Kapitel 26.5
Kapitel 26.5
Hier kamen nur die Leute hin, die wussten, wie die Königin aussah und wer sie war. Offiziell arbeitete Audrey nur für diese und war nicht sie.
"Wir bringen sie in ihr Schlafgemacht, dort kann sich der Arzt ihren Zustand ansehen", erklärte Sergej an Felicity, aber auch Adrian gewandt.
„Ich ... warte hier", meinte Adrian leise. Es war nicht gut, wenn er dabei war. Zumindest seiner Meinung nach. Ihm war es im Moment egal, wo er war und was er war. Solange Audrey überlebte, war ihm alles recht. Die Vorwürfe, welche er sich selbst machte, waren zu groß, um Audrey in die Augen zu sehen, falls sie diese wieder öffnete.
"Kommt nicht in Frage. Du bleibst dabei. Wenn sie aufwacht will sie dich bestimmt sehen", meinte Sergej und zog ihn fast schon mit.
Wehrlos wie ein Kind ließ er sich ziehen, obwohl er nicht wollte. Kraft besaß er keine mehr, weshalb er mehr schlecht als recht in ihr Gemach stolperte. Augen für die Schönheit des Raumes hatte er gerade nicht. Sondern nur für Audrey.
Diese wurde auf einem Futon gelegt, der am Boden ausgebreitet lag. Kurz darauf folgte eine Seidendecke, die ihren geschundenen Körper bedeckte.
Dann kam eine Frau, die fast noch aussah wie ein Kind. Mit ihren langen, blonden Haaren sah sie unschuldig aus. Aber die Kleidung verriet, dass sie eine Ärztin war. "Lass sie mich ansehen", bat sie mit einer sanften Stimme.
„Natürlich", sagte Felicity mit ihrer trompetenartigen Stimme, die wohl niemals sanft sein würde.
Adrian hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und saß dort zusammengesunken auf dem Boden. Audrey so zu sehen, schmerzte ihn sehr. Ob er es verhindert hätte können, wenn sie sich wie davor getroffen hätten?
Das Mädchen begann sie zu untersuchen und machte schließlich eine Kräutermischung fertig. "Mit Wasser verdünnen, Tücher darin einlegen und sie immer wieder damit abtupfen", wies sie an und blickte zu Adrian. "Willst du das machen?"
Mit einer abwinkenden Handbewegung deutete er an, dass sie es machen sollte. Erst jetzt begann sein Körper zu zittern und nachzugeben. All die Angst, den Stress und die Sorge machten ihn fertig.
Außerdem war sein Mund sehr trocken, sodass er fast nicht sprechen konnte, ohne in Tränen auszubrechen.
Die Ärztin nickte und reichte die Mischung Sergej und Felicity. Dann erhob sie sich, ging ins Bad, ließ Wasser ein, bis man die Wärme und die Kräuter im Zimmer spüren konnte. Dann kam sie auf Adrian zu und zog diesen hoch. "Du machst dich in die Badewanne", erklärte sie.
Erstaunt darüber, wie stark diese zierliche Frau war, zog er zurück und blieb sitzen. „Nicht jetzt", wehrte er murrend ab. „Mir gehts gut", log er glatt. Aber er wollte Audrey nicht allein lassen. Sie zu behandeln, schaffte er jedoch auch nicht.
Die Blonde blickte ihn einfach nur an. "Du kannst jetzt freiwillig ins Bad gehen, oder ich schleif dich dort hin. Wenn Audrey aufwacht und sich nicht heilt, weil sie zuerst dich heilen will, mache ich dir die Hölle heiß", versicherte sie ihm und stemmte die Hände in die Hüfte.
„Mir geht es gut", wiederholte Adrian seine Worte langsam, aber gefährlich. „Ich habe so eine widerliche Pastille genommen und will einfach nur meine Ruhe."
Seine Stimme klang schneidend, aber auch gebrochen. Zuerst hatte die Ärztin gewollt, dass er Audrey versorgte, nun sollte er baden. Diesen Stimmungswechsel verstand er nicht wirklich.
Seufzend stand er auf, wohlwollend die Ärztin ignorierend und trat auf Audrey zu, um sich neben ihr niederzulassen. Nicht gerade sanft nahm er Sergej das Tuch aus der Hand und begann, liebevoll Audreys Körper damit zu waschen.
"Na siehst du, geht doch", meinte sie gut gelaunt. "Und wenn du dann soweit bist, kannst du dich damit auch abtupfen. Oder du kannst Audrey nehmen und mit ihr in die Badewanne gehen", fügte sie hinzu und nickte Sergej und Felicity dann zu, als Zeichen, dass sie den Raum verließen. Hier waren beide in Sicherheit.
Aus engen Schlitzen sah Adrian sie an. "Sie haben mich reingelegt", knurrte er unzufrieden.
Felicity warf ihm einen erstaunten Blick zu. So kannte sie den Geliebten von Audrey gar nicht. Was war geschehen, dass er sich mit Händen und Füßen gegen alles wehrte?
Das Mädchen grinste ihn an. "Nur zu eurem Besten", versicherte sie gut gelaunt.
