Vier

„Meine Güte habe ich dich vermisst. Ich habe dich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen."
Samara ließ Jay los und wischte sich die Freudentränen aus dem Gesicht. Immer noch ganz starr stand Sanjana da und schien nicht mehr zu existieren.

„Ich hätte ja mit allem gerechnet in Namalia, aber nicht mit dir", meinte Jay ehrlich erfreut und betrachtete sie immer noch lächelnd.
„Ebenso wenig wie ich dich hier erwartet hätte. Was machst du hier?"

„Wir sind im Auftrag Dokrats hier", antwortete jemand hinter Jay, bevor dieser Gelegenheit hatte. Ein weiterer Krieger kam durch die Tür. Ein Mann etwa in Jays Alter schlenderte nun neben ihn und grinste über beide Ohren.

Er trug ebenfalls nur schwarze Kleider, die das Wappen Dokrats zeigten. Seine braunen Haare waren länger und fielen in sachten Wellen herunter. Mit seinen gold- braunen Augen sah er Sanjana kurz an und nickte höflich zur Begrüßung. Allerdings gab er ihr nicht den ehrenvollen Gruß eines Kriegers. Auch er war stattlich und ansehnlich.

„Tristan!", quietschte Sama jetzt noch lauter und fiel auch dem zweiten Mann um den Hals. Als sie sich wieder von ihm löste bemerkte sie schmunzelnd:
„Hätte ich mir ja denken können, dass Jay dich im Schlepptau hat. Wo er ist, bist du nicht weit."

Sie lachte und Tristan stimmte zurückhaltend mit ein.
„Es ist aber eine angenehme Überraschung dich hier zu sehen. Ich hoffe dir geht es gut."
„Mir geht es gerade fantastisch, wo ich euch beide sehe."

Sie wandte sich wieder an Jay. „Drei Jahre hab ich euch nicht gesehen. Nicht drei Monate, es sind drei Jahre."
Ihre Worte
bargen einen vorwurfsvollen Unterton. Jay wirkte verlegen und sah zur Seite.
„Was soll ich sagen... ich war beschäftigt."

„Ja du bist immer beschäftigt. Hast nicht einmal Zeit für deine engsten Freunde."
Sie verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
„Reicht dir ein; es tut mir leid?"
Jay beugte sich vor und schaute in Samaras leuchtend blaue Augen. Ihre goldenen Haare fielen ihr in sanften Wellen über die Schulter.
Sie wirkte immer so unschuldig und zerbrechlich. Dabei steckte in ihr eine Furie.

Nachdem er sie so ansah und lächelte, schmolz der Trotz aus ihrem Gesicht und Samara lächelte. Mit einer Handbewegung schwang sie ihre Haare nach hinten.
„Nagut, aber nur weil du es bist. Du weißt ganz genau, dass ich dir nicht lange böse sein kann."

Wo war die Frau hin, die eben noch von Anstand und Benehmen gesprochen hatte?
In seiner Gegenwart war Samara noch ungezwungener als mit Sanjana. Das machte die Freundin wahrlich eifersüchtig und mehr als neugierig.

Mit ihrer Faust haute Samara ihm sanft auf die Brust.
„Aber ich habe noch eine erfreuliche Nachricht für dich."
Jay richtetet sich wieder auf.
„Alain und Ram sind auch hier. Sie warten draußen. Mensch werden sie sich freuen, dich zu sehen."

Samaras Augen wurden noch größer. Es dauerte einen winzigen Augenblick, dann grinste sie und lief hinaus. Verblüfft sah Sanjana ihr nach, als hätte sie ihre Freundin all die Jahre nicht wirklich gekannt. Tristan kicherte und sah ihr nach.
„Du weist schon, dass es ein Fehler war ihr das zu sagen."

„Ach...nicht der Rede wert. Sie wird ihn schon nicht fressen."
Jay lächelte ebenfalls. Aber das warme Lächeln, dass sich in seinem ganzen Gesicht und seinen Augen gezeigt hatte, war plötzlich verschwunden. Er wandte sich wieder Sanjana zu.
„Verzeiht mein unangekündigtes Eindringen, Mylady, aber meine Anwesenheit ist von dringender Wichtigkeit."

Mylady? Hatte sie richtig gehört. Wieso sprach er sie so an? Er konnte unmöglich wissen, wer sie wirklich war. Das wussten nur die Bewohner ihres Hauses. Denn sobald sie einen Fuß vor ihr Tor setzte, war sie die Senatorin von Namalia.

