Kapitel 14.4

Kapitel 14.4

"Wie Ihr das wünscht", sagte sie. "Aber da Ihr nun zu uns gehört, gibt es ein paar wenige Regeln, die Ihr befolgen solltet", murmelte sie und betrachtete sich die Hälfte des Sesambällchens.

Zu uns hatte sie gesagt. Das verwirrte ihn ziemlich, denn er hatte keine Anzeichen feststellen können, dass er ein Vampir war. „Welche Regeln?", fragte er vorsichtig, hielt den Blick nun auf den Bildschirm gerichtet. Irgendwie fürchtete er sich vor der Antwort.

"Wir verraten keinen Menschen, dass es uns gibt", sagte sie langsam. "Wir nutzen unsere Gaben nicht, um Menschen zu schaden und wir trinken vorsichtig, ohne zu verletzen", erklärte sie leise. "Wer sich nicht daranhält, wird von unserer Königin auf eine Liste gesetzt", sagte sie und lächelte schief. "Ich bin diejenige, die diese Leute einsammeln darf."

Die ersten zwei Punkte konnte Adrian nachvollziehen. Vampire würden sich sicherlich nicht einfach verraten. „Wie bitte? Sie trinken, ohne zu verletzen?", presste er entsetzt hervor. Wie sollte das denn möglich sein, wenn man jemand anderen biss?

"Wir sind nicht ansteckend, noch ist es eigentlich schmerzhaft. Das liegt an bestimmten Sekreten, die für wenig Schmerz sorgen", sagte sie nachdenklich.

„Ein Biss tut immer weh", beharrte Adrian. Selbst wenn jemand einen anderen biss, schmerzte das.

"Nicht unsere Bisse", widersprach Audrey.

Adrian wandte ihr seinen Kopf zu, um sie zu Mustern. „Wie meinen Sie es dann genau?", forschte er. Keineswegs wollte er andere beißen. Das würde er mit allen Mitteln verhindern wollen.

Audrey öffnete den Mund und deutete auf ihre Zähne, die ganz leicht länger wurden. Davon tropfte etwas Silbriges. "Es fühlt sich an wie ein kleiner Stich einer Nadel, dann spürt man kaum etwas, weil diese Tropfen betäuben."

Wie von der Tarantel gestochen sprang Adrian vom Bett und ging Schritt für Schritt rückwärts. Dabei riss er allerdings den Tropf, an dem er hing, mit sich mit. Den hatte Audrey wieder angeschlossen, sobald er im Bett gesessen hatte. Sie hatte wirklich keine Scherze gemacht!

Adrians Herz schlug so laut und es begann in seinen Ohren zu rauschen. Sein Gesicht zeigte Furcht vor ihr. War er wirklich wie sie? Er wollte kein Vampir sein und Menschen beißen!

Audrey schloss den Mund und wirkte traurig. "Ich habe Euch nie etwas getan", sagte sie sanft. "Warum habt Ihr Angst?"

Ihre Fangzähne hatten ihn so irritiert und geschockt, dass er nach seinen eigenen tastete. Er wollte sichergehen, dass sie normal waren und nicht wie ihre. Es machte ihm Angst, dass sie wirklich ein mystisches Wesen war.

Seltsamer Weise fand er nun spitzere Zähne vor, als noch im Bad. Er wusste nicht, dass diese bei Angst und Gefahr wuchsen, damit er sich verteidigen konnte.

Ein ungläubiger Schrei verließ seine Kehle. Hastig rannte er ins Bad, um sich im Spiegel anzusehen. Tatsächlich waren sie länger und spitzer geworden. Ihm wurde richtig übel dabei. Er wirkte nicht wie er selbst, sondern ein ganz Fremder.

Heftig keuchend krallte er sich an dem Waschbecken fest, um nicht gleich in Ohnmacht zu fallen.

Audrey kam ihm hinterher und umarmte ihn von hinten. "Ruhig", flüsterte sie leise und streichelte seinen Rücken. "Ihr könnt das kontrollieren", sagte sie sanft.

Momentan konnte er gar nichts kontrollieren. Sein Spiegelbild verzerrte sich vor seinen Augen, je mehr er seine Finger in das kühle Porzellan des Waschbeckens krallte. Blut rauschte in seinen Ohren und ließen alle anderen Geräusche um ihn herum verblassen. Nicht einmal mehr den Fernseher konnte er mehr wahrnehmen.

"Ich bin ein Vampir", krächzte der Mann seinem Spiegelbild zu. Unglücklich und ungläubig klang es für ihn.

Audrey hielt ihn noch immer sanft. "Das heißt nicht, dass Vampire Monster sind", sagte sie sanft und streichelte ihn beruhigend.

Was waren sie denn sonst? Freundliche Wesen wie Hunde, die zu einem kamen, um zu schnuppern? Vampire tranken Blut von Menschen. Das machte sie automatisch zu Monstern. Zumindest in seinen Augen und von den Büchern, die es zu lesen gab.

Schatten waren in seinem Spiegelbild zu erkennen, die wohl nur Illusionen waren. Keuchend ließ er den Kopf sinken und ein Schwall kam aus seinem Mund heraus, welcher sich in dem Waschbecken sammelte. Das Essen, was er zuvor noch gehabt hatte, kam mit hoch.

