Schredders erster Tag

Travis wachte mit diesem vorfreudigen Gefühl auf, dass ihn fast jeden Morgen begleitete. Er hatte noch nicht wirklich etwas für diesen Tag geplant, aber meistens ergab es sich sowieso alles. Vielleicht würde er mit seinem Bruder die Demeterkinder jagen? Mit Nissa an dem neuen Projekt weiterarbeiten? Mit Clarrisse um den besten Speer streiten? Mit Piper den nächsten Streich gegen Drew aushecken? Mit Annabeth die neuen Halbblute, die täglich mehr wurden, in die Welt der Sagen und Mythen einzuführen, da sie doch neulich einen Gefallen von ihm eingefordert hatte? Mit Percy bei dem prächtigen Wetter surfen? Mit Lou Erdbeerpflanzen umzutopfen, um sie danach zu zerstören oder misszugestalten?

Die Liste an möglichen Aktivitäten war ewig lang und deswegen beschloss Travis, heute von allem etwas zu machen. Seinen freien Tag - die Schwertkampfstunde hatte er an Clarrisse abgetreten - wollte er schließlich effektiv nutzen. Als erstes wollte er aber frühstücken. Als Hüttenältester war es eigentlich seine Pflicht, die Kameraden zum Frühstück anzuführen, doch diese Pflicht hatte er an Connor abgeschüttelt, um länger schlafen zu können. Dafür musste Connor nicht beim Küchendienst - den sie sich bei fast jeder Hüttenkontrolle zuzogen - mitwirken, sondern konnte in diesen Stunden auf der faulen Haut liegen.

Travis war also beinahe der Letzte, der noch beim Frühstück war. Die meisten jüngeren Halbgötter, die noch zum Unterricht mussten, gingen ihren täglichen Aktivitäten nach, die meistens mit einer Aufräumaktion begann, um nicht den besagten Küchendienst machen zu müssen. Nur die alte Clique saß noch um Percys Tisch (weil er immer am Längsten brauchte) herum und besprach die Möglichkeiten eines sonnigen Freitags mit wenigen Verpflichtungen. Travis setzte sich schnell zu ihnen, wurde von jedem mit einem freudigen Gruß willkommen geheißen und schnappte sich vom Buffet einige Weintrauben und ein Toast. Das leckerste war wie immer schon weg, doch er konnte sich noch Marmelade von Percys Teller (Junge, ist der manchmal unaufmerksam) klauen.

