Neun
Wieso hatte sie ihm nicht die Kehle aufgeschlitzt? Hatte sie sich nicht genau aus diesem Grund das Messer wieder geholt? Sie hatte ihn einfach gewähren lassen. Anscheinend hatte er sie mit dem Kuss weit aus mehr überrumpelt, als er gedacht hatte.
Antonio nahm ihr vorsichtig das Messer aus der Hand. Ohne sich von ihr abzuwenden ließ er es einfach so auf den Boden fallen und nahm seine Hand von ihrem Nacken. Auch jetzt machte sie keine Anstalten zu flüchten. Wer war dieses eigenartige Mädchen nur?
Was wollte sie von ihm? Antonio würde das herausfinden. Auf der Stelle.
Er packte sie an den Armen, rollte sich mit ihr übers Bett, bis er nun über ihr lag. Entgegen seiner Erwartungen schrie sie nicht und machte immer noch keinen Fluchtversuch.
Sie starrte an seinen Hals. Tat es ihr etwa leid ihn verletzt zu haben? Antonio spürte es nicht einmal. Er fasste an die offene Stelle und bemerkte das Tröpfchen nasser Flüssigkeit.
Noch immer sah sie ihn mit einem Blick an, der ihn alles um sich herum vergessen ließ. Er stützte sich mit den Armen seitlich von ihrem Kopf ab und küsste sie erneut. Dieses Mal intensiver. Er konnte sich nicht beherrschen. Nicht wenn sie ihn so ansah.
Er streichelte ihr Gesicht und ihren Hals, als wäre er es gewohnt dies zu tun. Sie schien das zu mögen. Er wollte sie berühren und lieben. Dabei sollte er dringend die Finger von ihr lassen. Sie war seine Gefangene. Dennoch gab sie sich ganz seinen fordernden Lippen hin, die jeden Zentimeter ihrer Haut schmecken wollten. Er berührte sie vorsichtig, weil er wusste wie neu das alles für sie war. Bestimmt hatte sie sich noch keinem Mann hingegeben. Er wusste es.
~
Maya hatte das Gefühl zu träumen. Eigentlich sollte sie ihn hassen, doch sie mochte alles, was er tat. Er war so zärtlich zu ihr. Dabei hatte sie ihn bis vor wenigen Augenblicken noch mit einem Messer bedroht. Sie hatte Angst vor dem, was sie erwartete. Antonio schien das zu wissen. Deshalb drängte er sie nicht, obwohl er sie wollte. Und zwar sofort.
Seine geübten Hände streichelten sie, glitten unter den Stoff ihres Kleides und liebkosten ihren Körper. Dabei gab er ihr so leidenschaftliche Küsse, dass ihr schwindelig wurde. Das Schiff schwankte vor sich hin und brach die Wellen unter sich. Das war Maya egal, solange er nicht aufhörte sie zu berühren.
Ihre Übelkeit war vergessen. Sobald er ihr das Kleid vom Körper streifte war alles vergessen. Es war unangenehm wie er sie anstarrte.
„Du bist wunderschön", hauchte er mit einem Lächeln. Anschließend streifte er sich das Hemd über den Kopf und Maya konnte abermals seinen Oberkörper und die zahlreichen Narben bewundern. Was war nur mit ihm geschehen, dass er so viele Narben hatte?
Als er auch noch begann seine Hose auszuziehen, wandte sie nervös den Blick ab. Maya hatte nie zuvor einen nackten Mann gesehen und fürchtete sich irgendwie davor. Es war ihre Unwissenheit und ihre Scham die sie dazu brachte sich unruhig in die Kissen zu drücken.
Antonio beugte sich über sie und legte seine Finger behutsam an ihre Wange.
„Hast du Angst?"
Maya schüttelte unsicher mit dem Kopf. Antonio glaubte ihr nicht.
„Hör zu, ich werde nichts tun, was du nicht wirklich willst, verstanden? Nur bitte ich dich mir ein wenig zu vertrauen. Zumindest für heute Nacht."
Sie fing seinen ehrlichen Blick auf. Warum sollte er sie jetzt verletzen, wenn er es bisher nicht getan hatte?
Sie nahm den Blitz kaum war, genauso wenig den Donner, als er sich ihr näherte und ihren Hals küsste. Er nahm ihre Hand und legte sie sich auf den Rücken, gab ihr damit zu verstehen, dass sie ihn ebenfalls berühren durfte. Doch Maya hatte überhaupt keine Ahnung was die tun sollte und ließ ihren Arm sehr schnell wieder aufs Laken sinken. Es dauerte nicht lange, bis sich ihre Nägel in den weichen Stoff bohrten und sie mit geschlossenen Augen versuchte dem Schwindel zu entgehen.