Adrian konnte die Übelkeit nicht zurückhalten, die sich in ihm ausbreitete. Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet als hätte er Fieber.

Audrey streichelte seinen Rücken. "Wir sind keine Monster. Wir müssen nicht töten, um zu ernähren", versuchte sie ihn zu beruhigen.

Das waren Worte, die ihn wieder zurück in die Realität brachten. Noch immer keuchte er unregelmäßig, doch Adrian ließ Wasser in das Waschbecken fließen, um die üble Flüssigkeit runterzuspülen. Mit einer Hand nahm er Wasser auf und wusch seinen Mund aus.

Er würde nicht töten müssen, um zu überleben. Das waren gute Neuigkeiten für ihn. Davor hatte er Angst gehabt. Unschuldige Menschen zu töten, nur damit er überleben konnte.

Als er das nächste Mal in den Spiegel sah, waren die Fänge verschwunden. Auch sein Herzschlag beruhigte sich dabei wieder. Das Rauschen in den Ohren ließ nach und die Geräusche des Fernsehers nahmen den Platz dafür ein.

Erst jetzt fiel ihm Audreys Umarmung auf. Seine nassen Hände legten sich auf ihre, als er tief durchatmete.

"Ihr müsst nicht einmal Menschen beißen, wenn Ihr das nicht wollt", sagte sie sanft. "Wir nutzen geklontes Blut."

Ruckartig drehte er sich zu ihr um. „Geklontes Blut?", kam die krächzende Frage aus seinem Mund.

Audrey nickte. "Ja. Wir haben viele Leute in hohen Positionen, die dieses herstellen und verkaufen", erklärte sie. "Dafür muss also kein Mensch sterben."

„Ich will aber kein Blut trinken", beharrte der Mann in ihren Armen. Es schmeckte widerlich und nach etwas, was er nicht mehr wollte.

"Das wird auf Dauer wohl nicht gehen", entschuldigte sie sich bei ihm.

„Ich werde kein Blut trinken", rief er aufgebracht. Nicht jetzt und auch nicht später.

Audrey hockte sich zu ihm und nahm ihn vorsichtig in den Arm, während sie seine Arme streichelte und versuchte ihn irgendwie zu beruhigen.

Seine Lieblingssendungen vergingen im Hintergrund, ohne dass er es bemerkte. Gefangen in der Vergangenheit brauchte es einige Zeit, wieder in die Gegenwart zu finden. Leichtes Sonnenlicht drang durch die Ritzen der Jalousien, die den Morgen ankündigten. Dieses ließ die goldenen Verzierungen von Audrey chinesischem Bad aufblitzen. Jedoch nur an den Stellen, wo sie sich trafen.

„Ich brauche Wasser", krächzte Adrian halb verdurstet.

Audrey half ihm aufzustehen, damit er sich am Waschbecken Wasser nehmen konnte. Sie wusste jedoch, dass es nicht zwingend gegen seinen Durst helfen würde.

Minutenlang ließ er das Wasser fließen und trank. Sein Durstgefühl wurde jedoch nicht weniger. Im Gegenteil. Es fühlte sich an, als würde das Wasser einfach durchfließen. Was sollte er nur tun?

"Es ist nicht schmerzhaft", murmelte sie leise. "Ich habe Eure Bisse immer sehr genossen", gestand sie, war aber zaghaft, da sie ihn nicht wieder zum Zusammenbrechen bewegen konnte.

Kurz unterbrach er sein Trinken und fragte sie, wie das sein konnte. Er selbst konnte sich nicht vorstellen, dass es angenehm war, wenn man von jemanden Blut trank.

Allerdings kannte er auch nicht die Arten von Bissen, die Vampire vollziehen konnten. Den schmerzhaften Biss, der einfach brutal war und von einigen ausgeführt wurden, wenn sie böse waren.

Aber dann gab es auch einen, der den Sex und die Gefühle, die damit verbunden waren, um ein Vielfaches erhöhen konnte.

Audrey zuckte die Schultern. "Als Ihr mich leicht gebissen habt, als wir im Bett waren, war es doch auch gut."

Solche Bisse kannte er auch. Oft genug war das bei ihm und den Frauen vorgekommen. Aber niemals waren Fänge dabei gewesen, die sich durch die Haut hatten bohren können.

Audrey hoffte, dass er vielleicht einfach beim Liebesspiel beißen würde, daher lächelte sie zaghaft. "Außerdem gibt es noch andere Flüssigkeiten, die wir absondern können."

Noch immer spürte er den kühlen Boden unter ihm, der langsam unbequem wurde. Deshalb richtete er sich langsam auf, hielt für einen Augenblick jedoch inne, weil ihm schwindelig wurde. „Welche zum Beispiel?", wollte er wissen.

"Etwas, das sich anfühlt wie Sonne auf der Haut", flüsterte sie. "Und erregend."

Irritiert sah er Audrey an. „Von was sprechen Sie?", wollte er wissen. So ganz folgen konnte er ihr nicht. Seine Hand griff nach dem Waschbecken, an dem er sich nun hochzog und noch einmal beugte er sich darüber, um zu trinken. Dieser Durst wollte einfach kein Ende nehmen.

"Es ist ... erregend", versuchte sie zu erklären. "Die Flüssigkeit."

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