ZWANZIG - RegenClan
Es ist geschafft, der zweite Abschnitt der Geschichte ist tatsächlich veröffentlicht! :) Ein Kapitel habe ich zwar noch auf Lager, das fertig geschrieben, aber noch nicht korrigiert ist (und das sogar schon seit letztem November), aber das wird zum nächsten Abschnitt gehören.
Sorry, dass dieses letzte Kapitel so lange auf sich hat warten lassen. Ich habe noch anderen Kram zu tun gehabt, unter anderem habe ich an einem Schreibwettbewerb (auf Wattpad) teilgenommen, wofür ich "noch eben schnell" zwei Kurzgeschichten geschrieben habe, bevor die Frist zum einreichen endete. Weil eine ja nicht gereicht hätte (hier bitte die Ironie beachten) und ich unbedingt beide Ideen umsetzen wollte. So bin ich dann nur ab und zu mal dazu gekommen, hier und da mal ein bisschen was in diesem Kapitel Korrektur zu lesen. Ich glaube, beim nächsten Abschnitt mache ich es besser so, dass ich auch die Überarbeitung aller neuen Kapitel komplett beende, bevor ich dann das 21. Kapitel veröffentliche. Wann dieser nächste Teil fertig werden wird, kann ich aber noch überhaupt nicht sagen. Mal sehen.
Ich hoffe jedenfalls, dass euch die neuen Kapitel gefallen haben (und dieses Kapitel noch gefallen wird). Manchmal frage ich mich, ob ich die Geschichte vielleicht hier und da etwas unnötig in die Länge ziehe, wenn ich versuche, jede Figur vorkommen zu lassen und dafür die ein oder andere Nebenhandlung erfinde und das ein oder andere zusätzliche Kapitel schreibe. :)
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ZWANZIG
Bernsteinwind, RegenClan
Der Regen hatte von einem auf den anderen Herzschlag eingesetzt. Nun fiel er in Strömen auf den Wald hinunter. Die Masse der Tropfen wirkte wie ein grauer Schleier. Ganze Bäche stürzten von Felsbrocken herab, rissen die Laubhaufen mit sich, die der Wind an den geschützteren Stellen aufgetürmt hatte. Dunkel zeichneten sich die kahlen Äste der Bäume vor dem wolkenverhangenen Himmel ab. Fernes Donnergrollen ließ Bernsteinwind vermuten, dass das Wetter sich so bald nicht bessern würde.
Bernsteinwind hatte den Eindruck, die Natur würde gemeinsam mit ihr verzweifeln. Wenn es regnete und auch mitten am Tag kaum ein Sonnenstrahl die Pelze der Katzen streifte, hatte das ihre Stimmung schon immer betrübt. Doch heute rückte die Traurigkeit, die Regen und Sturm in ihr auslösten, in den Hintergrund. All das, was an diesem Sonnenaufgang bereits geschehen war, war so viel schlimmer, als es ein Unwetter je sein könnte. An der Grenze tobte ein Kampf, der nur Unheil über alle Clankatzen bringen konnte – hätte es eine friedliche Lösung des Konflikts gegeben, wäre Pfützenstern mit ihrer Patrouille längst zurückgekehrt. Blitzjunges war krank. Muschelsplitter tot. Möwenschrei im ganzen Lager nicht anzutreffen, obwohl sein Zustand es ihm die letzten Sonnenaufgänge verboten hatte, aus seinem Nest aufzustehen. Als wäre das noch nicht genug gewesen, hatten sie und Eisblatt dann festgestellt, dass Brombeerjunges, Fuchsjunges, Goldjunges und Haferjunges verschwunden waren, als sie den Heiler gesucht hatten. Nur Azurjunges hatten sie in der Kinderstube angetroffen. Doch die junge Kätzin hatte nicht sagen können, wo die ihre Baugefährten sein könnten. Sie hatte nach einer Weile lediglich zugegeben, dass sie den Schülerbau hatten erkunden wollen. Auch hatte sie nichts darüber gewusst, ob sie möglicherweise mit Möwenschrei gemeinsam unterwegs waren. Eine Antwort, die Bernsteinwind schon erahnt, sich jedoch nicht erhofft hatte. Wenn Möwenschrei und die Jungen zusammen in den Wald aufgebrochen wären, hätte sie sich nicht so viele Sorgen machen müssen. Allerdings ging sie auch davon aus, dass Heiler ihr in diesem Fall Bescheid gegeben hätte.
