Kapitel 7.5
Kapitel 7.5
~um 1400 China~
"Haltet Ihr das für eine gute Idee?", fragte Li-Min vorsichtig und zog den Mantel, den sie vorher extra geklaut hatte, fester um sich. Sie war mit dem jungen Kaiser auf den Weg in der Nacht durch die Verbotene Stadt. Etwas, was eigentlich nicht möglich sein sollte. Doch seitdem er wusste, dass sie ein paar Fähigkeiten besaß, nutzte er diese, um den Eunuchen zu entkommen und über die Mauer zu gelangen. Die Stadt außerhalb des Palasts reizte ihn, was sie durchaus verstehen konnte. Dennoch machte sie sich Sorgen.
Xiao Feng Dua lachte leise mit der dunklen Stimme. "Nein. Es ist keine gute Idee", gestand er. "Doch der Reiz macht es aus", sagte er lächelnd zu ihr, während er seine Kapuze des Mantels über den Kopf zog, damit sein Gesicht nicht mehr zu erkennen war. Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, bevor er seinen Mund mit einem Stück Stoff bedeckte.
Wenn er schon die Möglichkeit hatte, sich aus den Mauern der Verbotenen Stadt wenigstens für ein paar Stunden zu befreien, war es ihm wert. Und mit Li-Min war es mit Sicherheit angenehm, etwas Verbotenes zu tun.
Li-Min lachte leise. "Gut, dass wir das geklärt haben", sagte sie belustigt, bevor sie Xiao Feng Duas Hüfte griff und mit ihm zusammen mit einer einzigen Bewegung über die Mauer sprang und ihn dann auf der anderen Seite absetzte. Noch war er ein Mensch, doch wahrscheinlich würde das nicht mehr lange so sein.
Anfangs hatte er gar nicht glauben können, dass sie ihn so einfach hochheben konnte. Li-Min mit ihrer zierlichen Figur. Schnell wurde er von ihr eines Besseren belehrt.
Sofort spürte er die veränderte Stimmung auf der anderen Seite der Verbotenen Stadt. Kein hartes Regime und Regeln, denen er folgen musste. Nun stand der Spaß mit seiner Geliebten an oberster Stelle. Xiao sah nach links und rechts, ob die Wachen vor den Toren etwas mitbekommen hatten. Doch diese standen ruhig da und hielten Ausschau, ob sich etwas in der Nacht regte.
Gelächter war von den Straßen zu hören, die ihn magisch anzogen. Das gab es hinter den Mauern nicht sehr oft. Dort wurde ein gesittetes Leben geführt.
Strickt nach den Regeln der Götter. Doch für Xiao war das nichts. Er wollte mehr vom Leben, als diesen ständige Trott.
"Hier entlang", flüsterte Audrey und führte Xiao in Richtung Nachtmarkt.
Geld hatten sie nur etwas dabei, weil es doch schwer gewesen war, an dieses zu gelangen. Sie mussten also etwas Acht geben, was sie hier taten.
Aufgeregt folgte der Kaiser seiner Mätresse und konnte nicht aufhören zu staunen. Viel hatte er über den Nachtmarkt gehört, doch noch nie hatte er ihn besucht. Lichter und Musik herrschten in den Straßen, auf denen gut riechendes Essen an kleinen Ständen verkauft wurde.
Seine blauen Augen schweiften umher, um jedes noch so kleine Detail in sich aufzuziehen. Hier würde er sich für einige Stunden wohlfühlen dürfen, bevor er mit Li-Min wieder zurück in den Palast kehren musste.
Er wusste, dass er sich ruhig etwas gehen lassen konnte, denn Li-Min würde aufpassen. Das hatte er im Gefühl. "Schaut mal hier", meinte Li-Min und hielt ihm einen Spieß mit Grillen vor die Nase. So etwas kannte er nicht und sie wollte seine Reaktion sehen.
Neugierig, wie der Kaiser schon immer war, musterte er den Spieß und hätte um ein Haar seine Kapuze von seinem Haupt gezogen, um ihn besser betrachten zu können. Zum Glück erinnerte er sich gerade noch rechtzeitig daran und warf Li-Min einen fragenden Blick zu. Knusprig sah die Speise aus. Und sie duftete herrlich.
Xiao nahm ihr den Spieß ab und biss einfach hinein. Zuerst stutzte er über die Konsistenz des Essen, doch der Geschmack überzeugte den Kaiser.
Li-Min grinste zufrieden und aß ihren Spieß ebenfalls.
Sie wusste, dass sie hier gefährlich lebten, doch auf Grund ihrer Gaben machte sie sich kaum Sorgen. Notfalls würde sie etwas mit den Erinnerungen der Menschen spielen müssen, auch wenn sie das nicht so mochte.
Gemütlich schlenderten die beiden über den Markt hinweg, kauften nur sehr wenig, um nicht aufzufallen. Aber das, was sie dafür erhielten, war jedes Geld wert. Das ließ den Wunsch in Xiao erwachen, wieder hierher zu kommen, sobald sich die Möglichkeit bieten würde.
Vor allem mit seiner Geliebten Li-Min. Einer besonderen Frau, der sein Herz gehörte. Hand in Hand gingen sie durch die Straßen und sahen sich alles an. Meistens aus der Ferne, damit sie nicht zu nahe an die Leute kamen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dadurch entdeckt wurden, war höher.
Hielten sie sich jedoch mehr in der Mitte zwischen den anderen Menschen, die um diese Uhrzeit hier waren, auf, war die Wahrscheinlichkeit eher gering. Zumindest hatte Li-Min das gesagt. Und sie musste es wohl wissen. Xiao vertraute ihr dabei sehr.
~2020 New York~
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