Zweiundzwanzig

Jeremy hastete durch den Wald. Dass er überhaupt so weit gekommen war, schien einem Wunder gleich. Er rannte so schnell ihn seine dünnen Beine tragen konnten. Wenn ihn die Tamaraner in die Finger bekamen, war es aus mit ihm.

Er hoffte, das Jay seine schwere Verletzung nicht überleben würde. Er würde garantiert versuchen sich an ihm zu rächen.
Immer tiefer im Wald und vollkommen orientierungslos blieb Jeremy einen Moment stehen.

Er war noch immer bewaffnet, aber allein. Warum war er nur so dumm gewesen allein zu fliehen? Das spielte keine Rolle. Er würde es auch so schaffen. Er stand nicht das erste Mal allein in der Fremde. Er stützte seine
Hände auf den Knien ab und atmete tief durch.

Er musste nachdenken. Im Wald wäre er vorerst sicher, solange er sich nicht auffällig verhielt. Das war nicht schwer. Er war es gewohnt unter zu tauchen und sich versteckt zu halten. Wenn man es richtig anstellte konnte man sogar Wochen im Wald überleben.

Lange genug, bis ihm jemand begegnete. Dieser Jemand würde ihm aus der Patsche helfen. Solange musste er sich zurück halten
und einen großen Bogen um Dokrat machen.
Etwas knackste im Gebüsch hinter ihm. Schnell zog er sein Messer und drehte sich um. Erstaunt ließ er die Klinge sinken und lachte.
„Wie seht Ihr denn aus? Habt ihr Euch etwa in die Schlacht gestürzt?"

Die zuvor noch arrogante und selbstbewusste Jenna stand in zerrissenen Kleidern vor ihm. Sie war von Kopf bis Fuß durchweicht vor Nässe und Schlamm klebte überall an ihrem Körper. Sie wirkte auf Jeremy wie ein begossener Pudel.

„Ihr!"
Sie klang nicht besonders freundlich. Dabei sollte sie ihm dankbar sein. Oder auch nicht. Immerhin war die dämliche Senatorin noch am Leben.
„Ihr mieser, verlogener Schleimer. Ihr habt alles zerstört."
Sie funkelte ihn wütend an. Ja sie zitterte vor Wut.
„Ich habe gar nichts zerstört. Ihr seid an Eurem jämmerlichen Zustand ganz alleine schuld."

„Ich rede von der Senatorin. Ihr habt mir versprochen sie zu beseitigen. Stattdessen lebt sie noch. Und Jay, ihr habt zugelassen, dass Satjin ihn tötet. Ich wollte nicht das er stirbt.

„Alle sollten sterben, bloß nicht er."
Sie weinte.
„Nun, mir war von Anfang an klar, dass er sterben musste."
Innerlich jubelte Jeremy. Den Störenfried hatte es also erledigt! Wunderbar. Änderte zwar nichts mehr an der Tatsache, dass er vorher seinen Meister getötete hatte, aber Hauptsache Jay Mathur war tot.
„Ihr habt mich reingelegt."

Jeremy zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Ist mir gleich. Mein Ziel ist erreicht. Ihr tätet gut daran jetzt zu verschwinden. Ich bin zur Zeit nicht sonderlich gut gelaunt. Wie Ihr vermutlich ja schon wisst ist mein Meister gerade ums Leben gekommen."
„Glaubt Ihr das kümmert mich? Die Liebe meines Lebens ist tot!", schrie sie weinend. „Ich bringe Euch um!"

Tatsächlich stürzte sie sich gleich auf ihn. Nur hatte sie keinerlei Waffe in der Hand. Wollte sie ihn mit bloßen Händen umbringen? Es war lachhaft, wie sie versuchte ihn anzugreifen. Zunächst machte sich Jeremy einen Spaß daraus und wich lachend ihren Attacken aus. Dann aber hatte er genug von ihr und rammte ihr ganz plötzlich das Messer in den Bauch.

„Du bist echt witzig Süße", hauchte er an ihr Ohr. „Aber nicht witzig genug, um mich bei Laune zu halten. Also schicke ich dich jetzt zu deinem Liebsten. Dann seit ihr in der Hölle wieder vereint."

