Geheimnisse und Osterleckereien
Zoe entschied sich dazu, die letzte Nachricht ihres Vaters einfach zu ignorieren und beruhigte sich stattdessen immer wieder mit der Tatsache, dass ihr Großvater Professor Snape vertraute. Das war alles, was sie wissen musste.
Schon am Sonntagmorgen, nach dem Frühstück, stieg Zoe mit ihren Gryffindorfreunden hinauf in die Eulerei, um den Brief von Ron an Percy zu versenden.
„Ich bin sehr gespannt darauf, was er antworten wird", sagte Zoe, als Harry dabei zusah, wie er Hedwig zum Fenster trug.
„Denke nicht, dass wir etwas aus ihm herausquetschen können", sprach Ron nachdenklich.
Im Anschluss gingen sie hinunter in die Küche, damit Harry Dobby die Socken schenken konnte, die er gestern in Hogsmeade gekauft hatte.
Der Empfang war üblich freudig und überschwänglich. Die Elfen fragten nach ihrem Teewünschen und zogen sich verbeugend zurück, um diesen zu erfüllen.
Als Harry das Geschenk aus seiner Tasche zog, füllten sich Dobbys große runde Augen mit Tränen und er nahm das Päckchen mit zittrigen Fingern entgegen.
„Harry Potter ist viel zu gut zu Dobby!", fiepte er heiser und Zoe ging das Herz bei dem Anblick der Freude auf, die der Elf empfand.
„Du hast mir mit diesem Dianthuskraut das Leben gerettet, Dobby, und das meine ich ernst", sprach Harry sofort.
„Habt ihr vielleicht noch ein Eclair übrig?", fragte Ron einen vorbeigehenden Elfen.
Dieser verbeugte sich tief und lief sofort davon.
„Du hast doch eben erst gefrühstückt!", tadelte Hermine ihren Freund und sah den Elfen dabei zu, wie sie eine große silberne Platte mit Eclairs herantrugen.
„Wir brauchen auch noch was zu futtern für Schnuffel", sagte Harry nachdenklich und Zoe nickte nur.
„Gute Idee", bestätigte Ronald. „Dann hat Pig wenigstens was zu tun."
„Du willst doch nicht dem armen kleinen Vogel ein Fresspaket anhängen", meinte Zoe ungläubig und sah Ron an.
„Warum nicht?", erwiderte er mit vollem Mund. „Das kräftigt die Flügel! Habt ihr vielleicht noch was zum Mitnehmen für uns?"
Die Elfen um sie herum verneigten sich erneut eilig und wuselten hastig davon. Hermine schüttelte genervt den Kopf und fragte schließlich: „Dobby, wo steckt Winky?"
Der Hauself deutete auf eine Küchenhexe an der Wand und antwortete betrübt: „Winky ist dort drüben beim Herd, Miss."
Hermine ging zu der Stelle, zu der Dobby gedeutet hatte und der geschockte Ausdruck in ihrem Gesicht veranlasste Zoe ihr zu folgen.
„Meine Güte", flüsterte Hermine entsetzt.
Zoe trat an ihre Seite und brauchte einige Sekunden, bevor sie Winky erkannte. Sie saß auf einem kleinen Schemel neben dem Herd und die Slytherin dachte zunächst, dass es sich dabei um einen Haufen Lumpen handelte. Ihre Kleidung hatte beinahe die Farbe, der rußgeschwärzten Ziegelwand, hinter ihr, angenommen. Das einstige Hellblau war von all den Flecken nicht mehr zu erkennen und sie sah schlimmer aus, als jeder Landstreicher, den sich Zoe jemals vorgestellt hatte.
In den kleinen Händen hielt sie eine Flasche Butterbier, von denen sie immer wieder, zwischen ihrem Schluckauf, trank.
„Winky ist inzwischen bei sechs Flaschen am Tag", flüsterte Dobby, der zusammen mit Harry neben sie trat.
Harry runzelte die Stirn und erwiderte: „Na ja, das Zeug ist nicht besonders stark."
„Für einen Hauselfen ist es stark, Sir", erklärte Dobby und schüttelte den Kopf, dass seine Ohren schlackerten.
Zoe fiel auf, dass die Elfen um sie herum Winky missbilligende Blicke zuwarfen und sich von ihr abwendeten. Es schien gerade so, als sei Winky für sie ein Schandfleck geworden.
Dobby betrachtete die Elfe traurig und sagte: „Winky hat Sehnsucht, Harry Potter. Winky will nach Hause. Winky glaubt immer noch, dass Mr Crouch ihr Meister ist, Sir, und Dobby kann sagen, was er will, sie wird nie Professor Dumbledore als ihren neuen Meister annehmen."
Mitleidig sah Zoe auf das kleine hicksende Bündel neben dem Ofen an. Harry ging vor der Elfe in die Hocke und sprach: „Hey, Winky, Du weißt nicht zufällig, wie es Mr Crouch geht? Er lässt sich nämlich als Richter beim Trimagischen Turnier nicht blicken."
Die Ohren der Elfe spitzten sich sofort beim Klang des Namens und sie richtete sich ein wenig auf, um Harry besser sehen zu können.
„M-meister kommt – hicks – nicht mehr?", fragte sie lallend.
„Nein", antwortete Harry, „wir haben ihn seit der ersten Runde nicht mehr gesehen. Der Tagesprophet schreibt, er sei krank."
Winkys Augen wurden groß und sorgenvoll.
„Meister – hicks – krank?"
„Aber wir sind nicht sicher, ob das stimmt", warf Hermines sofort ein.
Das schien die Elfe jedoch nicht zu beruhigen.
„Meister braucht seine – hicks – Winky!", wimmerte sie. „Meister kann nicht – hicks – alles – hicks – allein schaffen ..."
