Fairness währt am längsten
Der erste Mensch, an den Zoe dachte, als sie an diesem Morgen die Augen aufschlug, war ihr Vater. Noch immer verschlafen erinnerte sie sich nach und nach an den vergangenen Tag und da fiel es der Vierzehnjährigen wieder brühheiß ein: Heute Nacht, hatte Harry im Gemeinschaftraum der Gryffindors mit ihrem Dad sprechen können! Sicher hatte ihr Freund nun einiges zu berichten. Eilig sprang die Slytherin aus dem Bett und zog sich leise an, um ihre Zimmergenossinen nicht zu wecken. Ein Blick auf ihren Wecker verriet, dass das Frühstück erst in zehn Minuten in der Großen Halle zur Verfügung stand und sie hoffte inständig, dass Harry schon dort sein würde.
Der Gryffindor saß allerdings noch nicht am Tisch und so setzte sich Zoe zu Hermine und Ginny, um etwas zu essen.
„Alles gut geklappt gestern, Hermine?", fragte sie ihre Freundin und versuchte dabei unscheinbar zu klingen.
„Alles wie geplant", antwortete die Gryffindor in einer Stimmlage, die um einige Nuancen höher war als normal und Ginny hob verwundert den Kopf von ihrer Müslischüssel.
„Mir fehlt nur noch der Aufsatz für Snape!", fügte Hermine hinzu und mied jeglichen Blick zu der Rothaarigen.
In der Zeit, in der Zoe gebannt darauf wartete, dass Harry endlich hinunter kam, führten sie mit Rons Schwester Smalltalk. Ginny erzählte ihr von ihrem Hogsmeadeausflug, wie es im Unterricht lief und dass sie schon gespannt auf die erste Aufgabe des Turniers war. Sie verfielen erst wieder in Schweigen, als ein lautes Rauschen das Ankommen der Posteulen verriet. Während hunderte der Vögel noch über ihre Köpfe glitten, kam eine zielstrebig auf Zoe zu und landete vor der Slytherin auf dem Tisch. Verblüfft band sie der Eule die Zeitung vom Bein und rollte eine Ausgabe des Tagespropheten aus. Dabei fiel ein kleiner Zettel zwischen den Seiten heraus, doch Zoe hatte nur Augen für das Titelblatt auf dem in großen theatralischen Lettern „Im Schatten eines großen Namen" prangte. Unter der Schlagzeile war ein Bild von einer hübschen, jungen Frau abgebildet, die nur ein paar Jahre älter sein konnte, als Zoe. Darunter stand: ‚Mehr Hintergrundinformationen über das tragische Schicksal von Gwendolyn Dumbledore, finden Sie in de Mehrseitigen-Sonderausgabe in der Mitte der Zeitung.'
„Das ist deine Mum?", fragte Hermine sofort, die Zoe über die Schulter geblickt hatte.
Auch Ginny reckte nun den Kopf.
„Ihr seht euch aber wirklich sehr ähnlich!", stellte Hermine fest. „Wo hast du diese alte Zeitung nur her."
Ginny nahm den Zettel vom Tisch, las die kurzen Zeilen und hob kritisch die Brauen.
„Von Kimmkorn?! Wirklich, Zoe ... willst du das lesen?"
Sie riss Zoe wieder in die Gegenwart zurück. Sekundenlang hatte sie einfach nur das Bild ihrer Mutter angestarrt, ohne groß nachzudenken. Und jetzt, da Ginny ihr diese Frage gestellt hatte, wusste sie nicht, ob die es wirklich tun wollte.
„Ich ... weiß nicht", gab Zoe schließlich zu.
„Also ich denke", mischte sich Hermine ein und tauschte mit Ginny einen besorgten Blick, „es wäre besser, wenn du das nicht tust. Ich weiß, Zoe, du bist sicher neugierig darauf, was drin steht, aber jetzt denk mal, was diese Kimmkorn alles über Harry geschrieben hat. Und über mich? Du kannst nicht sicher sein, dass auch nur ein Wort von dem stimmt, was da gedruckt wurde."
„Aber", versuchte Zoe zu erklären, „das ist schon Jahre her ... Dreizehn, um genau zu sein. Vielleicht hat diese Rita da noch ganz anders geschrieben!"
Hermine betrachtete sie mitleidig.
„Wenn du magst, dann lese ich es zuerst", schlug sie vor.
Doch das kam für Zoe gar nicht in Frage. Es war beinahe so – auch wenn sie nicht im Geringsten wusste, was in den Zeitungsartikeln stand – als wäre er ein intimer Einblick in ihre Seele. Zoe wollte ihn nicht mit jemand teilen, bevor sie den Inhalt nicht selbst kannte. Nicht einmal mit ihrer besten Freundin.
„Ich denke", meinte Zoe und verstaute den Propheten sorgfältig in ihrem Umhang, „ich mach mir noch ein paar Gedanken dazu ... Danke für das Angebot, Hermine."
Es traf sich, dass in diesem Moment Harry zu ihnen stieß und ihre Freundinnen ablenkte. Er grüßte sie knapp, gab vor keinen Appetit zu haben und schlug vor für einen Spaziergang hinaus zu gehen. Weder Zoe, noch Hermine glaubten einen seiner Vorwände, denn beide wussten ganz genau, dass dies nur die Gelegenheit darstellte, sich ungestört zu unterhalten. Bedacht darauf, nicht zu eilig wirken zogen sie ihre Umhänge über, verabschiedeten sich von Ginny und folgten Harry hinaus.
Als sie das Eingangsportal hinter sich ließen, liefen sie hastig den Hang hinunter zum Großen See und nachdem sich Zoe davon überzeugt hatte, dass niemand in ihrer Nähe war, fragte sie sofort: „Was hat Dad gemeint? Wie geht es ihm?"