Blut lief ihr aus dem Mund und ihre Augen starrten ihn geweitet an. Sie stand nur noch, weil sie sich an seinem Wams festhielt. Als er einen Schritt zurück trat, fiel sie wie ein nasser Sack zu Boden.

Er wartete einen Augenblick und betrachtete ihre Leiche. Dann nahm er sich die Geldbeutel zurück, die er ihr zuvor gegeben hatte und verschwand in den Tiefen des Waldes. Irgendwann würde man ihren stinkenden Körper finden. Wenn die Tamaraner schlau genug waren, würden sie damit auch die Fährte zu ihm schließen.
Bis dahin blieb ihm aber noch jede Menge Zeit, um zu verschwinden. Jetzt hatte er ja wieder die Mittel dazu.



~



Es war der Schock. Definitiv der Schock, der Sanjana dazu verleitet hatte von Jeremy und Satjin zu träumen. Mit Tränen in den Augen wachte sie auf und setzte sich gerade. Ihr Kopf hatte so lange in der selben Position verharrt, dass ihr der Nacken schmerzte.

Das war nicht das Einzigste. Ihr Hals war verbunden und ihre Arme wiesen einige Blutergüsse und Kratzer auf. Alles von diesem Schwein namens Jeremy.

Samier stand ihr gegenüber an die Wand gelehnt. Er hatte einen Fuß an diese gestellt und stieß sich in rhythmischen Abständen
davon ab, nur um sich anschließend zurück fallen zu lassen. Dabei schien er mit seinen Gedanken wo anders zu sein. Mit den Fingerspitzen tippte er immer auf sein Knie.

„Alles in Ordnung?", fragte er jetzt ohne sie anzusehen. Er wirkte noch immer abwesend.
„Ja. Was macht Ihr?"
„Warten."
„Warten? Worauf?"
„Auf eine Lösung."
Sie runzelte verwirrt die Stirn.
„Hättet Ihr zufällig die Güte Euch zu erklären?"
„Ich verstehe es einfach nicht. Wie hat er das gemacht?"

Sie konnte ihm immer noch nicht folgen. Musste sie ihm denn alles aus der Nase ziehen?
„Er hat das Channa angewandt", fuhr Samier plötzlich fort. „Ich weiß, dass man damit entweder seine Umgebung beobachten kann oder, so wie ich, einen bestimmten Menschen, besser gesagt seinen Körper. Ich heile Menschen, weil ich weiß was ihnen fehlt, aber ich kann nicht verstehen, wie man durch das Channa immun gegen Gift werden kann. Alain hat es sofort gespürt, als Jay ihm von dem Gift auf Satjins Klinge erzählt hat. Auch ich habe keinerlei Anzeichen einer Vergiftung bei Jay gesehen."

„Ist das denn noch wichtig?"
Sanjana erhob sich von ihrem Platz im Flur.
„Es ist doch alles vorbei. Was passiert ist können wir eh nicht mehr beeinflussen."
In einer unbewussten Bewegung glättete sie die Falten ihres Kleides. Es war bodenlang und schlicht. Trotzdem fühlte sich Sanjana nicht wohl in ihrer Haut. Sie fühlte sich angestarrt. So als wäre sie nackt.

Was sie wohl den Geschehnissen in Schnee verdankte. Jay hatte ihr vor aller Augen seine Liebe gestanden. Was tödlich für einen Krieger war. Nicht nur wegen des Regelverstoßes, auch wegen seinen Verletzungen, die er ihr verdankte. Seit dem drehte sich alle Welt nach ihr um und tuschelte.

Die feineren Damen der Gesellschaft straften sie mit Ablehnung oder angeekelten Blicken. Keiner von ihnen verstand, wie sich Sanjana in einen Krieger verlieben konnte. Die Krieger allerdings warfen ihr eher vor das Leben eines ihrer Kameraden zerstört zu haben. Denn obwohl man Samier gestattet hatte Jays Wunden zu versorgen, würde der Rat ihn dennoch bestrafen wollen. Die zwei wachenden Krieger vor seinem Krankenzimmer bestätigten diese Annahme.
Es war einfach nur lächerlich einen sterbenden Mann unter Arrest zu stellen.

