Kapitel 10.3
Kapitel 10.3
Das stimmte. Auch dieser Name des Mädchens war oft im Traum gefallen. Sein Griff verfestigte sich um Audrey und er schloss die Augen. Dieses gleiche Gefühl, was er das erste Mal bei ihr gehabt hatte, mischte sich mit den Träumen, die so real schienen.
„Ich erinnere mich an einen Traum aus meiner Kindheit, als ein Kaiser seine neue Mätresse kennengelernt hatte. Doch Gesichter habe ich nie erkennen können", sagte Adrian leise zu ihr. Audreys Kopf drückte er an seine Brust, als er weitersprach und erzählte, dass er seitdem immer wieder in der Verbotenen Stadt gewesen war. Dieser Ort hatte den Traum heraufbeschworen und wann immer er dorthin ging, erschien er kurz danach wieder. Schon allein deswegen ging er zu den Plätzen, um träumen zu können.
Doch bis jetzt hatten die Personen nie Gesichter gehabt. Bis Audrey in sein Leben getreten war.
„Es fühlt sich so an, als würde ich Sie kennen. Dieses geborgene, glückliche Gefühl entsteht tief in mir. Gleichzeitig kenne ich Sie überhaupt nicht", fügte er schließlich hinzu.
"Weil Ihr Euch noch nicht wieder daran erinnert", sagte sie leise und kam ganz langsam wieder zur Ruhe. Wenn sie einmal Gefühle zeigte, dann war das heftig und konnte ganz schnell eine Katastrophe auslösen. Das wollte sie nicht. Audrey schloss die Augen und begann damit, die Frau und den Mann zu beschreiben. Dabei ging sie auf das Tuch ein, in das die Frau gewickelt war und die Kleidung, welche der Mann trug. Auf den Geruch in dem Raum und die Worte, die gewechselt wurden.
Dadurch wurde Adrian direkt in den Traum geworfen. So, als würde er ihn in diesem Moment erleben und fühlen. Audreys Worte waren so intensiv, dass sie Tränen in ihm heraufbeschworen.
Sein Herz, welches davor noch in Aufruhr gewesen war, begann warm zu werden. Die Gefühle, die er jedes Mal spürte, wurden nur noch stärker.
Sie konnte die Szene so genau wiedergeben, als wäre sie dabei gewesen. Dabei wurde ihre Stimme weich und liebevoll. Fast schon sehnsüchtig, aber auch eine Spur Wehmut war darin zu hören.
„Es wäre zu schön gewesen, wenn das wahr wäre", brachte der Geschäftsmann mit brüchiger Stimme hervor. Ihm tat es richtig weh, dass sie den gleichen Traum gehabt hatte. Es konnte sich nur um einen Zufall handeln, dass sie den gleichen gehabt hatten.
"Warum wehrt Ihr Euch so vehement dagegen, dass es wahr sein könnte?", fragte sie und ihre Stimme wurde wieder traurig.
„Audrey ... es gibt keine Wiedergeburten. Wie soll ich an etwas glauben, was nicht bewiesen ist? Woher wissen Sie, dass es wahr ist? Glauben Sie denn wirklich an solche Dinge?", fragte er sanft und richtete sich auf. Dabei zog er die Frau in seinen Armen mit und hob sie mit Leichtigkeit nach oben, um sie auf die Couch zu setzen.
"Wenn ich Euch Bilder zeige", fragte sie leise, "würdet ihr mir dann vielleicht glauben, oder es für Fotomanipulation halten?", fragte sie. Durch die neue Technik war so viel möglich, dass es nicht mehr einfach war.
„Ja, weil es zu dieser Zeit noch keine Bilder gab. Nur Gemälde", erwiderte Adrian ernsthaft.
"Ich rede nicht von dieser Zeit", murmelte sie. "Aber ich bin viel älter, als ich aussehe", nuschelte sie. Angst schwang in ihrer Stimme mit, weil sie wusste, dass er ihr nicht glauben würde. Er hatte es selbst gesehen.
Sprach sie etwa von Fotos aus früheren Zeiten, wo sie genauso aussah? Adrian konnte das nicht glauben, dass so etwas ohne Fotobearbeitungen möglich war.
Aber genau das war es, worauf sie hinauswollte. Sie besaß keine wirklich aktiven Gaben mehr. Nicht mehr. Daher konnte sie ihm nichts zeigen. Außer ihrem Alter und ihrer Schnelligkeit, war sie im Vergleich zu anderen ihrer Art nichts Besonderes. Wäre da nicht ihre Gabe nicht zu sterben.
Das weiche Polster wurde neben ihr leicht heruntergedrückt, als er sich zu ihr setzte. Adrian holte sein Smartphone hervor und ließ den Bildschirm aufblitzen. „War das wirklich Xiao Feng Dua?", zeigte er ihr das Bild, welches er in seiner Wohnung besaß. Eins, welches sehr alt wirkte. Leicht verblichen, aber trotzdem gut erhalten.
Darauf war ein Mann zu sehen, der lange schwarze Haare besaß. Sein Kimono wirkte edel und sein Gesicht leicht arrogant, aber auch warmherzig.
Seit er diese Träume hatte und die Gesichter erkennen konnte, hatte er dieses Bild als Hintergrundbild.
Audrey unterdrückte die Versuchung ihre Hand danach auszustrecken, als ihr Blick liebevoll wurde. "Ja, das ist er", sagte sie leise und mit warmherziger Stimme. Ob er ihr wohl glauben würde, wenn sie seine Haare wachsen ließ? Vielleicht konnte sie auch ihre abschneiden, denn sie wuchsen sehr schnell wieder nach.
