Das Monsterbuch der Monster

Es war einer jener wunderbaren Sommertage, in denen einen die Sonnenstrahlen die Haut bräunten und ein leichter Wind dafür sorgte, dass es nicht unangenehm wurde.

Ein Sommertag, den die meisten gerne draußen verbrachten, an Seen, Flüssen oder Freibädern. An denen man die Abende mit Grillgut ausklingen ließ und man noch tief bis in die Nacht am Feuer sitzen konnte ohne zu frieren. Die Zikaden erfüllten dann die Stille mit einem angenehmen monotonen Zirpen und Glühwürmchen funkelten wie Sterne in den Wiesen. Ein Tag, den man gerne in Gesellschaft verbrachte und das Leben genoss.

Es war der Anfang der Sommerferien und Zoe Dumbledore saß alleine am Ufer des schwarzen Sees und ließ die Füße in das angenehm kühle Wasser tauchen. Sie war allein, weil alle anderen Schüler nach Hause zu ihren Familien gefahren waren und Zoe selbst, keine Familie mehr hatte, zu der sie hätte zurückgehen können.

Ein wenig melancholisch saß sie dort und sah einem Drosselrohrsänger dabei zu, wie er sein Nest im Schilf reparierte und immer wieder neues Nistmaterial heranbrachten und malte sich bereits aus, wann die erste Eule ihr Post von ihren Freunden bringen würde.

Doch sie musste sich noch ein wenig gedulden. Ihre beste Freundin Hermine, würde mit ihren Eltern zunächst nach Südfrankreich reisen, doch wenn sie zurückkamen, wollte Zoe sie gerne besuchen. Schon letztes Jahr hatten die Grangers sie eingeladen und Zoe hatte diesen Besuch in guter Erinnerung behalten und so zählte sie bereits die Tage, die es dauern würde, bis sie Hermines Einladung erhielt.

Auch über die Briefe von Harry und Ron würde sie sich freuen. Sie waren zwar erst ein paar Tage getrennt, doch in diesem großen Schlossmit seinen unendlichen Korridoren und weitem Gelände fühlte Zoe sich einsam. Das Schloss war fast leer. Bis auf den Hausmeister, die Geister und ihren Großvater war niemand während der Ferienzeit hier.

Das Kläffen eines großen Hundes aus der Ferne, erregte Zoes Aufmerksamkeit. Die Slytherin drehte neugierig den Kopf über die Schulter und sah zu der Holzhütte, die am Rande des Verbotenen Waldes stand und erkannte davor, wie erwartet, den Wildhüter. Wie hatte sie nur Hagrid vergessen können?!
Rubeus Hagrid lebte zwar nicht im Schloss, sondern in einer kleinen Hütte auf dem Gelände, doch auch er verließ Hogwarts in den Ferien nicht, da die Tierwesen, um die er sich kümmerte, täglich versorgt werden mussten.

Ein wenig beschwingt zog Zoe ihre Füße aus dem Wasser, nahm Socken und Schuhe in die Hand und tapste vorsichtig hinüber zu Hagrids Hütte.

Gerade als sie an der Peitschenden Weide angekommen war, blieb Zoe abrupt stehen und sah sich den Baum an. Vor fast einem Jahr hatten Harry und Ron mit dem fliegenden Auto von Mr Weasley eine Bruchlandung in diesem Baum gemacht. Dabei waren etliche Äste und Zweige beschädigt worden und teilweise sogar abgebrochen. Mittlerweile konnte man jedoch keine Schäden mehr an dem Baum erkennen, der alles klein schlug, was in seine Reichweite kam. Jetzt jedoch wiegte sich die Weide friedlich wider des Windes und schüttelte ab und einen ihrer Äste, um einen Vogel zu vertreiben. Zoe wollte gerade weitergehen, als ihr ein rotes Eichhörnchen auffiel, das aus dem verbotenen Wald gesprungen kam. Es lief im Unterholz entlang, spitzte ab und an seine Ohren und näherte sich der Weide dann unbedarft. Dann lief es geradewegs in die Reichweite der Weide hinein, denn offensichtlich wollte es sich einen Zapfen holen, der nicht weit an dem Stamm der Peitschenden Weide lag. Zoe rief laut und hoffte, dass sich das Eichhörnchen erschrecken und weglaufen würde, doch der kleine Nager wich geschickt den peitschenartigen Hieben der Weide aus, die es vertreiben wollte. Und dann hatte es tatsächlich den Zapfen erreicht und sprang auf einen kleinen Knubbel auf der Wurzel der Weide und begann gemächlich zu fressen.

