Retter

So schnell wie der Fremde sich an mich drückte, wurde er von mir weggerissen. Mein Retter schlug dem aufdringlichen Typ ins Gesicht und ließ erst dann von ihm ab. Ich traute meinen Augen nicht, wer sich als mein Held herausstellte. „Alles in Ordnung Ruby?" Es war Karl. Er reichte mir seine Hand. Ich nahm sie an, das war ich ihm wohl schuldig. Karl führte mich aus der Menge ins Freie und suchte ein ruhiges Plätzchen. Mitleidig sah der starke Mann mich an, unentschlossen was er sagen sollte. Langsam kam Karl mir näher und nahm mich vorsichtig in seinen starken Armen. „Ruby ich mag dich so sehr! Sollte das Zeugenschutzprogramm schief gehen, bringe ich dich und deine Familie in noch großer Gefahr! Das kann und werde ich nicht riskieren! Jessa ist ein nettes Mädchen und es war sehr unterhaltsam mit ihr. Sie bedeutet mir aber nicht einmal ansatzweise so viel wie du mir!" Er sagte das alles in sehr besonnen in einem  ruhigen Ton.

„Ich verstehe! ... Woher wusstest du, dass ich hier bin?" Sein Kopf, der eben noch auf meiner Schulter ruhte, erhob sich. Ich richtete meinen Blick auf die Person, zu der er hinsah. 

„Alisah." knirschte ich. Gerade wollte ich zu ihr, doch er hielt mich auf. „Sei nicht böse auf sie! Nachdem du mir nicht geantwortet hast, suchte ich Rat bei ihr. Ruby ich habe die Welt nicht mehr verstanden... Alisah hat mir geholfen, dein Verhalten mir gegenüber, zu verstehen!" Erst dann ließ er mich los. Ich stürmte zu meiner Freundin, packte sie am Oberarm und zerrte sie mit mir, weit weg von Karl. „Was hast du ihm gesagt?!" zischte ich eindringlich. Schuldbewusst dreinblickend gestand sie: „Die Wahrheit. Ich habe ihm gesagt, dass du nicht nur für ihn schwärmst, sondern richtig verliebt bist." Ich ließ sie los und lehnte mich stöhnen an die nächst beste Wand. Ich legte meinen Kopf in die Hände, bemüht alles zu verdauen.

Es war bereits 5 Uhr in der Früh. Ich war furchtbar müde und verwirrt, außerdem schmerzten meine Füße. Karl kam herbei und stellte sich neben mich. Er legte seine Hand unter meinem Kinn und hob meinen Kopf sachte hoch. „Ruby, bitte gib mir noch ein wenig Zeit! Ich muss noch die Anhörung mit meiner Exfrau überstehen ... Bevor sie kriminell wurde, haben wir uns lange geliebt. Mein Herz muss erst mal damit endgültig abschließen, ehe ich mich für dich öffnen kann! Nach dem versehentlichen Kuss fühlte ich mich euphorisch und schlecht zugleich. Verstehst du das? Ich will nicht, dass uns irgendwas oder irgendwer im Weg steht. Ich will es nicht vermasseln, deswegen muss ich mir erst 100% sicher sein, mit ihr abgeschlossen zu haben und dass ich dich nicht mehr in Gefahr bringen kann!" 

Seine ehrlichen Worte trafen mich, doch ich konnte es tief im Inneren nachvollziehen. Nachdenklich nickte ich stumm zur Bestätigung und zwang mich zu einem Lächeln. Er wirkte sofort erleichtert. „Dann bring ich dich und Alisah mal nach Hause." Alisah hatte alles mitbekommen und lächelte mich aufbauend an. Ich fühlte mich seelisch besser, denn er wollte sich für mich öffnen. Er empfand etwas für mich und nicht diese Jessa. Karl bot uns seine Arme zum einhaken an. Ich lief an seiner rechten Seite und Lis an seiner linken. Nur mit kleinen Schritten kamen wir voran – unsere Füße brachten uns um in den Schuhen. „Du siehst im übrigen wahnsinnig toll aus! Du hattest bestimmt einige Verehrer." Der letzte Satz wurde etwas angesäuert heraus gepresst. Schadenfroh antwortete ich ihm: „Kann schon sein. Einen von ihnen hast du ja k.o geschlagen." „Und das nur mit halber Kraft. Ich habe nicht mal richtig zugeschlagen." sagte er hämisch grinsend. Endlich am Wagen meiner Großeltern angekommen stieg ich vorne ein und schlief sehr schnell tief und fest. Wach wurde ich durch Schmerzen an den Füßen, da mir Karl gerade vorsichtig die Schuhe auszog. Geschockt reagierte er auf meine Wunden „Meine Güte Ruby, das müssen Schmerzen sein ... Du siehst auch in flachen Schuhen unwiderstehlich aus!" Er deckte mich zu und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf schön du hübsches Ding. Ich hoffe dich in ein paar Stunden wiederzusehen... Ich muss zurück zu deinen Großeltern. Bis später!" 

