Falle
Ich spürte seine heißen Küsse noch immer auf meinen Lippen. Mit einem Tränenschleier sah ich aus dem Fenster ihn in das Auto meiner Großeltern steigen. Er schaute hoch zu mir. Über seinem Gesicht rannen Regentropfen dort entlang, wo eben noch Abschiedstränen entlang liefen.
Er musste sein Handy zerstören, damit niemand das zurückverfolgen konnte. Ich hatte keinerlei Möglichkeiten mit ihm Kontakt zu halten. Ich musste warten, geduldig sein und hoffen.
Ich habe Liebe gefunden und sie wurde mir wieder genommen.
Weinend legte ich mich ins Bett mit dem Shirt von Karl in der Hand. Kira legte sich zu mir und leckte meine Tränen vom Gesicht.
Ich musste Lis schreiben, doch hielt sie davon ab zu mir zu kommen. Ich wollte und brauchte meine Ruhe. Die kommenden Tage stürzte ich mich in meine Arbeit und weinte mich in den Schlaf. Alisah versorgte mich mit Essen. „Komm schon Süße, wir fahren morgen zu deinen Großeltern und entspannen uns. Du musst auf andere Gedanken kommen Liebes. Niemand weiß ob und wann er zurück kommt." OB?! Zweifelte sie daran, dass er zu mir zurückkehrte? Sollte ich daran zweifeln?
Nein ich musste daran glauben! Verliere ich den Glauben an der Wiederkehr, verliere ich mich selbst. „Er wird zu mir zurückkommen Lis!" Mitleidig sah sie mich an und streichelt über meine Wange. „Natürlich Liebes."
Es waren 2 Wochen vergangen, seit Karl mich verlassen musste ... und Freitagabend. Meine liebe Freundin übernachtete bei mir , also machten wir ein Beauty-Film- Abend. Es erinnerte mich stark an Karl. Ich schlief schon lange schlecht - geplagt von Albträumen, wie auch in dieser Nacht. Meine Freundin kuschelte sich hinter mich ran und gab mir halt. Karls weißes Shirt war alles andere als weiß, doch es wird nicht gewaschen – es roch noch immer nach ihm und begleitete mich jede Nacht.
Samstag gleich in der Früh machten wir uns auf dem Weg zum Stall. Ich unterhielt mich mit meinen Großeltern. Sie bangten ebenfalls um Karl. „Es tut mir so leid mein Kind. Glaube mir wenn eure Liebe das übersteht, kann euch nichts mehr aufhalten!" tröstete meine Oma mich. „Karl hat deine Sachen in sein Zimmer gebracht, er wollte, dass du dort schläfst." rief sie mir noch hinterher als ich in mein Zimmer gehen wollte. Ich betrat das Zimmer, was immer noch nach ihm roch. Er hatte das Bettzeug nicht gewechselt, wofür ich ihn sehr dankbar war. Ein Brief lag auf dem Kissen. Ich setzte mich. Mit zitternden Händen griff ich nach dem Brief. Ich öffnete ihn und begann zu lesen.
'Liebste Ruby,
wenn du diesen Brief in der Hand hältst, bin ich fort. Ich musste dich verlassen um dich zu schützen. Ich musste dich verlassen um meine Exfrau und ihren Kumpanen endgültig hinter Gitter zu bringen. Nur dann meine Schöne steht uns nichts mehr im Weg. Ich bitte dich um Verzeihung! Ich bitte dich, auf mich zu warten – niemals die Hoffnung aufzugeben! Einzig die Liebe zu dir macht mich stark genug, das alles durchzustehen! Ich weiß, ich verlange viel von dir aber du bist eine starke, wunderschöne Frau. Ich tue alles was nötig ist, um mir deine Gnade, deine Liebe zu verdienen! Es wird kein Tag vergehen, an dem ich nicht an dich denke und mir dich herbei wünsche! Ich liebe dich von ganzem Herzen Ruby – dein Chris/Karl.'
Ich las ihn zweimal. Er hatte also den Besuch bei mir nicht geplant. Er hatte geschrieben, dass er mich liebte, ohne zu wissen, dass ich es ihm sagen wollte. So gesehen hatte er mir zuerst seine Liebe gestanden. Er hatte sich von seinen Gefühlen treiben lassen, als er zu mir fuhr.
Ich ließ mich auf's Bett fallen mit seinem Brief in der Hand. Ich erschrak, als ich jemanden die Treppe hinauf kommen hörte. Es war Max. Mitleidig sah er mich an und kam ungefragt rein. „Ich habe schon gehört, dass Karl spontan fort musste. Wie geht es dir?" fragte er mich einfühlsam. Ich hielt den Brief fest in meiner Hand. Nun begann ich erst nachzudenken, woher die Anhänger der Exfrau wussten, dass er hier war. Max und Philipp waren scheinbar rein zufällig hier... Und das nur einige Tage bevor er aufflog...