Zoe hielt sich vor Schreck die Augen zu. Für einige Sekunden hoffte sie, dass wenn sie die Augen wieder öffnete, dass Eichhörnchen verschwunden war, ohne das die Peitschende Weide es erschlagen hätte. Doch als Zoe wieder hinsah, saß das Tier noch immer da ‑ und die Weide rührte sich nicht. Verblüfft beobachtete sie, wie das Nagetier einige Minuten gemütlich die Samen aus dem Zapfen zupfte und verspeiste, während die Peitschende Weide, wie durch Zauberhand völlig starr war.

Ungläubig ging Zoe näher heran, doch das Eichhörnchen hatte sie genau im Blick. Als das Mädchen nur noch wenige Meter von dem Tier entfernt war, verließ dieses seinen Fressplatz, ergriff die Flucht und just in diesem Moment erwachte die Peitschende Weide wieder zu leben.

Ehrfürchtig sprang Zoe einige Meter zurück, weil sie keinen der Zweige zu spüren bekommen wollte, denn der Baum schlug nun auch nach ihr. Die Luft surrte, als die dünnen Weidenzweige durch die Luft preschten und jegliches Näherkommen des Mädchens verhinderten.

Grübelnd sah Zoe zu der Stelle, an der das Eichhörnchen eben noch gesessen hatte und an die kleine, unscheinbare Erhebung an der Wurzel. War es Zufall gewesen, oder gab es wirklich einen Trick, um die Peitschende Weide zu paralysieren? Zoe erinnerte sich an Hagrids dreiköpfigen Hund, der einschlief, sobald man ihm Musik vorspielte. Eine solche Funktion war äußerst nützlich, wenn das Objekt verarztet werden musste.

Einen Moment überlegte Zoe noch, doch dann fiel ihr ein, dass sie eigentlich hatte Hagrid besuchen wollen und so riss sie den Blick von dem bizarren Wesen ab und machte sich auf den Weg zu Hagrid.

Fang, Hagrids Saurüde, lag vor der offenen Tür im Schatten und kam ihr schwanzwedelnd entgegengelaufen, als er Zoe erkannte.

Diese ließ ihre Schuhe fallen und umarmte den großen Hund, der ihr bis zur Hüfte ging, und streichelte ihn eine Weile. Der dunkle Rüde ließ sich das gerne gefallen, bis Hagrid in der Tür erschien und ihn zurückpfiff.

„Oh, hallo Zoe", sagte der bärengroße Mann freundlich und winkte ihr, „wolltest' mich besuchen kommen?"

Die Slytherin nickte, trat vorsichtig über den steinigen Boden und folgte Hagrid in den Garten, wo sie anschließend ihre Schuhe anzog.

„Ist jetz' nur g'rade schlecht", meinte Hagrid mit einer kleinen Sichel Kräuter abschnitt und sie zu einem Bund zusammenband. „Muss nochmal los."

„Was ist passiert?", fragte Zoe neugierig und nahm ihm die Bündel ab, damit er freie Hände hatte.

„Ein Thestral ist verletzt", sagte Hagrid. „Hab' eben Bescheid bekommen, muss nochmal hin und nach ihm schauen."

„Oh", meinte Zoe erschrocken, „warum ist er verletzt?"

