manchmal ... Nicht alle achten darauf, wo sie hinlaufen", sagte sie heiter.
Zoe runzelte die Stirn. Sie war sich ziemlich sicher, dass die anderen die Ravenclaw mit voller Absicht angerempelt hatten. Zoe begann die Hefte auf ihren Unterarm zu stapeln und da fiel ihr auf, dass es alle die gleichen waren. Da stand mit pinker Schrift, grell glitzernd auf neongelbem Hintergrund „Klitterer".
„Möchtest du einen haben?", fragte das Mädchen, als sie Zoes Blick gefolgt war, „mein Vater legt die auf. Er hat auch einen Artikel über die Kammer drin. Nimm dir ruhig eine!"
„Die Kammer des Schreckens?", fragte Zoe überrascht.
„Ja", sie erhoben sich beide und Zoe gab ihr die Zeitungen zurück, behielt jedoch eine in der Hand, „mein Dad glaubt, darin lebe ein Schrumpfhörniger Schnarchkackler."
„Ein was?", fragte Zoe verdutzt.
„Ein Schrumpfhörniger Schnarchkackler. Er hat auch Dumbledore darum gebeten in dem Fall recherchieren zu dürfen, doch irgendwie hält dieser es nicht für notwendig."
Mit offen stehendem Mund begann Zoe in dem Magazin zu blättern, bis sie schließlich auf den Artikel stieß.
„Wie heißt du eigentlich? Ich bin Luna, Luna Lovegood."
„Zoe", murmelte sie geistesabwesend, während sie eine schlechte Skizze eines zotteligen Monsters betrachtete. Es sah aus, als wäre es von einem Kleinkind gemalt worden.
„Dann bist du Zoe Dumbledore?", sagte Luna und ihre blaugrauen Glubschaugen sahen sie hoffnungsvoll an. „Könntest du nicht Dumbledore fragen, ob mein Vater hierher forschen kommen kann?"
„Also ...", sagte Zoe, nachdem sie den Artikel überflogen hatte, machte dieses Magazin keinen sonderlich seriösen Eindruck auf sie.
„Wenn er schon ‚nein' gesagt hat, dann werde ich ihn wohl auch nicht umstimmen können."
„Jah", Luna starrte in die Leere, „das glaube ich auch ..."
Einen Moment lang sprachen beide gar nichts und Zoe beobachtete die Ravenclaw nur dabei, wie sie mit der Strähne ihres blonden Haares spielte und leise vor sich hin summte. Als eine weitere Schülergruppe sie beide einholte bot sie diesen ebenfalls einen Klitterer an und Zoe nutze diese Gelegenheit um sich zu verabschieden.
Sie bog den nächsten Korridor ab und mischte sich unter den Schülerstrom, der nun in die Große Halle strömte, als sie gerade vor sich einen scharlachroten Schopf in der Menge erblickte.
„Ron!", rief Zoe über die Köpfe zweier kleiner Erstklässler hinweg.
Ronald wandte sich um, stieß Harry in die Seite und zusammen mit Hermine ließen sie sich zurückfallen.
„Ich hatte schon gedacht, ihr seid ich der Bibliothek", sagte Zoe, als sie sie erreicht hatte, „ich dachte ihr wolltet noch was über die Kammer in Erfahrung bringen."
„Das da bringt uns auf jeden Fall nicht weiter!", sagte Hermine schnippisch.
Sie deutete auf den Klitterer, den Zoe noch immer in der Hand hielt und fügte hinzu: „In diesem Käseblatt steht nur Unfug. Ginny hat mir ihr Exemplar schon gezeigt."
„Das habe ich mir fast schon gedacht", meinte Zoe ein wenig enttäuscht und rollte das Magazin zusammen, um mit dem neon-gelben Heft nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen.
„Dafür aber", sagte Harry und schob sich an einer rostigen Rüstung vorbei, „hat Professor Binns uns einiges erzählt."
Zoe fiel vor Überraschung die Kinnlade hinunter.
„Professor Binns! Natürlich, was für eine gute Idee!", sagte sie anerkennend. „Was hat er euch erzählt?"