Ich wachte gegen 12 Uhr von alleine auf. Neben mir stand ein Glas Wasser mit einem Zettel darunter. 'Ich habe Kira schon mal mitgenommen. Karl' Er hatte eine recht ordentliche Handschrift. Er hatte Stil und ich mochte Männer mit Stil. Meine erste Handlung war Alisah anzurufen. Eine verkaterte Stimme meldete sich. „Hey Mausi. Alles in Ordnung? Geht es dir gut?" Stille. Auf einmal ertönte Eric's Stimme am anderen Ende. „Hey Ruby, alles in Ordnung. Sie hat ihren Rausch noch nicht ausgeschlafen. Das wird wohl noch ein paar Stunden dauern. Schätze sie wird heute nicht zu den Pferden kommen." Er klang ein wenig schadenfroh. Eric ließ einfach nur wahnsinnig ungern seine hübsche Freundin ohne ihn durch die Clubs ziehen. Wir plauderten noch ein wenig, bis ich mich verabschiedete und erst einmal duschen ging. Ich hörte dabei Musik über mein Handy, welche aber immer wieder von Nachrichten unterbrochen wurde. Ich stieg aus der Dusche, wickelte mich ein und sah auf meinem Handy. Alle Nachrichten waren von Karl.

'Hallo schöne Frau, hast du dich von der gestrigen Nacht erholt?'

'Ich habe einen Film für uns ausgeliehen, würde mich freuen, wenn wir den uns heute Abend ansehen.'

'Ruby, geht es dir gut?'

'Kommst du zum Mittagessen fragt deine Oma?!'

'Muss ich mir Sorgen machen?'

Wow, so viele Nachrichten habe ich von einem Mann noch nie innerhalb einer halben Stunde bekommen. Neckisch Antwortete ich: 'Ja. Ja sehr gerne. Ja. Ja und Nein. Ich mache mich auf dem Weg. Bis gleich.'

Sofort kam eine Nachricht zurück. Er schickte 3 Lach Emojis und ein 'Ok bis gleich.'

Schnell packte ich ein paar Sachen zusammen und machte mich diesmal ohne Kira auf dem Weg. Ich hörte laute Musik und stieg freudestrahlend aus, als ich endlich ankam. Es war zwar immer noch ungewiss, was aus mir und Karl werden würde aber das wird sich mit der Zeit klären. Karl kam aus dem Haupthaus entschlossen auf mich zu. Ohne zu zögern umarmte er mich recht fest. Er sog meinen Geruch ein und ich tat es auch. „Du riechst so gut." sagte er leise. „Du auch." erwiderte ich süffisant. Langsam löste er die Umarmung. „Sie warten auf dich." drehte sich um und ging vorweg zum Haus, wo wirklich meine Großeltern schon warteten. Es gab wieder reichhaltiges Essen, mein erstes Essen an dem Tag, was ich dankbar verschlang. „Die beiden müssen mal ordentlich ausgelastet werden Ruby. Karl war heute schon so fleißig. Nimm ihn doch mit auf einem Ausritt." schlug Oma vor. Ich ahnte was ihre Absicht war, hatte aber nichts gegen ihren Vorschlag. Hastig schlang ich mein Essen hinunter. Karl legte besänftigend eine Hand auf meinen Arm. „Mach in Ruhe! Ich werde schon mal die Zwei fertig machen." bot er mir an. Dankend nahm ich sein Angebot an und unterhielt mich noch ein wenig mit meinen Großeltern, während Karl sein Geschirr wegräumte und mir einen süßen Blick zuwarf, ehe er zu den Pferden ging.

Wie er es sagte machte ich ruhig. Ich brachte meine Sachen hoch und zog meine Reitsachen an. Ich schaute aus dem Fenster und sah diesen hübschen Mann mit beiden Pferden. Er streichelte Feuerfuß – der Hengst hatte es ihm angetan. Ich ging zu ihm und nahm sehr gerne Butterblume. Er half mir wie immer auf mein Pferd auf. Jede Berührung von ihm war für mich so kostbar und wertvoll.

Wir ritten munter plaudernd nebeneinander her und redeten über alles mögliche. „Wie geht es Alisah?" wollte er wissen. Ich erzählte ihm, was ich wusste. „Im übrigen hattest nicht nur du gestern Verehrer. Ein Mädel hat mir ihre Nummer zugesteckt." er amüsierte sich darüber. Ich wurde prompt wieder eifersüchtig. Missmutig sah ich ihn an. „Ich habe sie ihr wieder gegeben und erklärt, dass ich nicht mehr zu haben bin. Du hättest mal ihr enttäuschtes Gesicht sehen sollen." Nun gut, er hat es nicht anders gewollt. „Mein Verehrer, den du Niedergestreckt hast, war sicher auch enttäuscht. Der hätte bestimmt zu deiner Tussi gut gepasst." Karl lachte herzlich darüber.

Wir genossen die gemeinsame Zeit sehr. Er lernte dabei mehr über mich kennen und ich über ihn. So fanden wir eine seltene Gemeinsamkeit. Auf meine Frage, was er sonst noch für Hobbies hatte, antwortet er: „Saxophon spielen." ich kippte beinahe vom Pferd. Entsetzt kam ein „Was?" aus mir raus. Mit gerunzelter Stirn sah er mich fragend an. „Ich spiele auch Saxophon." Nun sah er mich mindestens genauso entsetzt an, wie ich ihn. Wir redeten viel darüber. Er spielte ein Tenor Instrument und ich ein Alt Saxophon. „Karl ich bestehe darauf, dass du mir was vorspielst!" Er lachte los. „Wir machen ein Rennen darum! Wenn ich gewinne, spielst du mir was vor, wenn du gewinnst, spiele ich dir was vor."

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