Hermine schnalzte ungeduldig mit der Zunge und sagte: „Andere Leute schaffen es sehr wohl, ihre Hausarbeit selbst zu erledigen, Winky."
Zoe stieß ihrer Freundin unsanft den Ellenbogen in die Rippen.
„Aua!", brachte Hermine hervor, „was denn? Das stimmt doch!"
„Winky – hicks – ist nicht die Einzige – hicks – die im Haus von Mr Crouch arbeitet!" Sie nahm einen tiefen Schluck Butterbier. „Meister – hicks – vertraut Winky – hicks – das Wichtigste – hicks – das Geheimste an-"
„Was denn?", fragte Harry.
Winkys Augen wurden erneut groß und als sie sich aufrichtete, besudelte sie sich mit Butterbier.
„Winky bewahrt – hicks – die Geheimnisse ihres Meisters", sprach sie sofort und sackte schwankend wieder gegen die Wand, behielt Harry jedoch misstrauisch im Auge. „Du – hicks – du willst spionieren, du."
Dobby drängte sich plötzlich wütend zwischen die beiden und schimpfte: „So darf Winky nicht zu Harry Potter sprechen! Harry Potter ist edel und tapfer und Harry Potter spioniert nicht!"
„Er will – hicks – das ganz geheime Geheimnis – hicks – meines Meisters – hicks – ausspionieren – hicks – Winky ist eine gute Hauselfe – hicks – Winky ist stumm wie ein Fisch – hicks – wenn jemand kommt und – hicks – stöbert und schnüffelt – hicks-"
Sie sackte ein bisschen in sich zusammen und blinzelte verzweifelt, doch nach ein paar Sekunden blieben ihre Augenlider zu. Sie schnarchte einmal, dann glitt sie vom Stuhl und die Flasche Butterbier rollte über den Boden.
Sofort kamen einige Elfen angelaufen, um Winky mit einem karierten Tischtuch wie mit einem Leichentuch abzudecken. Dann trat eine kleine Elfe zu ihnen und sagte schuldbewusst: „Verzeihung bitte, dass Sie so etwas mit ansehen mussten, Sirs und Miss'! Wir hoffen, dass Sie uns nicht nach Winky beurteilen, Sirs und Miss'!"
Hermine klappte vor Empörung der Mund auf und sie sagte: „Sie ist unglücklich! Warum deckt ihr sie einfach zu und versucht nicht mal, sie aufzumuntern?"
„Ich bitte um Verzeihung, Miss", erwiderte die Elfe und machte eine tiefe Verbeugung, „aber Hauselfen haben kein Recht, unglücklich zu sein, wenn Arbeit zu tun ist und ihre Meister bedient werden müssen."
„Oh, um Himmels willen!", rief die Gryffindor wütend aus.
„Hermine!", versuchte Zoe ihre Freundin zu ermahnen, doch sie war zu aufgebracht.
„Hört mir mal gut zu, ihr alle! Ihr habt genauso gut das Recht wie Zauberer, unglücklich zu sein! Ihr habt ein Recht auf Bezahlung und Urlaub und richtige Kleidung", sagte sie. „Ihr müsst nicht alles tun, was man euch sagt – schaut euch Dobby an!"
Dobby wich mit betretener Miene zurück und bat leise: „Miss, bitte halten Sie Dobby da raus."
Die Küchenelfen reagierten flink und noch bevor Hermine hätte fortfahren können. Sie trugen weiteres Essen heran und drängten die vier dann energisch zum Gehen.
„Hier ist noch viel mehr zu essen!", fiepte einer der Elfen während man ihnen etliche Kuchen, Obst und sogar einen großen Schinken in die Arme drückte. „Auf Wiedersehen!"
Sie wurden Richtung Ausgang gedrückt und Dobbys Stimme rief ihnen nach: „Danke für die Socken, Harry Potter!"
Sekunden später standen sie wieder im Korridor.
Die Tür fiel hinter ihnen zu und Rons Blick schien Hermine geradezu zu erdolchen.
„Hättest du nicht wenigstens einmal den Mund halten können, Hermine?", fragte er wütend. „Die wollen uns sicher nie wieder hier unten sehen! Wir hätten vielleicht noch mehr über Crouch aus Winky rauskitzeln können!"
„Oh, als ob dich das kümmern würde!", fauchte Hermine zurück. „Du kommst doch nur wegen des Essens hier runter!"
Der Streit war der Auslöser der angespannten Stimmung, die den Rest des Tages zwischen Ron und Hermine herrschte. Auch während der gemeinsamen Hausaufgaben gifteten sich die beiden ständig an und irgendwann war es selbst Harry zu viel geworden. Als die Streithähne in eine neue Diskussion vertieft waren, stand er auf und sagte leise: „Ich bring das Fresspaket in die Eulerei."
„Ich komm mit!", sprach Zoe sofort und schloss sich ihm an.
Harry warf sich das Bündel, das sie gepackt hatten, über die Schulter und gemeinsam ließen sie Ron und Hermine zurück, die offenbar nicht einmal Notiz davon genommen hatten. Als sie alleine waren, sagte Harry: „Echt anstrengend, die beiden. Ich musste jetzt einfach weg."
„Ach, so schlimm war's doch gar nicht", erwiderte Zoe munter.
„Du bist ja nicht ununterbrochen mit ihnen zusammen!", gab Harry lachend zurück und sagte dann etwas ernster: „Was meinst du? Welches Geheimnis hat Mr Crouch zu verbergen?"
„Vielleicht so 'was Belangloses, wie zum Beispiel, dass er fälschlicherweise einen Brief öffnet, ohne den dafür vorgesehen Brieföffner zu benutzen ..."
„Das würde Percy sicher verrückt machen."
Die beiden lachten miteinander.