Harry schmunzelte und Zoe zog nachdenklich die Brauen zusammen.
„Er sieht ganz gut aus. Nicht mehr so dünn und verwahrlost, wie damals in der Heulenden Hütte", erklärte der Gryffindor. „Aber er war etwas unter Zeitdruck, konnte nicht lange reden und später hat uns auch noch Ron plötzlich unterbrochen und –" Harry machte eine kurze Pause und ordnete seine Gedanken neu. „Also, im Kern hat Sirius gesagt, ich solle mich vor Karkaroff in Acht nehmen."
„Vor Karkaroff", wiederholte Hermine überrascht. „Denkt er etwa, er könnte deinen Namen in den Feuerkelch geworfen haben?"
„Möglich wär's", meinte Zoe nachdenklich, „sagtest du nicht, sein Verhalten nach der Auswahlzeremonie war so auffällig? Er hat sich doch am meisten über einen zweiten Hogwarts-Champion aufgeregt."
„Aber welchen Grund sollte Karkaroff haben, dies zu tun?", grübelte Hermine. „Und warum sollte er Hogwarts einen zweiten Champion verschaffen?", ergänzte Zoe verwundert.
„Es geht vermutlich nicht um Hogwarts", sagte Harry. „Sondern um mich."
Die Mädchen tauschten besorgte Blicke untereinander, während sie am Rand des Seeufers vorbeigingen.
„Sirius hat mir nämlich noch etwas über Karkaroff erzählt. Nämlich, dass er ein Todesser war."
Zoe sog vor Schreck die Luft ein und sah erschrocken zu Hermine, doch Harry fuhr fort: „Er glaubt, das sei auch der Grund, warum Dumbledore Moody nach Hogwarts geholt hat. Er war's nämlich auch gewesen, der Karkaroff damals nach Askaban brachte."
„Nach Askaban? Er saß in Askaban?", wiederholte Zoe ungläubig.
„Aber wie ist er dort wieder heraus gekommen?", wollte Hermine sofort wissen.
„Anscheinend hat er ein Geschäft mit dem Ministerium gemacht, indem er ihnen einige Namen von anderen Todessern genannt hat", erklärte Harry.
Hermine sah ihn vollkommen schockiert an.
„Das heißt", fasste die Muggelgeborene zusammen, „er hat sie verpetzt und dafür haben sie ihn – trotz seiner Taten – frei gelassen?"
Harry nickte nur und Hermine schauderte.
„Außerdem meinte Sirius, ich solle Krum gegenüber vorsichtig sein, weil man in Durmstrang die dunklen Künste lehrt."
„Dann ist das also nicht nur ein Gerücht", sprach Hermine und sah über den See hinweg zu dem Schiff ihrer Gastschüler.
„Nein", bestätigte Zoe, „in Durmstrang vertritt man die Meinung, dass man nur Abwehren kann, was man auch angewendet und verstanden hat. Das ist zumindest die offizielle Rechtfertigung für ihren Lehrplan. Aber zurück zu Sirius! Was glaubt er, was für einen Gund Karkaroff habe?"
Harry zuckte mit den Schultern, bevor er antwortete: „So genau hat er das nicht erklärt. Er meint nur, dass in der letzten Zeit so viele komische Dinge passieren." Er fasste sich mit der Rechten an den linken Daumen und begann aufzuzählen: „Das Auftreten der Todesser bei der Weltmeisterschaft zum Beispiel oder dem Verschwinden der Ministeriumshexe."
Sie schwiegen ein paar Sekunden und gingen gedankenverloren nebeneinander her. Dann ergriff Harry wieder das Wort: „Also ... diese Berta Jorkins ... wisst ihr noch, wo sie verschwunden ist?"
„Albanien", flüsterte die Slytherin leise und unweigerlich stellten sich Zoes Nackenhärchen auf.
„Genau", bestätigte Harry, „und er sagt auch, dass dies, den Gerüchten nach zu urteilen, der letzte bekannte Aufenthaltsort von Volde –"
Zoe war abrupt stehen geblieben und ihre beiden Freunde drehten sich verdutzt zu ihr um.
„Was ist?", fragte Hermine sofort, die den schwimmenden Blick ihrer Freundin bemerkt hatte.
„Ach nichts!", meinte sie und blinzelte schnell die Tränen weg.
„Zoe!", mahnte Hermine, überwand die letzten Schritte und legte ihr behutsam eine Hand auf den Arm.
Die Slytherin schluckte den Kloß herunter, der ihr im Hals stecken geblieben war.
„Es ist nur ..." sprach sie heiser, „naja, ihr wisst ja ... ich habe vorher auch dort gelebt ... bevor das mit meinen ... Eltern passiert ist ..."
Zoe tupfte sich mit dem Ärmel vorsichtig die Tränen aus dem Auge und gab dann Hermines Drängen nach und schritt sachte weiter.
„Das ist ein komischer Zufall ...", stellte Harry grübelnd fest, „meint ihr nicht?"
„Wenn es denn ein Zufall ist ...", sagte Hermine leise und drückte Zoe noch ein bisschen fester an sich.
„Glaubt ihr", fragte Zoe stockend, „er ist jetzt dort irgendwo?"
„Ich denke, dass Einige das vermuten", schloss Hermine.
Zoe seufzte tief, doch dann sagte sie: „Naja, solange er dort ist, ist er keine Bedrohung und wir müssen uns erst mal nur um Karkaroff kümmern."
„Nicht ganz", Harry warf stöhnend den Kopf in den Nacken. „Naja, Karkaroff ist leider nicht mein einziges Problem. Ihr wisst ja noch, dass Hagrid mich gestern kurzfristig eingeladen hat. Also bin ich zu ihm runter gelaufen und er hat mir gezeigt, was in der ersten Aufgabe dran kommt ..."
