Sechzehn
Maya fühlte sich unbehaglich. Was war nur passiert, dass Brock auf einmal ihren Platz in der Zelle eingenommen hatte? Er hatte ein ziemlich blaues Gesicht gezeigt und bestimmt eine gebrochene Nase. Als Elay sie kurz darauf in Antonios Kajüte brachte, fand sie ihre Antwort. Antonio saß halb auf dem Tisch und versuchte sich eine Pistolenkugel aus der Schulter zu fischen.
Es würde eine Narbe geben. Eine weitere unter vielen auf seinem Oberkörper. Er blickte nur flüchtig auf, als Maya herein trat und auf das Blut starrte. Hatte er Brock so zugerichtet? Sah fast so aus. Seine Fingerknöchel schienen geschwollen. Davon abgesehen schien es ihm gut zu gehen. Rein körperlich betrachtet.
Er verzog das Gesicht, als er die Kugel herauszog und auf ein Tablett neben sich auf dem Tisch ablegte. Dann reinigte er die Wunde mit einem feuchten Tuch, kippte Alkohol über die Wunde und trank anschließend einen großen Schluck aus der Flasche.
„Tut mir leid, dass du das sehen musstest. Brock und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit."
„Muss schlimm gewesen sein", sagte Maya nüchtern und deutete auf seine Schusswunde.
„Er hat gesagt, dass er dir am liebsten eine Kugel durch den Kopf pusten wolle. Daraufhin habe ich ihm ins Gesicht geschlagen. Leider hatte er dabei noch die Pistole in der Hand."
„Ihr habt euch meinetwegen gestritten?"
Er nickte und versuchte sich einen Verband um den Arm zu wickeln. Allerdings fehlte ihm dafür einfach das Fingerspitzengefühl. So rutschte ihm der Verband immer wieder herunter.
„Ich werde dich zurück bringen. Deine Krieger sollen dich endlich nach Skeliva zurück bringen. Mit Brock werde ich schon fertig. Mach dir um ihn keine Gedanken. Sobald du bei deinen Leuten bist, wirst du in Sicherheit sein."
„Hör auf!", rief Maya panisch. Das war das letzte was sie wollte.
„Du kannst nicht erst von meiner Mutter sprechen und dann erwarten, dass ich nach Hause gehe. Das kannst du nicht von mir verlangen, Antonio."
„Maya, du bist in Gefahr. Ich kann dich nicht vor Darian schützen."
„Das musst du auch nicht. Ich will nur, dass du mich zu ihm bringst."
Er stieß laut die Luft aus und senkte den Kopf. Es schien im gar nicht zu gefallen. Doch das sollte ihn nicht kümmern. Maya musste einfach ihre Mutter sehen. Die Hoffnung dort auch Jay zu finden, war überwältigend. Wie viel wusste Antonio darüber und wie viel würde er ihr sagen?
Vermutlich war es keine gute Idee ihn danach zu fragen. Jedes Wort, das er ihr offenbarte, würde ihn mehr in Schwierigkeiten bringen. Auch das wollte Maya nicht. Allein sich eine Kugel für sie einzufangen war schon genug. Irgendwie war dadurch ihr Zorn auf ihn verflogen.
Wieder rutschte der Verband vom Arm und Maya war es leid nur zuzuschauen. Also seufzte sie und ging zu ihm. Mit geschickten Händen brachte sie den Verband an. Dazu brauchte man nun wirklich keine Ausbildung.
Sie spürte seinen Blick auf ihr. Nervös versuchte sie überall hinzusehen, nur nicht in seine tiefblauen, forschenden Augen.
Plötzlich durchbrachen seine Worte die unangenehme Stille zwischen ihnen.
„Ich kann das nicht, Maya."
Fragend schaute sie nun doch zu ihm auf.
„Ich kann dich nicht an Darian übergeben. Nicht weil mir vor ihm graut oder vor dem was er vor hat. Es ist einfach meine Sorge um dich, die mich davon abhalten will. Wie kann ich dich zu ihm bringen, wohl wissend, dass du in Gefahr sein wirst?"
„Und wie könnte ich zulassen, dass er dir jemals wieder ein Leid antut, weil du mich hast gehen lassen?"
„Diskutieren ist wohl zwecklos, nicht wahr?"