Aber nicht hier und jetzt. Nicht in diesen Kleidern. Nicht so.
„Wer seid Ihr und was ist von so dringender Wichtigkeit, dass es einen Krieger Dokrats zu mir bringt?", fiel Sanjana in den geschäftigen Unterton mit ein.

„Ah, ich vergaß mich vorzustellen, Sama hat mich ganz überrumpelt."
Als er ihren Namen sagte funkelten seine Augen kurz auf.
„Mein Name ist Major Jay Mathur aus Dokrat. Dies ist Major Tristan Carvain."
Er deutet erst auf sich und dann auf Tristan.
„Wir wurden im Auftrag Eures Vaters hier her entsannt."

„Meines Vaters?"
Sanjana stockte der Atem als Jay ihren Vater erwähnte und ihre Miene verdunkelte sich.
„Was will mein Vater denn plötzlich von mir?"
Anstelle zu antworten nahm Jay ein Stück Papier unter seinem Mantel hervor.
„Lest selbst."

Es war nicht die Schrift ihres Vaters noch war sein Siegel auf dem Papier. Es war das offizielle Siegel Dokrats. Sanjana brach es und las die Worte auf dem Papier mit Argwohn.

Hochverehrte Senatorin,

Im Auftrag Dokrats werden diese Krieger zu Eurem Schutz geschickt. Es liegt nicht in Eurem Ermessen über ihr Schicksal zu entscheiden, noch sie weg zu schicken. Allein Dokrat ist es unterstellt über sie zu entscheiden. Ich bitte Euch Dokrats Wunsch, sie bei Euch zu behalten zu respektieren...

Auch wenn es nicht seine Handschrift war und auch nicht sein Siegel, hätte Sanjana schwören können, dass dies das Werk ihres Vaters war. Sie faltete das Pergamentpapier zusammen ohne den Rest zu lesen und sah Jay dann wieder an.

„Zu meinem Schutz? Was soll das bedeuten?", fragte sie und versuchte ihren Ärger im Zaun zu halten.
„Genau das, was dort steht."
Jays Blick war kühl. Seine ganzes Gesicht war ausdruckslos.
„Und mehr Erklärung kann ich wohl nicht von Euch erwarten?"
„Euer Vater bat mich als Euer Leibwächter aufzutreten und Euch vor Gefahren zu beschützen."

Es dauerte einen Moment bis Sanjana seine Worte verdaut hatte. Dann brach sie in ein ironisches Lachen aus.
„Ich glaube kaum, das mein Vater so plötzlich um meine Sicherheit besorgt ist. Immerhin war es ihm in den letzten Jahren auch nicht wichtig. Außerdem brauche ich keinen Schutz. Ich habe Wachen. Notfalls stehen mir die Stadtwachen Namalias persönlich zur Verfügung. Also warum sollte ich da auf den Schutz von Kriegern angewiesen sein?"

Sie drehte sich um und entfernte sich einige Schritte von den Kriegern.
„Ich bedaure, Ihr habt den Weg umsonst gemacht."

Als sie sich wieder umdrehte und entschlossen die Arme vor der Brust verschränken wollte, wäre sie fast erstarrt vor Schreck. Jay war ihr gefolgt und sie hatte es nicht einmal gehört. Er stand nicht mehr an derselben Stelle wie zuvor. Nein er stand jetzt nur wenige Zentimeter von ihr entfernt und ein schelmisches Lächeln spielte um seinen Mund.

Seine Augen funkelten sie an. Seine wunderschönen grauen Augen wirkten so kalt und erschreckend, dass ihr ein kalter Schauer den Rücken hinunter lief.
„Ihr könnt mich nicht wegschicken."
„Ich akzeptiere diesen Auftrag nicht."
„Das müsst Ihr nicht. Es reicht, dass ich es getan habe."

„Ich werde schon dafür sorgen, dass Ihr wieder verschwindet, Major. Mein Vater hat sich jahrelang nicht um mich gesorgt. Was soll das jetzt auf einmal? Ich glaube nicht dass...."
„...die Situation so ernst ist?", beendete Jay ihren Satz als Frage.
„Was wisst Ihr schon über die Situation. Ihr könnt nicht wissen welche Gefahren Euch drohen."

„Ich bin mir sehr wohl im Klaren über die Drohungen. Ich erhalte täglich welche. Aber das hat mich noch nie eingeschüchtert."
„Ich rede nicht von irgendwelchen Drohungen. Ich rede von einer ernsthaften Bedrohung."

Sanjana schwieg einen Moment.
„Was wisst ihr darüber? Wer droht mir?"
„Das weiß ich nicht... noch nicht. Aber ich bin hier, um es heraus zu finden. Ich lasse nicht zu, dass Ihr mich daran hindert meine Arbeit zu machen."