„Aber das ist gemo-", begann Hermine, doch Harry ließ sie nicht ausreden.
„Es sind Drachen!"
„Drachen?!", wiederholte Zoe lauter als gewollt.
Hermine zischte sofort maßregelnd.
„Tschuldigung!"
Der Wind rauschte durch das Schilf, das am Ufer stand, während Harry ihnen alle Einzelheiten seines nächtlichen Ausfluges erzählte. Von dem verborgenen Gehege und dass Rons Bruder Charlie dabei geholfen hatte, die Drachen aus Rumänien zu importieren.
„Deswegen hat er Hagrid in den Sommerferien besucht!", rief Zoe aus, als sie die Zusammenhänge begriff. „Dabei hat er noch so getan, als wolle er Hagrid nur wiedersehen. Die haben bestimmt nach einer geeigneten Stelle für das Gehege geschaut."
Harry zuckte nur mit den Schultern und sie schwiegen einen Moment lang betreten. Zoe konnte einfach nicht glauben, dass das wirklich real war.
„Wer hat sich die Aufgaben für dieses Turnier eigentlich ausgedacht?", fragte sie theatralisch. „Hagrid?!"
Harry lachte bitter.
„Keine Ahnung, wie ich das schaffen soll", meinte der Gryffindor verdrießlich.
„Wir werden schon eine Lösung finden", sagte Zoe und dachte fieberhaft nach.
„Also eigentlich ...", Hermine kaute nervös auf ihrer Unterlippe, „muss Harry es ja alleine schaffen ..."
„Aber Madame Maxime und Karkaroff haben die Drachen auch gesehen!", erwiderte Zoe sofort, die sich an Harrys Wort erinnerte. „Die werden ihre Champions sicher auf die Aufgabe vorbereiten! Wisst ihr noch, als Professor Moody mich neulich in sein Büro gebeten hat? Ich dachte zuerst er will mich tadeln, weil er glaubte dass wir Harry helfen sich für das Turnier vorzubereiteten, doch weißt du, was er wirklich gesagt hat?"
Hermine schüttelte nachdenklich den Kopf und Zoe fuhr fort: „Schummeln wäre eine alte Tradition beim Trimagischen Turnier! Und er meinte Karkaroff und Madame Maxime würden sicher alles versuchen, um zu gewinnen ..."
Die Gryffindor seufzte, sagte jedoch: „Dann sollten wir uns so schnell wie möglich in die Bibliothek setzten und recherchieren. Eine machbare Möglichkeit zu finden ist die eine Sache, aber Harry muss noch genügend Zeit haben den Zauber zu üben ..."
„Wenn Sirius mir doch bloß noch hätte sagen können, welchen ich benutzen soll", warf Harry dazwischen. „Es klang so, als sei es keine große Sache!"
„Ein Schockzauber vielleicht?", schlug Zoe vor.
Doch er schüttelte sofort den Kopf: „Dafür sind sie zu mächtig ... Charlie sagte, es braucht mindestens ein halbes Dutzend Zauberer, um es mit einem Drachen aufnehmen zu können ..."
„Drachenhaut ist widerstandsfähig gegenüber vieler Zauber und Substanzen", sagte Hermine lehrerhaft.
„Na dann muss man eben auf ihre Augen zielen", erklärte Zoe nachdenklich, doch Harry lachte nur.
„Das schaffe ich nie", meinte er niedergeschlagen, „es sei denn, er hält extra für einen Moment lang ganz still ..."
„Irgendwas wird uns schon einfallen", sprach Hermine und legte gedankenversunken den Kopf in den Nacken. „In der Bibliothek wird sich sicher eine passende Lektüre finden lassen."
Zoe nickte, doch dann meinte sie: „Harry, kannst du Sirius nicht einfach noch eine Eule schicken?"
„Dafür bleibt keine Zeit", widersprach Hermine, „wo immer Sirius auch gerade ist, seine Antwort wird wohl kaum schnell genug zurück sein. Wir müssen unbedingt alles daran setzen, dass Harry den Dienstag überlebt und dann können wir uns über Karkaroff Gedanken machen."
„Nun ja", sagte Zoe, nachdem sie den See bereits das dritte Mal umrundet hatten, „Irgendeine Schwachstelle werden diese Viecher ja haben. Und diese zu finden, sollte doch machbar sein!"
Nach ihrem Spaziergang gingen sie sich ohne Umwege hinauf zur Bibliothek. Zu Zoes und Hermines großer Erleichterung war Viktor Krum nicht anwesend und somit blieb auch sein Fanclub fern. Sie sammelten jedes Fachbuch aus dem Regalen, in denen Drachen selbst nur am nebensächlich erwähnt wurden, als Hermine irritiert vor einem Buch mit rotem Einband stehenblieb.
„Ist das nicht deins, Harry?", sie nickte in die Richtung des Buches, auf dessen Rücken bereits drei tiefe Kratzspuren das Obermaterial aufgerissen hatten.
„Oh und ich hab's schon vermisst, muss es bei den Hausaufgaben versehentlich eingeräumt haben."
Er zog phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind aus dem Regal und legte es zu den anderen Büchern auf seinen Arm.
„Da können wir ja auch einen Blick reinwerfen", sprach Hermine. „Ich denke, im Monsterbuch der Monster brauchen wir gar nicht erst nachzusehen ..."
„Komm drauf an", meinte Zoe leise kichernd, „wenn du wissen willst, was du dem Vieh gegen Halsschmerzen geben musst!"
Die drei lachten gedämpft und schlenderten zu ihrem Platz zurück. Hermine griff sich gleich den größten Wälzer und Zoe nahm sich Phantastische Tierwesen vor. Sie blätterte durch die ersten Seiten und warf Harry zwischendurch einen mahnenden Blick zu.
