Kapitel 17.3
Kapitel 17.3
"Wissen Sie, es ist ein Teil meines Berufs, in anderen Ländern Grundstücke und Häuser zu finden. Jetzt, nachdem ich dabei eingeschränkt bin, fühlt es sich nicht mehr genauso an wie zuvor", gestand Adrian missmutig.
"Das tut mir leid", meinte sie ehrlich. "Aber vielleicht muss es gar nicht so bleiben, wenn Ihr Euch wieder etwas eingelebt habt?"
Der Schwarzhaarige drehte sich um und entwand sich somit ihrer Umarmung. Sein nachdenklicher Blick ging in die Ferne des Ozeans. Für Audrey war das vielleicht so einfach. Er selbst konnte sich mit dieser massiven Veränderung seines Lebens nicht so einfach abfinden.
Sie blieb zurück und beobachtete ihn einfach nur. Womöglich brauchte er etwas, um sich damit abzufinden und die Vorteile zu sehen.
Das große Schiff schaukelte nur sehr leicht bei den Wellen, die dagegen schlugen. Dadurch, dass es so viel Ladung hatte, war es um einiges schwerer. Trotzdem hoffte Adrian, dass kein Sturm aufziehen würde. Der kühle Wind wehte ihm ins Gesicht und für einen Moment sah es aus, als würde er weinen.
"Wenn ich gewusst hätte, dass ich Angst vorm Fliegen habe, hätte ich gar keine Termine mehr ausgemacht", grummelte er und zog Audrey zu sich. Als wäre sie sein Fels in der Brandung, an der er sich festhalten wollte.
Sie begann ihn sanft zu streicheln. "Es ist verständlich", sagte sie sanft. "Das was Euch passiert ist, steckt niemand so leicht weg", meinte sie sanft und küsste sein Kinn.
Leicht musste er schmunzeln. Ihr Kuss hatte dafür gesorgt, dass er sich in einer Sekunde mehr beruhigte. Seine muskulösen Arme schlangen sich um ihren Körper und drückte sie an sich.
Audrey küsste sein Kinn und seinen Hals weiter und hoffte, dass es ihn weiter beruhigte.
"Nicht hier", bat er sie leise. Auf einem Containerschiff, wo Menschen ihn beobachten konnten, wollte er das nicht. Zumal der Wind kühler geworden war.
Audrey ließ von ihm ab und entschied sich dazu, seine Brust zu streicheln. Das konnte in ihrer Position niemand sehen.
Damit war er auch zufrieden. Jedoch begann Adrian nach einiger Zeit zu frieren. Der Hafen von New York war kaum noch zu erkennen, soweit waren sie schon gekommen. Wie lange sie wohl nach Paris brauchen würden?
Audrey hatte gemeint, es würde sehr schnell gehen.
Sie bemerkte, dass er zitterte und hielt die Hand vor ihn. Dort entstand ein kleines Feuer, das begann eine angenehme Wärme auszustrahlen.
Fasziniert davon warf er ihr einen Seitenblick zu. "Wie machen Sie das nur?", fragte er ehrfürchtig. Sofort konnte er die Wärme spüren, die von dem Feuer ausging. Verbrannte sie sich dabei nicht selbst?
Zumindest gab es keinen Anschein dafür, denn ihr Lächeln zeigte, dass es für sie nicht weh tat.
"Jahrelange Übung", lachte sie leise. "Vielleicht könnt Ihr so etwas auch irgendwann", meinte sie mit einem Lächeln und sah ins Feuer.
"Wäre nicht schlecht", gab er nachdenklich zu. Wieso sollte er das können? Adrian war kein Magier, sondern laut Audrey ein Vampir.
Aber gab es da einen großen Unterschied? Wie sie ihm in ihrer Geschichte erzählt hatte, hatten die Menschen ihnen diesen Namen gegeben und ihn mit etwas Bösen assoziiert. Vielleicht war das nur die halbe Wahrheit?
So richtig schlau wurde er aus manchen Worten nicht. Sicherlich würde sich das mit der Zeit geben, sollte er sich jemals daran gewöhnen, kein Mensch mehr zu sein.
Sein Arm legte sich um Audrey und zog sie an den Hüften zu sich.
Gespenstisch sah das Feuer in ihrer Hand aus. Der Wind ließ die Flammen näherkommen, doch es flogen keine Funken. Somit konnte es nichts in Brand setzen.
Adrian war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt etwas anbrennen konnte.
Um sie herum wurde es dunkler, während sie immer weiter auf dem Meer fuhren und bald hatte die Nacht sie eingehüllt.
"Das Schnellboot wäre jetzt bereit", erklang eine Stimme und Audrey nickte, bevor sie das Feuer verschwinden ließ. Sie wandte sich an Adrian.
"Wir wechseln jetzt das Schiff zu einem kleineren", erklärte sie. "Der Rest ist dann, wie ich Euch erzählt habe."
So richtig verstehen konnte er es nicht, doch Adrian nickte. Die Dunkelheit um sie herum verschluckte das Wasser beinahe, sodass es fast nicht mehr zu erkennen war. Außer dem Rauschen des Schiffes, wie es sich auf den Wellen fortbewegte, waren zu hören.