„Ich hab mich das schon gefragt. Vielleicht hat es auch mit dem Einbruch in Professor Snapes Büro zu tun", spekulierte Zoe. „Was ist, wenn er nicht da drin war, um zu kundschaften, sondern weil er sich etwas Bestimmtes beschaffen wollte?"
„Eine Zaubertrankzutat?"
„Möglich. Vielleicht auch etwas anderes ..."
„Das habe ich ehrlich gesagt, noch gar nicht in Betracht gezogen", gab Harry zu.
Zoe schmunzelte und antwortete: „Ich weiß ..."
„Aber was könnte Snape in seinen Besitz haben?", fragte Harry nach einer Weile.
„Das frage ich mich bereits die ganze Zeit. Es könnte alles sein ... Wenn Winky uns wenigstens einen Hinweis gegeben hätte ..."
„Darauf können wir sicher ewig warten."
Sie stiegen die Stufen zur Eulerei hoch und als sie hineingingen kamen ihnen zwei Hufflepuffmädchen heftig kichernd entgegen. Sie verstummten, als Zoe mit Harry eintrat und grüßten diese schließlich knapp, bevor sie verschwanden.
Harry rief Pigwidgeon herbei und Zoe sah besorgt auf den zierlichen Vogel, der kleiner war, als der Schinken, den Harry eingepackt hatte.
„Wir sollten ihm etwas Unterstützung mitgeben, meinst du nicht?", sagte sie und Harry stimmte zu.
Schließlich konnte er zwei hogwart'sche Habichtskäuze dazu bringen, das Bündel gemeinsam mit Pigwidgeon auszutragen. Sie blieben am Fenster stehen, um den Eulen nachzusehen, die in der Dämmerung ein seltsames Flugobjekt abgaben.
Zoe betrachtete die Ländereien unter sich und vergaß für einen Augenblick Harrys Anwesenheit. Die Beauxbaton-Kusche lag im Schatten des Verbotenen Waldes und nicht fern von ihr grasten die Palominos in ihrem Paddock. Das Durmstrang-Schiff wiegte sich sanft in den zarten Wellen des Sees und die Lichter in Hagrids Hütte waren alle erloschen. Hagrid war mit Gartenarbeit beschäftig, doch bei genauerem Hinsehen, erkannte Zoe eine weitere Person.
„Sieh mal da", sagte sie zu Harry und deutete mit dem Finger hinab.
„Ist das Madame Maxime?", fragte er.
„Denke schon."
Sie beobachteten, wie die beiden sich eine Weile unterhielten. Doch dann ging die Schulleiterin zurück zu ihrer Kutsche und Hagrid wuselte weiter.
„Ob sie sich ausgesöhnt haben?", fragte Harry hoffnungsvoll.
„Vielleicht", antwortete Zoe abwesend.
Ihr Blick war auf die Peitschende Weide gefallen und just ergriff sie Sehnsucht. Ihr Dad war nur einen Ort von ihr entfernt und doch unerreichbar für sie.
„Stell dir vor, Sirius verstecke sich wieder in der Heulenden Hütte", meinte sie wehmütig. „Dann könnten wir jetzt einfach unter deinen Tarnumhang schlüpfen, um ihn zu besuchen."
„Ja ... das wäre schön ...", sagte Harry. „Aber auch viel zu gefährlich. Wer weiß, was sich das Ministerium ausgedacht, nachdem sie erfuhren, dass es sein Versteck war."
Zoe nickte bestätigend.
„Wenn ich diese Träume habe", begann Harry nach einer Weile, „und ich Wurmschwanz sehe, dann hoffe ich jedes Mal darauf, dass er irgendwann gefasst werden wird."
„Du hast sie immer noch?", hakte Zoe nach.
„Gelegentlich."
„Er wird bestimmt irgendwann gefasst werden", sagte Zoe leise.
„Jah ... und stell dir mal vor, dann können wir bei Sirius einziehen!"
Im Gesicht der Slytherin bildete sich augenblicklich ein herzliches Lächeln. Wie oft hatte sie sich das schon ausgemalt. Zusammen mit ihrem Dad und Harry in einem schönen kleinen Haus auf dem Land zu wohnen und das Leben zu genießen. Dann wären ihre Sommerferien nicht mehr von Einsamkeit oder Langeweile geprägt.
„Ja", sagte sie glücklich, „und wir könnten Ausflüge machen und Picknicks!"
„Außerdem würden uns Ron und Hermine besuchen!"
„Wir wären ... dann wie eine richtige Familie ...", fügte Zoe hinzu und nun bildete sich auch ein Lächeln auf Harrys Lippen.
Der Slytherin wurde augenblicklich bewusst, dass Harry die Muggel, bei denen er lebte, nie als liebende Familie wahrgenommen hatte. Einen Moment lang sahen sie einander nur lächelnd an. Schauten die dunklen blauen Augen, in die leuchtend grünen und für diesen kurzen Augenblick, fühlte es sich tatsächlich nach Familie an. Dann hörten sie jedoch Schritte hinter sich und wandten sich zeitgleich um, aber es war nur ein älterer Ravenclaw, der einen Stapel Briefe in der Hand hielt und nach einer Eule suchte. Zoe und Harry nickten ihm knapp zu und verließen schweigend die Eulerei.
„Ich hab ja eigentlich noch gar keine Lust zurück in den Turm zu gehen", sagte Harry und biss sich auf die Lippen.
„Sollen wir noch 'ne Runde spazieren gehen?", schlug Zoe vor. „Sag mal, kennst du den Wandteppich von Barnabas den Bekloppten?"
Harry runzelte die Stirn, bevor er antwortete: „Ist das der im siebten Stock?"
„Genau, der den Trollen Ballett beibringen möchte."
„Was gibt's da zu sehen?"