Maya lehnte sich neben ihm an den Tisch.
„Wenn auch nur die geringste Hoffnung besteht meine Eltern wieder zu sehen, dann würde ich sie ergreifen, Antonio. Also glaub ja nicht, dass es allein wegen dir ist."
„Und wenn ich dir sage, dass es deiner Mutter gut geht?"
„Kannst du nicht verstehen, dass ich mich selbst davon überzeugen möchte?"
Er nickte schwach. Was wusste Antonio über Sanjana?
Nach einer Weile des Schweigens fragte Maya vorsichtig: „Was machen wir jetzt?"
Er entfernte sich von ihr, ging ein paar Schritte im Zimmer auf und ab, drehte sich wieder zu ihr und meinte: „Lass uns verschwinden."
„Was?"
„Uns steht die ganze Welt zur Verfügung, Maya. Wenn wir fortgehen, kann uns niemand etwas anhaben."
„Ich erzähle dir, dass ich meine Familie nicht im Stich lassen möchte und du redest vom Verschwinden. Nicht wirklich hilfreich, Antonio."
Wahrscheinlich hatte er es gar nicht ernst gemeint. Doch konnte Maya sehen, wie gerne er einfach alles hinter sich lassen würde. Nur war das wirklich so einfach?
Maya bemerkte den intensiven Blick in seinen Augen. Noch nie hatte sie jemand so angesehen. Es brachte ihr abwechselnd heiße und kalte Schauer auf ihrem Rücken und ließ in ihrer Brust einen Krater der Verzweiflung entstehen.
„Bitte sieh mich nicht so an, Antonio."
Er sagte nichts, noch hörte er auf sie auf solch stechende Art und Weise anzusehen. Dabei konnte sie nicht mehr an sich halten.
„Wenn du mich so ansiehst, wie soll ich mich denn dann nicht in dich verlieben?", klagte sie und fing an zu schluchzen. Doch ihre Worte hatten den versteinerten Antonio wieder zum Leben erweckt.
Nur kamen seine Gefühle noch stärker zum Vorschein. Er war in zwei Schritten bei ihr und nahm sie in seine starken Arme.
Seine Verletzung schien ihm egal zu sein. Hatte er keine Schmerzen?
Traurig lehnte sich Maya an seine warme Brust und lauschte seinem pulsierenden Herz. Dann spürte sie seine Hand in ihrem Haar.
„Du bist unbelehrbar, Maya."
„Musst du gerade sagen", schimpfte sie empört.
So standen sie Arm in Arm und genossen es beisammen zu sein. Zumindest empfand Maya es so.
Die Zeit verging, die Cruiser segelte entlang der Küste von Amania und suchte sich ihren Kurs in der Dunkelheit. Da trat Antonio plötzlich zurück und musterte Maya komisch.
„Darf ich dich was fragen?"
„Sicher."
Er räusperte sich. „Woher... ich meine warum trägst du solche Kleider?"
Beinahe hätte Maya laut gelacht. Es fiel ihm jetzt erst auf, dass sie wie ein Tanzmädchen gekleidet war? Zum Glück hatte sie es vorher noch geschafft sich etwas mehr zu bedecken. Wenn sie so halb nackt davon gelaufen wäre, hätte er bestimmt seltsam geschaut.
„Ich hatte leider das Glück in die Arme von Sklavenhändlern zu laufen. Diese haben mich an ein Bordell verkauft", erklärte Maya so gelassen sie konnte.
Antonio machte große Augen. Er konnte sich durchaus vorstellen was es für eine Prinzessin bedeutete an so einem Ort zu landen.
„Ich konnte das Schlimmste verhindern, nur mögen mich die Götter davor bewahren jemals wieder einen Fuß an so einen Ort zu setzen."
Zu gerne hätte Maya jetzt seine Gedanken erfahren. Er wirkte etwas schuldbewusst, kläglich, erleichtert und glücklich zugleich. Irgendwie spiegelten sich all diese Emotionen der Reihe nach auf seinem Gesicht wieder und wiederholten sich ständig.
Ein seltsames Schauspiel, was Maya ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte. Dann schmiegte sie sich wieder an ihn und schloss beruhigt die Augen. Dieser Moment gehörte ihr. Für einen Augenblick jedenfalls wollte sie so tun, als sei die Welt in Ordnung. Als könnte sie allen Übeln trotzen und die Zeit anhalten. Sie kostete jede Sekunde bei Antonio in vollen Zügen aus. Wer weiß wie viel Zeit ihr noch mit Antonio vergönnt war?