Bernsteinwind rannte durch den strömenden Regen durchs Lager, spähte in jeden Bau, obwohl sie überall schon mindestens einmal gewesen war. Die Ohren hatte sie gespitzt, bereit, auf mögliche Rufe ihrer Clangefährtinnen zu hören. Glutpfote und Fliederpfote hatten ihre Wache neben Muschelsplitters Körper unterbrochen und streiften auf der Suche nach den Vermissten irgendwo in der Nähe durch den Wald. Dünenbriese war bereits vor einer ganzen Weile zum Schlachtfeld aufgebrochen, falls Möwenschrei dort war, so langsam sollte sie zurückkehren. Währenddessen war Eisblatt, die zweite Königin des Clans, im Heilerbau bei Blitzjunges geblieben, um über Bernsteinwinds kranke Tochter zu wachen.
Bernsteinwinds Pelz war vom Regen völlig durchnässt, als sie weiter zum Kräuterlager eilte. Doch weder Feuchtigkeit, noch Kälte kümmerten sie. Alles, was zählte, war, Möwenschrei und die Jungen wiederzufinden.
Wie hatte sie nur so unaufmerksam sein können? Ja, Blitzjunges war krank, hatte sich so schrecklich schwach gefühlt und gehustet. Dennoch hätte Bernsteinwind auch die anderen Jungen im Auge behalten müssen. Gerade Goldjunges Abenteuerlust sollte sie doch mittlerweile gut genug kennen. Anfangs hatte Bernsteinwind sie und ihre kleinen Baugefährten in einem der Baue vermutet, in denen sie eigentlich nichts verloren hatten. Goldjunges hatte schon viele solcher Ausflüge unternommen. Inzwischen glaubte sie jedoch kaum noch daran, sie irgendwo im Lager anzutreffen. Sich an das letzte bisschen Hoffnung klammernd streckte sie ihren Kopf ins Kräuterlager, einen schmalen Tunnel im Fels, in dem gerade einmal die Nester der beiden Heiler und die Sammlung getrockneter Kräuter Platz fanden. Sie wusste, dass Goldjunges bereits den Anführerbau, Heilerbau und Kriegerbau erkundet hatte, beim Kräuterlager war sie sich allerdings nicht so sicher. Oh, SternenClan, dachte Bernsteinwind, bitte mach, dass sie hier sind. Bitte mach, dass Goldjunges lediglich ihre Liste von erforschten Bauen erweitern wollte und ihre Baugefährten mitgenommen hat.
Sie umrundete Lehmpfotes und Möwenschreis Moosnester und lief in den hinteren Teil der Höhle. Irrte sie sich, oder war der Kräutervorrat kleiner als das letzte Mal, dass sie hier gewesen war? Unordentlicher schien er auf jeden Fall.
»Goldjunges? Haferjunges?«, miaute Bernsteinwind die Namen ihrer Tochter und ihres Sohnes. »Brombeerjunges? Fuchsjunges?« Ihre Stimme zitterte, als sie auch nach den beiden Jungen rief, die Mondblüte ihr während der Geburt, unmittelbar vor ihrem Tod, anvertraut hatte. Die Erinnerung hatte sich in Bernsteinwinds Gedächtnis eingebrannt und jedes Mal, wenn sie sich wieder in den Vordergrund drängte, hätte sie vor Trauer aufjaulen können. Es war so grausam gewesen. All das Blut, die Angst und die Verzweiflung, die in Mondblütes Blick gelegen hatten, dazu Azurjunges, Fuchsjunges und Brombeerjunges winzige Körper, die kaum kräftig genug gewesen waren, eigenständig zu atmen. Und Bernsteinwind hatte nichts weiter tun können, als Mondblüte gut zuzureden und ihr zu versprechen, alles in ihrer Macht stehende zu tun, dass die drei neugeborenen Jungen zu starken, glücklichen Katzen heranwuchsen. Egal, was auch geschehen mochte. Doch nun waren zwei von ihnen verschwunden. Hatte sie versagt?