Zoe schmunzelte und meinte: „Wenn man ihn lange genug in ein Gespräch verwickelt, ziehen ihm die Trolle eins mit der Keule über."
Harry grinste schief.
„Auf was warten wir dann noch?"
Kichernd ging Zoe voraus und so ließen sie den Abend mit einem Spaziergang ausklingen.
Als Zoe am nächsten Morgen mit Tracey und Daphne beim Frühstück saß, war es noch ruhig in der Großen Halle.
„Wie war's eigentlich in Hogsmeade?", wollte Zoe an Tracey gewandt wissen.
„Geht so", gab die Halbblütige zurück und goss sich und Zoe ein Glas Saft ein. „Blaise und ich ... wir bleiben Freunde."
„Oh", sagte Zoe mitfühlend.
„Und wie war es bei dir?", fragte Daphne kurz darauf. „Was habt ihr gemacht?"
Zoe erzählte ihnen von dem Ausflug, dem Besuch im Besenknecht und ihrem Dorfspaziergang.
„Ihr habt Socken für einen Hauselfen gekauft?", hakte Daphne perplex ein.
„Ja, Dobby ist ein freier Elf und er liebt schrille Kleidungsstücke." Daphne bedachte Zoe mit einem Ausdruck klaren Unverständnisses.
Dass es sich bei Dobby um den ehemaligen Hauselfen der Malfoys handelte, ließ Zoe lieber unerwähnt. Während sich die Große Halle allmählich füllte, verglich Tracey ihre Arithmantikhausaufgaben mit denen von Zoe und korrigierte ihre Notizen.
Nach dem Frühstück gingen sie hinaus und während sie Hagrids Hütte ansteuerten, hofften sie alle darauf, dass der Wildhüter ihnen nicht das nächste Monster vorsetzte. In der letzten Stunde hatte er bereits verkündet, dass das Thema Einhörner beendet war und Zoe fürchtete, dass er nun in alte Muster zurückfallen könnte.
Theodore schloss sich ihnen an, als sie sich vom Tisch erhoben. Draco, bei dem auch Blaise saß, war noch in ein Gespräch mit der kichernden Pansy vertieft und Zoe war froh darum, sie nicht in der Nähe zu haben. Seit sie für die Hexenwoche das Interview gegeben hatte, lästerte Pansy in Zoes Anwesenheit ständig über Hermine. Zoe hatte sich zwar vorgenommen, die Kommentare einfach zu ignorieren, doch das bedurfte manches Mal an eiserner Geduld.
Ihre Stimmung wurde noch ein bisschen schlechter, als sie von weitem schon die hölzernen Kisten neben Hagrid erblickte und auch ihre Freundinnen fürchteten, dass Hagrid sich eine neue Ladung Kröter bestellt hatte. Doch als sie ihn erreichten und endlich hineinspähen konnten, befanden sich darin recht putzig wirkende Wesen mit flaumig schwarzem Fell.
„Sind das Niffler?", fragte Daphne verblüfft.
„Gut, Daphne!", brummte Hagrid fröhlich. „Fünf Punkte für Slytherin, aber wartet noch auf die and'ren! Hab mir 'was für euch ausgedacht!"
Gespannt warteten sie darauf, dass die Klasse vollzählig wurde. Zoe sah den Nifflern währenddessen dabei zu, sie sie übereinander krabbelten und ihre schaufelförmigen Vorderbeine wie Maulwürfe nutzten. Harry und Ron waren die Letzten, die ankamen und Zoe fiel gleich auf, dass Hermine fehlte.
Hagrid begrüßte sie und forderte die Schüler auf, sich in einem Halbkreis vor den Kisten zu versammelt. Dann begann er zu erzählen: „Das sind Niffler. Man findet sie meist unten in Bergwerksstollen. Sie steh'n auf Glitzerzeug-"
Pansy schrie plötzlich panisch auf. Neugierig hatte sie nach den glänzenden Fellen der Niffler gegriffen und einer von ihnen war hochgesprungen und versuchte ihr nun – zum allgemeinen Amüsement – die goldene Uhr vom Arm zu beißen. Doch sie schaffte es in kurzer Zeit, ihn abzuschütteln und trat hastig ein paar Schritte zurück.
„... da seht ihr's", sagte Hagrid schmunzelnd. „Nützliche kleine Schatzsucher sind se. Dachte, wir machen uns heut 'nen lustigen Vormittag mit denen. Seht ihr das dort drüben?" Er nickte zu seinem Garten, wo ein großes frisch gepflügtes Feld brach lag. „Ich hab dort 'n paar Goldmünzen vergraben. Wessen Niffler nachher die meisten Goldmünzen ausgräbt, kriegt von mir 'nen Preis. Ihr müsst nur eure Wertsachen ablegen, dann sucht ihr euch 'nen Niffler aus und macht euch bereit, sie loszulassen."
„Tolle Idee, Hagrid!", sagte Zoe sofort und zog sich den schmalen Goldring vom Finger, den Sirius ihr vor einem Jahr geschenkt hatte.
Hagrid schenkte ihr ein herzliches Lächeln. Dann beaufsichtigte er die Entnahme der Niffler.
Auch Zoe nahm sich einen der langschwänzigen Wesen aus der Kiste und war überrascht über dessen samtenes Fell. Es schimmerte im Licht wie Eisenglanz: Weder richtig schwarz, noch richtig silbrig. Das Tierwesen war etwa so groß, wie ein kleiner Laib Brot und je länger sie ihn im Arm behielt, desto weniger wollte sie den Niffler in die dreckige Erde setzen.
„Wartet mal da ist noch 'n Niffler übrig ...", stocke Hagrid und sah sich um, „wer fehlt hier? Wo ist Hermine?"