Leider ahnte sie nicht, wie wenig Zeit das in Wirklichkeit nur war.
~
Antonio klammerte sich selten an etwas. Die meisten Dinge waren vergänglich und ihm war auch bisher nichts vergönnt gewesen. Nur mit Maya war es anders. Am liebsten hätte er sie für immer so fest gehalten. Sie liebte ihn, das wusste er jetzt mit Gewissheit. Er war so froh nicht mehr den Hass und die Ablehnung in ihren Augen zu sehen. Das war ein Anblick, den er nicht ertragen konnte. Genauso wenig wie den Gedanken sie gehen zu lassen.
„Käpt'n!" Rats lautes Rufen, holte Antonio in die Wirklichkeit zurück.
„Was hat das zu bedeuten?", fragte Maya und löste sich von ihm. Grummelnd ließ er sie los und ging nach draußen.
„Rat?"
„Käpt'n ich sehe Schiff voraus", erklärte Rat abgehackt.
Antonio ließ sich von einem seiner Männer ein Fernglas geben und lugte hindurch. Etwas weiter vor ihnen leuchteten die hellen Segel zweier Fregatten. Es war kaum eine Wolke am Himmel, somit strahlte der fast runde Mond wie eine Lampe aufs Meer.
„Das sind die Krieger aus Skeliva. Trotz beschädigter Schiffe können sie uns folgen. Beachtlich."
Auch Maya stellte sich neben ihn und sah nicht begeistert aus. Doch Antonio hatte sich fest vorgenommen sie zu ihren Kriegern zurück zu bringen. Was sie dann machen würde, war ihm egal. Also nicht gänzlich. Am liebsten hätte er sie zu Hause in Sicherheit gewusst. Doch würde sich Maya damit nicht zufrieden geben. Sie würde alles daran setzten um ihre Eltern zu finden. Antonio konnte das sogar verstehen.
Allerdings wusste Maya noch nicht, dass Darian genau hinter ihr her war. Also hinter ihrer Familie. Es reichte ihre Eltern bei sich zu haben. Maya sollte er nicht auch noch bekommen. Das würde alles verändern. Darian würde sie dazu zwingen ihm das Channa zu geben. Antonio wusste auch schon wie.
Er schaute verwirrt zum Krähennest hinauf, als Rat hinter der Cruiser ebenfalls mehrere Schiffe meldete. So wandte er sich um und hob erneut das Fernglas an seine Augen.
Eindeutig Amanias Schiffe. Noch dazu die königliche Flotte von Darian. Antonio war sofort klar worauf das hinauslaufen würde. Maya schnappte sich ungeduldig das Fernglas. Da war Antonio schon losgelaufen. So schnell war er lange nicht auf der Brücke gewesen.
Er übernahm das Steuer persönlich und lenkte die Cruiser in eine ganz andere Richtung. Er lenkte hinaus aufs Meer, fort von den herankommenden Kriegsschiffen und auch fort vom Festland. Er musste sein Schiff aus der Schussbahn lenken. Beide, Amania und Skeliva, waren an Maya interessiert. Doch nach kurzer Zeit würde hier eine Schlacht ausbrechen. Dafür war die Cruiser nicht ausgestattet. Piratenschiff hin oder her.
Er sah wie Maya zu ihm herauf eilte. „Was machst du?"
„Wir müssen hier weg, oder willst du in ihr Kreuzfeuer geraten?"
„Natürlich nicht, aber im Stich lassen können wir sie auch nicht. Sie haben eine ganze Armada vor sich. Da zählt jedes Schiff und jeder Mann an Deck."
„Ich werde mich ganz bestimmt nicht gegen mein eigenes Land stellen."
Für eine Sekunde schien sie doch tatsächlich überrascht.
„Und was hast du vor?"
„Liegt das nicht auf der Hand?"
„Du willst doch nicht etwa weglaufen?"
„Genau das hatte ich vor."
Maya starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Doch wie sollte sich Antonio gegen seinen König stellen? Wenn die Cruiser ins Gefecht geriet, brachte er Maya damit in Gefahr. Die hatte allerdings andere Pläne.
