Kapitel 10.2
Kapitel 10.2
Dadurch fingen seine Knöchel an zu bluten, was er jedoch ignorierte. Audrey aber nicht. Sie griff nach seiner Hand und besah sich das Ganze, bevor sie begann sanft das Blut zu lecken. Dabei war ihr Griff unnatürlich stark.
Adrian riss an seiner Hand, so stark er konnte. Zu stark war der Griff der Frau, die sie festhielt. Dass Audrey so etwas tat, war wirklich widerlich. Das Blut eines anderen abzulecken war einfach widerlich. Angeekelt sah der Geschäftsmann sie an. „Lassen Sie meine Hand los!", schrie er sie in Panik an.
Audrey beendete jedoch ihr Werk und hinterließ eine komplett geheilte Hand. "Wenn Ihr das nächste Mal nicht so dumm seid und Euch die Hand blutig haut."
Überraschung, Erstaunen, Ehrfurcht, aber auch Angst lag in Adrians blauen Augen. Die Schmerzen, die er zuvor gespürt hatte, waren ebenso weg. Warum er plötzlich ruhiger wurde, konnte er selbst nicht verstehen.
Sollte er ihr etwa glauben, dass es solche Fantasiegestalten gab? Wie sonst konnte man so etwas mit der Zunge heilen?
„Was hat das mit den Träumen auf sich, wo Ihr ständig drin vorkommt?", wollte er von ihr wissen, ließ seinen Blick aber nicht von seiner Hand ab. Vielleicht würde er eher Antworten bekommen, wenn er ruhiger blieb.
Audrey wirkte plötzlich sehr traurig. "Ich bin unsterblich, aber nicht der, den ich liebe", sagte sie leise. "Aber durch meinen Kuss voll Ambrosia ist es möglich, dass er wiedergeboren wird", flüsterte sie fast tonlos.
„Das ist nicht die Antwort auf meine Frage", versuchte er so ruhig wie möglich zu sagen. Das gab ihm nicht die Antwort, warum sie immer in seinen Träumen erschien. „Wenn derjenige nicht unsterblich ist, sollten Sie sich einen anderen suchen", bemerkte Adrian. Das Ganze erschien ihm wie ein Spiel, was sie mit ihm spielte. Vermutlich träumte er gerade wieder einmal.
"Es ist ja nicht so, als wärt Ihr der einzige, der ständig an mich denken muss", sagte sie plötzlich heftig. "Als würde ich Euch aus meinem Kopf herausbekommen können!"
„Ach, dann haben Sie mehr Verehrer?", lachte er bitter auf und fixierte sie mit seinem Blick, der plötzlich eiskalt wirkte. „Spielen Sie das Spiel mit den anderen. Verfolgen Sie die in ihren Träumen und manipulieren Sie diese. Aber lassen Sie mich in Ruhe!", verlangte er grollend.
Kurz wandte er sich ab und sein Lachen wirkte spöttisch. „Meine Träume über wirres Kaiserzeugs und seiner Mätresse, die Ihnen wie aus dem Gesicht geschnitten ist, ist lächerlich."
"Ich manipuliere Euch nicht", sagte sie fast schon verzweifelt. Außerdem hatte sie keine anderen Verehrer. Für sie gab es nur ihn und sie würde immer wieder auf ihn warten.
Arrogant nickte Adrian in diesem Moment, so als würde er zustimmen. „Und wie erklären Sie sich dann diese Träume? Dass ich nicht mehr mit anderen schlafen kann? Diese roten Augen des Mannes und Ihre unnatürliche Kraft? Fangen Sie bloß nicht wieder mit Vampiren und Unsterblichkeit an. So etwas existiert nicht", beharrte er.
"Soll ich mich vor dir erstechen, damit du verstehst?", fragte sie und wurde ungehalten, was man daran erkannte, dass sie ihn nicht mehr höflich ansprach. Sie hatte das Gefühl jemand würde ihr Herz zerquetschen.
Ihm wurde einfach alles zu viel. Kurz wurde ihm schwarz vor Augen, sodass er sich an der Wand festhalten musste. Sonst würde er wohl vor ihr umfallen. „Gar nicht nötig. Ich muss Ihnen keine Geschichten glauben. Ein kleines Kind bin ich nicht mehr", erwiderte der Geschäftsmann.
Plötzlich öffnete Adrian seine schwarze Aktentasche und holte einen Stapel Papiere heraus. Diese wurden Audrey in die Hand gedrückt. „Suchen Sie sich einen anderen Immobilienmakler. Ich bin raus", sagte er höflich und distanziert.
Audrey blickte ihn mit großen, unschuldigen Augen an. So schwer war es noch nie gewesen, ihn zu überzeugen. Lag das an der Zeit oder ließen seine Gefühle für sie nach? Dieser Gedanke schmerzte so sehr, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen.
„Auf Wiedersehen Ms. Nanase", sagte Adrian kalt. Absichtlich hatte er ihren Nachnamen genannt, um ihr zu zeigen, dass er es ernst meinte.
Dass sein eigenes Herz dabei zerriss, wusste sie nicht. Nur Adrian wusste, dass die Frau sich in sein Herz geschlichen hatte. Das wollte er jedoch nicht zugeben. Er konnte sein Herz nicht an jemanden verlieren.
Schon gar nicht an jemanden, der ihn ständig anlog. Adrian war jemand, der Abwechslung suchte. Und seit Audrey hatte er die nicht mehr bekommen.