„Gebt Ihr Euch damit zufrieden?", fragte Samier und runzelte skeptisch die Stirn.
„Ich nehme Euch nicht ab, das Ihr keinerlei Fragen über Jay habt. Ich sehe es Euch an, ja spüre es sogar."
„Ich gebe zu, dass ich einige Fragen habe. Allerdings ist dies nicht der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen."

„Wohl war, Mylady."
Sanjana zerbrach sich über so manche Dinge den Kopf. Nicht zuletzt darüber wohin Jeremy verschwunden war. Ihr Vater ließ genau in diesem Moment die gesamte Stadt und die Umgebung nach ihm auf den Kopf stellen. Wer sich nicht an der Suche beteiligte, sollte das Schlachtfeld aufräumen.

Voller Euphorie schlenderten die Soldaten an ihnen vorbei, freuten sich über denn Sieg und hofften er möge lange andauern. Aber Sanjana teilte ihre Euphorie nicht.
Sie ging im Flur der Krankenstation auf und ab. Von ihren Schmerzen bekam sie nichts mit.

Sie wollte nur nicht herum stehen. Das konnte sie nicht leiden. Am liebsten wäre sie selbst
auf ein Pferd gestiegen, um sich an Jeremy zu rächen. Samier hatte sie nur schwer davon abhalten können. Aber immerhin hatte er es geschafft Jay das Leben zu retten. Allein das
reichte aus, um sie von unvernünftigem Handeln abzuhalten. Trotzdem, je länger sich Dokrat mit der Suche Zeit lies, desto weiter entkam die Ratte.

Sie hatte sich so unsagbar vor ihm gefürchtet. Ja sie war überzeugt davon, dass Jeremy sogar noch durchtriebener war als sein Meister Satjin. Jeremy war einfach nur krank im Kopf. Sie blieb stehen und schlang die Arme um ihren Körper. Sie zitterte nur bei dem Gedanken an sein vernarbtes, ekeliges Gesicht und seine schmutzigen Hände auf ihrer Haut. Wegen ihr hätte er sie ruhig mehr verletzen können, aber diese schleimigen Berührungen waren der Horror gewesen.

Es hatte schon auf dem Weg aus der Stadt angefangen, als sie noch geglaubt hatte er könne sie nicht aus der Stadt bringen. Sie hatte sich ja so gewaltig getäuscht. In ihren Kleidern hatte sie natürlich niemand erkannt.

Jeremy hatte ihr zusätzlich die Kapuze übergezogen und sich selbst als ein Krieger auf Mission abgegeben, der eine Gefangene abführte. Wobei sie nicht einmal als Frau zu erkennen gewesen war.

So hatte er sie ganz einfach durch die Stadt geführt. In einem unbeobachteten Moment war er mit ihr aus dem Tor geschlüpft. Jenna wollte er nicht mitnehmen und hatte sie einfach zurück gelassen. Was aus ihr geworden war, würde Sanjana wohl nie erfahren.

„Er kann dir nicht mehr wehtun."
Samiers Stimme holte sie zurück in die Gegenwart.
„Wie?...Ach so."
Sie sollte nicht die Zeit damit vergeuden an den Mistkerl zu denken. Sie sollte sich nur auf Jays Gesundheit konzentrierten.

„Glaubt Ihr sie lassen mich zu ihm?", fragte sie mit einem skeptischen Blick auf die zwei Wachhunde.
„Nein. Zur Zeit bin ich der Einzige, der zu ihm darf. Aber ich versichere Euch, dass ich alles für ihn tun werde."
„Vielen Dank!"

Ram und Alain kamen den Flur entlang. Alain trug einen Verband an der Stirn. Beide sahen mitgenommen aus aber nicht ernsthaft verletzt. Sanjana war sich nicht sicher, ob sie es ertragen hätte noch einen von ihnen zu verlieren. Ihre Nerven bestanden eh nur noch aus Drahtseilen.

„Samier, der Rat bittet dich um Audienz."
„Ach nein."
„Ich fürchte doch", erklärte Ram. „Du sollst die Hohen Meister über Jays Zustand informieren."