Ihre Haut kribbelte unter seinen Liebkosungen.
Antonio wusste genau, wie er sie berühren musste. Jede Bewegung, jeder Berührung von ihm war sicher und erfahren. Er beruhigte ihren angespannten Körper sehr schnell und löste ihr verkrampftes Herz, mit einer unglaublichen Hingabe und Zärtlichkeit, die sie ihm nicht zugetraut hätte.
Leider dauerte ihre Sicherheit nur so lange, wie er noch ihren Körper erkundete. Sobald er sich zwischen ihre Beine drückte, wurde sie wieder unruhig. Panik überkam Maya, als sie seine Erektion spürte.
Antonio sprach ihr verständnisvolle und beruhigende Worte zu, als er seine Finger zu ihrem Schoß gleiten ließ, in sie einführte und bewegte. Sofort war sie still, wagte nicht sich zu bewegen. Er grinste.
„Atmen nicht vergessen."
Sie stieß die Luft aus und spürte im nächsten Moment wieder seine gierigen Lippen. Seine Zunge drängte sich in ihren Mund. Verführte sie zu solch lüsternen Gedanken.
So entspannte sie sich wieder etwas und konzentrierte sich auf das schelmische Spiel ihrer beider Zungen, als sie seinen Kuss erwiderte.
Dann nahm er plötzlich seine Finger von ihrem Schoß. Noch bevor sie es sich anders überlegen konnte drückte er sich in sie.
Maya zuckte erschrocken zusammen. Es tat weh.
Antonio zog sich zurück und fuhr erneut mit einem kräftigen Stoß in sie. Ihren Aufschrei unterdrückte er mit dem Kuss, verhinderte aber nicht, dass sie sich unter ihm verkrampfte und ihm ihre Finger in die Oberarme krallte.
Er wartete. Der Schmerz ließ etwas nach, war aber immer noch präsent, als er sich langsam in ihr bewegte.
Er berührte ihre empfindliche Mitte mit der Hand und massierte sie dabei. Das lenkte sie zumindest von den Schmerzen ab.
Als ihr ein Stöhnen entglitt bewegte er sich schneller und stieß immer wieder in sie. Maya spürte, wie sich seine Muskeln unter ihren Händen bewegten. Sein Oberkörper drückte sich an ihre Brust.
Es war eine verrückte und unangenehme Situation für sie. Er war ihr Entführer.
Mit jedem seiner Stöße verringerte sich der Schmerz in ihrem Unterleib. Ein wohliges Ziehen breitete sich dort aus und brachte ihren Körper zum Zittern.
Er küsste ihren Hals, ihr Dekolleté und ihre Brüste, während sie sich ihm entgegen warf.
Noch immer fühlte sich sich leicht unbehaglich und unsicher, konnte es aber ausblenden, als er stöhnte und seine Stöße heftiger wurden. Er drückte sie ganz fest an sich, als er noch einmal laut aufstöhnte, sich noch ein paar mal tief in sie drückte und dann aufhörte sich zu bewegen. Maya hielt die Luft an. Schon wieder.
Antonio atmete schwer und blickte ihr mit verhangenen Augen entgegen. Er musterte sie lange. Maya sagte nichts, wartete auf seine nächste Reaktion.
„Das erste Mal ist immer unangenehm", erklärte er ruhig. „Doch hoffe ich, dass ich nicht allein meinen Spaß hatte."
Bei diesen Worten wurde Maya nur wieder bewusst, wie schmerzhaft es war und wie dreckig sie sich fühlte. Offenbar konnte Antonio ihr das vom Gesicht ablesen. Er schien besorgt. Wieso machte er sich denn Sorgen? Er hatte sie nicht dazu gezwungen, oder doch?
Maya drehte den Kopf zur Seite. Sie wollte ihn nicht länger ansehen. Sie bereute es irgendwie.
Antonio gab ihr vorsichtig einen Kuss auf die Wange und zog sich dann zurück. „Denk nicht so viel darüber nach. Es gibt schlimmeres, als zur Frau zu werden."
Wunderbar, jetzt fühlte sich Maya besser. Sie drehte ihren Körper auf die Seite.
