Kapitel 25.3

Kapitel 25.3

"Ich spüre es", flüsterte sie leise. "Als ich dich das erste Mal wiederbelebt haben und wir zusammen unterwegs waren, wurdest du getötet. Da du schon wiederbelebt warst, ging es nicht noch einmal", erklärte sie murmelnd. "Damals bin ich durch die Gegend gewandert und habe versucht deiner Bitte das Leben zu genießen, nachzukommen. Dabei entdeckte ich einen Mann, der dir sehr ähnlich war. Als sich unsere Blicke trafen spürte ich, wie sich Ambrosia in meinem Mund sammelte", flüsterte sie. Das durfte niemand wissen, denn das wäre gefährlich.

"Also sammelt sie sich nur, wenn du mich erkennst?", forschte er nach. Die Geschichte wirkte unwirklich, aber zeitgleich auch so real. War es etwa eine Liebe, die für die Ewigkeit galt? Auch wenn er immer wieder zurückkehrte?

"Ich weiß nicht genau", erklärte Audrey. "Ich denke eher sie sammelt sich, wenn ich innig liebe und verzweifelt genug bin, weil ich kurz davorstehe, diese Liebe zu verlieren. Eine Art zweite Chance."

Darüber konnten sie ein anderes Mal reden. Jetzt erst mussten sich beide von dem Schock erholen. Dazu zog er Audrey näher an sich heran und hielt sie. "Du glaubst nicht, wie verwundert ich war, dass die Kugeln mich nicht getötet haben", gestand er. Dass er diese noch in sich trug, war ihm kaum bewusst.

Zu sehr stand er selbst noch unter Schock und versuchte sich mit der Schönheit der Insel und des Ozeans, aber auch Audreys Geruch, abzulenken. Dabei hörte er genau auf die Geräusche um sie herum, ob jemand kam oder lauerte. Doch nur die Tiere, die sich hier befanden und das Rauschen der Wellen war zu vernehmen. Etwas Beruhigendes hatte das an sich.

Audrey hob vorsichtig die Hand und strich über seine Brust. "Dein Körper ist nicht mehr so schwach, wie der eines Menschen", erklärte sie. "Du bist auf viele Funktionen nicht mehr so stark angewiesen wie diese", sagte sie weiter und bemerkte mehrere Kugeln in seinem Fleisch. Diese sahen aus, als wären sie auf eine harte Wand gekracht, ein Stück eingedrungen und dann stecken geblieben.

"Eine Vorwarnung, was alles möglich wäre, hätte vielleicht geholfen", neckte er sie schwach, aber lächelnd. Woher sollte er denn wissen, was er alles konnte oder gegen was er alles trotzte?

Ein schiefes Lächeln erschien auf Audreys Lippen. "Ich wusste nicht genau, ob ich dich damit vielleicht ... unglücklich mache", gestand sie.

"Überlasse das lieber mir. Mit einigen werde ich mich sicherlich anfreunden können, mit anderen eher weniger. Aber so ist das Leben", meinte er schulterzuckend.

Audrey nickte. "Also du bist sehr viel schneller und stärker als Menschen. Weniger verletzlich und du überlebst sehr viel mehr", begann sie zu murmeln. "Theoretisch kannst du deine Fingernägel zu Krallen werden lassen und deine Augen können in der Nacht sehen."

Leicht prustete er bei ihren Ausführungen. "Die Krallen werden sicherlich hilfreich sein, wenn ich etwas nicht öffnen kann oder einem Kunden am liebsten die Augen auskratzen will. Aber dass ich in der Nacht sehen kann, ist hervorragend, dann falle ich wenigstens nicht immer", witzelte Adrian.

"Mit den Krallen kannst du ganz einfach Dosen öffnen", meinte Audrey nüchtern. "Oder einen Safe, solltest du das wollen."

"Also kann ich sogar zum Bankräuber werden", lachte er erheitert. Eigentlich gab es nichts zum Lachen. Doch die Vorstellung, dass er das tun würde, war einfach grandios.

Für einen Moment lachte er noch, bevor er wieder ernster wurde und auf das Meer vor ihnen blickte.

"Aber ich kann sie noch nicht alle einsetzen, oder? Du hast einmal gesagt, dass sie so nach und nach kommen", erinnerte er sich.

"Ja, das stimmt", meinte Audrey und genoss seine Wärme. "Der Schleier, wie wir das Verbergen vor menschlichen Augen nennen, ist etwas, das erst recht spät kommt. Aber die Fähigkeit mit Blicken und Stimme Leute zu manipulieren, sollte schon nach und nach erwachen. Deine besondere Gabe, dich in eine Art rauch aufzulösen wird wohl etwas auf sich warten lassen."

Erstaunt sah er auf sie herunter. "Ich kann mich in Rauch auflösen? Und wohin verschwinde ich dann? Bin ich ein Magier?", fragte er erfreut. Das hörte sich großartig an. Schön wäre es, wenn er das bei einem nervigen Kunden machen konnte.

Audrey lachte. "Du hast sehr viel von mir", meinte sie leise. "Fähigkeiten, die andere nicht besitzen. Auch magische. Aber verschwinden kannst du leider nicht. Ich kann es irgendwann einmal demonstrieren, auch wenn ich darin nie so gut war, wie du."