Samier knurrte verärgert:
„Ich könnte aus der Haut fahren. Warten sie nur darauf schlechte Neuigkeiten zu bekommen? Ich habe ihnen keine zu geben. Der Rat sollte Jay verehren. Immerhin hat er Satjin getötet und damit die Schlacht beendet, die allein durch ihre fehlerhafte Politik unserer Regierung entstand. Stattdessen zerreißen sie sich die Mäuler darüber, wie und wann sie ihn bestrafen können."

„Immerhin haben sie schon von der Todesstrafe abgesehen."
„Ich bitte dich, Ram, was müssen wir denn noch alles tun, damit man unsere Leistung anerkennt? Wir haben mehr als die Hälfte unsere Krieger verloren. Die noch am Leben sind, will man bestrafen anstelle zu belohnen. Was soll das denn?"



~



Es war genauso dunkel wie mit geschlossenen Augen, dachte sich Jay als er vorsichtig blinzelte. Entweder es war dunkel um ihn herum oder er war blind. Warum sollte er blind sein?

Seine Brust fühlte sich an wie ein Stein und bei jedem Atemzug fuhr ein bitterer Schmerz durch seinen Oberkörper. Zudem drückte irgendetwas an seinem Bauch. Vorsichtig tastete er danach und fuhr erschrocken zusammen. Erneut Schmerz. Sowohl im Bauch als auch im Rücken. Er bereute es sich so sehr verletzt haben zu lassen, nur um seinen Gegner zu täuschen.

Jay schloss wieder die Augen um sein Channa zu aktivieren. Er wollte wissen wo er sich befand und ob jemand in seiner Nähe war.

Sobald er seine innere Kraft fühlte, schmerzte sein ganzer Körper. Keine gute Idee. Also entspannte er sich wieder. Was nicht so einfach war. Er sah nichts, hatte überall Schmerzen und wusste nicht wer in seiner Nähe war. Was war mit Sanjana? Ging es ihr gut? Wo waren seine Freunde? Nein, an Entspannung war nicht einmal zu denken.

Plötzlich ging eine Tür auf und mehrere dunkle Gestalten traten in seinen Raum. Sie brachten Kerzen mit, die sofort alles erhellten. Nun erkannte Jay auch seinen Freund Samier, sowie zwei der Hohen Meister des Rates. Meister Dolfgeir und Meister Frey. Die beiden Meister blieben mit etwas Abstand zu Jays Krankenbett stehen, während Samier sich direkt zu ihm begab.

„Schön, du lebst noch."
„Dank dir...vermute ich."
Jays Stimme klang kratzig und sein Mund war trocken.
Samier schenkte etwas Wasser aus einer Karaffe in einen matten Messingbecher. Vorsichtig stützte er Jays Kopf und bat ihn zu
trinken. Jay nahm einige Schlucke und hustete. Das kühle Wasser tat gut.

„Wie fühlt Ihr Euch, Jay Mathur?"
Ohne das Meister Dolfgeir es sehen konnte, verdrehte Samier die Augen. „Seht Ihr das nicht?", fragte er tonlos.
„Ich wollte bloß höflich sein."
„Gewiss, aber in Anbetracht der Umstände ist diese Frage wohl von nachrangiger Bedeutung."

Während Samier sprach machte er eine kurze Untersuchung bei Jay. Das war mehr als überflüssig. Was auch immer er damit bezweckte, Samier hatte solche Grunduntersuchungen nicht nötig. Für so etwas benutzte er normaler Weise sein Channa. Doch dieses Mal wollte er wohl Zeit schinden.

„Bitte Samier, es ist uns ein Bedürfnis das Wort an Jay Mathur zu richten. Haben wir dafür Euer Einverständnis? Zu krank, um nicht sprechen zu können, scheint er ja nicht mehr zu sein."

Augenblicklich fragte sich Jay wie lange er geschlafen hatte. Samier trat zurück und sah endlich die Meister an, seit dem sie den Raum betreten hatten. Widerwillig - und das sah ihm Jay an - sagte er: „Macht es kurz bitte. Er ist noch sehr schwach."

Dann verlies Samier sehr zu Jays Bedauern den Raum. Jay brachte seine schwere Atmung unter Kontrolle und versuchte sich etwas aufzurichten. Vergebens.

„Nun wir sind heilfroh, das Ihr den Kampf einigermaßen überstanden habt", fing Meister Frey an, „Dennoch gibt es da eine Sache, die uns zu Ohren gekommen ist und den gesamten Rat höchst irritiert."