Der Haufen getrockneter Kräuter, der vor Bernsteinwind auf dem Fels lag, war kaum groß genug, dass sich eines der Jungen darin hätte verbergen können. Dennoch streckte sie ihre Pfote aus, legte vorsichtig einige besonders Pflanzenteile zur Seite. Ein wenig schlecht fühlte sie sich schon, als sie sah, wie ein Blatt unter ihren Krallen zerbröselte und ein anderes, sorgfältig getrocknetes, von dem Wasser nass wurde, das ihr aus dem Fell tropfte. Notdürftig leckte sie ihren Pelz an Vorderbeinen und Brust trocken und wühlte weiter. Nichts.
Nein, im Lager waren die Jungen nicht. Bernsteinwind konnte diese Erkenntnis nicht mehr leugnen. Sie mussten irgendwo dort draußen sein. Allein im kalten, finsteren Wald, bei Regen und Wind, während an der Grenze ein Kampf zwischen den Clans tobte und Raubtiere in Sträuchern und hinter Stämmen lauerten. Ob sie wohl froren? Ob sie Angst hatten? Ob sie unverletzt geblieben waren? Niemals würde Bernsteinwind es sich verzeihen können, wenn einem von ihnen etwas zustieß.
Oh, SternenClan, du beschützt uns doch? Blitzjunges Krankheit, der Kampf, meine Jungen. Du wirst uns leiten und alles gut werden lassen, oder etwa nicht? Bernsteinwind schüttelte sich. Sie war sich immer sicher gewesen, dass sie sich auf die Macht und die Liebe des SternenClans verlassen konnte. Und sie würde nun nicht anfangen zu zweifeln! Sie würde auf ihre Ahnen vertrauen.
Irgendwo außerhalb des Kräuterlagers mischte sich das Geräusch von Pfotenschritten und Miauen unter das Prasseln der Regentropfen. Bernsteinwinds Ohren zuckten. Sie sprang auf und stürmte von neuer Hoffnung erfüllt aus der Höhle hinaus und auf die Kampfpatrouille zu, die gerade zurückkehrte.
»Die Jungen sind verschwunden!«, rief sie den ankommenden Katzen durch das Rauschen des Regens zu. »Brombeerjunges, Haferjunges, Fuchsjunges und Goldjunges sind weg! Ich kann sie nirgends finden.«
»Ich habe davon gehört.« Mit Dünenbriese und Fliederpfote an ihrer Seite trat Pfützenstern auf Bernsteinwind zu. »Außerhalb des Lagers sind auch noch keine Spuren gefunden worden.« Die Anführerin warf einen Blick hoch in die finsteren Gewitterwolken, ihr Schweif peitschte durch die Luft. »Und das Wetter macht es uns nicht einfacher. Dieser fuchsherzige Regen verwäscht alle Duftspuren. Ist wenigstens Möwenschrei in der Zwischenzeit wieder aufgetaucht?«
Bernsteinwind schüttelte den Kopf.
»Was für ein verfluchter Tag heute!« Leise knurrend wandte sich Pfützenstern ab. »Ich werde mit Lehmpfote absprechen, wer am dringendsten im Heilerbau behandelt werden muss, der Rest wird mitkommen, Möwenschrei und die Jungen suchen. Wenn wir Glück haben, sind sie zusammen unterwegs. Was immer unser Heiler sich dabei gedacht haben mag, niemandem Bescheid zu sagen, wo er hingeht.«
***
Bernsteinwind kauerte neben Eisblatt im Eingang des Heilerbaus und kratzte mit ihren Krallen tiefe Rillen in den mit Kieselstein bedeckten Boden. Ab und an peitschte eine Windböe hinein und wehte ihr Regentropfen auf den Pelz. Wenn Pfützenstern nicht bald die Suchpatrouillen einteilte, würde sie allein losziehen. Obwohl sie natürlich verstand, dass eine koordinierte Suchaktion sinnvoller war. Im Moment sprach die Anführerin noch mit Lehmpfote, der Blitzjunges gerade einige Kräuter vor die Nase schob. Besorgt beobachtete Bernsteinwind, wie ihre Tochter die Blätter eine Weile lustlos anstarrte, sie dann aber ins Maul nahm und zerkaute. Es juckte ihr in den Pfoten, zu Blitzjunges hinüber zu springen, sich neben die kleine Kätzin zu legen und sie mit ihrem Pelz zu wärmen. Doch noch nicht einmal das konnte sie tun. Denn damit hätte sie dem Heilerschüler erneut im Weg gestanden, wie eben, bevor Eisblatt und Pfützenstern sie hierher auf ihren Platz im Eingang geleitet hatten.