„Haben grad' Revierkämpfe, das passiert schon'mal. Aber ich muss gucken, wie ernst es is'. Magst du vielleicht mitkommen?"

Zoes Miene erhellte sich schlagartig.

„Klar, sagte sie munter.

Auch Hagrid schien erfreut zu sein.

„Schön", sagte er, „muss nur noch'n bisschen war einpacken." Er ging zurück in seine Hütte und Zoe folgte ihm fröhlich.

Als sie eintraten blieb das Mädchen einen Moment stehen, bis sich ihre Augen von dem grellen Sonnenschein an die Dunkelheit in Hagrids Hütte gewöhnt hatten. Dann steuerte die Dreizehnjährige zielsicher den Tisch an und setzte sich.

„Hast' schon den Artikel im Tagespropheten geseh'n?", fragte Hagrid, nickte zum Tisch und begann dann in seinem Schrank zu wühlen. „Die Weasleys sin' drin ‑ sogar mit Foto."

„Nein", antwortete Zoe und zog die Zeitung zu sich heran und drehte sie um.

Der Artikel sprang ihr gleich ins Auge. Es war kein großer Text, doch ein Foto von der Familie war darunter und Zoe betrachtete es neugierig. Die ganze Familie, von denen Zoe nur sieben kannte stand vor einer großen Pyramide und winkte in die Kamera. Auf dem bewegten Foto konnte Zoe sehen, wie die Zwillinge heimlich Fratzen schnitten. Ron stand in der Mitte mit einem breiten Grinsen und Krätze, seine Hausratte, saß auf seiner Schulter. Ron hatte den Arm um seine jüngere Schwester Ginny gelegt, die wieder vollkommen glücklich schien. Der Schrecken des vergangenen Schuljahres schien sie in diesem Moment vergessen zu haben. Rons selbstständige, ältere Brüder kannte Zoe nicht, doch sie gehörten unverwechselbar in diese Familie. Mit ihrem freundlichen, aufgeschlossenen Lachen und den, auch wenn man es auf diesem Schwarz-Weiß-Foto nicht sehen konnte, feuerroten Haaren.

„Gibt keinem, dem ich's mehr gönnen würde, als den Weasleys!", sagte Hagrid munter und Zoe betrachtete die Schlagzeile:

Beamter des Zaubereiministeriums gewinnt Großen Preis

Da musste Zoe Hagrid zustimmen. Noch nie hatte sie eine so herzliche und liebevolle Familie wie die Weasleys kennengelernt. Doch von Ron wusste Zoe auch, dass Mrs Weasley auf jeden Sickel und jeden Knut achten musste und so freute sich die Slytherin noch mehr über dieses Glück und las sich den kurzen Artikel durch:


Arthur Weasley, Chef der Abteilung gegen den Missbrauch von Muggelartefakten im Zaubereiministerium, hat den jährlich vergebenen Großen Goldpreis des Tagespropheten gewonnen Der entzückte Mr Weasley sagte gegenüber dem Tagespropheten: „Wir werden das Gold für einen Sommerurlaub in Ägypten ausgeben, wo unser ältester Sohn, Bill, als Fluchbrecher für die Gringotts-Zaubererbank arbeitet."

Die Familie Weasley wird einen Monat in Ägypten verbringen und zu Beginn des neuen Schuljahres in Hogwarts, das gegenwärtig fünf ihrer Kinder besuchen, zurückkehren.


„Ich wusste gar nicht, dass Rons Bruder Fluchbrecher ist", sagte Zoe erstaunt und legte den Tagespropheten zur Seite.

„Bill war'n kluges Köpfchen", antwortete Hagrid und schulterte seine Armbrust. „Von Anfang an. Hat's genau richtig gemacht. Los geht's! Komm Fang!"