„Das hast du ja komplett vollgekritzelt ..."
„Das sind Notizen!", erwiderte Harry empört.
„Bei ‚Tierwesen der Kategorie XXXXX' steht ‚oder alles, was Hagrid mag'...", kommentierte Zoe, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.
„Ist das etwa falsch?", wollte Harry feixend wissen.
Zoe blätterte weiter. Im Kapitel Acromantula hatten sie bei der ZM-Klassifizierung zu den üblichen fünf ‚X' noch neun weitere ergänzt und die Slytherin musste Harry dabei einfach Recht geben. Ihr Blick fiel auf den letzten Absatz des Kapitels, in dem ebenfalls eine handschriftliche Notiz eingetragen war. Dort hieß es: ‚Gerüchte, wonach sich eine Kolonie von Acromantulas in Schottland niedergelassen habe, wurden bislang nicht bestätigt.'
Dabei war ‚wurde bislang nicht bestätigt' von Hand durchgestrichen und dahinter stand in leserlicher Schreibschrift: ‚bestätigt von Harry Potter und Ron Weasley'.
Zoe kicherte leise und unterdrückte den Drang ihre Feder auszupacken und ihren eigenen Namen dazuzuschreiben. Zoe blätterte weiter und hielt kurz inne, als sie den nächsten Eintrag im Kapitel ‚Basilisk' erblickte.
Dort stand: ‚In ganz Großbritannien wurde denn auch seit gut vierhundert Jahren nicht mehr vermeldet, dass ein Basilisk gesehen worden wäre.'
Und darunter in Handschrift: ‚das glaubst du wohl'.
„Ihr seid bekloppt", flüsterte Zoe kichernd und Harry, der über ihre Schulter mitgelesen hatte, grinste amüsiert.
„Wisst ihr noch, wonach wir eigentlich hier suchen?", fragte Hermine ernst und mit einem missbilligenden Blick auf beide.
„Bin schon dran!", erwiderte Zoe und blätterte eilig weiter zu ‚D' wie ‚Drachen'.
Die Slytherin seufzte als sie das mehrseitige Kapitel durchblätterte und begann den Text von vorne durchzufliegen ‚...gefährlichste aller magischer Tierwesen ... das Drachenweibchen ist im allgemein größer und angriffslustiger ... nur sehr geschickte und entsprechend ausgebildete Zauberer sollten sich einem Drachen nähern ...'
Das klang ja beruhigend.
Der Autor, Newt Scamander, beschrieb in dem Buch alle zehn Drachenarten, die sich auch untereinander kreuzen konnten. Darunter waren das Antioptische Opalauge, der Chinesische Feuerball, der Gemeine Walisische Grünling und der Norwegische Stachelbuckel.
Letzteres war mit Feder und Tinte durchgestrichen worden und man hatte den Titel durch ‚Baby Norbert' ersetzt. Das war der Moment, da Zoe sich an ihr erstes Schuljahr erinnerte, in dem Hagrid versucht hatte ein Drachenbaby in seiner Holzhütte aufzuziehen. Er hatte den Stachelbuckel ‚Norbert' getauft und das Reptil war bereits nach wenigen Tagen äußerst wehrhaft und aggressiv gewesen. Wie das wohl bei einem ausgewachsenen Drachen war?
Zoe überflog das Kapitel des Peruanischen Vipernzahns und blieb schließlich beim rumänischen Langhorn hängen. Hatte Charlie nicht in den Sommerferien erzählt, sie seien stolz auf ihre Population von Langhörnern? War das die Drachenart, gegen die Harry kämpfen musste?
„Du musst sicher gegen den Rumänischen Langhorn kämpfen", spekulierte Zoe und verkniff sich die Bemerkung, dass diese Rasse ihre Beute für gewöhnlich mit ihren langen, goldenen Hörnern aufspießte.
„Es sind verschiedene Arten", sagte Harry missmutig.
„Na toll ... Welche nur?", grübelte Zoe und Hermine legte ihr erstes Buch zur Seite.
Ungläubig murmelte sie: „Krallenschneiden mit Zauberkraft ... Behandlung von Schuppenflechte ... bringt nichts, das ist eher was für Spinner wie Hagrid, die diese Viecher auch noch aufpäppeln wollen ..."
„Also, an einen Walisischen Grünling erinnre ich mich ... und ... lass mich mal überlegen ..."
„Über den Gemeinen Walisischen Grünling steht hier was", meinte Zoe zuversichtlich und blätterte zurück.
„Und was?", wollte Harry wissen.
„‚Der Walisische Grünling harmoniert farblich gut mit den saftigen Wiesen seiner Heimat'", las Zoe vor.
Harry starrte sie ungläubig an.
„Das ist aber sehr nützlich!", sagte er sarkastisch.
Zoe verkniff sich, nach einem Seitenblick auf Hermine, ihr Gelächter und senkte den Kopf wieder zu den Buchseiten. Sie überflog das Kapitel und meinte dann: „‚Außerdem meidet er gerne Menschen, frisst keine Schafe und macht vergleichsweise wenig Probleme' ... Das sind doch mal gute Nachrichten."
„Stimmt", meinte Harry zuversichtlich, „gibt's da auch was mit Feuerball? Das hat er noch erwähnt und wie hießen die beiden anderen nochmal..."
„Einen Chinesischen Feuerball, ja. ‚Gelegentlich auch Löwendrache genannt'", erklärte Zoe und ihre Augen huschten über die Sätze. „Zwei bis vier Tonnen schwer ... und ähm ..."
„Ähm, was?"
„Er ist etwas aggressiv", versuchte die Slytherin die Beschreibung herunterzuspielen, „und frisst gerne Schweine und Menschen."
Harry lehnte sich verkrampft in seinen Stuhl zurück. Zoe beunruhigte sein Blick ein wenig.