„Sie muss sich verarzten lassen", sagte Ron und fügte leise hinzu: „Erklären wir dir später."
Zoe drückte erschrocken ihren Niffler an die Brust, wartete bis die anderen zum Feld gegangen waren, und hakte dann nach „Was ist passiert?"
„Sie hat Drohbriefe bekommen und in einem war Bubotubler-Eiter drin, der ihr auf die Hände gespritzt ist", erklärte Harry leise.
„Was?", rief Zoe ungläubig aus, „aber von wem?"
„Den Leserinnen der Hexenwoche", sagte Ron. „Da waren richtig üble Briefe dabei ..."
Die Slytherin sah ihre beiden Freunde fassungslos an, doch es blieb nicht viel Zeit zum Reden, denn Hagrid rief sie herbei, damit sie alle denselben Start hatten.
Es folgte die mit Abstand beste Stunde, die sie je in diesem Fach erlebt hatten. Nachdem sie ihre Niffler auf den Boden setzten, sprangen diese in die Erde, als wäre es Wasser. Kreuz und quer gruben sie sich durch das Feld und immer dann, wenn sie ein Goldstück fanden, brachten sie es zu der Person zurück, die sie abgesetzt hatten, spukten die Münze aus und verschwanden erneut im Erdreich.
Rons Niffler war besonders flink. Immer wieder hüpfte er aus der Erde, spukte Ron die Galleonen in die Hand und verschwand wieder im Dreck. Der Gryffindor strahlte vor Begeisterung von einem zum anderen Ohr.
„Kann man die auch als Haustiere kaufen, Hagrid?", fragte er euphorisch und ließ die Münzen in seiner Hand klimpern.
„Da wär deine Mum aber nich so glücklich, Ron", meinte Hagrid grinsend, „die bringen ganze Häuser zum Einsturz, diese Niffler. Ich schätze, sie haben jetzt fast alle."
Er ging einmal um das Feld herum, in dem die Tierwesen noch immer eifrig am Graben waren und fügte hinzu: „Ich hab doch nur hundert Münzen vergraben. Oh, da bist du ja, Hermine!"
Zoe folgte seinem Blick und sah, wie ihre Freundin mit bandagierten Händen über den Rasen auf sie zukam. Sie sah hundeelend aus und Zoe hatte sofort Mitleid mit ihr.
„Wie geht es dir?", fragte Zoe, doch Hermine tat ihre Bemerkung mit einem Kopfschütteln und einem leisen „Später" ab.
Zoe betrachtete ihre Freundin sorgenvoll. Ihre Augen waren gerötete und sie mied den Blick zu den Slytherins.
Hagrid brummte und sagte dann: „Gut, schauen wir mal, wie ihr abgeschnitten habt! Zählt eure Münzen! Und es hat keinen Zweck zu stehlen, Goyle", mahnte er und sah mit strengem Blick zu dem Slytherin herüber, der sich gerade über Nevilles Galleonen hermachen wollte. „Das ist Leprechan-Gold. Löst sich nach'n paar Stunden auf."
Zoe hatte vier Galleonen in der Tasche, während Ronald sogar dreizehn zählte. Für diesen eindeutigen Sieg erhielt er von Hagrid einen großen Schokoladenriegel aus dem Honigtopf.
Pünktlich zum Glockengeläut hob Zoe ihren Niffler aus der Erde und streichelte ihm über den Pelz. Überrascht stellte sie fest, dass sein Fell sauber und ohne Erdkrümmel war und wie zu Beginn des Unterrichts schimmerte.
Die meisten Schüler hatten beim Läuten ihre Taschen geschnappt und schlugen den Weg hinauf zum Mittagessen ein. Zoe jedoch blieb mit ihren Gryffindorfreunden zurück und gemeinsam halfen sie Hagrid dabei, die Niffler wieder in die Kisten zu packen.
„Was hast du mit deinen Händen gemacht, Hermine?", fragte Hagrid besorgt, nachdem sie unter sich waren.
Hermine blinzelte heftig und brauchte ein paar Sekunden, bis sie erzählte: „Ich hab' heute Morgen jede Menge Hasspost bekommen. Von Leuten, die den Artikel in der Hexenwoche lasen und sie haben mir gedroht ... und in einem Umschlag ... war Bubotubler-Eiter."
Nachdem sie geendet hatte, lief ihr doch noch eine dicke Träne die Wange herab und Zoe legte ihrer Freundin tröstend einen Arm um die Schulter.
„Aaach, mach dir keine Sorgen", sprach Hagrid milde und lächelte sie aufmunternd an. „Nach dem, was diese Rita Kimmkorn über meine Mutter geschrieben hat, hab ich auch'n paar von diesen Briefen gekriegt: ‚Du bist ein Monster und man sollte dich erlegen.' – ‚Deine Mutter hat unschuldige Menschen getötet, und wenn du nur einen Funken Anstand hättest, würdest du in den See springen.'"
„Nein!", rief Hermine entsetzt.
„Das ist ja schrecklich!", beteuerte Zoe.
„Ja", meinte Hagrid und trug die Kisten mit den Nifflern zu seiner Hütte. „Sind doch nur Spinner, Hermine. Wenn du noch mehr von diesen Briefen kriegst, mach sie bloß nicht auf. Wirf sie einfach ins Feuer."
Hagrid ließ sie erst aufbrechen, nachdem Hermine ihm versprochen hatte, alle zukünftigen Briefe zu entsorgen. Als die Vier dann auf dem Weg zum Schloss waren, erkundigte Hermine sich nach dem, was sie versäumt hatten.
„Da hast du mal eine wirklich gute Unterrichtsstunde verpasst", sagte Harry und Zoe fügte hinzu: „Es hat auf jeden Fall richtig Spaß gemacht."
Ron blieb stumm und Harry runzelte die Stirn.