Zoe folgte Hagrid hinaus und hopste fröhlich dem riesigen Wildhüter hinterher, bis ihr auf einmal klar wurde, welchen Weg sie einschlugen. Abrupt blieb sie stehen. Hagrid hielt irritiert inne und sah sie an.

„Was'n los?", fragte er überrascht.

„Wo gehen wir hin, Hagrid?", fragte Zoe ängstlich, als sich eine dunkle Vorahnung über sie legte.

„In den Verbotenen Wald", sagte Hagrid, wie selbst verständlich.

„Da geh ich nicht rein!", meinte Zoe ad hoc und starrte den Wald vor sich beängstigenden an.

Er sah an diesem Sommertag mit seinem saftig grünen Blätterdach zwar freundlich und einladendend aus, doch Zoe erinnerte sich noch zu gut, an sie Monster die in diesem finsteren Wald lebten. Vor einigen Monaten, waren Zoe, Harry und Ron nur knapp dem Tod entronnen als sie Hagrids Empfehlung gefolgt waren und ‚den Spinnen' nachgingen. Im Wald trafen sie dann auf ein Nest mit riesigen Spinnen, Spinnen so groß wie Kutschpferde und hätte nicht Rons alter Ford Anglia sie gerettet, dann hätten diese Ungetüme sie einfach gefressen.

„Ich ... ich komm nicht mit Hagrid!", sagte Zoe knapp.

„Wieso nich'?", fragte Hagrid verwundert.

„Zu gefährlich!"

„Ach, Zoe, bin doch bei dir. Wovor hast du denn solche Angst?"

Sie sah den Wildhüter kritisch an. Sie hatten Hagrid nichts von ihrer schrecklichen Begegnung mit dem Oberhaupt der Riesenspinnen erzählt und Zoe zweifelte sogar daran, ob Hagrid ihnen die Geschichte überhaupt glauben würde.

„Aragog ....", sagte sie schlicht.

Hagrid sah sie an, als hätte das Mädchen ihm eine Ohrfeige verpasst.

„Aragog?", fragte er entsetzt. „Aber der tut doch niemand 'was."

„Er wollte uns fressen, Hagrid! FRES-SEN!"

Der riesenhafte Wildhüter sah sie vollkommen verblüfft an.

„Würd' er nich'. War bestimmt 'n Missverständnis ..."

„Nein! Das war mit Sicherheit kein Missverständnis!", meckerte Zoe laut, deren Wut auf Hagrid, der sie damals in diese Lage gebracht hatte, plötzlich herausbrach. „Wir könnten Tod sein, Hagrid. Harry, Ron und ich!"

„Beruhisch dich erst mal wieder", meinte Hagrid und warf ihr seine Hand auf die Schulter, dass Zoes Knie kurz einknickten. „Habt euch bestimmt ein bisschen erschreckt. Ich klär' das mit ihm, kein Grund zur Sorge."

Zoe bedachte Hagrid nur mit einem vorwurfsvollen Blick und dieser tätschelte sie leicht.

„Außerdem, geh'n wir jetzt ganz wo anders hin. Und solange ich da bin, passiert dir eh nix. Okay?"

Er gab ihr einen freundlichen Schubs und schob sie weiter.

„Sie werden dir gefallen, diese Thestrale, faszinierende Wesen. Sie ziehen die Kutschen zum Bahnhof, weißt du?"

„Weiß ich", sagte Zoe und folgte dem Wildhüter nur widerwillig.

„Oh, dann hast du sie schon gesehen ..."

Die Slytherin nickte nur und gab Acht darauf, dass sie in unmittelbarer Nähe von Hagrid blieb, als sie den Wald betraten. Immer wieder warf sie Blicke zurück über ihre Schulter doch der Wald macht heute tatsächlich einen freundlichen Eindruck.