„Okay", sprach Harry und versuchte, zuversichtlich zu klingen, „also einer ein Schmusetier, der andere nicht ... Fifty fifty Chance bisher, nicht?"
Zoe nickte nur.
„Dann schau mal, was da noch von Hornschwanz und ... irgendwas mit Kurzschnautze steht ..."
„Einen Schwedischen Kurzschnäutzler gibt es", meinte Zoe nach einer Weile. „Oh, unsere Drachenhauthandschuhe sind wohl von dieser Art ... Und hier steht: ‚hat weniger Menschen auf dem Kerbholz als die meisten Drachen'."
Dass dies der Tatsache verschuldet war, dass diese Art überwiegend in abgelegenen Bergregionen lebte, ließ Zoe, Harry zuliebe unter den Tisch fallen.
„Okay. Zwei zu eins für die Kuschelfraktion ... der Letzte!"
Zoe las das nächste Kapitel und berichtete dann: „Also ‚Ungarischer Hornschwanz' heißt die Gattung, und der kann wohl am weitesten Feuer speien. Bis zu fünfzehn Meter. Nun ja ... er mag Ziegen, Schafe und – wenn gerade greifbar – Menschen ..."
Stille folgte. Harry starrte deprimiert auf Männer, die Drachen zu sehr lieben, herab.
„Und das ist auch schon alles, was hier über Drachen drin steht", meinte Zoe, klappte Phantastische Tierwesen zu und schob es zu Harry hinüber.
„Also irgendwas Brauchbares kann ich auch nicht finden", warf Hermine von der anderen Seite des Tisches ein. „Nur, dass Drachen äußerst schwer zu erlegen sind, ‚aufgrund der uralten magischen Kräfte, mit denen ihre dicken Häute durchdrungen sind, und nur die mächtigsten Zauberer können sie brechen ...' Aber Sirius hat gesagt, ein ganz simpler Zauber würde genügen ..."
„Versuchen wir es eben mit einfachen Zauberbüchern", meinte Harry und warf das Buch vor ihm zur Seite, dass es schepperte und erhob sich.
Ängstlich sah Zoe sich um. Wenn Madam Pince sehen würde, wie Harry mit Bibliothekseigentum umging, würden sie sicher Strafarbeit folgen. Doch die Bibliothekarin hatte von alledem nichts mitbekommen. Nach einer Weile kam der Gryffindor mit einem Stapel Zauberbücher zurück und stellte sie zwischen den Mädchen auf den Tisch.
Darin fanden sie die merkwürdigsten Zauberformeln. Eine von ihnen ermöglichte es, die Fangzähne in Weingummis zu verwandeln. Der Sinn von alledem erschloss sich Zoe nicht so recht und sie kamen schließlich zu dem Entschluss, dass ein Zauberschüler der vierten Stufe wohl kaum in der Lage waren einen Drachen zu verhexen.
„Und wenn du einfach dich selbst verwandelst?", fragte Zoe leise in die Runde. „In eine Fliege oder etwas anderes, das so ein großes Tier nicht interessiert?"
„Viel zu gefährlich!", tat Hermine die Idee gleich ab. „Das Thema kommt erst sehr viel später im Unterricht und stell dir vor, was alles schief gehen könnte ..."
„Schlimmer, als wenn mich ein Drache zerfleischt?", fragte Harry trocken.
„Sag so etwas nicht!", fauchte Hermine gereizt. „Das wird nicht passieren ... uns fällt schon was ein ... Also Verwandlung fällt weg ... wie wär's, wenn du einen Zauber auf dich selbst anwendest? Um dir zusätzliche Kräfte zu verschaffen? Aber das sind jedenfalls keine einfachen Zauber, und außerdem haben wir sie noch nicht im Unterricht gehabt, ich weiß das zufällig, weil ich schon mal ein paar ZAG-Übungsblätter durchgearbeitet hab ..."
„Hermine", meinte Harry, der allmählich angespannt wirkte, als er kurz von Zaubern für Dummies aufsah. „– würdest du bitte für einen Moment den Mund halten? Ich versuch mich zu konzentrieren."
Es verging eine kleine Ewigkeit und sie kamen einfach nicht voran. Als dann auch noch Viktor Krum erschien, packten sie zusammen, denn es würde nicht lange dauern, bis sein Fanclub ebenfalls aufschlagen würde.
Verdrießlich sah der Durmstrang ihnen nach. Als sie hinaus gingen fragte sich Zoe einen Moment lang, ob er auch über die Drachen recherchieren würde.
Die Bibliothekstür war noch nichts ins Schloss gefallen, als ihnen ein Pulk Mädchen im Korridor entgegenkam, die zielstrebig die Bücherei ansteuerten.
„Was hab ich gesagt?", meinte Hermine neunmalklug, denn sie war es gewesen, die prophezeit hatte, dass sogleich die Unruhe beginnen würde.
Auch in den Tagen darauf taten sie alles was ihnen einfiel, um Harry zu unterstützen, doch allmählich kam es Zoe so vor, als würden sie auf der Stelle treten. Nachdem sie am Montagmorgen gemeinsam frühstückten, war der Gryffindor so abwesend, dass Zoe sich ernsthaft Sorgen machte. Sie hatten nun nur noch einen Tag, in dem sie ein Geistesblitz ereilen konnte.
In ihrem Kopf war Zoe alle Eventualitäten durchgegangen. Hatte eruiert, ob es eine Möglichkeit gab, Professor Snape oder gar ihren Großvater auszufragen, ohne dass sie Zoe direkt durchschauen würden. Die vergangenen Abende hatte sie in all ihre Magazine von Verwanlung Heute geblättert, die sie im Schlafsaal hatte, jedoch nichts Hilfreiches gefunden.