»Also, was habt ihr vor?«, fragte er in die Runde, obwohl er bereits wusste, dass noch nichts feststand.
»Das Blöde ist halt, dass wir die Unterrichtsstunden versetzt haben«, meinte Clarrisse und haute mit ihrem erst gestern erworbenen Speer, den sie liebevoll Schredder (nach dem Babypinguin aus den Känguru-Hörspielen) getauft hatte, auf den Boden, als würde das irgendwas bestätigen oder überhaupt bringen. Die anderen ließen das größtenteils unkommentiert - sogar Leo hatte das aufgegeben - und hoben höchstens eine Augenbraue. Da Clarrisse so auf ihren neuesten Schatz konzentriert war, übersah sie das und alle konnten leben.
»Ach ne, aber das ist doch jedes Mal so. Wir müssen ja auch nicht alle was zusammen machen - Leo, was machst du da, verdammte Scheiße nochmal?!«
Bevor irgendwer auf irgendetwas reagieren konnte, hatte Percy bereits den Spruch »VerdArmte Scheiße?« gebracht, über den natürlich niemand lachte. Nach einer Reaktionszeit von etwa vier Sekunden schalteten auch die letzten und drehten sich zu einem brennenden Leo um, der sich seine eigenen brennenden Finger in die Ohren steckte.
»Neben meinen alltäglichen Aktivitäten wie gut auszusehen?«, fragte er rhetorisch und wackelte vielsagend mit den Augenbrauen in Richtung Piper, die blitzschnell reagierte: »Werd erwachsen, Valdéz!«
»Ich bin wohl hier am Ehesten erwachsen. Ich bin eigentlich tot«, erwiderte er jedoch nur, löschte gnädiger Weise jedoch seine Flammen und setzte sich wieder an den Holztisch. Warum er überhaupt gebrannt hatte, fragte niemand, denn das würde irgendwelche Gedanken zutage fördern, die NIEMAND hören wollte, denn sie stammten von dem manchmal etwas psychopathischen Leo.
»Ich auch«, sagte Hazel, die zu Besich im Camp Juppiter war, weil Frank gerade zu viel zu tun hatte und auch Nico hob die Hand. Leo tat das bloß mit einem Augenrollen und dem Spruch »Darauf bildet ihr euch zu viel ein« ab.
»Also? Was machen wir?«, fragte Annabeth, die versuchte, das Thema endlich wieder in die richtige Richtung zu leiten. Es war nicht so, dass sie das nicht gewöhnt wäre, sie hatte nur einfach nicht genug Zeit und wollte sich heute unbedingt mit ihren Freunden verabreden, da das vor allem in letzter Zeit schwierig gewesen war. Es waren so viele Neue gekommen, die eingewiesen werden mussten, die Aufräumarbeiten liefen noch und dauernd war irgendjemand in Camp Juppiter. So auch heute (Jason, Frank und natürlich Reyna fehlten daher), doch Annabeth kam über diese Verluste hinweg und wollte etwas mit irgendwem unternehmen.
»Leo töten«, schlug Piper vor und zustimmendes Gemurmel wurde laut. Selbst von der sonst so gutmütigen Hazel konnte man Ähnliches hören, weswegen Leo empört nach Luft schnappte.
»Liebste Pipes, ich glaube du hast noch nicht verstanden, dass ich SCHON tot bin.«, säuselte Leo, steckte seinen Körper wieder in Flammen und toastete sich darüber ein Brot, um den bösen Blicken seiner Freunde die Bedeutung zu nehmen.
»Doppelt hält besser«, warf Hazel ein, ohne von dem Buch aufzusehen, dass sie die ganze Zeit las. Es trug den Titel Wer die Nachtigall stört und war ein Klassiker ihrer Zeit. Sie las es nun ungefähr zum dritten Mal, doch ihr Interesse schien nie zu vergehen. Es war eine lateinische Fassung, die einer der Halbgötter ohne Legasthenie  übersetzt hatte. Hazel hatte es aus einem kleinen Buchladen in Neu-Rom, als sie und Annabeth auf der Suche nach Bandagen waren.
»LEUTE! Ich muss gleich zu meiner ersten Stunde, können wir uns vorher bitte verabreden?«, warf Annabeth ein, die sich leicht verzweifelt die Haare raufte.
»Ich hab um 12:30 die Fortgeschrittenen, sonst aber nichts«, sagte Percy und Annabeth warf ihm einen dankbaren Blick zu, den er mit einem verträumten Lächeln erwiderte.
»Bäh, ich wünschte, ihr wärt tot«, meinte Leo, der die großartige Gelegenheit liebend gerne nutzte, um von sich abzulenken.
»Da musst du dich hinten anstellen« Percy grinste sein typisches Percy-Grinsen, dass irgendwie viel zu strahlend für seine Erfahrung aussah.

»Stimmt«, unterstützte Clarrisse ihn unerwartet »Ich steh ganz vorne«
Percy zwinkerte ihr zu und es war ein Wunder, dass er diese Tat überlebte. Und das auch nur, weil Clarrisse nicht zu ihm geschaut hatte, sondern ihren Blick auf Schredder geheftet hatte. Die Freunde johlten, wedelten mit den Armen, als hätten sie sich verbrannt und stupsten beide an. Clarrisse sah sich mit diesem typischen Ares-Blick (verwirrt-aggressiv) um, fixierte Percy und deutete auf Schredder. Dann wandte sie sich wieder der Pflege von eben diesem zu.

»Leute, ich muss jetzt los, sagt Bescheid, wenn ihr euch geeinigt habt«, sagte Annabeth entnervt, stand auf und ging gerade aus dem Speisepavillon, als Piper ihr hinterherrief: »14:30 Uhr treffen wir uns am Strand: Percy bringt uns Surfen bei«

Annabeths überlegenes Lächeln sahen sie nicht mehr.

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