Kapitel 27.6

Kapitel 27.6

Geschockt spuckte Adrian den Alkohol aus, sodass es nach vorne spritzte. „Wollen Sie mich verarschen, oder was? Ich bin nicht Ihr Vater!"

"Nicht Sie, als Adrian", korrigierte er ihn. "Ich wurde im Zarenreich geborgen und mein Vater war Zar Nikolaj", erklärte Sergej ruhig. "Meine Mutter war Audrey, oder wie sie damals hieß: Alix Viktoria."

Bei dem Namen klingelte etwas in seinem Kopf, doch er konnte nicht genau sagen, warum.

„Sie wollen ernsthaft behaupten, Sie sind Audreys Sohn?", wollte er sich vergewissern. Entweder träumte er das gerade nur, oder der Mann musste geistig verwirrt sein. Die Vorstellung, als ein Zar gelebt zu haben, war sehr merkwürdig.

"Ja. Deshalb bin ich auch kein Vampir", bemerkte er. "Aber so richtig kann ich Ihnen nicht einmal sagen, was ich bin. Aber Audrey hat mich geboren, wie eine Mutter nun einmal ihr Kind auf die Welt bringt."

Lange Zeit schwieg Adrian, bis Sergejs Auto in der Stadt unterhalb New Yorks ankam. "Es tut mir leid, Sergej. Ich meine, Sie zu enttäuschen, wenn vielleicht sogar Sie hoffen, dass ich anders bin", meinte er langsam und unsicher. Dass er sein Sohn aus einer anderen Zeit sein sollte, war merkwürdig. Viel zu merkwürdig. Verstehen konnte er es momentan nicht, dazu vernebelte der Alkohol zu sehr sein Gehirn.

Aber sollte es wahr sein, was Sergej gesagt hatte, dann wusste er wirklich nicht mehr, was er tun sollte. Eines war sicher: Er wollte zu Audrey und sich bei ihr entschuldigen.

"Es geht nicht darum, ob Sie anders sind oder nicht. Das sind Sie immer irgendwie", meinte Sergej. "Es geht darum, dass sie etwas, was Sie eigentlich mögen von sich stoßen, weil sie Angst davor haben etwas zu verlieren. Aber was wäre denn das Schlimmste, was Sie verlieren könnten?"

"Audrey", kam es wie aus der Pistole geschossen. Dass er sie von sich stieß, hatte den einfachen Grund, weil er nicht mit der ganzen Situation umgehen konnte. Er hatte versucht, sich damit zu arrangieren, aber durch den Urlaub war alles in ihm zusammengebrochen.

Dadurch, dass er sie dort beinahe verloren hätte, wollte er sie nicht mehr sehen, weil er gehofft hatte, sie nicht zu sehr zu vermissen, wenn sie sich nicht mehr sahen.

Sergej machte einen nachdenklichen Laut. "Ich würde ja sagen, ich verstehe Sie, aber das tue ich leider nicht."

"Brauchen Sie auch nicht", fuhr Adrian ihn erneut an. Niemand musste ihn verstehen. Das verlangte er auch gar nicht.

"Ich würde es aber gern, damit ich Audrey erklären kann, dass nicht sie der Grund ist, warum Sie sich sperren", meinte er und fuhr etwas langsamer, als er in die Gegend von Audreys Zuflucht kam.

"Es geht Sie nichts an, verstanden? Das ist eine Sache zwischen ihr und mir", murrte Adrian und hielt die Tasche mit dem Alkohol vor sich fest.

Sergej seufzte. "Sie hat darauf vertraut, dass Ihr sie findet", flüsterte er leise. "Ihr habt sie bisher immer gefunden."

"Sie hat mich gefunden, nicht anders herum", erwiderte Adrian murrend. Er hatte bis dahin auch nicht nach einer Frau Ausschau gehalten, sondern einfach sein Leben gelebt.

Sergej schüttelte den Kopf. "Nicht, als ihr euch noch gar nicht kanntet", sagte er leise.

Schulterzuckend sah der Geschäftsmann aus dem Fenster. Er hasste es, wenn ihm jemand Predigen hielt. Es fühlte sich so an, als würde er gezwungen werden.

"Ist es überhaupt Ihr Interesse Zeit mit ihr zu verbringen oder wollen Sie das gar nicht?", fragte Sergej weiter und hielt vor dem Wohnkomplex an.

Anstatt zu antworten, stieg Adrian wortlos aus und begab sich in das Gebäude. Alles nervte ihn gerade und wenn er konnte, würde er seiner Wut am liebsten Luft machen. Aber jetzt musste er erst einmal zu Audrey. Sie war wichtiger.

Vor der Tür warteten jedoch Felicity und Nayla. Sie hatten einen gebührenden Abstand dazu eingehalten und beobachteten durch einen Schlitz in der Tür, wie sich Audrey am Boden wälzte, schrie und sich sogar selbst die Arme aufkratzte. Währenddessen schwebte alles, was konnte, durch ihr Zimmer. Sogar die Schränke waren nicht mehr an ihrem Platz.

Ohne ein Wort zu ihnen zu sagen, schob er die beiden Frauen zur Seite. Audreys Geschrei hatte er sogar am Eingang hören können und er wusste instinktiv, dass er etwas tun musste. Was, das wusste er noch nicht.

Adrian drückte Nayla die Tüte mit dem Alkohol in die Hand und atmete einmal tief durch, bevor er die Hand auf die Türklinke legte.