Lächelnd sah er sie an. Froh darüber, dass sie beide überhaupt noch zusammen und am Leben waren. "Wie bekomme ich die Kugeln aus dem Körper? So kann ich mich nicht im Hotel sehen lassen", bemerkte er mit einem Blick auf sich selbst. Dass sie wieder zum Hotel kommen würden, war für Audrey sicherlich eine Kleinigkeit.

Diese drehte sich etwas und hob die Hand. Adrian spürte, dass sich die Kugel bewegte und dann flog sie langsam zu ihrer Hand, wo er sie schließlich betrachten konnte.

Fassungslos starrte er auf die Munition, die gerade eben noch in seinem Körper gesteckt hatte. Und dann in Audreys Gesicht. "Du kannst sie einfach so herausziehen?", wollte er sich vergewissern.

"Es ist im Grunde eine Art Schwebezauber", erklärte sie und hielt die Handfläche, auf der die Patrone lag nach oben. Dort begann die Kugel zu schweben.

Da seine Wunden noch nicht verheilt waren, konnte Audrey sie so magisch herausziehen.

Begeistert darüber sah er das schwebende Teil an und lachte leise. "Das würde ich auch gerne können. Einfach Dinge schweben lassen und das Leben damit erleichtern", meinte er. Doch wie würden die ganzen Löcher, die seinen Körper zierten, wieder geschlossen?

"Das wirst du irgendwann auch können", versicherte Audrey lächelnd.

"Wie aktiviere ich die Fähigkeiten und wie lange dauert es, bis ich sie wirklich beherrsche?", fragte er nachdenklich.

"Übung", meinte Audrey. "Und es ist immer unterschiedlich. Manchmal kannst du einige, die du früher leicht beherrscht hast gar nicht oder anders herum", erklärte sie. "Ich denke es hat viel mit deinem Charakter zu tun", seufzte sie und setzte sich langsam auf. "Lass mich die anderen auch noch herausholen."

Nur widerwillig ließ er sie los. "Fühlst du dich fit genug dazu?", fragte er besorgt. Er war gespannt, was er jetzt alles so beherrschen würde, wenn es von seinem Charakter abhing.

"Ja, es wird Zeit, dass wir zurückkehren", erklärte sie und begann damit die Kugeln aus ihm herauszuholen. Leider verlief es nicht immer schmerzfrei, auch wenn Audrey sich Mühe gab.

Oft knurrte Adrian oder keuchte auf, wenn sie besonders tief steckten. Sein Gesicht war meistens verzogen, wenn sie eine neue herausholte. Dennoch beklagte er sich nicht, sondern blieb mustergültig stillsitzen.

Audrey gab sich Mühe, machte aber vorsichtig. Daher dauerte es länger, als angenommen und als sie schließlich fertig war, seufzte sie zufrieden. "Möchtest du, dass ich die Wunden gleich hier heile?"

"Wie machst du das?", wollte er von ihr deshalb wissen. Froh darüber, endlich die Unmengen an Kugeln aus seinem Körper zu haben, seufzte er.

"Ich glaube, ich kann das nicht beschreiben", meinte Audrey entschuldigend. "Ich lenke meine Kraft in deinen Körper und dann passierte es."

"Das wird aber nicht weh tun, oder?", fragte er vorsichtig.

"Nein, ich glaube nicht", meinte Audrey stirnrunzelnd.

Deshalb nickte er und sah sie auffordernd an, damit sie beginnen konnte. Je schneller sie wieder zurück im Hotel waren, desto besser.

Audrey atmete tief durch und begann dann Stück für Stück seine Wunden zu heilen. Dabei trat ihr Schweiß auf die Stirn und ihre Atmung wurde unregelmäßiger.

Eine Weile sah er ihr zu und beobachtete sie dabei genau, bis er seine Hand auf ihre legte. "Lass es gut sein. Es strengt dich an. Den Rest können wir später machen", meinte er aufmunternd.

Weil sie erschöpft war, nickte sie leicht. "Ich bin aus der Übung", gestand sie leise und mit rau klingender Stimme.

"Kommt ja auch nicht so oft vor, dass du mich so heilen musst", bemerkte er trocken und nahm sie in den Arm.

Audrey schmiegte sich erschöpft an ihn. "Ich versuche möglichst auf Blut zu verzichten, obwohl es mich stärker macht", erklärte sie. "Früher waren meine Gaben nicht so sehr davon abhängig."

"Brauchst du denn Blut?", fragte er sie vorsichtig. Wenn es so war, würde er ihr geben.

Sie schüttelte leicht den Kopf. "Danke", sagte sie trotzdem, weil sie das Angebot durchaus verstand.

Das konnte er akzeptieren, weshalb er sie noch immer hielt und einfach hoffte, dass seine Anwesenheit sie beruhigte und wieder erholen ließ.

Es dauerte auch nicht so lange, da löste sie sich vorsichtig von ihm und schenkte ihm ein Lächeln. "Wir können gehen", sagte sie und erhob sich langsam. Noch immer war sie dabei etwas schwerfällig.

"Ich bin mir nicht sicher, in welche Richtung unsere Insel überhaupt liegt", gestand er verlegen. Durch das Verfolgen mit dem Boot hatte er gar nicht darauf geachtet, wohin sie gefahren waren.

Audrey sah sich zuerst etwas um, bevor sie dann in eine Richtung deutete. "Ich denke dort entlang", sagte sie und hoffte, dass ihr Geruchssinn sie nicht täuschte.

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