Jay nickte.
„Ich weiß, was Ihr wissen wollt. Ihr fragt Euch, ob ich meine Gefühle für eine gewisse Frau nur aus geistiger Umnachtung gestanden habe und in dem Glauben, dass ich sterben würde. Oder, ob es mein Ernst gewesen ist."

Jay verzog das Gesicht. Das Reden strengste ihn mehr an, als er jemals zugeben würde.
„Es ist nicht nötig um das Wesentliche herum zu sprechen. Ich sage euch frei heraus, dass ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin, wenn auch nicht meiner körperlichen und meine Worte zu der Senatorin der Wahrheit entsprechen. Makaber wäre es nur mich dafür an den Galgen zu bringen, wo Samier Tano mir gerade das Leben gerettet hat."
Seine Stimme war rau und seine Worte endeten mit Husten.

„Euer Tod wäre für Dokrat bedeutungslos. Erst recht nachdem Ihr die Soldaten zum Kampf motiviert habt. General Thamgeir hat Fürsprache eingelegt. Wir haben des Weiteren ausführliche Berichte von Major Ram Sarkut und Major Alain Jenssen erhalten. Ebenfalls zu Euren Gunsten."

„Wo ist dann das Problem?"
„Major, wir sind bereit über Euer Vergehen hinweg zu sehen. Immerhin verdankt Dokrat Euch sehr viel. Allerdings war die Senatorin unter Eurem Schutz. Wie auch immer es möglich war für die Saboraner sie zu entführen..."

„Wir sind bereit auch darüber hinweg zu sehen...", unterbrach Meister Dolfgeir.
„Schön. Und was erwartet mich dafür?"
„Wir sind mit Meister Joran überein gekommen, dass es das Beste sei diese...", Meister Frey schluckte, „Beziehung zu beenden. Anhand der jüngsten Geschehnisse mit Salik und seiner Tochter ist es wieder einmal erwiesen, dass Krieger keine tieferen Gefühle haben sollten."
„Egal für wen oder was", fügte Dolfgeir zwischendurch ein.
„Daher wollen wir sie nach wie vor unterbinden. Ihr müsst diese Frau aus eurem Leben streichen!"

Einerseits verblüfft darüber, dass ihn nicht mehr erwartete, hob Jay eine Augenbraue. Andererseits war es das letzte was er wollte.
Sanjana war das einzige, was er jemals wirklich wollte und nun sollte er freiwillig auf sie verzichten? Nicht möglich!

Jay seufzte. Es blieb ihm gar keine Wahl.
„Ich habe eine Bedingung."
„Eine was?"
Beide Meister schienen verdutzt.
„Ich glaube nicht, dass Ihr in der Position seid noch Forderungen zu stellen."
„Es ist ja auch eine Bedingung keine Forderung."

„Macht in meinen Augen keinen Unterschied", gab Meister Dolfgeir zur Antwort.
„Doch wir wollen wissen, was Ihr zu sagen habt, so sprecht."
„Ich will sie nach meiner Genesung nach Namalia zurück begleiten. Solange soll sie unter meinem Schutz stehen. Ich verspreche, danach den Kontakt zu ihr abzubrechen. Für
immer."

Zuerst wollten sie nicht darauf eingehen. Aber ein „Das ist nicht verhandelbar!" lies sie verzweifelt zustimmen. Selbst sie trauten
sich nicht den besten Krieger Dokrats zu verärgern. Selbst dann nicht, wenn er geschwächt war.

Samier betrat wieder das Zimmer.
„Tut mir leid, alles weitere zu einem anderen Zeitpunkt. Darf ich die Herren nun bitten sich höflich zurück zu ziehen. Er braucht Ruhe."
Als die Hohen Meister gegangen waren schloss Samier die Tür und setzte sich auf einen Stuhl neben Jays Bett.

„Vielen Dank für den Rausschmiss. Aber ich hoffe du verdonnerst mich nicht wirklich zur Ruhe."
Samier lachte.
„Und ob ich das werde. Denn je mehr du dich ausruhst, desto schneller kannst du wieder zu deiner Sanjana."
Jay rollte mit den Augen.
„Um so eher muss ich ihr auch Lebewohl sagen. Wo ist sie?"