Antonio ging in die Kajüte nebenan und kam kurz darauf mit einer Karaffe wieder. Er goss Wasser in die Schale und machte sich sauber. Genau das hätte Maya am liebsten auch getan, nur wagte sie nicht sich zu bewegen. Alles tat ihr weh. Ihr Körper, ihre Seele und ihr Herz.
Draußen tobte die See in einem Sturm. Blitze zuckten am Horizont, Donnerschläge knallten übers Wasser und der Regen prasselte gegen das Holz der Cruiser. Das Wetter spiegelte Mayas Stimmung wieder. Noch nie zuvor hatte sie sich so schlecht gefühlt. Dabei hatte sie es doch vor wenigen Minuten noch genossen.
Hatte sie das wirklich? Sie war sich nicht sicher. Irgendwie schon und doch wieder nicht. Welch eine Verwirrung. In ihr tobte ein Sturm von unterschiedlichen und widersprüchlichen Emotionen.
Als Antonio fertig war, hörte sie wie er das Wasser wechselte und sich seine Kleider wieder anzog.
„Du kannst es benutzen, wenn du willst. Ich...", er zögerte. Erwartete er eine Antwort? Maya sah ihn kurz an. Das Hemd hing ihm locker und knittrig über die Hose und er fuhr sich mit der Hand durch sein dunkles Haar.
Dann ging er ums Bett herum und hob das Messer vom Boden auf. In der Tür blieb er stehen.
„Jetzt sind wir uns so nahe gekommen und ich weiß nicht einmal deinen Namen."
War das nur Einbildung oder sah sie tatsächlich ein gequältes Lächeln auf seinem Gesicht.
Sie richtete sich auf und bedeckte sich mit dem aufgewühlten Laken. Warum war ihr nicht klar, denn er hatte eh jeden Zentimeter von ihr gesehen.
„Maya", antwortete sie. Vermutlich war das ein Fehler. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Hatte er sie benutzt? Hatte er sich an sie ran gemacht, um ihren Namen zu erfahren?
Als er nicht mehr von ihr hörte, sagte Antonio: „Schöner Name.
Mehr erfahre ich wohl nicht von dir." Sein Blick war seltsam. „Weil du mir immer noch nicht vertraust."
Sie schüttelte den Kopf. Sich näher zu kommen war eine Sache, aber so weit sie das wusste, hatte er nach wie vor die Absicht sie zu verkaufen.
„Ich verstehe. Das ist dein gutes recht, Maya."
Er sagte ihren Namen so anders, als alle es bisher getan hatten. Er schloss die Tür hinter sich und ließ sie allein mit der Dunkelheit und ihren seltsamen Gefühlen.
Sie blieb einen Augenblick so sitzen und ließ ihre Gedanken abschweifen, dann sank sie in die Kissen zurück und versuchte zu schlafen. Nichts da. Sie war zu aufgewühlt, um ein Auge zu zumachen. Zudem fühlte sie noch immer seine Berührungen auf der Haut. Ihr Körper schien ihr fremd und verräterisch.
So stand sie auf und machte sich ebenfalls frisch. Sie wusch sich gründlicher denn je, in der Hoffnung seinen Duft und seine Berührungen los zu werden. Es half nicht. Sie fühlte sich noch genauso elend wie vorher. Erst recht als sie den dunklen Fleck auf dem Laken bemerkte. Entsetzt über das Blut griff sie danach, knüllte es zusammen und schmiss es in die Ecke. Doch auch das zweite Laken war ruiniert. Was machte sie jetzt? Es war ein Beweis für ihrer verlorenen Jungfräulichkeit.
Wenn das jemals jemand mitbekam, dann wäre sie erledigt und Antonio auch. Adytia persönlich würde ihn an den Galgen bringen dafür. Nein, sie sorgte sich doch nicht etwa um ihren Entführer. Das Schicksal dieses Piraten konnte ihr egal sein. Doch sie würde auf immer ihre Ehre verlieren. Dann würde sie keinen Gemahl finden und am Königshof absolut in Ungnade fallen.
Schnell zog sie sich das Kleid an und wollte gerade in die Kajüte gehen, als sie Schritte hörte und kurz darauf Brocks Stimme vernahm.
„Was ist los? So besorgt habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen."
Er schloss die Tür zum Nebenraum.
„Ach nicht so wichtig."
„Ist es wegen der Kleinen? Hat sie was gesagt?"
„Nein."
Brock lachte und Mayas Herz machte einen Satz.
„Du hättest sie eben doch in die Mangel nehmen sollen. Dann wüsstest du bereits wer sie ist und woher sie kommt."