Gemeinsam gingen sie eine ganze Weile durch den Wald, während Hagrid ihr allerlei über dessen Bewohnern, ihre Eigenarten und seinen Aufgaben erzählte. Eigentlich war dies hochinteressant gewesen und doch hatte Zoe ihm nicht immer folgen können, weil die Angst ihr noch immer im Nacken saß. Was würde Hagrid tun, wenn plötzlich eine riesige Spinne durchs Unterholz preschte, wo er doch tatsächlich der Meinung war, es seien harmlose Krabbeltierchen.

Als Hagrid aprupt stoppte und ihr mit dem Arm den Weg versperrte, blieb Zoes Herz beinahe stehen. Panisch klammerte sie sich an Hagrid fest und sah auf Fang, der angespannt stehengeblieben war und die Ohren spitzte. Und da hörte Zoe es. Dunkle Rufe, Geschrei und das knacken von Ästen.

„Was ist da los?", fragte Zoe Hagrid nach einer Weile.

Dieser schien sich bereits wieder entspannt zu haben, drehte seine Armbrust wieder auf den Rücken und sagte munter: „Ich würd' sagen wir geh'n mal gucken!"

„Oh Hagrid", jammerte Zoe, „muss das wirklich sein."

„Nur kurz ‚Hallo' sagen, wär' ja sonst unhöflich", antwortete Hagrid und stapfte los.

Unschlüssig blieb Zoe zunächst stehen, doch als Hagrid sich nicht mehr zu ihr umdrehte entschied sie schließlich, dass es in seiner Nähe immer noch sicherer war, als alleine.

Sie folgten einen kleinen Trampelpfad und der Wald begann sich zu lichten. Die Stimmen wurden deutlicher und die gelegentlichen Rufe lauter und als Zoe Hagrid auf eine Lichtung folgte und der Wildhüter zur Seite trat und ihr Sichtfeld freigab, kam Zoe kaum mehr aus dem Staunen heraus.

Vor ihr standen zwei Dutzend Wesen ordentlich in einer Reihe, jeder mit jeweils einen Bogen in der Hand und einem Köcher auf ihrem Rücken und zielten auf Pfähle die einige Meter vor ihnen in den Boden gerammt waren. Ihre Oberkörper sahen menschlich aus, jedoch ging ihr unterer Rücken in einen Pferdelaib über. Zoe war sofort klar, dass es sich um Zentauren handelte und diese waren anscheinend gerade beim Training.

An der Seite stand ein großer Zentaur, mit kastanienbraunem Laib und auf dessen Befehl hin surrten zwei Dutzend Pfeile durch die Luft und trafen ihr Ziel. Dann gab ein weiteres Kommando und die anderen zogen die nächsten Pfeile aus ihrem Köcher und spannten ihre Bögen erneut. Prüfend schritt der Kastanienbraune nun durch die Reihen und korrigierte ihre Haltung.

Zoe und Hagrid waren jedoch aufgefallen und sofort kam ein Zentaur mit dunklem Körper und schwarzem Pferdelaib auf sie zugetrabt, blieb vor Hagrid stehen und reichte ihm die Hand. Er sah wild aus und Zoe sah ihn mit großen Augen an.

„Guten Tag, Hagrid. Geht es dir gut?"

„Prächtig, Bane, und dir?", fragte Hagrid und dann schob er Zoe vor. „Das ist unsere Zoe, Dumbledores Enkelin!"

Der Zentaur namens Bane griff nach ihrer Hand und schüttelte sie mit festem Griff.

„Auch dir einen guten Tag!", sagte er freundlich und trat wieder einen Schritt zurück.

Banes Körper war dunkel und durch seine buschigen Augenbraun und dem dichtem Bart sah er ziemlich wild aus Sein Pferdelaib war schwarz und sein Fell glänzte in der Sonne.

„Hallo", sagte Zoe leise und noch immer etwas eingeschüchtert von Banes imposanter Erscheinung.

„Was führt euch an so einem wunderschönen Tag so tief in den Wald?", fragte der Zentaur mit seiner dunklen Stimme.