Audrey zog ihn fest an sich. "Bitte nicht erschrecken", bat sie und sprang mit ihm ins Wasser. Doch sie landeten auf einem kleinen Boot. "Setzt Euch bitte", bat sie, weil sie wusste, dass es bald sehr schnell gehen würde.
Blass war er im Gesicht geworden. Hatte nicht erwartet, dass Audrey es tatsächlich ernst gemeint hatte. Als sie gesprungen war, hatte er sich unwohl gefühlt.
Zitternd setzte er sich hin und starrte die junge Frau ihm gegenüber an. Das schwache Mondlicht ließ das Wasser unheimlich wirken und Audreys Porzellanhaut wirkte noch unwirklicher, als sie ohnehin schon war.
Diese setzte sich zu ihm und schlang den Arm um ihn, bevor sie ihm auf die Wange küsste. "Wir können", bemerkte sie leise und kurz darauf bewegte sich das Boot.
Aber nicht langsam, sondern mit einer beachtenswerten Geschwindigkeit. Noch nie war er in einem Boot gewesen, dass so schnell fuhr. Adrian hielt sich krampfhaft fest, weil er durch die Geschwindigkeit das Gefühl hatte, nach hinten aus dem Boot katapultiert zu werden.
Aber Audrey war da und hielt ihn fest, als wäre sie ein Mast auf dem Schiff, der sich nicht bewegte.
Die Zeit, die verstrich war eigentlich nicht sonderlich lang, doch für Adrian eine Ewigkeit. Dann wurde das kleine Boot endlich langsamer. "Wir sind angekommen", erklärte sie ihm und wenn sich Adrian umdrehen würde, würde er die Küste sehen.
Langsam drehte er sich wirklich um und keuchte. Das war die Küste von Frankreich. Wohl sehr nahe Nantes. Schon öfters war er dort gewesen und mochte die Stadt am Meer.
"Ist das wirklich Nantes?", fragte er ungläubig. Noch nie hatte er sie bei Nacht und vom Ozean ausgesehen. Den Koffer und seine Aktentasche fest an sich gedrückt, konnte er nicht glauben, dass er wirklich gleich in Frankreich war.
"Ja, das ist Nantes", lächelte Audrey, die sich sehr darüber freute, dass er die Aussicht scheinbar genoss. "Wir legen gleich etwas abseits des Hafens an", meinte sie.
Warum, das konnte er sich selbst beantworten. Ihm war klar, dass es seltsam ausgesehen hätte, wenn plötzlich ein kleines Boot am großen Hafen anlegte.
Vor allem mitten in der Nacht.
Adrian sah die Lichter näherkommen und schließlich kamen sie an einem Strand an, der eindeutig Privatgelände war.
Vermutlich gehörte er irgendwie Audrey. Adrian stieg aus dem kleinen Boot und zog sich die ledernen Schuhe aus, damit der Sand sie nicht zerkratzen konnte.
"Was machen Sie mit dem Boot?", fragte er leise, als hätte er Angst, dass jemand sie hörte. Doch niemand war, um diese Uhrzeit am Strand zu sehen.
"Das geht wieder zurück zum Schiff", erklärte sie und nickte den zwei Männern im Wasser zu. Diese hatten das Boot geschoben und drehten nun wieder um.
Entsetzt sah er die junge Frau an. Die Männer hatte er gar nicht bemerkt. "Wer oder was sind sie?", fragte er ungläubig. Warum hatte er gar nicht gemerkt, dass sie von jemanden geschoben worden waren.
"Vampire", meinte Audrey lächelnd und sah zu, wie das Boot blitzschnell wieder zurückgetragen wurde. "Sie können nur bei Nacht arbeiten und so verdienen sie ihr Geld."
"Vampire sind so schnell?", fragte Adrian noch ungläubiger. Wenn das überhaupt sein konnte.
"Ja, die meisten von uns", nickte sie. "Außerdem besitzen viele von uns den sogenannten Schleier. Etwas, was dafür sorgt, dass Menschen uns nicht immer wahrnehmen."
Adrian hatte seine Schuhe in die Hand genommen und zog den kleinen Handkoffer mit sich über den Strand. Nicht gerade angenehm war das. Jedoch konnte er nicht leugnen, dass es etwas hatte, mit Audrey in der Nacht an einem Strand entlangzulaufen.
Sie führte ihn zu einem Haus, das sie kurz darauf per Zahlenschloss öffnete und dafür sorgte, dass Adrian eintreten konnte. "Das ist eine Übergangswohnung", erklärte sie. "Es gibt sie überall für reisende Vampire. Wir können die Nacht hier verbringen oder uns ein Taxi holen, das uns in die Stadt bringt."
Dann würden sie wohl vier oder fünf Stunden unterwegs sein. "Mein Termin ist morgen Mittag", meinte er und stellte seine Schuhe ordentlich ab, bevor er seine Socken daraus nahm und diese draußen ausschüttelte.
Das hieß, sie mussten also sehr früh losfahren, damit sie etwaigen Verkehrsbehinderungen aus dem Weg gehen konnten.
"Wir können ein Taxi nehmen oder auf Vampirart über die Dächer", sagte sie und ließ ihm die Wahl.
Eigentlich war es ihm egal. Das, nach was er sich sehnte war im Moment nur eine Dusche und das Bett. Diese Art zu reisen war für ihn anstrengend gewesen. Und auch sehr neu.
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