Kapitel 26.6
Kapitel 26.6
"Wenn du zu ihr ins Wasser gehst, kannst du sie halten und deine Wunden selbst reinigen", meinte die Ärztin. "Mein Name ist übrigens Nayla", stellte sie sich endlich vor.
Schnaubend schüttelte er den Kopf. "Ich habe nicht vor, mich in die Wanne zu setzen", murrte er in ihre Richtung. Wie sie hieß, war ihm genauso egal. Seine Wunden waren verheilt, auch wenn sie oft juckten. Er sah keinen Grund, sich in etwas zu setzen, wo er nicht wusste, was es war. Sein Vertrauen gegenüber anderen war gegen Null gesunken.
Nayla schüttelte leicht den Kopf. "Ich lasse euch jetzt allein", meinte sie. "Versuch nicht allein raus zu gehen. Du würdest dich hier nur verlaufen."
"Sie bleiben hier, verdammt nochmal", wütete Adrian sauer. "Wenn ich schon hier sein muss, dann bleiben Sie gefälligst hier und passen auf sie auf. Ich bin, im Gegensatz zu Ihnen, kein Arzt", herrschte er sie ungehalten an.
"Nein, aber da du dich nicht behandeln lässt und ich für Audrey nichts weiter tun kann, bin ich hier unnötig. Das, was sie braucht bist du und das kann kein Arzt auf der Welt ersetzen", erklärte sie ruhig und war dann auch schon aus der Tür verschwunden.
Adrian schickte ihr ein gefährliches Knurren hinterher. Es war seine Sache, ob er sich behandeln ließ oder nicht. Niemand sonst ging das etwas an. Seufzend wandte er sich wieder zu Audrey, die in dem warmen Wasser lag.
Sie atmete ruhig und wirkte fast schon entspannt. "Adrian?", fragte sie irgendwann ganz leise und erschöpft.
"Hm?", kam es nachdenklich über seine Lippen. Die ganze Zeit über hatte er sie gestreichelt und ihren Kopf über Wasser gehalten. Dabei wurde er selbst sehr müde und hatte Mühe sich aufrecht zu halten.
Ihre Hand begann tastend über das Wasser zu gleiten, als würde sie etwas suchen. Nur weil die Wanne so groß war, stieß sie nirgendwo dagegen.
"Ich sitze hinter dir", murmelte Adrian und gab ihr einen Kuss auf den kahlen Kopf. Nur sanft, damit er ihr nicht unnötig weh tat.
Ihre Hand hielt in der Bewegung inne und es brauchte etwas, bis sie wieder reagierte. "Dahin komme ich nicht", brachte sie mühsam und mit tränennasser Stimme hervor.
"Musst du auch nicht. Du sollst im Wasser liegen bleiben", erklärte er. Sein Tonfall verriet, dass er sich in diesem Falle an die Anweisung der Ärztin halten würde.
Audrey wimmerte. "I-Ich kann dich nicht spüren", sagte sie leise, fast panisch. Sie spürte nicht, dass er ihren Kopf hielt und sie wusste nicht, ob er wirklich da war oder sie sich das nur einbildete.
"Ich bin hier", wiederholte er seine Worte und griff mit einer Hand nach ihrer, um diese leicht zu drücken.
Das schien sie zu beruhigen, aber gleichzeitig auch zum Weinen zu bringen. "Du bist es wirklich", sagte sie mit Stimme, der man anhören konnte, wie sehr sie weinte, obwohl man es ihr nicht ansah.
"Nicht sprechen. Ausruhen und in der Wanne bleiben", bat Adrian sanft, aber eindringlich. Dass auch er weinte, verbarg er, indem er barsch wurde. Bei Audrey schaffte er es nicht so, wie bei den anderen.
"Ich hab dich so vermisst", brachte sie rau hervor. "Nicht wieder weggehen", bat sie fast schon panisch und versuchte seine Hand festzuhalten, doch sie hatte kaum Kraft.
Mit einem leichten Händedruck zeigte er ihr, dass er da war und nicht weggehen würde. Zumindest nicht, bis sie wieder gesund war. Aber das würde er ihr nicht sagen, um sie unnötig aufzuregen.
"Es tut mir leid", flüsterte sie leise und hielt sich an seiner Hand fest.
"Ruh dich aus", forderte Adrian sie auf, hielt sie aber weiterhin fest und küsste immer wieder ihren Kopf.
"Es tut so weh", gestand sie leise. Sie hatte das Gefühl in einer Blase aus Schmerzen gefangen zu sein und Adrian war das einzige Licht und die einzige Wärme, die sie spüren konnte.
"Deine Ärztin hat gesagt, dass es weh tun wird. Es tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen", sagte er leise zu ihr. Seine Stimme klang beruhigend und sanft.
"Du bist da", sagte sie. "Das hilft mir sehr."
"Dann bleib liegen und rühre dich nicht. Es sollte hoffentlich bald besser werden", erwiderte Adrian leise.
"Du bist auch verletzt", bemerkte sie plötzlich, denn sie konnte es spüren.
"Nein, bin ich nicht. Und jetzt ruh dich endlich aus", sagte er barsch. Adrian war nicht mehr verletzt, nachdem die Löcher geheilt waren. Dass sie sichtbar waren, interessierten ihn nicht. Nur das Jucken sagte ihm, dass er wohl empfindlicher für andere Dinge geworden war.