„Naja", sagte Harry, „er hält das ganze Mysterium von der Kammer und einem Monster darin für unbewiesenen Unfug. Es gäbe keine Beweise dafür, dass Slytherin eine geheime Kamer angelegt habe"
„Warum auch sollte er das tun?", fragte Zoe.
„Weil ihm nicht gepasst hat, dass die anderen Gründer muggelstämmige unterrichten wollten!", platze Ron hervor. „Laut Flitwick wollte Salazar Slytherin, dass es nur magische Familien gestattet sei die Magie zu studieren. Und die anderen ... hab' die Namen wieder vergessen ... hatten nicht so eine strenge Ansicht."
„Gut aufgepasst, Ron!", sprach Hermine anerkennend. „Die anderen Gründer hießen übrigends Godric Gryffindor, Helga Hufflepuff und Rowena Ravenclaw."
„Wie auch immer ...", nuschelte Ron.
„Ich finde nur", unterbrach ihn Hermine, „dass seine Schlussfolgerung, nur weil es keine Beweise gäbe, nicht ganz korrekt ist."
„Glaubst du wirklich, dass es eine Kammer des Schreckens gibt?", fragte Ron Hermine.
„Ich weiß nicht", sagte sie stirnrunzelnd. „Dumbledore konnte Mrs Norris nicht heilen, und deshalb denke ich, was immer sie angegriffen hat, ist vielleicht kein ‑ nun ja ‑ menschliches Wesen."
Zoe brummte nachdenklich und folgte ihren Freunden den Gang hinab, wo sie am Ende um die Ecke bogen. Und mit einem Mal standen die vier Freunde wieder in jenem Korridor im zweiten Stock, wo der Angriff geschehen war. Im Gleichschritt blieben sie stehen und starrten den leeren Gang hinunter. Die Schrift an der Wand leuchtete noch immer, wie am Abend ihrer Entdeckung. Und ihr gegenüber stand ein verlassener Stuhl.
„Da hat Filch Wache gehalten", murmelte Ron.
Nervös trat Zoe von einem Fuß auf den anderen, während sie die Blicke der anderen sah.
„Kann nicht schaden, wenn wir uns ein wenig umsehen", sagte Harry.
Mit gerunzelter Stirn, stellte er seine Schultasche ab und begann den Boden auf Spuren zu untersuchen.
„Brandflecken! Hier ‑ und hier ‑"
Zoe folgte Ron, um die Schrift genauer zu betrachten, als Hermine sprach: „Komm und schau dir das an. Das ist merkwürdig ..."
Zoe wandte sich um, zu dem Fenster in ihrem Rücken und folgte Hermines Finger, der auf die höchste Glasscheibe zeigte. Dort saß krabbelnd und zitternd ein Knäul aus Spinnen, die offensichtlich mit all ihrer Kraft versuchten im Riss des Gemäuers zu verschwinden.
Zoe wich einen Schritt zurück, als einige der Spinnen hinunter purzelten.
„Hast du jemals so etwas bei Spinnen gesehen?", fragte Hermine grübelnd.
Harry war zu ihnen getreten und sah über ihre Schultern hinweg: „Nein, und du, Ron? Ron?"
Ronald gab ein gurgelndes Geräusch von sich und die drei Freunde drehte sich zu dem Weasley um, der ganz blass geworden war.
„Was ist los?", fragte Harry.
„Ich mag keine Spinnen", antwortete Ron zähneknirschend.
Zoe konnte sich ein Kichern nicht verkneifen und der Rotschopf sah sie mürrisch an.
„Das hab ich nicht gewusst", sagte Hermine, als hätte sie eine neue, bahnbrechende Erkenntnis errungen. „Du hast doch so oft Spinnen in Zaubertränke gemischt ..."
„Gegen tote hab ich ja nichts! Ich mag nur nicht, wie sie sich bewegen ..."
Hermine versteckte ihr Lachen hinter der Hand, doch Ron hatte es trotzdem gesehen.
„Das ist nicht komisch", wehrte er sich. „Wenn du's wissen willst: Als ich drei war, hat Fred meinen ... meinen Teddybären in eine eklige große Spinne verwandelt, weil ich seinen Spielzauberstab zerbrochen hatte ... Du würdest sie auch nicht ausstehen können, wenn du deinen Bären geknuddelt hättest, und der hätte plötzlich zu viele Beine ..."