„Ronan hat mir einen verletzten Thestral gemeldet", sagte Hagrid und sah sich auf der Lichtung um. „Den wollen wir uns jetzt mal anschauen."

„Ronan ist nicht hier", sprach Bane, der Hagrids Blick gefolgt war. „Doch die Thestrale sind in ihrem Revier unterhalb der großen Eiche."

„Gut", meinte Hagrid und sah Zoe an, „dann machen wir uns gleich auf den Weg, danke, und einen schönen Tag euch noch!"

„Euch einen schönen Tag", sprach Bane höflich, machte auf der Hinterhand kehrt und war mit wenigen Galoppsprüngen wieder an der Seite seiner jungen Bogenschützen.

Zoe folgte Hagrid, die Rufe der Zentauren noch lange in den Ohren, als sie den östlichen Waldrand erreicht hatten sagte Hagrid: „Der große, braune bei den Bogenschützen war Magorian."

„Ah", antwortete Zoe während sie überlegte, was ihr das sagen sollte.

„Er ist einer der Anführer", murmelte Hagrid.

Zoe warf einen Blick über die Schulter, bevor sie wieder in das Dickicht traten und sah gerade noch, wie ein Geschwader Pfeile durch die Luft surrte.

„Sie sind ... beeindruckende Wesen", sagte Zoe plötzlich, die noch immer fasziniert war.„Und sie können sprechen wie wir."

„'türlich können sie das", sagte Hagrid, während er eine Schneise ins Unterholz trat. „Is' ein bisschen unpassend, sie als Tierwesen zu bezeichnen. Aber sie bestehen drauf."

„Warum?", fragte Zoe überrascht.

Hagrid zuckte mit den Schultern.

„Sind halt eigen, die Zentauren. Haben ihre eigene Kultur und ihren eigenen Kodex und wollen nicht als menschenähnliche Zauberwesen gelten. Gefällt ihnen wohl nicht."

„Wie viele Zentauren leben denn hier im Verbotenen Wald?", wollte Zoe wissen.

„Is' nur 'ne kleine Herde. Vielleicht fünfzig. Kenn' auch nicht alle und war noch nie in ihrer Siedlung."

Zoe folgte ihm eine Weile und schließlich kamen sie auf eine weitere Lichtung und da konnte die Slytherin sie schon erkennen. Es war eine kleine Herde, von etwa sechzehn Tieren. Es waren knochige und pferdegroße Wesen, mit ledrigen Flügeln und einem drachenähnlichen Kopf. Durch die weißen, pupillenlosen Augen sahen sie auf den ersten Blick gespenstig und ein wenig gruselig aus.

„Sin' se nich' hübsch?", fragte Hagrid, der kurz stehen blieb, um die Herde zu betrachten und der scheinbar auch vergessen hatte, dass es nicht selbstverständlich war, dass man diese Tiere sehen konnte.

„Naja, hübsch ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck ...", begann Zoe, doch Hagrid unterbrach sie.

„Papperlapapp! Hier nimm das, das mögen sie." Aus seiner Tasche zog er eine Handvoll lederner Fetzten hervor und gab sie Zoe.

Bei näherer Betrachtung erkannte diese, dass es getrocknete Fleischstücke waren. Ein Thestral, der ganz in ihrer Nähe stand blähte die Nüstern und reckte den Kopf in ihre Richtung.

„Brauchst keine Angst zu haben", fügte Hagrid hinzu, „sind vollkommen friedlich, sie alle hier." Er war auf einen zugegangen, schob ihn einen Fleischfetzen unters Maul und tätschelte seinen Hals.

Auch Zoe trat näher und streichelte vorsichtig den knochigen Kopf des Wesens. Obwohl der Thestral aussah wie ein reptilienähnliches Wesen, war seine Haut dennoch von einem sehr kurzen und seidigen Fell überzogen, was Zoe verblüffte.

„Die fühlen sich ja ganz weich an", sagte sie überrascht zu Hagrid.