„Sind doch toll, diese Niffler, oder, Ron?", fragte er.
Der Rothaarige gab jedoch noch immer keine Antwort und starrte stattdessen nur auf den Schokoladenriegel in seinen Händen.
„Was ist los?", wollte Harry wissen. „Stimmt was nicht mit der Schokolade?"
„Nein", antwortete Ron grob und sah Harry böse an. „Warum hast du mir nichts von dem Gold erzählt?"
„Welchem Gold?", fragte Harry.
„Von dem Gold, das ich dir bei der Quidditch-Weltmeisterschaft gegeben hab", sagte Ron. „Dem Leprechan-Gold für mein Omniglas. In der Ehrenloge. Warum hast du mir nicht gesagt, dass es sich aufgelöst hat?"
Hermine warf einen nervösen Blick von Harry zu Ron. Der Schwarzhaarige brauchte allerdings ein paar Sekunden länger, bis er verstanden hatte, worauf sein Freund hinaus wollte.
„Oh ...", meinte er allmählich. „Keine Ahnung ... hab gar nicht bemerkt, dass es verschwunden ist. Ich hab mir eher Sorgen um meinen Zauberstab gemacht, verstehst du?"
Ronald schnaubte und folgte den anderen die Treppe zum Schloss hinauf.
Zoe ließ ihre Hand unmittelbar in ihre Tasche gleiten und nahm eine der goldenen Galleonen hervor. Sie sahen wirklich verblüffend ähnlich aus. Nur ein Kobold konnte vielleicht erkennen, dass dies kein echtes Gold war.
Sie folgte ihren Freunden an den Gryffindortisch, an dem sich Ron brummend niederließ und grummelte: „Muss schön sein so viel Geld zu haben, dass du nicht einmal merkst, wenn eine Tasche voll Galleonen einfach verschwindet."
Harry ließ verärgert sein Besteck fallen und sah Ronald ernst an.
„Hör zu, ich hatte in dieser Nacht andere Dinge im Kopf!", erklärte er genervt. „Wir alle, weißt du noch?"
„Ich wusste nicht, dass sich Leprechan-Gold auflöst", sprach Ron so leise, dass es fast vom Geklimper des Geschirrs um sie herum übertönt wurde. „Ich dachte, ich hätte bezahlt, was ich dir geschuldet hab. Du hättest mir diesen Chudley-Cannons-Hut nicht zu Weihnachten schenken sollen."
„Vergiss es, ja?", sprach Harry deutlich.
Zoe mied den Blick auf den Weasley und konzentrierte sich auf ihre Bratkartoffeln. Es tat ihr furchtbar leid, dass ausgerechnet die Familie, die sie als warmherzig und gutmütig kennen gelernt hatte, so wenig Gold zur Verfügung hatte. Zoe schnitt Hermines Roastbeefs und Yorkshire Pudding klein, weil diese kaum mit Messer und Gabel umgehen konnte und rüffelte die Jungs dann.
„Könnt ihr beiden mal aufhören zu streiten? Ich weiß nicht, ob wir nochmal einen Drachen besorgen können ..."
Hermine grinste heimlich, Ron und Harry jedoch schien der Einwand nicht zu interessieren.
Rons „Ich hasse es, arm zu sein" gingen ihnen allen ans Herz.
Zoe tauschte einen traurigen Blick mit Harry und Hermine.
„Alles Unsinn", sprach Ron leise zu seinen Kartoffeln. „Ich mach Fred und George jedenfalls keinen Vorwurf, weil sie versuchen, nebenher ein wenig Geld zu verdienen. Wenn ich's nur selbst könnte. Wenn ich nur einen Niffler hätte."
Hermine versuchte die Stimmung zu erheitern, indem sie sagte: „Schön, dann wissen wir ja, was wir dir das nächste Mal zu Weihnachten schenken."
„Hoffentlich darf ich ihn auch mal knuddeln", meinte Zoe und stupste Ron, der neben ihr saß an.
Doch das alles schien Ronald nicht aufzumuntern.
„Komm schon, Ron", sagte Hermine plötzlich ernster, „dir geht's nicht schlecht. Wenigstens sind deine Finger nicht voller Eiter. Ich hasse diese Kimmkorn-Tante!", meinte Hermine plötzlich zornig und überraschte damit alle am Tisch sitzenden. „Das zahl ich ihr heim, und wenn es das Letzte ist, was ich tue!"
Hermine beherzigte Hagrids Rat und öffnete keinen der Briefe mehr. Allerdings kamen bereits am nächsten Tag schon die ersten Heuler und nachdem einer von ihnen am Gryffindor-Tisch explodierte und sich lauthals über die angebliche Dreiecksgeschichte Harry-Krum-Hermine brüskierte, wusste die ganze Schule davon.
Zoe hätte Pansy, die gerade giggelnd und kichernd bei Millicent und Draco saß, am liebsten einen heftigen Furunkel-Fluch aufgehalst.
Dieser Artikel hatte zudem auch Auswirkungen auf Harry. Ständig musste er neugierigen Leuten erzählen, dass er mit Hermine nur befreundet war, doch die meisten von ihnen wollten dies gar nicht hören. Die angebliche Wahrheit aus der Hexenwoche klang viel attraktiver und Zoe wurde sich noch einmal bewusst, was ihr Großvater vor einiger Zeit zu ihr gesagt hatte. Es wurde geschrieben, was die Leute lesen wollten und diese glaubten auch lieber das, was sie wollten, selbst wenn die Wahrheit auf der Hand lag.
Es war eine bittere Erkenntnis, mit der Zoe nicht zum letzten Mal Bekanntschaft machen würde.