„Das Bild gehört mir schon seit langer Zeit. Durch Zufall bin ich dazu gekommen", erzählte er leise. Gebannt starrte er auf das Bild und wurde plötzlich in die Vergangenheit gezogen. Zu dem Zeitpunkt, als Xiao Feng Dua das erste Mal Li-Min begegnete. „Wer ist dieser Mann, der es Ihnen angetan hat? Ich sehe ihm vielleicht ähnlich, doch ich bin das nicht."
"Und wieso hast du dann seine Erinnerungen?", fragte sie leise. "Und der Mann, der es mir angetan hat, ist schon vor vielen, vielen Jahrtausenden das erste Mal gestorben", flüsterte sie und erinnerte sich an eine Zeit zurück, in der es noch nicht einmal Jahreszahlen gab.
Hilflos zuckte er mit den Schultern. "Ich weiß es nicht", gestand Adrian zweifelnd und ging nicht darauf ein, dass sie ihn plötzlich duzte. Warum hatte er diese Träume und Erinnerungen?
"Könnt Ihr Euch nicht vorstellen, dass es Magie auf der Welt gab und auch noch gibt?", fragte sie leise. Dass diese immer mehr verschwand war kaum zu übersehen.
Leicht schüttelte er den Kopf. „Nicht wirklich. Es klingt wie eine Abenteuergeschichte", antwortete Adrian ehrlich. Seine Augen, die sich sonst gerne umsahen, blieben auf sein Smartphone gerichtet. Sobald der Bildschirm schwarz wurde, machte er ihn wieder an. Ihm war die Ähnlichkeit zwischen ihnen nicht aufgefallen.
Wobei ..., wenn er so recht überlegte, dass er an Drachen glaubte, sollte er nicht so stur sein und nicht an so etwas glauben.
„Warum ... habe ausgerechnet ich diese Träume? Wenn es diesen Mann wirklich gegeben hat, warum erscheint er mit ... Ihnen die ganze Zeit?", wollte Adrian vorsichtig wissen.
"Wenn ich Euch die Geschichte erzähle, würdet Ihr mit sie dann glauben?", fragte sie leise und fast schon angstvoll.
Das wusste er nicht. Dennoch wollte er es auf einen Versuch ankommen lassen. Vielleicht brauchte Audrey auch einfach jemand zum Reden. Ehrlich sagte Adrian das auch, dass er nicht wusste, ob er es glauben würde oder nicht.
Er hoffte nur, Antworten zu finden.
Audrey holte tief Luft und begann dann von einer Zeit zu erzählen, als die Menschen noch in Fell lebten. Damals wurde Audrey geboren und hatte noch keinen Namen. Sie nahm zumindest an, dass sie geboren wurde.
Irgendwann bemerkte sie, dass sie anders war als die anderen und nicht alterte. Das sorgte dafür, dass man sie ausgrenzte, verachtete und sie eine Reise antrat, die sie schließlich dorthin führte, wo der erste Mensch sie nicht als abscheuliches, verachtenswertes Wesen sah, sondern ihre Macht nutzte, um sie beide an die Macht zu bringen. Es war der erste Mann, der sein Herz an sie verschenkte und sie ihres an ihn. Doch durch die Macht kam es, wie es kommen musste und man stürzte sie. Während sie überlebte, trug man ihren Geliebten zu Grabe. Darum folgte sie ihm und dort setzte sie den Kreislauf in Gang, der ihr Leben ändern sollte. Von den Toten kehrte er zurück und gemeinsam erhofften sie ein neues, langes, gemeinsames Leben. Doch auch dieses wehrte nicht lange. Erneut verlor sie ihre Liebe und bereit zu sterben zog sie sich zurück. Nur um wieder zu erwachen und festzustellen, dass da ein Mann war, der ihrem Geliebten bis aufs Haar glich und sich sogar an sie erinnerte. Er kam zurück. Jedes Mal kam er zu ihr zurück, doch immer weniger Zeit blieb, bevor er die Erinnerungen zurückbekam und starb.
„Und ... wer ist dieser Mann? Xiao Feng Dua?", fragte Adrian vorsichtig, als sie geendet hatte. In der Zeit, als sie sprach, hatte er seinen Arm um sie gelegt und sie an sich gezogen. Unterbrochen hatte er sie nicht.
Dass jemand starb, nur um wieder geboren zu werden, klang anstrengend und nicht gerade atemberaubend.
Gab es das denn wirklich? So ganz daran glauben konnte er nicht, doch er versuchte es zumindest.
Audrey schüttelte den Kopf. "Nein. Xiao Feng Dua ist eine seiner Wiedergeburten", sagte sie ehrlich. "Aber mir ist seine Gestalt, in der er zurückkommt, egal. Ich spüre es, wenn er es ist."
Seine Finger hatten angefangen, ihren Arm zu streicheln, ohne dass er es selbst bemerkte. „Sieht er denn jedes Mal anders aus? Wie spüren Sie das?", wollte er leicht zweifelnd wissen.
"Sie sehen sich sehr ähnlich", flüsterte sie. "Und ich spüre es, weil ich dieses Verlangen und die Zuneigung spüre. Schon der erste Blick reicht und da ist dieses Ziehen in der Brust", versuchte sie zu erklären. "Und dann bekomme ich sein Bild nicht mehr aus dem Kopf."
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