Als Zoe an diesem Nachmittag zum Mittagessen in die Große Halle gehen wollte, wurde sie am Eingangsportal bereits von Harry und Hermine abgefangen.
„Wir müssen ein leeres Klassenzimmer finden!", sagte Hermine außer Atem.
„Jetzt?", wollte Zoe verwundert wissen.
„Ja!" Hermine packte sie am Arm und zog sie die Treppe hoch. „Wir erklären dir alles auf dem Weg dorthin!"
Gemeinseim sprinteten sie hinauf in den Korridor des ersten Stocks und probierten dabei alle Türklinken auf ihrem Weg aus. Immer wieder kamen ihnen Schülergrüppchen entgegen, die auf dem Weg in die Große Halle waren. Einige machten sich im Vorbeigehen über Harry lustig, andere ließen einfach ihre Potter-Stinkt-Anstecker aufleuchten. Als sie die Treppe zum zweiten Stock hinaufgingen, waren sie zum ersten Mal für einen Moment alleine.
„Was habt ihr vor?", wollte Zoe wissen und versuchte eine Tür zu öffnen, doch auch sie war verschlossen.
„Ich muss den Aufrufezauber üben!", sagte Harry und drückte die nächste Klinke herunter.
„Jetzt?", fragte Zoe perplex.
„Ja. Ich muss ihn morgen Nachmittag können!", antwortete Harry und Verzweiflung lag in seiner Stimme.
„Nicht dort, Harry!", unterbrach ihn Hermine. „Das ist das Klo der Maulenden Myrte."
„Also, du meinst für die Aufgabe?" Allmählich verstand Zoe, worauf ihre Freunde hinauswollten. „Aber was willst du aufrufen?"
„Meinen Feuerblitz!"
„Deinen Feuerblitz?", wiederholte Zoe perplex. „Du willst mit einem Besen an dem Drachen vorbeikommen?"
Die Drei verstummten augenblicklich, als eine Gruppe Ravenclaws um die Ecke bog und ihnen entgegenkam.
„Hey Potter, du stinkst!", rief einer der Jungs im Vorbeigehen.
Seine Freunde lachten hämisch.
„Hör nicht hin!", sagte Hermine und sie schritten eilig an der Schülergruppe vorbei.
Erst als die Ravenclaws außer Hörweite waren, nahmen sie das Gespräch wieder auf.
„Wie bist du denn darauf gekommen?", wollte Zoe wissen.
„Moody", antwortete Harry knapp. „Er meinte, ich soll das tun, was ich am besten kann. Und da ist mir nur das Fliegen eingefallen ..."
„Professor Moody hat dir einen Tipp gegeben?", hakte Zoe misstrauisch nach und versuchte, eine weitere Tür zu öffnen. Sie war offen. „Hey, hier können wir rein!"
Die Slytherin trat in das leere Klassenzimmer ein, ging zu den Fenstern hinüber und zog die Vorhänge auf. Augenblicklich wirbelten Staubkörnchen durch die Luft und Zoe musste niesen. Sie befanden sich in einem ausrangierten Klassenraum. Den Großteil der Möbel hatte man bereits entfernt und somit hatten sie genügend Raum zum Zaubern.
„Es ist perfekt!", sagte Hermine. „Wir müssen uns nur ein bisschen Platz machen."
Sie begannen damit die restlichen Tische und Stühle rechts und links an die Wände zu schieben, so dass in der Mitte genügend Freiraum entstand.
„Wie bist du mit Professor Moody ins Gespräch gekommen?", wollte Zoe wissen, nachdem sie fertig waren.
„Er hat mich abgefangen, als ich Cedric von den Drachen erzählt hab."
„Du hast was?", fragten Hermine und Zoe wie aus einem Munde.
Harry zuckte nur mit den Schultern und antwortete: „Er hat es als Einziger nicht gewusst, das wäre nicht fair, oder?"
„Ja", sagte Zoe bewundernd, „das wäre es wirklich nicht ..."
Einen Moment sahen sie einander an und die Slytherin kam nicht umhin, für ihren Freund aufrichtige Zuneigung zu empfinden.
„Also", unterbrach Hermine die Stille, „ich würde sagen wir beginnen einfach direkt. Genügend Gegenstände haben wir hier allemal."
Die Gryffindor erklärte ihrem Freund noch einmal die Handbewegung, die er machen musste und sprach ihm deutlich die Formel vor: „Ac-cio! In Ordnung?"
Harry nickte nur, visierte einen auf dem Lehrerpult liegenden Federkiel an und sagte: „Accio!"
Der Federkiel zuckte kurz, rutschte über die Tischplatte, fiel zu Boden und blieb dort liegen. Besorgt sah Zoe zu Hermine hinüber. So schlecht hatte sie Harrys Fähigkeit nicht eingeschätzt.
„Nicht schlimm!", ermunterte die Muggelstämmige ihn sofort. „Versuch es noch einmal!"
Den ganzen Nachmittag lang, waren sie damit beschäftigt alle möglichen Gegenstände in dem Klassenzimmer aufzurufen. Irgendwann sah Zoe nervös auf die Uhr, denn der Nachmittagsunterricht würde schon bald beginnen. Harry nutzte die Unaufmerksamkeit seiner Freundin und ließ sich erschöpft auf einen der Stühle fallen.
„Ich brauch eine Pause!", beschwerte er sich und rieb sich die Schläfen.
Zoe hatte Mitleid mit ihm. Sowohl ihr selbst, als auch Hermine ging dieser Zauber mittlerweile mit Leichtigkeit von der Hand. Nur Harry – der Morgen darauf angewiesen war – schaffte es einfach nicht die Gegenstände zu sich zu rufen. Immerhin flogen sie bereits auf ihm zu, doch meistens verließ sie auf halben Weg die Kraft den Antrieb und sie fielen noch vor ihm auf den Boden.