Sehr sanft und liebevoll tupfte er Audreys entstellten Körper ab und hoffte, ihr nicht zu viele Schmerzen damit zuzufügen. "Woher wollen Sie wissen, was zu meinem besten ist?", fragte er missmutig.
"Ich bin Ärztin. Seit gut zehn Jahrhunderten. Ich habe viele Verletzungen gesehen und dass deine nicht gut heilen ist offensichtlich", erklärte sie ihm sanft.
"Was mein Körper macht, geht Sie nichts an. Kümmern Sie sich lieber um Audrey. Sie braucht es eher", presste er hervor. Sobald es ihr besser ging, würde er verschwinden. Audrey sollte hierbleiben, wenn sie nicht wollte, dass wieder so etwas passierte.
"Sie ist unsterblich", meinte die Heilerin, die sich Adrian noch nicht einmal vorgestellt hatte. "Du nicht. Ich würde ihr nur ungern erklären wollen, dass du neben ihrem Bett dahingesiecht bist, während du ihre Wunden verarztet hast."
"Dann verarzten Sie Audrey selbst, damit ich mich erholen kann", knurrte Adrian gefährlich und warf ihr das Tuch zu, bevor er aufstand und sich wieder in der Ecke niederließ. Er brauchte einfach nur Schlaf, Kopfschmerztabletten und Ruhe. Mehr nicht.
"Adrian", hauchte Audrey schwach und zuckte leicht.
Bei ihrem Wort hob er den Kopf, rührte sich aber nicht. "Ich bin da", sagte er, ohne zu ihr zu kommen.
Sie bewegte leicht ihren Arm, als würde sie suchen. Ihre Augen waren noch nicht geöffnet und ihre Lippen eigentlich nicht einmal mehr richtig als solche zu erkennen. "Adrian", hauchte sie erneut und dieses Mal klang es wimmernd, als hätte sie Schmerzen.
Das brachte ihn dazu, dass er doch aufstand und zu ihr zurück ging, um sich neben sie niederzulassen. Sanft nahm er ihre Hand und küsste ihren Handrücken, damit sie wusste, dass er da war.
Sie schloss sich um seine und zitterte dabei kraftlos. Allerdings schien seine Gegenwart sie zu beruhigen, denn sie mühte sich nicht mehr damit ab, die Umgebung abzusuchen.
Ruhig blieb er sitzen, küsste jedoch hin und wieder ihre Hand. Mal waren es die Finger, mal der Handrücken. Dabei streichelte er sie ständig.
"Bleib hier", bat sie leise, auch wenn er sich nicht sicher sein konnte, dass sie wirklich anwesend war. Ihr Körper wurde immer wärmer und er konnte auch sehen, dass sie schwitzte.
"Tun Sie doch was", fauchte Adrian die Ärztin, die sich noch immer im Raum aufhielt, an. Ihm war es nicht entgangen, dass ihre Hand nass geworden war. Vielleicht hatte sie mit Entzündungen zu kämpfen.
Das junge Mädchen seufzte. "Hilf mir, sie in die Wanne zu tragen", meinte sie leise und machte sich daran, das Bettlaken als eine Art Trage zu machen.
Da Felicity und Sergej den Raum verlassen hatten, war er der Einzige, der helfen konnte.
Schwerfällig stand er auf und half ihr, Audrey in das Badezimmer zu befördern.
Dort war die Badewanne noch immer gefüllt und Kräuter dufteten. Sie war riesig und man hätte bestimmt zu dritt darinsitzen können. "Wahrscheinlich wird es ihr zuerst weh tun, aber sie muss drinblieben", meinte sie. "Es brennt am Anfang, doch es wird ihre Selbstheilung anregen", versicherte sie ihm. "Ihr Kopf muss aber über Wasser bleiben."
Er nickte, bat die Frau jedoch, da zu bleiben. Gemeinsam hievten sie Audrey in das Wasser und Adrian setzte sich hinter sie an das Kopfende, damit er ihren Kopf über Wasser halten konnte.
Dabei spürte er das Brennen an seinen Wunden und kurz darauf begann Audrey zu wimmern und sich zu winden. Sogar ein leiser, aber kraftloser Schrei verließ ihre Kehle.
Beruhigend sprach er auf Audrey ein und hielt sie unter Wasser. So, wie es angeordnet worden war. "Es wird bald besser, vertraue mir", sagte er leise zu ihr und streichelte ihr über das Gesicht. Dass er dabei weinte, bemerkte er gar nicht.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, doch eigentlich nur eine gute Minute, da wurde sie ruhiger und ihr Körper fast schlaff. Sie schluchzte leise und zitterte noch immer. Adrian fragte sich, ob die Schmerzen nachgelassen hatten oder ihr Körper einfach keine Kraft mehr hatte. Er selbst spürte nur noch ein ganz dumpfes Brennen an den wunden Stellen.
Aber auch nur an den Armen, denn die waren im Wasser. Er selbst saß außerhalb der Wanne, da er nicht die Absicht hatte, zu Baden. Generell hatte er nicht die Absicht, überhaupt hier zu bleiben. Seine Arbeit wartete auf ihn.
"Es wird bald besser", wiederholte er seine Worte und küsste ihr auf den kahlen Kopf. Es tat ihm wirklich weh, sie so zu sehen.
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