„Ich habe nicht vor ihr weh zu tun, bis wir Amania erreicht haben und Darian entscheidet, was mit ihr geschehen soll. Bis dahin werde ich sie weiterhin ausfragen."
„Das wird wohl kaum etwas nützen."
Maya hörte Antonio stöhnen.
„Hast du noch was von dem Rum?"
„Sicher. Ich hole ihn dir gleich. Vorher sag mir noch, hast du die Zeichen entschlüsselt?"
„Nein, habe ich immer noch nicht und es wird auch nicht schneller gehen, wenn du mich ständig danach fragst", antwortete Antonio genervt.
„Es wäre besser für dich, wenn du wenigstens etwas davon raus bekommst."
„Droh mir nicht. Ich weiß genau, was ich zu tun habe."
„Dann ist ja gut, Antonio. Ich hatte nur das Gefühl das Frauenzimmer würde dich zu sehr ablenken."
Maya erschrak als jemand auf den Tisch schlug. Vermutlich Antonio.
„Ich hab genug davon. Wenn du Bedenken äußern möchtest, nur zu Brock. Ich werde mich schon nicht ablenken lassen. Sie ist mir egal, ganz wie alle anderen, hörst du? Wir werden sie in Amania an Darian übergeben. Danach ist die Sache für mich erledigt."
„Gut. Du weißt, was dich erwartet, solltest du deinen Auftrag nicht pflichtbewusst ausführen."
„Schon klar", sagte Antonio gereizt.
Maya drückte in dem Moment die Tür auf und sah durch den Spalt zu den beiden Männern. Antonio hatte sich erhoben und stützte sich aufgebracht auf dem Tisch ab. Brock sah ihn mit kalten und warnenden Augen an, die Maya am liebsten sofort vergessen hätte.
Antonio bemerkte sie und schickte Brock hinaus. „Wir reden später weiter."
Sobald Brock die Kajüte verlassen hatte, kam Antonio zu ihr. Er sah müde und gestresst aus schenkte ihr trotzdem einen weicheren Blick.
Maya erinnerte sich an seine Worte. Sie war ihm wirklich egal und er würde sie verkaufen. Das eben, war nichts weiter als blankes Verlangen gewesen. Nur warum hatte er Brock angelogen? Er kannte doch bereits ihren Vornamen.
„Was ist?", fragte er sanft aber bestimmt.
Maya holte das befleckte Laken und zeigte es ihm.
„Na und?", fragte er schulterzuckend.
„Kannst du es bitte entsorgen?"
Er schaute verwirrt. Doch das Laken musste verschwinden.
„Ich werde mich später darum kümmern."
„Nein", sagte sie eindringlich. „Es darf niemand sehen. Bitte glaub mir, es ist besser so."
Antonio setzte an, um etwas zu sagen, ließ es aber bleiben. Er wartete und schien endlich zu kapieren. „Es bringt dich in Schwierigkeiten, nicht wahr?"
Sie nickte. „Und dich auch.
Antonio nahm langsam das Laken. „Wer zum Teufel bist du, Maya?"
„Jemand, der verhindern möchte, dass du an den Galgen kommst."
„Was?" Erst lachte er ungläubig darüber dann wurde er ernst. „Wieso? Ich meine warum kümmert es dich überhaupt? Ich habe dir bisher keinen Grund gegeben für mich einzustehen. Also warum bist du besorgt um mich?"
„Bin ich nicht", gab sie ehrlich zu. „Nur würde es mich genauso in eine heikle Lage bringen. Deshalb bleibt mir keine Wahl, als dich darum zu bitten es verschwinden zu lassen."
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als ob er seine Sorgen damit abwischen könnte. Dann ging er zur Bank, hob einen Teil der hölzernen Sitzfläche an und warf die Laken dort hinein.
Maya staunte nicht schlecht.
„Versteckst du dort sonst Schmugglerware?"
„Wer weiß", gab er nur grinsend zurück. Maya sah seine verführerischen Lippen, die sie zuvor so angenehm liebkost hatten. Dieses Lächeln war anders als sonst. Irgendwie wärmer, aufrichtiger. Beide betrachteten sich schweigend, versuchten die Gedanken des anderen zu erraten.
Plötzlich hörte Maya wieder ein Donnern. Doch es klang anders als zuvor. Tiefer und wesentlich kürzer.
„Was war das?"
Antonios Miene wechselte zu einer wissenden Unruhe.
„Kanonenschüsse!", rief er bevor das Schiff von etwas erschüttert wurde.
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