„Konzentrier dich, Harry, konzentrier dich ...", mahnte Hermine.
„Was glaubst du eigentlich, was ich hier mache?", fauchte dieser zurück, der allmählich mit den Nerven am Ende war. „Mir schwirrt ständig ein ätzender Riesendrache im Kopf rum, ich weiß auch nicht, wieso ... gut, noch mal ... Vielleicht lasse ich einfach Wahrsagen sausen. Es ist viel wichtiger, dass ich das hier jetzt hinbekomme ..."
„Das geht nicht!", erwiderte Hermine sofort und sah bedröppelt drein. „Wir haben gleich Arithmantik. Da können wir unmöglich fehlen!"
„Vielleicht tut es dir auch mal ganz gut eine Pause davon zu machen!", meinte Zoe. „Dann klappt es später vielleicht."
„Später?!", fragte Harry panisch. „Wann soll das sein?"
„Zoe hat recht!", unterstützte Hermine sie. „Wir gehen jetzt zum Unterricht, treffen uns in der Großen Halle zum Abendessen und dann schleichen wir uns wieder hier hoch. Denk an deinen Tarnumhang, Harry!"
Der Gryffindor sah wenig überzeugt aus.
„Das schaffen wir schon", beschwor Zoe, ohne selbst ihren Worten zu glauben.
Es gelang ihnen Harry zu überzeugen und schließlich eilten sie hektisch zum Unterricht. Zoe und Hermine erreichten das Klassenzimmer von Professor Vektor kurz vor dem Läuten, was Hermine sichtlich beruhigte. Zoe schaffte es jedoch während der ganzen Stunde nicht, konzentriert zu bleiben. Angestrengt überlegte sie, was sie noch tun konnte, um Harry besser zu unterstützen. Aber eine zündende Idee wollte ihr nicht so Recht in den Sinn kommen.
Nach den Abendessen eilten sie hinaus in die Eingangshalle und warfen sich, in einem unbeobachteten Moment, den Tarnumhang über. Sie fanden das Klassenzimmer so auf, wie sie es verlassen hatten. Bis Mitternacht machte Harry allmählich kleine Fortschritte. Die Gegenstände, die er aufrief schafften es immer näher in seine Reichweite. Angesichts der großen Distanz zwischen dem Schloss und der Arena, die man für die erste Aufgabe auf dem Hogwartsgelände errichtet hatte, machte sich Zoe dennoch Sorgen. Es würde Harry ein Vielfaches an magischer Raffinesse abverlangen, als ein Buch aus dem Regal aus drei Meter Entfernung aufzurufen.
Aber die Slytherin schüttelte die düsteren Gedanken ab und unterstütze ihren Freund weiterhin bei jedem seiner Versuche.
Die drei wären zu gerne noch länger geblieben, doch kurz nach dem Glockenschlag zu Mitternacht, wurde Peeves auf sie aufmerksam. Der Poltergeist interpretierte ihre Übungen absichtlich falsch und machte sich einen Spaß daraus, Harry mit Gegenständen zu bewerfen.
Als der erste Stuhl laut durch den Raum polterte, entschieden die drei zu verschwinden. Der Lärm von Peeves würde schon bald den Hausmeister anlocken und dann waren sie in echten Schwierigkeiten.
Hermine und Harry begleiteten Zoe unter dem Tarnumhang bis vor die Mauer ihres Gemeinschaftsraumes. Die Slytherin ließ ihre Freunde nur widerwillig gehen und nahm ihnen das Versprechen ab, dass sie in ihrem Gemeinschaftsraum weiter trainieren würden. Dann schlich sie sich in ihren Schlafsaal, schlüpfte durch den Vorhang ihres Bettes hindurch und ließ sich in ihre Plumeaus fallen. Trotz all der Sorgen, die sie sich noch machte war Zoe nach wenigen Minuten eingeschlafen, denn die vergangenen arbeitsintensiven Stunden hatten sie sehr ausgelaugt.
Am nächsten Morgen war die Luft von einem spannungsgeladenen Knistern erfüllt. Der Unterricht sollte um die Mittagszeit enden, damit die Schüler genug Zeit hatten hinunter zu einem, eigens für das Turnier angelegte, Amphitheater zu gehen und sich vor dessen Beginn einen Platz suchen zu können. Überall im Schloss erklangen aufgeregtes Tuscheln und Spekulationen über den Inhalt der ersten Aufgabe. Doch Zoe hörte nicht so recht hin, in ihren Gedanken war sie bei Harry und hoffte, dass er alles heil überstehen würde.
Ihre Freunde erschienen erst spät beim Frühstück, da sie offensichtlich noch bis zum Morgengrauen geübt hatten. Hermine war optimistisch, dass Harry nun die Beschwörung bewältigen könnte. Doch die Nervosität war dem Gryffindor ins Gesicht geschrieben und er war sichtlich geistesabwesend. Als Zoe sich von ihren Freunde verabschiedete, um zu Zauberkunst zu gehen, schien er es gar nicht richtig wahrgenommen zu haben.
Konzentriert und angespannt lauschte die Slytherin Professor Flitwick, welcher der Klasse von seinem Bücherstapel aus die nächste Übung erklärte, um sich von ihren Gedanken abzulenken. Da weder Daphne noch Tracey den Streit mit ihr beigelegt hatten und Theodore zu weit von ihr entfernt saß, als das sie mit ihm hätte herumalbern können, blieben ihr auch keine Alternativen. Doch die Sorge um Harry wollte einfach nicht abreißen.
Was war, wenn der Feuerblitz nicht erscheinen würde? Der Gryffindor beherrschte zwar, laut Hermine, mittlerweile den Aufrufezauber ganz gut, doch er hatte ihn noch nicht auf eine so weite Entfernung angewandt.
Was war, wenn der Drache ihn während dieser Wartezeit schon angriff?