Hermine war derweil besessen von dem Gedanken herauszufinden, wie Rita Kimmkorn ihr persönliches Gespräch belauscht hatte. Dazu hatte sie sogar Professor Moody befragt, um auszuschließen, dass die Reporterin sich nicht mit einem Tarnumhang auf das Gelände geschlichen hatte. Doch der Professor hatte ihr versichert, dass er am Tag ihrer Prüfung nichts Auffälliges bemerkt hatte, und – wenn Professor Moody das schon von sich behauptete, dann musste das wohl stimmen.
„Ich will wissen, wie sie mich und Viktor belauscht hat! Und wie sie von Hagrids Mutter erfahren hat!", sagte sie zornig, nachdem sie sich in der Pause getroffen hatten.
„Vielleicht hat sie dich verwanzt", schlug Harry vor.
Ron zog irritiert die rothaarigen Brauen zusammen.
„Verwanzt?", wiederholte er angewidert. „Wie meinst du ... Flöhe auf sie angesetzt oder so was?"
„Nein, nein", sprach Harry lachend und begann zu erklären: „Die Muggel haben so winzig kleine Mikrofone und Kameras, die man überall verstecken kann. So können sie unauffällig Aufnahmen von einem machen und damit-"
„Wollt ihr beide denn nie ‚Eine Geschichte von Hogwarts' lesen?", unterbrach Hermine den Schwarzhaarigen ungeduldig.
„Wozu denn?", sprach Ron und verdrehte die Augen. „Du kennst das Buch doch auswendig, wir müssen dich nur fragen."
Zoe schmunzelte in sich hinein und hörte kaum hin, als Hermine den Jungs zum unzähligen Mal erklärte, dass Muggeltechnik in Hogwarts nicht funktionierte. Das Schloss war eine Hochburg der Magie in der uralte und mächtige Kräfte wirkten. Elektrische Gegenstände wie Wecker, Computer oder Discmans spielten hier einfach verrückt oder funktionierten gar nicht. Als Hermine mit ihrem Vortrag geendet hatte, meinte Zoe: „Es ist vielleicht viel einfacher, als wir denken."
Erwartungsvoll sahen die Drei sie an und die Slytherin fuhr fort: „Sie hat vielleicht einen Spion hier. Denkt mal an Pansy, die wartet doch nur darauf, dass sie was an die Klatschpresse weiter geben kann."
„Aber es war niemand in unserer Nähe", beharrte Hermine, nein, Rita gebraucht einen Zauber, um uns abzuhören, sie muss ... wenn ich nur rausfinden könnte, was es ist ... und wehe, es ist gesetzwidrig, dann werd ich sie ..."
„Haben wir denn sonst keine Sorgen?", wollte Ron mürrisch wissen. „Müssen wir auch noch einen Rachefeldzug gegen Rita Kimmkorn starten?"
Hermine sah Ron mit einem tödlich geladenen Blick an, bevor sie fauchte: „Dich hab ich doch gar nicht um Hilfe gebeten! Ich mach es allein!"
Pikiert wandte sie den Jungs den Rücken zu und ging in Richtung Bibliothek davon. Als sie aus ihrer Sicht verschwunden war, sagte Ron leise: „Wetten, sie kommt mit einer Schachtel ‚Ich hasse Rita Kimmkorn'-Anstecker wieder?"
Zoe warf Harry einen vielsagenden Blick zu, schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg zum Slytherintisch.
Hermine hielt sich an ihren Vorsatz und bat keinen der Jungs um Hilfe bei ihrem Vorhaben. Zoe leistete ihr trotzdem ab und an Gesellschaft, doch die Gelegenheit tat sich immer seltener auf. In den Wochen vor den Osterferien zogen die Lehrer noch einmal mit dem Stoff an. Der Berg an Arbeitsaufträgen wurde immer größer und schon bald wurde ihr bewusst, dass sie sich auch noch in den Ferien damit beschäftigen musste.
Zusammen mit Harry packten sie regelmäßig Esspakete für Sirius und brachten sie am Abend in die Eulerei. Seit seiner letzten Botschaft hatte ihr Dad keine Nachricht mehr geschrieben und Zoe füllte ihre Briefe nur mit belanglosen Erzählungen über ihren Schulalltag und den Vorkommnissen in Hogwarts. Doch seit dem Artikel in der Hexenwoche, war auch in der Schule nichts Außergewöhnliches mehr geschehen. Eines Abends, als sich Harry und Zoe wieder zu zweit auf dem Weg zur Eulerei waren, kamen ihnen Cedric und Cho händchenhaltend und lachend entgegen. Seid der Champion die hübsche Ravenclaw aus dem See gerettet hatte, waren sie ein Paar. In Zoes Brust bildete sich ein Knoten, der ihr das Atmen erschwerte und sie grüßten die beiden nur knapp im Vorbeigehen und vermied den Blick auf Cedric. Aus den Augenwinkeln bemerkte Zoe, wie Harry ihnen nachsah, bis sie verschwunden waren, danach tat er so, als sei er mit dem Umschlag für Sirius beschäftigt, in dem stand, dass Percy noch immer nicht geantwortete hatte.
Gegen Ende der Osterferien lag dessen Brief dann jedoch endlich in einem großen Päckchen von Mrs Weasley bei. Diese hatte ihnen selbstgemachte Osterleckereien geschickt und sie in leere Dracheneihälften dekoriert. Als Ron den Inhalt an seine Geschwister verteilt hatte, kam er zurück, gab Harry und Zoe ebenfalls jeweils ein halbes Drachenei und stutzte, als er auf das sah, was im Päckchen übrig geblieben war. Etwas beschämt hob er ein hühnereigroßes Präsent aus dem Karton und seine Ohren färbten sich rot, als er sagte: „Das ist für dich Hermine ..."