Samier grinste breit.
„Zur Zeit läuft sie Furchen in den Gang draußen."
„Zum Teufel mit dir! Warum holst du sie nicht her?"
„Weil wir beide dafür Ärger bekommen."
„Samier bitte."
„Nein! Das geht nicht. Es geht ihr gut. Mehr brauchst du im Moment nicht wissen. Sobald es dir besser geht, lasse ich sie zu dir."

„Herrgott, Samier, ich bin nicht tot. Mir geht es wieder gut."
„Das sehe ich. Du diskutierst schon wieder. Wie auch immer du es schaffst so schnell zu heilen...solange du dich nicht von alleine aufrichten kannst, bleibt Sanjana und jeder andere draußen. Ärztliche Anordnung."
„Ich verfluche dich."
„Damit kann ich leben."

Er lehnte sich entspannt zurück.
„Sag hast du in Namalia herausfinden können wer hinter den Drohungen steckte?"
„Hast du deine Nase schon wieder in Dinge gesteckt, die dich nichts angehen?", fragte Jay mit zusammen gekniffenen Augen.

„Ich hab nur ein bisschen recherchiert."
„Und was ist dabei heraus gekommen?"
„Nicht viel. Nur solltest du wissen, dass jemand von den Flüchtlingen aus Namalia tot aufgefunden wurde. Da die Saboraner niemals in die Stadt gekommen sind, muss sie jemand ermordet haben."
„Sie?"

„Ja, Lady Clare Kleymond wurde letzte Nacht tot in ihrem Gasthaus gefunden. Zur Strafe wurden ihre Diener und Wachen erhängt."
„Wie bitte?"
Entsetzt versuchte Jay sich aufzusetzen nur um gleich vor Schmerzen wieder zusammen zu zucken.
„Sachte, mein Freund."
Samier half ihm sich in die Kissen zurück zu legen.
„Ich kannte sie. Ich bin ihr in Namalia begegnet."

„Nun sie schien etwas mit der Sache zu tun zu haben. Man hat bei ihr geheime Dokumente und Briefe gefunden, die eine Zusammenarbeit mit Saboran nicht ausschließen."

Jay war entsetzt. Die Frau hatte auf ihn niemals wie eine Verräterin gewirkt. Sie schien auch die Senatorin zu mögen. Er hatte bei ihrem Treffen mit Sanjana keinerlei Argwohn oder Ablehnung gespürt. Allerdings zweifelte er noch an seinen Fähigkeiten, wenn Sanjana in der Nähe war. Sie konnte ihn gefährlich stark ablenken. Das war nicht gut. Ein Grund mehr die Beziehung zu ihr zu beenden.
Er seufzte.

„Was denkst du, Jay?"
„Das mehr dahinter steckt. Und ich finde nur noch Gründe Sanjana zu verlassen, anstelle bei ihr zu bleiben."
„Dann tu es nicht."
„Unmöglich."
„Nicht für dich."
Jay legte die Stirn in Falten und schaute Samier fragend an.
„Wie meinst du das?"

„Langsam glaube ich du solltest dem Tinuval Orden einen Besuch abstatten", meinte Samier trocken. „Dein Channa wird stärker. Wie auch immer du das machst...du musst es im Auge behalten, sonst könnte es dich eines Tages vernichten. Du weißt was mit Kriegern passiert ist, die ohne rechtes Wissen zu stark geworden sind."

„Der Rat lässt mich bestimmt nicht gehen."
„Der Rat muss es nicht erfahren. Seit wann hältst du dich daran, was der Rat dir sagt?"
„Auch wieder war."
Samier erhob sich und richtete den Stuhl gerade. Er war wirklich pingelig. Ein Grund für seinen Erfolg als Heiler. Er arbeitete gewissenhaft und sauber. Deshalb wollte Jay von niemand anderem als ihm behandelt werden.

„Ich lasse dir jetzt etwas zu Essen besorgen. Dann solltest du etwas schlafen. Langsam hast du wieder Ähnlichkeit mit der Wand."
Jay brauchte sich nicht umzusehen. Natürlich waren die Wände weiß. Sie bestanden aus Kreidestein. Wunderschön, aber beengend.

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