Sanjana wurde langsam richtig wütend. Das alles konnte doch nur ein schlechter Witz sein. Als würde sich ihr Vater über sie lustig machen.
Sie starrte in Jays unergründliches Gesicht. Warum verzog er nicht mal die Miene? Er sah zwar ernst aus, aber kein Gefühl regte sich in seinem Gesicht. Und was hatte er mit ihrem Vater zu tun? Sie beschloss ihn sofort danach zu fragen.

„In welcher Verbindung steht ihr zu meinem Vater?"
Er wirkte verdutzt und ein Funke regte sich in seinem Gesicht. Dann aber war seine Miene wieder steif.
„Euer Vater ist der General von Dokrat und ich stehe in seinem Dienst. Außerdem ist er mein Meister gewesen für viele Jahre."

Er schwieg einen Moment. „Warum fragt Ihr?"
„Ich will nur herausfinden wozu mein Vater Euch angestachelt hat."
„Angestachelt? Ich habe einen Befehl vom Hohen Rat der Krieger bekommen. Das müsste Euch eigentlich reichen."
„Nein", erwiderte Sanjana entschlossen. Sie traute ihm nicht. Sie traute dem Pergament nicht und sie traute ihrem Vater nicht.

„Jetzt hört mir mal genau zu..."
Jay kam ihr noch näher. Sanjana erstarrte und wagte nicht zurück zu weichen. Seine grauen Augen waren auf einmal nicht mehr nur starr. Sie funkelten sie wütend an. Sie verkrampfte.

„Ich bin hier her gesandt worden, um Euer Leibwächter zu sein. Mir gefällt das ebenso wenig wie Euch, doch haben wir leider keine Wahl als uns Dokrat zu beugen. Ihr seid dem Senat und dem Rat von Dokrat sehr wichtig. Und ich habe dafür zu sorgen, dass Euch kein Haar gekrümmt wird. Ob ihr wollt oder nicht, ich bleibe. Ich habe Euch lediglich darüber informiert und nicht gebeten."

Seine Worte waren scharf wie eine Klinge. Und sein Blick sagte ihr, dass jeder Widerspruch zwecklos war. Sie musste sich beugen.

Sie ließ die Arme neben ihren Körper sinken, funkelte ihn aber immer noch wütend an. Sie starrte geradezu in seine Augen. Einen langen Augenblick schienen beide ein Duell unausgesprochener Worte auszufechten.

Dann wurde sein Blick weicher und letztendlich wieder unergründlich. Als würde er eine unsichtbare Mauer aufbauen. Keiner wandte sich ab und Sanjana hätte ihn ewig so ansehen können. So wütend sie auch war. In seinen Augen könnte sie sich verlieren.

Jetzt sah sie etwas anderes. Es war keine Mauer, nein es war...viel mehr in ihnen zu sehen. Was zuerst unergründlich schien war jetzt umso klarer. Seine Augen zeigten ihr alles. Seine gesamte Gefühlswelt auf einmal.

Als wären sie Narben, erzählten sie eine Geschichte - seine Geschichte. Sie versuchte sie zu lesen. Hass, Traurigkeit, Einsamkeit, Wärme, Güte und eine grenzenlose
Müdigkeit...alles spiegelte sich für einen kurzen Moment in seinen Augen und sie hätte schwören können, dass das Grau einem schwachen Grün wich. War das möglich? Hatten seine Augen eine andere Farbe? Da war es auch schon wieder verschwunden und seine Augen waren wieder grau.

Als hätte er es gespürt, wich er zurück. Seine gesamte Ausstrahlung war verwirrt und Sanjana spürte, wie er wieder eine Mauer aufbaute. Der Mann war ihr ein absolutes Rätsel. Und das faszinierte sie ungemein.

Er senkte den Blick, so dass ihr der Blick in seine Augen verwehrt blieb.
„Ich habe verstanden", sagte sie daraufhin. „Ich werde mich dem Willen Dokrats beugen. Doch brenne ich darauf mehr zu erfahren."

Sie drehte sich um, rief einen Diener herbei und bat ihn die Krieger zu ihren Quartieren zu führen. Nachdem sie sich im Haus einquartiert hätten wollte sie mehr von Jay wissen. Wollte mehr von seinem Auftrag erfahren. Auch wenn er sie im Moment mehr interessierte als alles andere. Sie musste sich darauf konzentrieren, warum die Krieger hier waren. Von welcher Bedrohung er gesprochen hatte.

Zu ihrer Verwunderung wollten die Krieger nicht dem Diener folgen. Sie kümmerten sich zunächst um das Haus. Jay veranlasste, dass ihre Pferde versorgt und im Stall untergebracht wurden.