Wütend rauschte der Geschäftsmann an ihr vorbei und wollte gehen.
Audrey konnte sich nicht mehr regen und Tränen liefen ihr übers Gesicht, während ein leiser Schluchzer über ihre Lippen kamen. "Ich habe nicht gelogen", sagte sie mit brüchiger Stimme. Noch nie hatte er sie dermaßen angefahren oder sie als Lügnerin hingestellt. Er war der Einzige gewesen, der ihr immer geglaubt hatte.
Das einzig Richtige wäre gewesen, jetzt umzudrehen und sie in den Arm zu nehmen. Ihr Weinen ließ Adrian wirklich unsicher werden. An der Türschwelle blieb er stehen und hielt die Türklinke in der Hand.
Erinnerungen an die seltsamen Träume flammten in ihm auf. Das wohlige, vertraute Gefühl in ihm wurde stärker, je mehr er diese Frau vor sich sah. So traurig, wie sie wirkte, konnte er doch nicht mehr so einfach gehen. Oder doch?
"Ich habe nicht gelogen", wiederholte sie und klang verzweifelt, als sie auch noch zu Boden ging und sich dort die Hände vor die Augen hielt, weil sie nicht wusste, wie sie ihre Tränen stoppen und den Schmerz lindern konnte.
Sichtlich rang Adrian mit sich selbst. Er würde einen Fehler begehen, wenn er hierblieb. Aber genauso einen, wenn er jetzt ging.
Frauen weinen zu sehen, gefiel ihm nicht. Das hatte er noch nie gemocht.
Kurzerhand warf er seine Aktentasche in die Ecke, ungeachtet dessen, dass sie aufging und sich Dokumente verteilte.
Vor Audrey ging er in die Knie und nahm ihre Hände mit einer weg. Mit der anderen drückte er sanft ihr Kinn nach oben und strich ihr die Tränen aus dem Gesicht.
„Tränen stehen einer so schönen Frau wie Ihnen nicht", sagte er leise zu ihr.
Ein verzweifelter Blick lag in ihren Augen und ihr Körper zitterte bereits.
Die Dokumente, die er ihr in die Hand gedrückt hatte, lagen überall verteilt und auf einigen saß sie sogar drauf. "Ihr haltet mich für verrückt", sagte sie mit gebrochener Stimme.
Das zu leugnen, wäre eine Lüge. Deswegen nickte er langsam. „Ja, das tue ich", bestätigte er leise. „Es gibt keine Fantasiegestalten. Es sind Legenden, um die langweilige Welt zu verschönern."
"Was muss ich tun, damit Ihr mir glaubt?", fragte sie leise und mit brüchiger Stimme. Am liebsten hätte sie ihn gepackt und wäre mit ihm über die Dächer gesprungen. Doch sie wusste, dass das auch zu einem Herzinfarkt führen konnte.
„Ich glaube nicht an Legenden", erwiderte er sanft. So ganz stimmte das allerdings nicht. Adrian glaubte an Drachen. Warum? Das wusste er nicht. Schon in seiner Kindheit war das so gewesen, weshalb ein Drachen Tattoo seine Schulter zierte.
„Warum liegt Ihnen so viel daran, dass ich Ihnen glaube?", wollte Adrian wissen. Noch immer streichelte sein Daumen über ihre Wange, um die wiederkehrenden Tränen wegzuwischen.
Audrey konnte ihm nicht erklären, dass er sonst immer der einzige war, der ihr geglaubt hatte. Dass er ihr Ruhepol war. Derjenige, der sie vor der gesamten Welt verteidigt hatte. Immerhin erinnerte er sich nicht.
Obwohl sie es versuchte, brachte sie kein Wort hervor. Zu stark schmerzte ihr Herz und ihre Stimme versagte. Würde er ihr glauben, wenn vor seinen Augen ein Vampir verbrannte?
Seufzend strich Adrian ihr durch die schwarzen Haare. „Ich verstehe Sie nicht, wie Sie mir den Kopf so verdrehen konnten, dass ich meinem Alltag nicht mehr nachgehen kann. Ständig sehe ich Sie in meinem Träumen mit einem Kaiser aus der alten Zeit. Der übrigens einem meiner Bilder sehr ähnlich sieht", bemerkte er und packte Audrey sanft an den Armen und zog sie an sich heran.
Seine muskulösen Arme legten sich um sie. Er fühlte sich schlecht, weil er die Nerven bei ihr so verloren hatte. Bei einer Kundin, die nichts dafürkonnte, dass er sein Leben nicht auf die Reihe bekam.
"Xiao Feng Dua ", brachte sie mühsam hervor und nannten ihm damit den Namen des Kaisers, in der Hoffnung er konnte sich vielleicht dadurch etwas mehr erinnern.
„Xiao Feng Dua ...", wiederholte Adrian den Namen. Langsam und vorsichtig. Ein Bild flammte vor seinen Augen auf. Dieser Name war in seinen Träumen gefallen. „Woher wissen Sie den Namen des Kaisers in meinem Traum?", fragte er verwirrt.
"China etwa im vierzehnten Jahrhundert", murmelte sie leise. "Zu dieser Zeit erschien Li-Min in seinem Palast", erklärte sie und schnappte dabei leicht nach Luft, weil ihr Körper noch immer von leisen Schluchzern geschüttelt wurden.
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