„Das ist wirklich widerlich!", unterbrach Zoe ihn und schauderte bei der Vorstellung.
Angewidert verzog sie das Gesicht, während Hermine noch immer verzweifelt gegen ein Grinsen kämpfen musste.
„Erinnert ihr euch an das viele Wasser auf dem Boden? Wo kam das her? jemand hat es aufgewischt"; fragte Harry dazwischen, als wolle er das Thema wechseln.
Ron ging sofort darauf ein. „Es war ungefähr hier, auf Höhe dieser Tür."
Er war drauf und dran durch die Tür zu gehen, hatte sogar die Hand schon nach dem Griff ausgestreckt, als er zusammenzuckte und es sich anders überlegte.
Harry zog die Brauen nach oben. „Was ist denn jetzt wieder los?", wollte er wissen.
Zoe wandte sich überrascht um, und ging zu Ron hinüber und betrachtete das „Defekt"-Schild.
„Ich kann da nicht rein", meckerte dieser. „Das ist ein Mädchenklo."
„Ach Ron, da wird niemand drin sein", sagte Hermine und kam ebenfalls zu ihnen. „Da lebt die Maulende Myrte. Komm, lass uns mal nachsehen."
„Muss das wirklich sein?", fragte Zoe wenig begeistert.
Jeder, der einmal Bekanntschaft mit dem Geist der Maulenden Myrte gemacht hatte, ging ihr lieber aus dem Weg. Zoe gehörte zu ebendiesen Leuten.
Doch Zoes Einspruch ging unter, denn Hermine war schon eingetreten und Harry und Ron waren ihr – wenn auch zögerlich – gefolgt und so tat die Slytherin es ihnen gleich.
Im Eingangsbereich des trostlosen und düsteren Raumes reihten sich alte, angeschlagene Waschbecken entlang der stirnseitigen Wand. Es war nicht sonderlich sauber und der riesige, fleckige Spiegel war an den Ecken bereits gesplittert. Zwar war der Boden nicht mehr überflutet, aber immer noch feucht und das Licht eines abgebrannten Kerzenstummels spiegelte sich schimmernd darin.
Die Kabinen waren, trotz des Defekt-Schild, abgewetzt und verschlissen. Die Farbe blätterte bereits von ihnen ab und die ein oder andre Tür hing schon Schief in ihren messingfarbenen Scharnieren.
Hermine deutete ihnen an, leise zu sein und schlich auf Zehenspitzen zur ersten Kabine, streckte den Kopf hinein und sagte freundlich und zu Zoes Missmut: „Hallo, Myrte, wie geht es dir?"
Harry und Ron, die Myrte natürlich nicht kannten folgten Hermine neugierig. Zoe blieb lieber auf Abstand. Es dauerte keine 5 Sekunden, da kam eine perlend, silbrige Gestalt aus der Kabine geschwebt und beäugte sie argwöhnisch.
„Das ist ein Mädchenklo", sprach der Geist misstrauisch und drückte an einem Pickel an ihrem Kinn herum, während sie Harry und Ron anstarrte. „Das sind keine Mädchen."
Hermine nickte. „Nein, ich wollte ihnen nur zeigen, wie – ähm ‑ nett du es hier hast."
Überschwänglich deutete Hermine auf die zerkratzen Türen, den nassen Boden und den kaputten Spiegel.
Harry flüsterte Hermine etwas ins Ohr und just in diesem Moment konnte Zoe erkennen, dass dies ein Fehler war. Myrtes Ausdruck verhärtete sich.
„Was flüsterst du da?", fragte sie pikiert.
„Nichts", antwortete Harry überrascht. „Wir wollten nur fragen ‑"
„Ich wünschte, die Leute würden aufhören, hinter meinem Rücken zu reden!", sagte Myrte mit tränenerstickter Stimme. „Ich hab auch Gefühle, müsst ihr wissen, obwohl ich tot bin‑"
„Myrte, niemand will dich ärgern", versuchte Hermine zu beschwichtigen, „Harry wollte nur ‑"
„Niemand will mich ärgern! Guter Witz!" Myrtes große, runde Augen begannen zu schwimmen. „Mein Leben hier drin war nichts als das reine Elend, und nun kommen auch noch Leute, die mir den Tod ruinieren!"