Als Samara mit den beiden anderen Kriegern zu ihm kam verschwendete er nicht viel Zeit damit sie der Senatorin vorzustellen und gab ihnen einen Haufen Anweisungen. Er
stellte innerhalb kürzester Zeit das ganze Haus auf den Kopf, durchsuchte jedes Zimmer ohne Rücksicht auf Privatsphäre.

Er verschaffte sich einen Überblick über das gesamte Grundstück und lies von Tristan die Wachen zählen. Außerdem sollten alle Fenster verstärkt werden und durften nicht mehr geöffnet werden. Das Hauspersonal wurde zu Sanjanas Widerwillen auf die Hälfte reduziert.

„Zur Not koche ich das Essen und helfe Euch in den Morgenmantel", hatte Jay nur mit Schalk in der Stimme gemeint und ihr den Apfel aus der Hand genommen, den sie schon ganz vergessen hatte. Daraufhin war Sanjana hoch rot angelaufen. Sie hatte sich immer noch nicht umgezogen und ihn keine Minute aus den Augen lassen wollen.

Sie konnte sich das beim besten Willen nicht vorstellen, wie Jay kochte oder ihr wie ein Diener in die Kleidung half. Allein bei dem Gedanken daran wurden ihre Wangen so rot, dass Samara sie darauf ansprach, ob sie Fieber hätte.

Nach einer Weile hatte Jay Mantel und Umhang abgelegt und blieb in der Halle stehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah den Leuten zu, wie sie alle seine Befehle ausführten.

Natürlich war jeder dazu bereit den Befehlen eines Kriegers Folge zu leisten. Denn wenn es nicht sein energischer Ton war oder seine Angst einflößende Ausstrahlung, war es die Tatsache, dass das Wort eines Kriegers in Gefahrensituationen über allem stand.

In der Regel ordneten sich Krieger ihr als Senatorin unter. Doch nicht, wenn es die Situation verlangte. Er war zu Sanjanas Schutz gekommen. Und in diesem Fall stand sein Wort sogar über dem ihrem. Es ärgerte sie sehr. Noch mehr, dass sie machtlos gegen ihn war.

Zugleich bewunderte sie seine Entschlossenheit. Seit langem hatte es jemand gewagt so mit ihr zu reden. Jay machte sich - abgesehen von anfänglicher Höflichkeit - nichts daraus, dass sie eine Senatorin war.

Abermals stieg Ärger in ihr auf. Ihre Gefühle waren durcheinander und sie konnte gar nicht damit umgehen. Wusste nicht, was sie von der Situation halten sollte. Was sie von den Kriegern halten sollte - insbesondere von Jay.

„Seid ihr denn gar nicht müde?", wollte  Samara wissen. Mittlerweile hatten sich Ram und Alain bei Sanjana vorgestellt. Ram - ein kleinerer Mann als Jay, jedoch noch größer als Sama - hatte blonde glatte Haare. Seine Augen leuchteten genau so blau wie die von Sama.

Auch er war kräftig, schlank und athletisch. Nur hatte Ram eine freundliche und offene Ausstrahlung - ganz im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten Major Mathur. Sein rundes Gesicht war von der Sonne gerötet und seine Augen wuselten aufmerksam umher.

Alain wiederum schien ganz anders. Er war groß, weniger kräftig und ruhig. Absolut ruhig und entspannt. Seine dunklen Augen blieben die ganze Zeit auf Jay, schenkten ihm absolute Aufmerksamkeit und Sanjana verspürte absoluten Gehorsam ihm gegenüber.
Alain gehorchte Jay nicht nur.

Er schien begierig darauf zu sein jeden seiner Wünsche sofort und ohne Nachfragen zu erfüllen. Dabei sprach er kein einziges Wort. Er stand nur da und stützte sich mit den Händen auf sein breites Schwert, das sich optisch fast in den hellen Boden in Sanjanas Halle zu bohren schien. Sie mochte seine Fähigkeiten nicht einmal erahnen.

Sie nahm sich die Gelegenheit die Krieger weiter zu mustern und aus ihnen schlau zu werden.

Alanis Haare waren dunkel und kurz geschoren. Jedoch nicht so dunkel wie Jays Haare. Sanjana kannte auch keinen Tamaraner, der jemals so dunkle Haare gehabt hätte und dabei eine so helle, glänzende Haut.

Sie wirkte fast wie edles Porzellan. Dünn und zerbrechlich. Sie war auch relativ hellhäutig - dank ihrer Mutter. Aber Jays Haut war anders hell. Ganz im Gegensatz dazu stand die dunkle Mahagoni-Haut von Alain und die beige-braune von Ram. Es mag sein, dass sie durch die Sonne gebräunt waren, aber in ihnen erkannte man sofort tamaranisches Blut.