»Sie wird schon wieder gesund werden«, miaute Eisblatt, die Bernsteinwinds Blick anscheinend bemerkt hatte. »Ich kann dich hier allein lassen, oder? Dann gehe ich in die Kinderstube, um nach Azurjunges zu sehen.«
Bernsteinwind bekam nur am Rande mit, wie sich die andere Königin auf die Pfoten erhob. Abwesend nickte sie, während sie Blitzjunges, Lehmpfote und Pfützenstern beobachtete. Einzig ihr Vertrauen in den SternenClan gab ihr die Kraft, weiter abzuwarten, bis die Anführerin alles Nötige besprochen hatte. Sie spitzte die Ohren, um besser verstehen zu können, was Pfützenstern und Lehmpfote besprachen, jedoch war Miauen ihrer Clangefährten, die sich neben dem Heilerbau unter einem Strauch vor dem Regen verkrochen hatten, zu laut.
Da war etwa Blattsilber, welche sich beschwerte, wie langweilig die nächsten Sonnenaufgänge doch werden würden, da sie wegen ihrer Verletzungen auf keine Patrouille würde gehen dürfen.
Andere unterhielten sich darüber, wie sie den FelsenClan zurückgeschlagen hatten. Offenbar hatte der RegenClan gesiegt, eine Tatsache, die Bernsteinwind erst jetzt erfuhr. Nicht dass es sie besonders kümmern würde. Kämpfe stimmten sie stets traurig, egal, ob sie für ihren Clan in Sieg oder Niederlage endeten. Ihr war wichtiger, dass möglichst niemand verletzt wurde. Es war schon schlimm genug, dass man es nicht geschafft hatte, den Konflikt auf friedliche Weise zu lösen. Außerdem kreisten ihre Gedanken im Moment nur um Möwenschrei und die Jungen.
Womit sie nicht allein zu sein schien. Auch draußen neben der Höhle drehten sich einige der Gespräche um die Verschwundenen. Doch nicht aus allen Wortfetzen, die zu Bernsteinwind hinüber wehten, sprachen dieselben Sorgen, die sie sich machte. Gerade, wenn es um den Heiler ging.
»Dieser Trottel«, hörte sie ein Miauen aus dem Heulen des Windes heraus. »... hätte auch Bescheid geben können ...«
»Aber was wenn ...«
»... wie ... Nest verlassen ... krank ...«
»... Lehmpfote ... verantwortungsvoller.«
»Ja ... könnte meinen, er sei der Mentor und Möwenschrei der Schüler, er ...«
»... wirklich ...« Bernsteinwind meinte, Flammenspritzers Stimme zu erkennen. »Allein zurechtkommen würde Lehmpfote doch auch nicht ... bräuchten beide einen Mentor.«
»...oder? Was meinst du, Mohnrose?«
Bernsteinwind blickte von den Furchen auf, die ihre Krallen im Boden hinterlassen hatten. Obwohl sie gerade wirklich dringendere Probleme hatte, kochte Wut in ihr hoch. Wie konnten ihre Clangefährten nur so über Möwenschrei reden? Sie betrachtete Mohnrose, die sich verlegen das Brustfell leckte und leise etwas miaute, was sie nicht verstand.
»...weißt du noch ... ewig bei Streunern ... so ein Verräter!« Rauchflamme schüttelte den Kopf.