„Klar. Sieh' dir mal den Schweif an. Wird manchmal als Kern für Zauberstäbe verwendet", erklärte Hagrid und ließ die langen Haare durch seine Finger gleiten. „Kann man von einem Einhornhaar nur noch durch seine dunklere Farbe unterscheiden."

Fasziniert betrachtete Zoe die Thestrale und musste feststellen, dass ihr friedliches Wesen kaum etwas mit ihrem gruseligen Erscheinungsbild gemein hatte.

„Da drüben ist er ja schon", sagte Hagrid plötzlich und trat über die Lichtung auf einen der Tierwesen zu.

Zoe folgte Hagrid und zog nun einen Gruppe von Thestralen hinter sich her, die bemerkt hatten, dass sie Leckerlies dabei hatte. Irritiert blieb sie stehen und verteilte die Fleischstücke, an die immer größer werdende Herde. Schließlich kam es zu einer Rauferei unter den Tieren.

Bedrohlich legten sie ihre Ohren an, schlugen mit dem Köpfen einander weg und einer von ihnen stieg sogar. Zoe ließ erschrocken die Fleischstücke fallen und lief Hagrid hinterher, der bereits bei dem lahmenden Thestral stand.

Er fuhr mit seiner riesigen Pranke über den Wiederrist des Tieres, das Schulterblatt hinunter und glitt mit der Hand bis zum Huf, lehnte sich mit seinem mächtigen Oberkörper gegen das Tier und hob den Huf an. Zoe sah ihm neugierig dabei zu.

„Hmm, Huf is' in Ordnung", murmelte er und ließ ihn wieder ab. „Scheint wirklich nur durch diese kleine Wunde hier zu sein."

Er fuhr mit der Hand über einen blutigen Kratzer und der Thestral zuckte zurück und warf den Kopf nach oben.

„Is' geschwollen und ganz heiß ..."

„Ist es schlimm?", fragte Zoe besorgt und sah Hagrid dabei zu, wie er seine Armbrust und Tasche auf den Boden schmiss.

„Nö", sagte er und begann den Rucksack zu öffnen, „sowas kommt schon mal vor. Heilt aber auch ab in ein paar Tagen."

Er zog ein ledernes Halfter mit einem Strick heraus und legte es dem Thestral an. Dann gab er Zoe das Ende des Strickes in die Hand und sagte nach einem Blick auf das besorgtes Gesicht des Mädchens: „Nur, dass er weiß, dass er nicht abhauen kann. Keine Sorge."

Dann nahm er einige gewalzte Kohlblätter und ein paar Bündel Tücher aus dem Rucksack und kniete sich neben den Thestral. Zunächst legte Hagrid die Kohlblätter auf den geschwollenen Bereich des Beines und begann damit diese mit einem Leinentuch zu fixieren. Dann griff er nach dem zweiten Bündel und wickelte ein Lage Molton über den Verband. Anschließend zog er den Wickel mit einer strammen Wickelung eines Wollstoffs fest und verknotete diesen.

„Gut so", sagte er schließlich und betrachtete sein Werk. „Den holen wir jetzt noch mit, dass ich seinen Wickel die nächsten Tage auffrischen kann. Willst du ihn nehmen?"

Zoe schüttelte den Kopf. Diese Aufgabe überließ sie lieber Hagrid, der nicht so leicht über den Haufen gerannt werden konnte.

Der Wildhüter schmunzelte und nahm den Strick.

„Na gut", sagte er. „Würd dich ja draufsetzen, aber mit dem Bein ..."

„Man kann sie reiten?", fragte Zoe neugierig, während Hagrid seinen Rucksack schulterte und die Armbrust aufhob.

„Ja, sogar mit ihnen fliegen. Sind wertvolle Nutztiere, diese Thestrale und haben einen Orientierungssinn, der es mit unseren Eulen aufnehmen kann! Wunderbare Wesen sin' sie. Vielleicht stell' ich sie euch nächstes Jahr vor."

