Kapitel 21.2

Kapitel 21.2

Statt sich zu melden erklang die Stimme einer jungen Frau, die fragend Audreys Namen sagte. Adrian erkannte die Stimme, denn es war die Ärztin, die ihn betreut hatte.

Kurz und knapp, aber hektisch klingend erklärte Adrian, dass es ihr nach dem Essen plötzlich nicht gut ging und zusammenbrach. Dabei streichelte er die ganze Zeit Audreys Arm.

Marylin erkundigte sich, wann Audrey das letzte Mal getrunken hatte und ob ihre Augen blau unterlaufen waren.

Adrian ging davon aus, dass Marylin wissen wollte, wann sie ein normales Getränk gehabt hatte. Richtig daran erinnern konnte er sich nicht. Vermutlich war es noch in Paris gewesen.

„Ihre Augen sind nicht blau unterlaufen und ich glaube, wir haben in Paris das letzte Mal Sekt getrunken", sagte Adrian, der Audrey eindringlich angesehen hatte.

"Dann könntest du Glück haben, wenn du ihr etwas zu trinken gibst, dass es den Körper durchspielt. Aber auf alle Fälle braucht sie Blut", erklärte Marylin. "Es gibt spezielle Gifte, die solche Auswirkungen haben, wie du sie eben beschrieben hast."

Langsam brach er wirklich in Panik aus. Audrey ging es von Minute zu Minute schlechter und Marylin war nicht die größte Hilfe. Zumindest fühlte er so im Moment. „Reicht denn nicht Wasser zum Trinken aus? Woher soll ich denn bitte Blut bekommen?", fragte er unwirsch.

"Ich bin mir sicher, dass dein Körper genug hat, du wirst ihr doch wohl ein bisschen abgeben können", meinte die Krankenschwester fast nüchtern.

„Bitte was? Sie ist nicht mal mehr in der Lage, ihre Augen zu öffnen!", knurrte Adrian missmutig.

"Kratz dich, halt es hier hin und dann wird sie schon reagieren", meinte sie, als wäre es nicht schwierig. "Wenn das Blut nicht hilft, werde ich jemanden vorbeischicken."

Adrian schaltete auf Lautsprecher und warf das Handy neben Audrey, bevor er in die Küche eilte, um ein Messer zu holen. Mit diesem schnitt er sich, ohne zu zögern in den Arm, sodass es blutete. Alles, was er hoffen konnte war, dass sie reagieren würde.

Er hielt den Arm an ihre Lippen und der erste Tropfen landete schon dazwischen. Sie reagierte leicht und schloss für einen Moment den Mund, um zu schlucken.

Unwohl über die ganze Situation presste er seinen Arm, damit mehr Blut fließen konnte und nutzte das Messer sogar ein zweites Mal, um tiefer zu schneiden.

Audrey öffnete ihren Mund und fing so das Blut auf, bevor sie sogar leicht blinzelnd die Augen aufschlug und ihn ansah.

Erleichterung breitete sich in ihm aus, als er ihre zweifarbigen Augen erkennen konnte. „Es scheint zu funktionieren", brachte er heiser vor, da er davon ausging, dass Marylin noch am Ende der Leitung war.

"Sehr gut, dann gib ihr genügend Blut, dann wird sie es selbst schaffen", erklärte Marylin und legte auf. Audrey indes wirkte verwirrt, aber auch hungrig, da sie sich leicht streckte, um an das Blut zu gelangen.

Verärgert darüber, dass Marylin einfach aufgelegt hatte, hielt Adrian ihr wieder den Arm hin. Tief genug hatte er geschnitten, sodass es bereits an seinem Arm hinunterlief.

Audrey legte ihre Lippen auf seinen Arm und saugte leicht daran und leckte das Blut auch ab, doch sie biss ihn nicht.

Den leichten Zug war spürbar, aber nicht schlimm. Kniend war Adrian neben ihr und hielt ihr einfach den Arm hin. Wie lange sie brauchen würde, sich zu erholen, konnte er nicht sagen. Vor allem, warum jemand das Essen vergiften würde. Seines war nicht vergiftet gewesen. Oder Audrey hatte einen falschen Spieß bekommen, der eigentlich für jemand anderen gedacht gewesen war.

Erleichtert seufzte Audrey nach einiger Zeit. "Ich glaube da war ein falsches Gewürz dran", murmelte sie erschöpft.