Würde die Jury die Aufgabe abbrechen, bevor Harry verletzt wurde?
In den vergangenen Turnieren waren immer Mal wieder Champions gestorben.
Energisch schüttelte Zoe den Kopf, um diesen Gedanken zu abzuschütteln und nach einer gefühlten Ewigkeit läutete es endlich und sie war erlöst. Eilig packte sie ihre Schulsachen zusammen, schulterte ihre Tasche und stürmte gleich als Erste aus dem Klassenzimmer.
Atemlos, weil sie ab dem Klassenraum im dritten Stock gelaufen war, kam sie schließlich am noch leeren Gryffindortisch an und sicherte sich, Hermine und Harry schon einmal Plätze. Den Appetit hatte sie jedoch durch die ganze Aufregung bereits verloren.
Als Harry zusammen mit Hermine die Große Halle betrat, fiel ihr gleich auf, wie blass er war. Nicht einmal die Provokation einiger vorbeigehender Hufflepuffs, die grinsend ihre Potter-Stinkt-Anstecker aufleuchten ließen, nahm er zur Kenntnis.
„Hey, Harry!", begrüßte Zoe den Gryffindor und versuchte aufheiternd zu klingen.
Sein knappes ‚Hi' war kaum zu hören.
„Iss noch etwas, damit du gestärkt bist", sprach Hermine nach einem Gruß an Zoe und begann dem Schwarzhaarigen Würstchen und Kartoffeln auf den Teller zu schaufeln.
„Ich hab keinen Hunger!", wehrte dieser sogleich ab und Zoe konnte es ihm gut nachfühlen.
„Du musst ja nicht alles essen", meinte die Gryffindor sofort. „Nur ein bisschen. Das ist wichtig, damit dein Blutzucker im Spiegel bleibt."
Die Slytherin hatte zwar keine Ahnung, von was ihre Freundin da schon wieder sprach, doch sie unterstützte sie bei ihrem Vorhaben.
„Hermine hat Recht. Es kann noch lange dauern, bis du überhaupt an der Reihe bist!"
Harry, dem jedwede Diskussion zu viel war, begann lustlos in seinem Teller herumzustochern. Hermine warf Zoe einen besorgten Blick zu.
„Habt ihr dran gedacht, das Turmfenster offen zu lassen?", fragte Zoe nervös.
„Besser", sagte die Muggelgeborene leise und sah sich um, „wir haben ihn auf dem Gebälk vom Astronomieturm versteckt. Da kommt uns keiner in die Quere."
Zoe nickte erleichtert. Sie hatte sich schon Sorgen gemacht, dass einer von Harrys Zimmergenossen das Fenster ihres Schlafsaals verschließen könnte, nachdem sie alles vorbereitete hatten.
„Also kann gar nichts schief gehen!", flötete Zoe ein wenig zu unglaubwürdig.
Harry warf ihr einen skeptischen Blick zu und die Slytherin legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.
„Wart' nur ab, Harry. Sobald du wieder auf deinem Feuerblitz sitzt, wird es dir schlagartig besser gehen."
„Das ist das Einzige", entgegnete er ernst, „das mich überhaupt noch zum –"
„Mr Potter, sind Sie bereit?"
Die drei sahen allesamt erschrocken auf. Professor McGonagall bedachte sie der Reihe nach mit einem strengen Blick, doch auch in ihrem Gesicht lag ein Hauch von Anspannung.
„Jetzt schon?", fragte Harry ungläubig.
Die Nasenflügel seiner Hauslehrerin weiteten sich sichtbar.
„Ja, Potter, die Champions müssen jetzt hinaus aufs Gelände", erklärte sie. „Sie müssen sich für die erste Aufgabe bereit machen."
Harry ließ seine Gabel auf den Teller fallen. Von der Portion, die ihm Hermine aufgetan hatte, hatte er kaum etwas angerührt. Tonlos antwortete er: „Gut", erhob sich mechanisch und folgte der Professorin.
„Viel Glück, Harry", riefen ihm seine Freundinnen hinterher und Hermine fügte hinzu: „Du schaffst es schon!"
„Ja", antwortete Harry mit einer Stimme, die nicht wie seine eigene klang und Zoe sah ihm besorgt nach.
Kurz bevor er die Halle verließ, warf er einen letzten, verzweifelten Blick über die Schulter zu ihnen zurück.
„Das schafft er schon", flüsterte Hermine leise, jedoch wenig überzeugend, als der Gryffindor aus ihrer Sicht verschwand.
„Hoffentlich", sagte Zoe nur und stocherte appetitlos in ihrem Essen.
Die Champions waren noch keine zehn Minuten verschwunden, als sich die ersten Schüler vom Mittagstisch erhoben, um hinaus zum Amphitheater zu pilgern. Und damit wurde es hektisch in der Großen Halle. Immer mehr Leute drängten nach draußen in der Hoffnung gute Plätze zu bekommen und schließlich schob auch Zoe ihren Teller von sich.
„Sollen wir auch los?", fragte sie nervös und sah hinüber zu den Slytherins die sich gerade ebenfalls zum Aufbruch bereit machten.
„Eigentlich ist es noch ein bisschen früh", antwortete Hermine und sah sich in der sich leerenden Halle um, „aber von mir aus."
Die Mädchen standen auf und als sie in Richtung Ausgang gingen, schlossen sich auch Neville und Ginny an.
„Was meint ihr?", fragte Neville mit großen Augen. „Was werden die Champions tun müssen."
„Wir werden's gleich wissen", sprach Hermine mit zittriger Stimme.
Zoe sah, wie Ginnys Augen kurz zu der Gryffindor hinüber flackerten und sie sich auf die Unterlippe biss. Da wurde ihr klar, dass sie ebenfalls Bescheid wusste.
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