„Bitte, Antonio kehr um."
Genau in dem Moment eröffnete Amanias Flotte das Feuer und beschoss die fremden Schiffe aus Skeliva. Es gab weder eine Vorwarnung noch eine Verhandlung. Amania sah sich im Vorteil und begann den Krieg mit Skeliva. Auch wenn Skeliva das Channa besaß und die Krieger außerordentlich begabt waren, wie hoch waren ihre Chancen das Gefecht zu gewinnen, nein es zu überleben? Maya sah verzweifelt auf den Seekampf. Antonio konnte sie verstehen. Sehr gut sogar. Doch waren ihm die Hände gebunden. Er hatte weder den Mut noch die Macht sich in diesen Kampf einzumischen.
„Antonio, dreh um!", befahl Maya schon fast. Er zögerte immer noch. Wollte sie denn nicht begreifen, dass es nicht ging. Für einen Moment versuchten sich beide nieder zu starren und zu gewinnen. Da wurde es Maya plötzlich zu viel. Antonio hatte keine Ahnung wie sie das machte, aber das Steuerrad begann sich wie von Geisterhand in die andere Richtung zu drehen. Antonio hatte keine Chance dagegenzuhalten, also musste er loslassen.
Er wollte Maya böse anfauchen, doch ihm blieben die Worte im Halse stecken. Sie leuchtete. Ihr ganzer Körper tat das. Während er sie noch immer mit offenem Mund anstarrte hob sie ihre Hände und auf einmal begann das gesamte Schiff blau zu leuchten. Antonios Männer hatten über nichts mehr die Kontrolle.
Er selbst wusste nicht, was er zuerst machen sollte. Maya umbringen oder fasziniert in die Arme nehmen. Von letzterem nahm er eher Abstand. Er wusste nicht, was passieren würde, wenn er sie berührte. Unter vollen Segeln und mit einer Geschwindigkeit, die ihr Kapitän ihr selbst nicht zugetraut hätte, segelte die Cruiser direkt auf die anderen Schiffe zu.
Dabei überlegte Antonio fieberhaft, wie er das verhindern konnte. Mit ihrem Channa lenkte Maya die Kanonen, brachte sie dazu ihre Kugeln von selbst abzufeuern. Alles was sie bewegte, leuchtete unnatürlich. Doch selbst mit dem Channa war die Cruiser nie im Leben dafür ausgerüstet sich mit zehn Kriegsschiffen gleichzeitig anzulegen. Maya würde alle an Bord umbringen!
„Maya, du musst damit aufhören!"
„Nein! Sie kommen doch nur meinetwegen."
„Eben drum ja."
„Ich lasse sie nicht sterben, Antonio."
Noch bevor er etwas darauf erwidern konnte, knallte ein Kanonenschuss in ihre Richtung. Amania warnte sie. Wenn Maya so weiter machte, würde sie das Schicksal aller an Bord besiegeln.
Verzweifelt, hilflos und verstört raufte sich Antonio die Haare. Was konnte er nur tun? Was bei allen Göttern dieser Welt konnte er tun? Er wusste es in der nächsten Sekunde. Bloß war das Wahnsinn. Es würde sein eigenes Schicksal besiegeln.
Er hatte keine Zeit zu verlieren. Er musste es jetzt tun! Auch wenn Maya ihn damit für immer hassen würde. Seine Hand zitterte, als er nach seiner Pistole griff. Es war, als würde Darian hinter ihm stehen und ihm befehlen dies zu tun. Er entsicherte die Waffe und hob langsam den Arm. Er selbst konnte kaum glauben, was er da tat.
Ebenso wie Maya. Antonio würde ganz sicher niemals den Ausdruck in ihren Augen vergessen, als sie plötzlich in die graue Mündung seiner Pistole guckte. Es war weder Angst noch Entsetzen. Es war einfach nur ein unglaublicher Vertrauensbruch. Sie rührte sich nicht, sah aber so aus, als würde ihr jemand das Herz aus der Brust reißen. Antonio wusste, wie sich das anfühlte, denn genau jetzt erging es ihm so.