»Möwenschrei ist unser Heiler, unser Freund und Clangefährte!« Bernsteinwind trat in den Regen hinaus. »Ich bin mir sicher, dass er immer sein Bestes gibt. Außerdem zeigt es doch nur, welch ein gutes Herz er hat, dass er auch Fremden seine Hilfe anbietet!«
»Ich glaube nicht, dass Streuner ...«, begann Krähenfluch, wurde jedoch von einer Stimme aus dem Heilerbau unterbrochen: »Und was, wenn es ein Fuchs war? Wenn ein Fuchs sich die Jungen geschnappt hat? Der ganze Clan wäre in Gefahr!«
Das Miauen war zwar nicht laut gewesen, doch Krähenfluch schien sofort alles andere zu vergessen, sprang auf und rannte an Bernsteinwind vorbei in den Heilerbau.
»Dämmerlied«, hörte Bernsteinwind ihn sagen, »niemand hat Hinweise darauf gefunden, dass es Füchse im Territorium geben könnte.«
»Aber der alte Fuchsbau an der Grenze ...«
»Der ist seit Blattwechseln verlassen, das weißt du doch.«
»Was wenn sie zurückgekehrt sind?«
»Die ehemaligen Bewohner sind sicher schon vor Monden an Altersschwäche gestorben.« »Bestimmt erleben die Jungen da draußen gerade einfach nur ein total spannendes Abenteuer. Selbst, wenn sie sich nur irgendwo vor dem Regen verkrochen haben.« Blattsilber, die am Rand der Gruppe und nur halb unter dem Strauch gesessen hatte, schüttelte sich leicht und begann, die Feuchtigkeit aus ihrem regennassen Pelz zu lecken. Ein Klumpen blutiger Spinnenweben löste sich von ihrem Brustfell und fiel zu Boden. Sie spießte ihn mit den Krallen auf, versuchte, die Spinnenweben wieder auf ihre Wunde zu befördern. Als es ihr nicht gelingen wollte, hievte sie sich auf die Pfoten und schleppte sich in Richtung Heilerbau.
»He, vorsichtig!« Lehmpfote sprang an Bernsteinwind vorbei und auf Blattsilber zu. Bernsteinwind wollte ihm gerade folgen, um ihre jüngere Clangefährtin zu stützen, als Pfützenstern sie mit dem Schweif an der Schulter berührte.
»Komm mit«, miaute die Anführerin. »Es wird Zeit, dass die Suchpatrouillen eingeteilt werden.«
***
»Fuchsjunges! Goldjunges!«, hörte Bernsteinwind die Rufe ihrer Clangefährten durch den Wald hallen.
»Haferjunges!«
»Möwenschrei?«
»Brombeerjunges?«
Die Königin hastete durch den Wald, kroch in Erdkuhlen, die von umgefallenen Bäumen oder darüber hängenden Ästen bedeckt wurden, kämpfte sich durch Gestrüpp, spähte in kleine Höhlen unter dicken Wurzeln. Ab und an blieb sie stehen, um die Luft zu prüfen, doch der Regen hatte die meisten Gerüche herausgewaschen. Inzwischen hatte er allerdings nachgelassen. Nur wenige, feine Tropfen fanden ihren Weg durch das Astwerk hoch über den Köpfen der Katzen. Im Stillen dankte Bernsteinwind dem SternenClan, dass das Wetter langsam besser wurde. Vielleicht hatten ihre Jungen sich ja tatsächlich nur vor dem Regen versteckt und würden nun den Weg zurück zum Lager antreten.
»Haferjunges«, rief sie ihren Sohn, »bitte, wenn du dich hier irgendwo versteckst, dann komm heraus! Ihr werdet keinen Ärger bekommen. Ich will doch nur wissen, wo ihr seid!«
Es war ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen, bis Pfützenstern endlich die Patrouillen eingeteilt hatte, obwohl es nicht sehr lange gedauert haben konnte. Sie wusste, dass die Anführerin keine Zeit verschwenden würde, wenn es darum ging, verschwundene Junge zu retten. Eine Gruppe, bestehend aus der Pfützenstern selbst, Dünenbriese, Rauchflamme und Krähenfluch hatte sie in Richtung Langwall in die Dünen geführt. Eine Weitere, die sich aus Flammenspritzer, Bernsteinwind, Efeupfote und Sturmschweif zusammensetzte, war in den Wald geschickt worden. Der zweite Anführer ging in der Mitte, Bernsteinwind und Efeupfote suchten rechts von ihm, Flammenspritzer durchstreifte das Gebüsch auf seiner linken Seite. So arbeiteten sie sich immer weiter vor. Doch obwohl sie inzwischen auf halber Strecke zur Grenze angekommen waren, hatten sie noch keine Spuren entdecken können.