Die Gryffindor betrachtete das kleine Ei geschockt, nahm es mit einem heiseren „Danke" von Ronald an und legte es vor sich auf den Tisch. Zwischen all den Dracheneihälften wirkte es noch mickriger und der traurige Blick ihrer Freundin tat Zoe in der Seele weh.
„Deine Mum liest nicht zufällig die Hexenwoche, Ron?", fragte Hermine leise.
„Doch", nuschelte Ron zurück, der den Mund bereits vollgestopft mit Karamellcreme hatte, „Aber nur wegen der Rezepte."
Zoe und Hermine sahen sich über den Tisch hinweg an und die Slytherin meinte aufmuntern: „Nimm dir von meinen Süßigkeiten, die pack ich sowieso nicht alle ..."
„Danke!", sprach der Rothaarige sofort, griff in Zoes Ei und nahm sich ein Karottentörtchen.
Die Slytherin seufzte tief, schlug Ron auf die Finger und zischte: „Ich hab Hermine gemeint!"
„Ist ja schon gut", gab Ron gereizt zurück.
„Wollt ihr nicht wissen, was Percy geschrieben hat?", fragte Harry, der den Umschlag bereits aufgerissen hatte.
„Doch, natürlich", sagte Zoe sofort, sah sich am Tisch um, an denen die anderen munter am Plaudern waren. „Lies vor!"
Harry sah sich ebenfalls um, bevor er leise vorlas: „Wie ich dem Tagespropheten andauernd mitteile, gönnt sich Mr Crouch eine wohlverdiente Ruhepause. Er schickt mir regelmäßig Eulen mit seinen Anweisungen. Nein, ich habe ihn tatsächlich nicht gesehen, aber ich denke, man wird mir zutrauen, dass ich die Handschrift meines eigenen Vorgesetzten kenne. Im Moment habe ich zu viel zu tun, um auch noch diese lächerlichen Gerüchte aus der Welt schaffen zu können. Bitte belästigt mich nicht mehr, außer wenn etwas Wichtiges anliegt. Frohe Ostern."
„Sag ich doch", meinte Ron sofort und zuckte mit den Schultern. „Von dem erfahren wir nix."
Etwas enttäuscht schrieb Zoe mit Harry an Sirius, dass sie durch Percy nichts hatten herausfinden können.
Hermine widmete derweil jede freie Minute ihrem Vorhaben, Rita Kimmkorn zu entlarven. Selbst, als die Osterferien zu Ende waren, verbrachte sie wahnsinnig viel Zeit in der Bibliothek. Doch egal, welcher Spur sie nachging, sie fand einfach nichts über magische Abhörtricks heraus. Irgendwann, als Zoe nach einer stundenlangen und erfolglosen Suche ihre Sachen zusammenpacken, schlug sie Hermine vor, noch einmal die Animagustheorie zu überdenken.
Schon zu Beginn von Hermines Recherchen, hatte die Slytherin vermutet, dass Kimmkorn sie vielleicht als keines Tier, etwa eine Maus, belauscht haben könnte. Hermine tat die Idee jedoch recht schnell ab, weil sie keinen Eintrag von ihr Animagusregister gefunden hatte.
Zoe verabschiedete sich von Hermine, die unbedingt auch die letzte Öffnungsstunde der Bibliothek ausnutzen wollte und machte sich auf den Weg in die Große Halle. Beim Abendessen war es ruhig und weil die Plätze bei Daphne und Tracey besetzt waren, gesellte Zoe sich zu Theodore. Dieser sah so aus, als könne er etwas Aufheiterung vertragen, und der Slytherin ließ eilig einen Brief in seiner Tasche verschwinden, als Zoe sich neben ihn setzte.
„Wer schreibt dir?", fragte sie neugierig, weil sie wusste, dass Theo nur äußerst selten Post bekam.
„Mein Vater", gab Theo etwas missmutig zurück.
„Gibt's was Neues von zuhause?"
„Nein", antwortete er knapp und Zoe seufzte innerlich.
Sie tat sich Essen auf den Teller und lenkte das Gespräch auf etwas Unbedarftes und seine Laune schien sich tatsächlich zu bessern. Zumindest so lange, bis Draco und seine Gang am Tisch erschienen und er schließlich wieder verstummte.
Theodore schloss sich Zoe wortlos an, als sie nach dem Essen zurück in den Gemeinschaftsraum wollte. Sie betraten gemeinsam die Eingangshalle, als die gegenüberliegende Tür, die auf die Ländereien führte, schwungvoll aufgestoßen wurde. Die beiden blieben einen Augenblick lang neugierig stehen und Zoe erkannte, dass es Hagrid und Harry waren, die von draußen hereinkamen.
„Krum ist schon in Ordnung!", sprach Harry zu dem Wildhüter, ohne von ihnen Notiz zu nehmen. „Er hat nicht versucht, mir einen Zauber aufzuhalsen, er wollte nur über Hermine sprechen-"
„Mit der werd ich auch noch'n Wörtchen reden, da kannst du Gift drauf nehmen", brummte Hagrid ernst.
„Ist etwas passiert?", fragte Zoe angespannt und sah die beiden an, die sie nun erst bemerkt hatten.
Der Wildhüter hatte den Mund bereits geöffnet, doch Harry unterbrach ihn, mit einem Blick auf Theodore, der neben Zoe stand.
„Haben eben die neue Aufgabe erfahren", sagte er, „ich erzähl's dir morgen."
Zoe sah von Hagrid zu Harry, dessen schwarzes Haar ihn noch immer an der schweißfeuchten Stirn klebte, nickte jedoch nur.
„Morgenfrüh, in der Eulerei!", sagte Harry und sah sie eindringlich an.
„Okay", antwortete die Slytherin und sah den beiden dabei zu, wie sie die Treppe zum ersten Stock erklommen und im Korridor verschwanden.
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