Tamaraner waren in der Regel mit einer dunkleren Hautfarbe gesegnet. Deshalb war es ihr umso mehr klar, dass Jay kein Tamaraner war. Wer er auch war, er gab Sanjana mehr Fragen, als er ihr beantwortete.

„Ein Krieger kennt keine Müdigkeit, Sama. Zum Ausruhen ist jetzt keine Zeit", entgegnete Ram.
„Aber ich bin mir sicher, der Weg hier hin war anstrengend."
„Es waren nur drei Tage."
„Drei?", riefen Sanjana und Sama gleichzeitig. „Ich kenne keinen, der diesen Weg in drei Tagen zurücklegt."

„Jetzt schon."
Ram stupste Sama grinsend auf die Nase.
„Trotzdem...Erst Recht nach nur drei Tagen müsst ihr erschöpft sein."
„Sama, hör auf damit."
Das Grinsen verschwand aus Rams Gesicht. Er wirkte sehr ernst.
„Ich weiß deine Fürsorge für uns zu schätzen, aber wir sind nicht hier her gekommen, um Urlaub zu machen. Wir sind immer noch im Dienst."

„Entschuldigung", sagte Samara kleinlaut.
Seit wann war sie denn so unterwürfig? Wo war die Energie geladene Frau hin? Lag es an dem Einfluss der Krieger? Sanjana sah ein
unglaubliches Maß an Respekt, Bewunderung und Zuneigung den Kriegern gegenüber. In ihrer Gegenwart verhielt sie sich anders. Fast eingeschüchtert.

Jay löste sich aus seiner starren Haltung und ging an Sanjana vorbei auf die anderen zu. Sie hielt ihn am Arm fest und er wandte sich zu ihr. Sie spürte jede Bewegung seiner Muskeln unter der schwarzen Kleidung.

„Darf ich wenigstens meine Pferde behalten, oder jagt Ihr die auch in alle Winde?", fragte sie trotzig. Sie wusste gar nicht warum sie ihm diese Frage stellte. Er war doch nicht ihr Feind. Wenn sie einen Feind hatte, dann war es ihr Vater. Jay konnte doch nichts für ihren Frust. Zumindest versuchte sie sich das einzureden, wenn sie an den zornigen, eiskalten Blick dachte, mit dem er sie zuvor betrachtet hatte.

„Wenn ihr mir weiterhin solch dumme Fragen stellt und mich bei meiner Arbeit hindert, ziehe ich es vielleicht in Erwägung."
Jay grinste falsch und streifte ihre Hand von seinem Arm. Eine ganz normale Berührung und ein flüchtige dazu. Dennoch erstarrte sie, als seine kalten Finger ihre Haut berührten. Wie konnte er sie nur so nervös machen und gleichzeitig so wütend?

„Ich will Euch nicht an Eurer Arbeit hindern."
„Gut."
Er entfernte sich und blieb bei den anderen Kriegern und Samara stehen.
Sanjana hatte die Nase voll. Sollte er doch machen was er wollte. Gereizt lies sie alle zurück und stapfte die Treppe hinauf in ihre Gemächer.

Trotzig lies sie die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Einen Moment überlegte sie, ob sie diese abschließen sollte. Nach einem kurzen Zögern, zog sie den Riegel vor. Das erste Mal seit sie in diesem Haus lebte, verriegelte sie die Tür.
Als ob das einen Krieger aufhalten würde.

Dann sah sie sich verzweifelt um. Hatten die Krieger nicht vorhin alle Räume durchsucht? Davon war jetzt keine Spur zu sehen. Was auch immer sie getan hatten, es fiel nicht auf. Ihre Gemächer sahen genauso aus wie zuvor. Als wäre nur sie hier gewesen. Als hätte man nichts angefasst.

Sie ließ sich auf einen Sessel fallen, streifte ihre Stiefel von den Füßen und öffnete die Korsage. Nachdem sie eine Weile zerknirscht in ihrem Schlafgemach herumgesessen hatte, stand sie auf und ging in den Waschraum. Sie musste endlich diese Kleider los werden.

Nachdem sie sich ordentlich geschrubbt hatte und wieder sich selbst im Spiegel erkannte, ging sie zu ihrem Kleiderschrank. Ein grimmiges Lächeln umspielte ihren Mund. Sie hatte eine Schlacht vor sich und sie würde nicht kampflos untergehen. Jay hatte ja keine Ahnung mit wem er es zu tun hatte.

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