Still hatte er gehalten und sich nicht bewegt, bis sie endlich wieder sprach. Dass ihm irgendwie schlecht wurde, verdrängte er. „Marylin hat von Gift gesprochen", murmelte Adrian noch immer besorgt.

"Manche Kräuter können auf uns wie Gift reagieren", murmelte sie und wirkte noch immer erschöpft, aber nicht mehr, als würde sie jeden Moment wegsterben. "Danke. Es tut mir leid, wenn ich dich geängstigt habe."

„Von was für Kräuter sprechen Sie?", fragte er und drückte seinen Daumen auf den Schnitt, damit dieser aufhörte zu bluten. Vermutlich würde er diesen noch verarzten müssen, aber Audrey hatte Vorrang. Sollte sie noch etwas brauchen, war es einfacher, ihr den Arm hinzuhalten.

"Soll ich die Wunde schließen?", fragte sie vorsichtig und setzte sich langsam, fast schon schwerfällig auf.

„Nicht, solange Sie nicht ganz in Ordnung sind", wehrte er ab. Es war das erste Mal gewesen, dass er so etwas überhaupt getan hatte. Sanft drückte er sie sogar auf die Couch zurück. Ohne jegliche Erfahrung mit diesem Thema wollte er nur, dass sie liegen blieb. Noch immer fühlte er sich hilflos.

War ihm vielleicht etwas aufgefallen, was er übersehen hatte?

"Danke, dass Ihr mir Euer Blut gegeben habt", murmelte sie leise und wirkte noch immer reichlich erschöpft. "Würdet Ihr mir ein Glas Saft oder sowas holen?", bat sie.

Mit einem Nicken stand er auf und suchte in der Küche nach Gläser und etwas zu trinken. Einen Litschisaft fand er im Kühlschrank, den er einschenkte. Dabei erinnerte er sich daran, dass Audrey das gerne trank.

Mit dem Glas in der Hand kam er zu ihr zurück und half ihr, sich aufzusetzen.

Dankbar ließ sie sich aufhelfen und trank gierig den Saft. Es war, als würde es ihr helfen, das Gift aus ihrem Körper zu waschen. Auch wenn Adrian nicht verstand, wie das so schnell gehen sollte. Aber er sah die Veränderung.

Ihr Blick wurde wacher und aufmerksamer. Gründlich musterte er Audrey und stellte fest, dass sie nicht mehr so krank aussah. Sie schien etwas Besonderes zu sein. In jeder Weise. „Geht es Ihnen besser?", wollte er wissen, sobald sie das Glas getrunken hatte.

Ein Nicken war die Antwort. "Ja, es geht schon besser", sagte sie und dankte ihm noch einmal für seine Hilfe. "Es ist so lange nichts mehr passiert, dass ich wohl unvorsichtig geworden bin."

Das Glas nahm er ihr ab und stellte es auf den kleinen Couchtisch ab, bevor er sich neben sie setzte und sie in eine enge Umarmung zog. „Sie haben mir Sorgen bereitet, Audrey", flüsterte er tonlos.

"Tut mir leid", murmelte sie und schmiegte sich an ihn. "Aber mir wird nichts passieren", versprach sie.

Seine Finger fuhren durch ihr schwarzes Haar und kraulten ihren Nacken. „Das sagen Sie so einfach! Dabei wären Sie gerade beinahe zusammengebrochen!", protestierte er aufgebracht.

"Für einige Zeit, dann hätte sich das wiedergegeben", murmelte sie und schloss zufrieden die Augen. "Es war trotzdem unangenehm und wenn Ihr nicht dabei gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich sonst wo gelandet."

Ein Grummeln verließ seinen Mund, als er sich auf die Couch legte und Audrey zu sich auf die Brust zog. Ungeachtet dessen, dass sie beide noch den Hanfu trugen.

„Wie genau meinen Sie das? Wo wären Sie gelandet? Kennen Sie die Leute etwa?", sprudelten die Fragen aus ihm heraus.

"Kennen nicht", meinte sie leise. "Aber es gibt in jedem Jahrhundert welche, die glauben ich wäre eine Trophäe oder sie könnten meine Fähigkeiten für sich nutzen", gestand sie und sog seinen Geruch auf, der sie beruhigte.

„Was wollen Sie genau von Ihnen? Sie etwa umbringen?", forschte er weiter. Starr blickte er an die Decke, an der ein Ventilator zu erkennen war. Dieser drehte sich, um die Wohnung schön kühl zu halten, wenn es draußen so drückend heiß war.