„Wir wollten dich fragen, ob du in letzter Zeit etwas Merkwürdiges gesehen hast", setzte Hermine erneut an. „Denn direkt vor der Tür wurde an Halloween eine Katze angegriffen."
„Hast du an diesem Abend jemanden hier gesehen?", fragte Harry neugierig.
„Ich hab nicht drauf geachtet", fauchte Myrte hitzig. „Peeves hat mich derart zur Verzweiflung getrieben, dass ich hierher geflüchtet bin und versucht habe, mich umzubringen. Dann ist mir natürlich eingefallen, dass ich ... dass ich ..."
„Dass du schon tot bist", beendete Ron den Satz für sie.
Zoe fing an zu kichern und schlug sich augenblicklich die Hände vor den Mund.
Die Maulende Myrte stieß einen spitzen, hysterischen Schrei aus, der von den gekachelten Klowänden schallend zurückgeworfen wurde und stürzte sich kommentarlos mit dem Kopf voran in eine der Kloschüsseln. Das Wasser schwappte auf den ohnehin schon nassen Boden und bespritzte sie noch zusätzlich. Dann wurde es ruhig, bis auf Myrtes leises kaum vernehmbares Schluchzen, das aus den Abflussrohren in den Wänden kam.
Ungläubig standen Ron und Harry mit aufgerissenen Augen und offenen Mündern da.
„Und genau das", sagte Zoe angewidert während sich die Wassertropfen aus dem Gesicht wischte, „ist der Grund, warum man dieses Klo meiden sollte!"
Hermine zuckte nur mit den Schultern „Offen gestanden war das für Myrtes Verhältnisse eine fast fröhliche Unterhaltung ... kommt, gehen wir."
Die Vier verließen den Ort noch immer etwas perplex ohne einen Hintergedanken, als eine männliche Stimme sie alle zusammenzucken ließ.
„RON!" Es war Ronalds älterer Bruder Percy, der mit verdutzen Gesichtsausdruck auf dem Treppenabsatz stehen geblieben war.
Die Hände in die Hüften gestemmt, erinnerte er Zoe auf eine bizarre Art und Weise an seine Mutter.
„Das ist ein Mädchenklo!", sagte er entsetzt, „was habt ihr ‑?"
„Haben uns nur ein wenig umgesehen", sagte Ron schlicht und ohne ihm groß Beachtung zu schenken. „Spuren, weißt du ‑"
Percys Brust schwoll unheilvoll an. Ob er sich größer machen wollte, um beeindruckend zu wirken oder nur unmissverständlich auf sein Vertrauensschülerabzeichen hinweisen wollte, konnte Zoe gar nicht sagen.
„Verschwindet – auf – der – Stelle! Ist euch denn egal, was das für einen Eindruck macht? Hierher zurückzukommen, während alles beim Abendessen ist?" Wie eine aufgeregte Glucke war er auf sie zugekommen und scheuchte sie nun mit wedelnden Armen vor sich her.
Ron blieb stur stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und meckerte: „Warum sollten wir nicht hier sein. Hör zu, wir haben diese Katze nicht angerührt!"
„Das hab ich auch Ginny gesagt", sagte Percy verärgert, „aber sie denkt offenbar immer noch, dass ihr von der Schule fliegt, ich hab sie nie so aufgeregt gesehen, sie heult sich die Augen aus, denk doch mal an sie, alle Erstklässler sind wegen dieser ganzen Geschichte völlig aus dem Häuschen ‑"
„Dir ist Ginny doch egal", widersprach Ron trotzig. „Du machst dir nur Sorgen, dass ich dir die Chance vermassle, Schulsprecher zu werden ‑"
„Fünf Punkte Abzug für Gryffindor", sagte Percy und Zoe viel die Kinnlade herunter. „Und ich hoffe, das ist dir eine Lektion! Keine Detektivarbeit mehr, oder ich schreibe an Mum!"
Wütend schritt er mit erhobenen Haupt davon, nicht ohne sich vor dem Abbiegen zu vergewissern, dass sie alle auf dem Weg zur Großen Halle waren.
„So ein Vollpfosten!", fluchte Ron. „Seinem eigenem Haus Punkte abzuziehen ..."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top