„Uns vorstellen?", fragte Zoe verwundert und Hagrid machte plötzlich große Augen.

„Nich' so wichtig", sagte er schnell und ging voran.

„Was ist nicht so wichtig?" Zoe holte ihn ein und sah ihn auffordernd an.

Hagrid brummte nur.

„Soll eigentlich eine Überraschung sein", murrte er.

„Was denn?"

„Na gut", sagte Hagrid geschlagen und sah Zoe eindringlich an. „Aber du erzähl'st nich' weiter! Auch nich' Harry oder den anderen!"

„Versprochen!", sagte Zoe sofort und ihre Neugierde wurde umso größer.

„Also, ich werd' nächstes Schuljahr unterrichten", sagte Hagrid und seine Brust schwoll vor stolz an. „Pflege magischer Geschöpfe. Dumbledore hat mich gefragt ‑ großartiger Mann, dein Großvater!"

„Wirklich?" fragte Zoe erstaunt und sah den Bären von einem Mann an. „Das ist ja toll!"

„Ja, nich'?", meinte Hagrid, sichtlich stolz.

Zoe betrachtete den Wildhüter an und freute sich insgeheim schon darauf. Es war immer wieder erstaunlich, wie viel er über all die Pflanzen und Tiere rund um Hogwarts wusste, wenn er ihnen nicht etwas darüber beibringen konnte, wer sonst?. Gemeinsam schlugen sie den Weg zu Hagrids Hütte ein und Fang folgte ihnen schnüffelnd. Sie kamen jedoch nur langsam voran, weil sie wegen des lahmenden Thestrals langsam gehen mussten.

Als sie schließlich angekommen waren, führte der Wildhüter den Thestral in den Garten und band ihn zunächst an einem Baum fest. Dann bat er Zoe in seine Hütte und zog ein großes Päckchen unter dem Bett hervor.

„Hab hier 'ne kleine Überraschung für dich. Jetzt, da du ja davon weißt kannst du es auch ruhig schon haben."

Er gab ihr ein kleines, zitterndes Päckchen, das in braunes Packpapier gewickelt war. Vorsichtig nahm Zoe es entgegen.

„Vielen Dank!", sagte sie, betrachtete es argwöhnisch und legte es auf den Schoß. „Was ist es?"

„Mach es auf!", meinte Hagrid strahlend und sah Zoe dabei zu, wie sie ein wenig ängstlich das Päckchen öffnete.

Hervor kam ein Buch und die Slytherin entspannte sich augenblicklich. Es war grün und darauf stand mit goldenen Lettern: Das Monsterbuch der Monster.

„Wow, danke Hagrid!", sagte Zoe dankbar und riss den Rest des Papiers herunter

Und da geschah es. Sobald die Dreizehnjährige das komplette Papier entfernt hatte, erwachte das Buch zum Leben. Es klappte auf und schnappte nach Zoes Händen. Diese, sprang erschrocken auf. Das Buch fiel ihr vom Schoß und der Stuhl kippte hinter ihr zu Boden. Gerade wollte das Buch unter Hagrids Bett verschwinden, als dieser es schnappte und über den Buchrücken strich.

Leise gurrend, klappte das Buch auf und blieb reglos liegen.

Zoe, noch immer vollkommen verängstigt, starrte Hagrid fassungslos an.

„Das ist der Trick", meinte Hagrid grinsend, „man streichelt es und schon bleibt es ruhig liegen. Witzig, oder?"

„Was ist das für ein Buch?", wollte Zoe wissen und hob ihren Stuhl auf.

„Euer neues Schulbuch. Dacht' es ist mal 'was anderes ..." Er reichte Zoe das grüne Buch und lächelte erfreut.

Diese nahm es nur zaghaft in die Hände und antwortete: „Ja, das ist es allerdings!"

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