"Nein, denke ich nicht", murmelte Audrey. "In einem Jahrhundert haben sie versucht mich dazu zu zwingen, Vampire zu erschaffen", seufzte sie leise. "Und Ambrosia abzugeben."

Also war es nicht das erste Mal, dass Audrey angegriffen worden war. Es hörte sich grausam an, dass man ihre Fähigkeiten missbrauchen wollte. Sein Griff wurde leicht fester um sie und leise meinte er, dass er sie am liebsten beschützen würde.

"Das habt Ihr bereits", sagte sie sanft.

Leicht schüttelte er den Kopf. „Ich kann Sie nicht vor denen beschützen, Audrey", sagte er mit Bedauern. Wie war das in der Vergangenheit überhaupt gewesen? War er damals auch dabei gewesen?

"Eigentlich habe ich eine eigene Eskorte", gestand sie leise. "Aber weil ich Euch gesucht habe, haben sie aktuell keinen Dienst."

Noch immer verstand Adrian nicht, was genau Audrey war. Sie war laut ihren Worten im Auftrag der Königin unterwegs. Warum hatte sie dann ihre eigene Eskorte? Es ergab keinen wirklichen Sinn für ihn.

Wenn er sich erinnern würde, wäre das vielleicht anders. Doch jetzt war er lediglich verwirrt.

Es war nicht der richtige Zeitpunkt, sie jetzt zu fragen. Er selbst war noch zu geschockt und brauchte Zeit zum verstehen.

War dieser Angriff so ähnlich wie damals in der Kaiserzeit? Warum war er nicht vergiftet worden?

„Geht es Ihnen wirklich besser?", fragte er ängstlich.

Audrey nickte. "Ja, Euer Blut ist besonders", murmelte sie leise. "Auch wenn es sich noch nicht ganz gewandelt hat."

Was sollte das schon wieder bedeuten? Seine Stirn legte sich in Falten, da er nachdachte, was sie damit meinte. Oft genug sprach Audrey für ihn in Rätseln, die ihn verwirrten. Ob das jemals aufhören würde, war unklar.

Er war nun seit mehreren Monaten ein Vampir. Zumindest laut Audrey. Und doch fühlte er sich nicht speziell oder sonst etwas.

"Es ist schwierig, tut mir leid", murmelte sie, weil sie einfach nicht offen mit ihm darüber sprechen konnte. Immer hatte sie Angst, dass jemand sie hörte.

„Ruhen Sie sich aus. Am besten bleiben wir heute hier. Morgen habe ich zwei Termine. Vielleicht sollten Sie hierbleiben und sich ausruhen?", schlug er vor, wobei es ihm nicht wirklich recht war, sie allein zu lassen.

"Danke für das Angebot, aber bis morgen bin ich wieder fit", versprach sie. "Entschuldigt, dass ich Euch die Besichtigungstour versaut habe", murmelte sie und schien sich bei ihm mit dem Kopf vergraben zu wollen.

„Entschuldigen Sie sich nicht. Wenn es sein muss, sage ich die Termine ab", erwiderte Adrian leise. Seine Finger griffen nach der Decke, die auf der Couch gelegen hatte und legte sie über Audrey und sich. Leicht zu frieren hatte er begonnen.

Audrey schloss für einen Moment die Augen. "Es tut mir leid, dass ich Euch Sorgen bereite habe", sagte sie entschuldigend.

Beruhigend küsste er ihr schwarzes Haar und streichelte sie sanft. Solange es ihr gut ging, war alles in Ordnung. Adrian fühlte, wie eine bleierne Müdigkeit in ihm aufstieg. Diese hatte er davor nicht gespürt. Vermutlich wegen der Reise, dem Jetlag und dem Schock.

"Ich fühl mich immer noch so müde", murmelte sie und wollte nicht, dass er sich Sorgen machte, wenn sie einfach so einschlief.

„Sie sollten schlafen. Ich bin da", versprach er leise. Wenn sie schlief, würde er sich wachhalten.

"Das Haus besitzt eine sehr gute Alarmanlage", erklärte sie murmelnd und war daraufhin fast sofort eingeschlafen.

Das beruhigte ihn sehr, weshalb auch Adrian sich dem Schlaf hingab. Mit einem seltsamen Gefühl in der Brust, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Er mochte Audrey sehr gern und wollte sie nicht verlieren.

Hoffentlich konnten sie die Dienstreise ohne Probleme fortsetzen.

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