Die Gegenstände umkreisten Audrey, als würden sie diese beschützen wollen und irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie ihn angriffen, wenn er den Raum betrat.

"Sei vorsichtig", meinte Nayla. "Ihre Kräfte spielen verrückt. Sie steht kurz davor hier alles in Flammen zu setzen."

"Ist mir gleich. Bin bloß ich", murrte er und verschwand hinter der Tür. Dort herrschte wirklich das reinste Chaos. Erst blieb er an Tür stehen, um das Ganze zu beobachten. "Audrey?", sagte er laut genug, dass es durch den Raum getragen werden konnte.

Das Schreien wurde weniger panisch, aber immer noch schmerzvoll und drängend. Die Möbel um Audrey herum wurden langsamer, blieben aber noch immer in der Luft.

"Audrey, ich bin wieder da. Magst du kuscheln?", fragte er sanft in ihre Richtung.

Sie drehte sich in seine Richtung und streckte den Arm aus, der mit Kratzspuren übersäht war. "Hilfe", wimmerte sie panisch und zuckte dann zusammen, bevor sie erneut begann zu schreien und sich, als hätte sie Schmerzen, den Kopf hielt.

Langsam ging er auf sie zu, wich den Gegenständen aus, die sich ihm in den Weg stellten und leicht verletzten. Vorsichtig kniete er sich neben Audrey und berührte ihren Arm. "Ich bin es, Adrian", sagte er sanft und beruhigend.

Dabei spürte er, dass ihr Körper heiß war. Sehr heiß. Nicht einfach nur Fieber. Es war als würde sie von innen heraus glühen.

Seine Berührung ließ sie zusammenzucken und ihre Schreie wurde zu einem Keuchen, bevor sie nach seiner Hand griff. Fest und fast schmerzhaft hielt sie ihn für einen Augenblick, bevor sie scheinbar wieder zu sich kam. "Adrian?", fragte sie, doch es klang noch immer panisch.

"Ich bin da, Audrey", flüsterte er und zog sie in eine Umarmung. Egal, wie heiß sie war und wie warm ihm dadurch wurde.

Zuerst schien sie sich zu wehren, als hätte sie doch nicht verstanden, dass er es war. Dabei schlug sie jedoch nicht um sich, sondern wand sich nur. Dabei wimmerte sie leise vor sich hin und gab sogar ein kraftloses: "Lass los", von sich, bevor sie erschöpft in seinem Armen zusammenbrach. Sofort setzten die Gegenstände an, hinabzufallen und es krachte nicht nur einmal im Zimmer.

Er wurde von etwas an seinem Rücken getroffen, was ihn keuchen ließ. Dazu hatte er jetzt keine Zeit. Sanft hielt Adrian sie in den Armen und küsste ihren Kopf immer wieder. Aber auch ihre Lippen wurden dabei nicht verschont. Immer wieder legte er seine auf ihre und flüsterte tausendmal eine Entschuldigung.

Ihr Atem wurde langsam ruhiger und auch ihr Körper kühlte sich leicht herab, aber nicht zu einer normalen Temperatur. Sie war immer noch heiß und man konnte ihr ansehen, dass ihr das zu schaffen machte. Allerdings öffnete sie irgendwann die Augen. Beide sahen wieder recht normal aus, wenn man von der matten Farbe absah. Dann hob sie langsam und tastend die Hand, bis sie Adrians Wange erreicht hatte. Tränen sammelten sich in ihren Augen. "Adrian", flüsterte sie vertrauensvoll.

"Es tut mir leid, Audrey", flüsterte er zurück und küsste ihre Augenlieder liebevoll. "Dafür, dass ich dir schade und ein Arschloch bin. Du verdienst es nicht", sagte er leise.

"Aber ich will dich trotzdem", murmelte sie und versuchte ihn zu sich zu ziehen.

Fester drückte Adrian die junge Frau an sich und küsste sie erneut. "Bist du dir sicher? Ich bringe dir nur Unglück und schade dir, wann immer wir uns sehen. Oder auch nicht sehen", flüsterte er an ihre Haut, bevor er einen Kuss darauf hauchte.

"Wenn beides gleich ist, dann möchte ich dich sehen, weil du mir fehlst", murmelte sie und drückte sich an ihn, als wäre sie verzweifelt.

Immer wieder beteuerte er ihr, dass er da sei. "Ich liebe dich Audrey, egal wie ich mich benehme und was ich auch sage. Du hast mir gezeigt, dass ich dich schon seit langer Zeit liebe", gestand Adrian ihr leise. Dabei rollte ihm eine Träne über die Wange, die auf ihrer landete.

In den kurzen Nächten, die er in der letzten Zeit gehabt hatte, waren ausschließlich die Erinnerungen der Dynastiezeit erschienen. Und diese hatten ihm gezeigt, wie sehr er sie brauchte. Wie engstirnig und stur er war und nicht so einfach klein beigeben konnte.

Sie hob die Hand, um sanft über seine Wange zu fahren und die Tränen wegzuwischen. "Ich liebe dich und ich brauche dich", flüsterte sie leise. "Egal wie stur du manchmal sein kannst. Du bist du. In jeder Zeit etwas anders und trotzdem im Kern immer der Mann, den ich liebe", flüsterte sie.

Leicht nickte er und küsste ihre Lippen. "Beruhige dich, Audrey. Ich bin wieder hier", versprach er leise.

"Mein Körper wehrt sich gegen die Albträume", sagte sie leise. "Habe ich jemanden verletzt?"

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