Noch während sie ihn anstarrte ließ sie ihre Hände sinken und das Leuchten verschwand. Die Cruiser war wieder unter seiner Kontrolle. Amania nutzte die allgemeine Verwirrung und beschoss gnadenlos seinen Feind. Skeliva hatte kaum eine Chance mit den von Maya zuvor angerichteten Schäden. So konnten die Krieger nicht einmal entkommen und die Prinzessin war dazu gezwungen zuzusehen, wie die zwei Fregatten regelrecht zerschossen wurden.
~
Antonios Handeln hatte Maya so unglaublich aus dem Konzept gebracht, dass ihr Channa auf der Stelle versagt hatte. Selbst wenn sie gewollt hätte, sie hätte ihm weder die Pistole abnehmen noch Skelivas Schiffe retten können. Ihre Brust zog sich unangenehm zusammen und plötzlich bekam sie keine Luft mehr. Wie konnte er nur eine Waffe auf sie richten? Wie konnte er nur zulassen, dass Amania so ein Grauen anrichtete? Warum konnte er sich nicht einfach auf ihre Seite stellen?
Langsam ließ er die Waffe sinken und betrachtete das Häufchen Elend vor ihm. Damit waren Maya und die Schiffe aus Skeliva gemeint, die langsam Bekanntschaft mit dem dunklen Nass machten. Als eines der Schiffe auch noch explodierte, sank Maya auf die Knie und fasste sich an ihre Brust.
Es tat so unglaublich weh. Tränen liefen ihr über die Wangen, drohten in ihren Mund zu laufen und sie zu ersticken. Sie hätte das verhindern sollen. Nur wie? Sie hatte die Macht, konnte sie aber noch nicht richtig einsetzen. Erst recht nicht, als Antonio sich gegen sie gestellt hatte. Allein dieser Verrat tat so unglaublich weh. Maya hatte das Gefühl ihr würde das Herz zerreißen.
Das Flaggschiff von Amania hisste triumphierend seine Siegerflaggen und näherte sich der Cruiser. Maya sah das nicht. Sie hörte bloß die anderen darüber reden. All das geschah in weiter Ferne. Jemand stellte sie auf die Beine. Sie sah nichts mehr. Nur ein Bild, welches ständig wieder vor ihren Augen aufflackerte. Sie war an Bord eines der gesunkenen Schiffe.
Sah die armen Männer, die hilflos versuchten sich zu retten. Sie schrieen vor Schmerzen, hielten sich an den Tauen fest, zogen sich hoch, um nicht zu ertrinken. Denn die Wrackteile sanken geschwind unter den Meeresspiegel und zogen alles andere mit sich in die Tiefe. Für Maya war es, als ob sie das direkt vor Ort miterleben würde.
Sie bekam nicht einmal richtig mit, wie das königliche Flaggschiff längsseits der Cruiser kam und kurz darauf einige in hell gekleidete Soldaten über eine Rampe an Bord liefen. Sie trugen seltsame Turbane um den Kopf, die ihnen als Schal um den Hals fielen. Vor ihrer Brust hatten sie silberne Schutzpanzer und in ihren dunklen Händen hielten sie Lanzen, während ihnen die Pistolen aus den Gürteln lugten, die ihre längeren Gewänder zusammen hielten.
Mit regloser Miene starrten sie vor sich, ohne wirklich zu sehen. Dann betrat noch jemand das Deck der Cruiser und alles verneigte sich vor Kaiser Darian Hadad Shaheen, der von jemandem genauso angekündigt wurde.
Maya schluckte ihre Trauer hinunter und sah zu dem grossen Mann. Seine dunklen Augen stachen unter seinem hellen Kopftuch hervor und verschafften sich einen Überblick. Dann blieben seine fast schwarzen Pupillen an Maya hängen.
„Das muss sie sein."
Antonio trat vor seinen Kaiser und hielt den Kopf demütig gesenkt.
„Ich habe Euch eine Channajiu gebracht, mein Kaiser, so wie Ihr es wolltet."
Noch immer hatte sich Maya nicht von Antonios Verrat erholt. Nun drehte er das imaginäre Messer in ihrem Herzen herum.
Darian lächelte begeistert und trat näher zu Maya. Er betrachtete sie wie eine Kriegsbeute, oder eher wie seinen allergrößten Triumph.
„Nein, Antonio, du hast mir nicht bloß eine Channajiu gebracht, sondern die Tochter von Jay Mathur."
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