"Es tut mir leid", wiederholte sie schwach und traurig.
"Dir muss nichts leidtun. Außer du bist jetzt nicht endlich ruhig, damit du dich heilen kannst. Dann kann es dir leidtun, weil ich dann nicht hierbleibe", sagte er energisch.
Das brachte sie zum Schweigen, doch dadurch, dass sie nichts mehr sagte, konzentrierte sie sich auf die Schmerzen, was ihr immer wieder ein leises Wimmern entlockte. Gleichzeitig konnte Adrian jedoch schon sehen, wie einige der Stellen heilten.
Für ihn war das ein gutes Zeichen. Je weniger sie sprach, desto besser konnte sie sich heilen. Es war ihm wichtig, dass sie das tat. So entstellt, wie sie war. Hier und da wurden die Verbrennungen weniger und ihre Porzellanhaut kam zum Vorschein.
Allerdings fiel ihm auch auf, dass ihr Gesicht am langsamsten heilte. Während ihr Körper fast komplett genesen war, schien ihr Kopf kaum zu heilen. Lag das daran, dass sie dort nicht mit den Kräutern und dem Wasser in Kontakt kam?
Nachdenklich sah er sie eine Weile an, bevor er leise sprach. "Ich werde dir das Wasser langsam über den Kopf schöpfen, ja?", fragte er behutsam. Nur sehr langsam würde er das machen, damit sie keine Angst hatte, er würde sie ertränken.
Audrey, die mittlerweile mit heftigen Kopfschmerzen zu kämpfen hatte, gab ihr Einverständnis, indem sie schwach nickte.
Adrian kniete sich hinter die Wanne, sodass er mit einem Arm Audrey über Wasser halten konnte. Die andere Hand tauchte er ins Wasser und schöpfte es heraus, bevor er es langsam und vorsichtig über Audreys Kopf laufen lassen konnte.
Er achtete darauf erst einmal die Augen und den Mund auszulassen, wusste jedoch, dass er dadurch nicht alle Stellen erreichen konnte.
Immer wieder schöpfte er das Wasser, welches ihr über den kahlen Kopf lief und bat sie dann ihren Mund geschlossen zu halten. Er würde zuerst dort das Wasser darüber laufen lassen, bevor er sich den Augen widmete. Sehr sanft ging er dabei vor und hoffte, dass es etwas half.
An einigen Stelle bemerkte er bereits, wie die Heilung zunahm und die wunde, verbrannte Haut sich glättete. Schneller, als er erwartet hatte. Zumindest wenn er danach ging, wie sie ausgesehen hatte.
Wie schnell die wirkliche Heilung jedoch dauern würde, konnte er nicht sagen. Dafür kannte er sie nicht gut genug. Jetzt jedoch behielt er es bei, immer wieder das warme Wasser über ihr Gesicht laufen zu lassen. Nun sogar über ihre Augenlider, die noch immer geschlossen waren.
Er hatte keine Ahnung, wie die Augen darunter aussahen. Ob sie überhaupt noch existierten. Vorstellen wollte er sich das lieber nicht.
"Danke, dass du da bist", meinte sie leise und schluckte dabei etwas Wasser, was sie jedoch kaum störte.
Ein zustimmendes Geräusch war von ihm zu hören, jedoch hörte er nicht auf, das Wasser immer wieder zu schöpfen.
Es klopfte an der Tür, was Audrey sichtlich zusammenzucken ließ. "Was war das?", fragte sie und klang panisch. Noch immer war sie nicht soweit genesen, dass sie sich bewegen konnte. Sie war also wehrlos.
"Vermutlich deine Ärztin. Sie meint, du bist hier sicher", beruhigte er sie, starrte jedoch an die Tür.
Audrey zitterte jedoch weiterhin. "Nayla?", fragte sie panisch und schien immer mehr Angst zu bekommen.
Die blonde Ärztin öffnete die Tür und trat ein. Leise und mit Bedacht tat sie es. "Wie geht es ihr?", fragte sie Adrian, der noch immer hinter ihr kniete und das Wasser schöpfte.
Audrey zuckte. "Wer ist das?", fragte sie, da sie die Stimme nicht zuordnen konnte. Das konnte sie in diesem Zustand nur bei Adrian. Alle anderen waren potenziell gefährlich.
"Deine Ärztin", bemerkte Adrian nüchtern. Wer sonst sollte wohl kommen?
"Sie erkennt niemanden, wenn sie so ist", erklärte Nayla ihm. "Daher ist es wichtig, dass du da bist. Alle anderen würde sie nicht an sich ranlassen."
"Dann spreche ich eben mit ihr. Sagen Sie mir, was ich ihr sagen soll", meinte er schulterzuckend. Dass er geweint hatte, war deutlich an seinen rötlichen Augen zu erkennen. Zugeben würde er den Grund jedoch niemals. Nämlich, dass er Audrey sehr vermisst hatte und es ihm sehr weh tat, sie so leiden zu sehen.
"Ich muss wissen wie ihre Heilung vorangeht", erklärte sie. "Was sie schon bewegen kann. Damit ich die Kräuter anpassen kann", sagte sie.
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