Bitte, SternenClan, flehte Bernsteinwind in Gedanken, mach, dass alles gut ausgeht.
»Sturmschweif!« Bernsteinwind wirbelte herum, als sie hörte, wie jemand statt den Vermissten den Namen des Zweiten Anführers rief. Sie meinte, Flammenspritzers Stimme erkannt zu haben. »Ich habe ihn gefunden.«
Ihn?, fragte sich die Königin, als sie lospreschte. Wen? Fuchsjunges? Haferjunges? Oder Möwenschrei?
Sie preschte durch einen toten Strauch, in dem sich herabgefallene Äste der daneben stehenden Eiche verfangen hatten. Zweige stachen ihr in das Fell an Schnauze und Brust, doch das kümmerte sie nicht. Vor ihr sah sie Sturmschweif bereits neben Flammenspritzer stehen. Die beiden Kater schauten auf etwas am Boden herab. Nur Efeupfote war noch nicht aufgetaucht. Vielleicht hatte er Flammenspritzers Rufen nicht gehört.
Als sie näher kam, erkannte Bernsteinwind das hellgraue Fell einer Katze, die dort auf der Erde zwischen den Wurzeln einer mächtigen Eiche lag. Dreck und totes Laub klebten darin.
»Möwenschrei, wir haben dich gefunden!« Bernsteinwind schoss über die letzte Baumlänge hinweg, die sie noch von ihren Clangefährten trennte, holte alles an Geschwindigkeit heraus, was ihre Muskeln hergaben. Der Heiler lag mit dem Rücken zu ihr, schien sehr ruhig. »Hast du die Jungen gesehen? Fuchsjunges, Goldjunges, Haferjunges, Brombeer-«
Sturmschweif trat ihr in den Weg und Bernsteinwind konnte gerade noch verhindern, mit ihm zusammenzustoßen.
»-junges?«, beendete Bernsteinwind ihren Satz. Ihre Stimme brach, irgendetwas stimmte hier nicht. Warum sah Sturmschweif sie so seltsam an?
»Er wird uns nicht mehr verraten können, wo die Jungen sind«, miaute Sturmschweif ernst. »Möwenschrei ist tot.«
Nein! Bernsteinwind jaulte auf. Das durfte nicht wahr sein! Wie hatte der SternenClan den Heiler zu sich holen können, obwohl er noch so jung gewesen war, ja, sogar jünger als Bernsteinwind selbst? Er hätte noch so viel erleben und so vielen Katzen helfen können. Der Clan brauchte ihn doch, vor allem jetzt, wo im Heilerbau jedes Nest von Kranken und Verletzten belegt war!
Sturmschweif schlug auf einen morschen Ast ein, riss mit seinen Krallen die Rinde herunter. »Mäusedreck! So ein Mäusedreck! Unsere Ahnen müssen uns wirklich verlassen haben.«
Flammenspritzers Blick war auf Möwenschrei gerichtet. »Meint ihr, er könnte an der Krankheit gestorben sein?«
»Möglich«, knurrte Sturmschweif und lief zu ihm hinüber. »Jedenfalls kann ich keine Verletzungen erkennen.«
Wie betäubt beobachtete Bernsteinwind ihre Clangefährten. Die beiden Kater miauten noch etwas, doch sie hörte kaum hin. Sie tappte die letzten zwei Fuchslängen zu Möwenschrei hinüber, legte sich neben ihn ins Laub und vergrub ihre Schnauze in seinem Fell. Es erschreckte sie, wie kalt und starr der Körper des Heilers sich anfühlte, und beinahe wäre sie zurückgezuckt. Aber sie zwang sich, sich nichts anmerken zu lassen. Dies war noch immer ihr Clangefährte, möglicherweise beobachtete er sie gerade in diesem Moment vom SternenClan aus. Für einige Herzschläge verharrte sie, dann richtete sie sich wieder auf.
»Wir müssen die Jungen finden«, miaute sie, ohne den Blick von Möwenschrei abzuwenden.
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