Karl gab mir die Nummer seines Anwalts. Ich musste versuchen ihn unauffällig zu kontaktieren. Er könnte dann Max und Philipp überprüfen. Doch bis dahin musste ich die Ahnungslose, trauernde, verlassene Freundin mimen. Ich hielt den Brief fest meiner Hand. Max durfte den auf gar keinen Fall in die Finger bekommen, denn wenn er der Verräter war, wären wir alle in Gefahr. Ich tat etwas, womit er nicht rechnen würde. Ich brach in elendes Schluchzen aus und lehnte mich an seine Schulter. Überfordert mit der Situation tätschelte er mir den Kopf. „Beruhige dich Ruby." forderte er mich sanft auf. Seufzend entschuldigte ich mich. „Alles gut! Vielleicht sollten wir zu 4 einen Ausritt machen, damit du auf andere Gedanken kommst?!" Lächelnd stimmte ich ihm zu. „Ich komme gleich, muss mich nur noch umziehen und frisch machen." Er zeigte sich einsichtig und ging schon mal vor. Erleichtert sackte ich zusammen, während Max seine Sachen nebenan abstellte. Ich schlich mich rüber, als ich sicher war, dass er zum Stall ging und suchte mit vor Aufregung rasenden Herzen, nach seinem Ausweis. Ich fand sogar beide von Max und Phillip und machte schnell mit meinem Handy ein Foto davon. Leise schlich ich mich wieder raus und schickte dem Anwalt die Bilder. Der Anwalt schrieb mir sofort. 'Werde ich überprüfen. Bis dahin unauffällig benehmen!' Ich zwang mich selber dazu mich zusammenzureißen.
Mit schwerem Herzen nahm ich Karl's Brief und saugte noch einmal jedes Wort in mich auf. Dann suchte ich das Feuerzeug, womit er damals die Kerzen anzündete. Ich fand es und ging mit dem Brief ins Badezimmer. Ich konnte es nicht riskieren, dass er in die falschen Hände gelangte und verbrannte ihn über dem Waschbecken. Stumm liefen mir dabei die Tränen übers Gesicht.
Ich ging hinunter zu den Pferden und alle, die schon im Innenhof auf mich warteten. Dieses mal half mir keiner aufs Pferd. Ich wurde wieder traurig bei dieser Erinnerung. 'Gut so! Das wirkt wenigstens authentisch' dachte ich mir.
Lis plauderte darauf los und versuchte mich abzulenken. Max hingegen suchte immerzu meine Nähe. Mein Misstrauen wuchs von Minute zu Minute. Ich wusste noch nicht, was ich machen würde, wenn er für Karl's Verrat verantwortlich wäre.
2 Stunden später kehrten wir auf dem Hof zurück, wo mein Handy endlich Empfang hatte. Es vibrierte am laufenden Band. Das blieb nicht unbemerkt. Vor allem Max sah mich musternd an. Verlegen lächelte ich: „Arbeitschat ... die werden sich wieder nicht einig, wo die Weihnachtsfeier stattfinden soll." versuchte ich eher beiläufig zu sagen. „Lis kannst du Feuerfuß absatteln? Ich muss so dringend auf's Klo." Niemand schöpfte verdacht. Schnellen Schrittes ging ich in das Haus, Schnur stracks in das obere Bad und öffnete die Nachrichten. Der Anwalt hatte geschrieben.
'Max ist ein Verräter!!'
'Weiter normal verhalten um keinen Verdacht zu erregen!'
'Wann seit ihr zurück?'
Ich beantwortete alle Fragen und bekam eine kurze Rückmeldung.
'Wir werden zugreifen! Sonderkommando sammelt sich. Werden in 30 Minuten stürmen! Bereithalten und vor allem fern halten!'
Auch darauf antwortete ich. Ich antwortete auch, ob ich offensichtliche Waffen gesehen hatte. Hatte ich nicht, was nicht heißt, dass er nicht ein Messer oder eine Pistole am Körper trug. Ich ging in den Stall zurück und verwickelte Max in ein Gespräch. 10 Minuten bevor es los gehen sollte, wollte er ins Haus gehen. Ich musste mir was einfallen lassen, um ihn von meiner Freundin und Familie fern zu halten. Ich holte die Hunde in den Stall, sie gaben mir Sicherheit. „Max, kannst du mir kurz helfen?" Mit geschwollener Brust stellte er sich vor mich. „Sicher Ruby. Ich bin immer für dich da! Ich möchte dir meine Nummer geben. Vielleicht hilft es dir ja, wenn wir uns etwas schreiben?" Er kam nah an mich heran. Es wäre sicher am effektivsten, wenn er mit mir beschäftigt wäre. „Ja das könnten wir tun." Sein Lächeln wurde breiter und er zückte sein Handy. „Trag deine Nummer ein." forderte er mich auf. Als Name stand für mich 'geile Ruby'. Ich wusste nicht ob ich meine richtige Nummer eingeben sollte oder nicht. Ich baute einen Zahlendreher ein. „Du bist so einfühlsam und lieb zu mir. Warum tust du das?" fragte ich ihn zur Ablenkung. Verschmitzt grinste er. „Ich mag dich immer noch sehr Ruby. Du hast jemand besseren verdient als diesen Karl. Jemanden wie mich. Ich würde dich niemals im Stich lassen meine Göttin." Er legte seine Hände auf meine Taille. Er wird mich gleich Küssen. Ich musste mitspielen denn nur das wird ihn hinhalten und ich könnte seinen Oberkörper nach Waffen abtasten. Ich legte meine Hände in seinen Nacken, bereit mich zu überwinden. Sein Gesicht kam meinem sehr nah.
Kurz bevor sich unsere Lippen berührten, traf die Polizei ein. Irritiert sah mich Max an. Wir wurden aufgefordert die Hände hoch zu nehmen, doch ich war noch nicht soweit. Ich schlug ihm mit aller Macht die ich noch hatte meine Faust ins Gesicht und schrie ihn an. Die Polizisten überwältigten mich, ehe ich noch gegebenenfalls meinen Ärger weiter Luft machen konnte. Max Nase blutete und von dem Schlag schlug sein Kopf gegen eine Stalltür.
'Das hat er verdient.' dachte ich nur, als mir Handschellen angelegt wurden.
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