Kapitel 1.2
Ein Jubelschrei ertönte aus dem Fernsehen, was seine Aufmerksamkeit erregte. Sein Kopf wandte sich dem Gerät zu. Menschen jubelten, da ihr Team gewonnen hatte. Leicht kopfschüttelnd drehte er sich wieder zu ihr um. Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, als er sein Glas anhob, um mit ihr anzustoßen. „Tut mir leid, Sie sind einige Minuten zu spät gekommen", sagte er entschuldigend zu ihr.
„Mein Name ist Audrey", stellte sie sich vor und stieß mit ihrem Cocktail an, bevor sie einen Schluck nahm. Dabei blickte sie ihn noch immer unter ihren Wimpern heraus an. „Und ich habe heute noch sehr viel Zeit. Vielleicht bekomme ich noch eine Gelegenheit", sagte sie mit einem undefinierten Lächeln.
„Adrian", stellte sich der Mann kurz und bündig vor, ging aber auf die andere Bemerkung nicht ein. Ihm lag im Augenblick nichts daran, Bekanntschaften zu schließen. Nur deswegen war er so freundlich. Höflich und distanziert. Frauen standen auf seiner Liste ganz oben und nicht selten begnügte er sich mit Bekanntschaften. Dabei war es ihm egal, ob er die Frauen kannte oder nicht.
Dennoch behandelte er die Frauen sehr gut. Von Anfang an machte er ihnen klar, dass er nur bei einer Vergnügung blieb. Adrian respektierte Frauen sehr und nutzte sie nicht aus, weshalb er auch in diesem Moment höflich blieb. Auch wenn es ihm schwerfiel.
„Arbeitest du hier in der Nähe?", fragte sie neugierig und ihm fiel auf, dass sie ihn vorher recht altmodisch mit Euch angesprochen hatte. Jetzt jedoch war sie schon beim Duzen.
Eine Augenbraue verschwand unter seinem schwarzen, dichten Haar. Was sollte das? Er hatte es ihr nicht angeboten, ihn zu duzen. Im Allgemeinen war diese Frau recht seltsam. Ein Gefühl, welches er nicht kannte, stieg in ihm auf. Mit dem konnte er jedoch nichts anfangen.
Es ging sie nichts an, wo er arbeitete, denn Adrian ging nicht davon aus, dass er sie wiedersehen würde. „Nicht direkt", kam es deswegen ausweichend über seine vollen und hübsch geschwungenen Lippen.
Audrey runzelte etwas die Stirn, weil er ihrer Frage auswich. „Wirklich? Dann bist du nicht oft hier?", fragte sie und klang fast schon bedauernd. Sie hatte wirklich gehofft, ihn hier vielleicht öfters anzutreffen.
Adrian legte seinen Blick auf den Cocktail, der vor ihm stand. Noch immer drehte er diesen hin und her. „Fast täglich", erwiderte er unwillig. Weshalb fragte sie ihn so aus? Ob einer seiner Kunden ihn wohl ausspionierte, was er nach Feierabend tat? Zuzutrauen wäre es ihnen.
„Wirklich?", fragte Audrey überrascht und begann mit dem Strohhalm in ihrem Getränk zu spielen. „Ich habe dich hier noch nie bemerkt. Oder kommst du immer erst so spät?", fragte sie, da sie sonst zeitiger hier war. Die späte Nacht gehörte ihren Geschäften.
Nachdenklich wiegte Adrian seinen Kopf hin und her. Warum sollte er ihr erzählen, dass er an manchen Tagen erst weit nach Mitternacht seine Firma verlassen konnte? Es ging sie schließlich nichts an. „Je nachdem", antwortete er deshalb.
Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie sie mit dem Strohhalm umging. War ihr langweilig? Wenn ja, war das gut. So würde er sie bald los sein. Wäre sie an einem anderen Tag hier aufgekreuzt, wäre es wohl anders verlaufen. Heute war jedoch ein schlechter Tag für ihn.
„Das ist sehr schade, dann bist du ja fast nur hier, wenn meine Arbeit schon begonnen hat", bemerkte sie etwas niedergeschlagen, schenkte ihm kurz darauf jedoch trotzdem ein Lächeln.
Das Glas, welches Adrian sich gerade eben an die Lippen gehalten hatte, senkte sich und erstaunt sah er sie an. „Ihre Geschäfte?", fragte er die Frau, welche so jung aussah, dass es ihm schwer fiel zu glauben.
„Ja", nickte sie und nahm einen kleinen Schluck. „Man könnte sagen, dass ich nur Nachtschichten schiebe", meinte sie mit einem schiefen Grinsen.
Adrian tat es ihr gleich, jedoch leerte er sein Glas in einem Zug. Das Brennen in seinem Mund fühlte sich gut an. Auch, als die Flüssigkeit seinen Gaumen hinunterfloss. Mit geschlossenen Augen atmete der Mann tief durch und stellte sein Glas auf dem Tresen ab. Mit einer Handbewegung deutete er dem Mann hinter dem Tresen an, für ihn einen neuen zu machen.
„Wie kommt eine junge Frau wie Sie dazu, nachts zu arbeiten?", erkundigte er sich. Das kannte er nur von Prostituierten und den Mädchen, die in schmuddeligen Bars und Restaurants nachts ihr Taschengeld aufbesserten.
Audreys Lächeln verrutschte ein Stückchen. „Man könnte sagen, dass ich bei der Polizei arbeite", sagte sie vorsichtig und wirkte unsicher. Sie wusste, dass man ihr das nicht immer glaubte. Dass sie direkt bei der Polizei arbeitete, stimmte auch nicht ganz. Zumindest war sie nicht bei der menschlichen Polizei.
Zuerst erwiderte Adrian nichts, sondern starrte vor sich hin. Wenn das stimmte, war das noch schlimmer, als er angenommen hatte. Es konnte kein Zufall sein, dass sie ausgerechnet jetzt hier auftauchte.
Ihre Worte machten ihn nervös, weshalb er seinen nächsten Cocktail mit einem Zug leer trank. Gleich darauf bestellte er sich einen doppelten Whisky. Was überhaupt nicht gut war, denn seit dem Mittagessen hatte er keine Zeit mehr gehabt, zu essen. Verdammt, es würde nicht lange dauern, bis er betrunken war.
„Dann möchte ich Sie bei Ihrer Arbeit nicht aufhalten", brachte er mühsam hervor. Ein Krächzen hatte sich in seiner Stimme eingeschlichen, was an dem Cocktail lag.
Ein Blinzeln seitens Audrey war die Antwort. „Ich bin nicht hier, weil ich arbeite", winkte sie ab und stellte das leere Glas auf die Theke. Sie wusste, dass man ihr nachschenken würde. „Sonst wäre ich ja nicht hier."
Der Mann hinter der Theke verstand den Wink und nahm ihr Glas, während er Adrian seinen doppelten Whisky hinstellte. Kurz darauf bekam auch Audrey einen neuen Drink vor die Nase gestellt.
Nun verschwanden beide Augenbrauen unter Adrians Haaren, die ihm in die Stirn hingen. Eine Frage lag ihm auf der Zunge, die er nur zu gern stellen würde. Warum trank sie vor ihrer Arbeit Alkohol?
Das konnte ihm egal sein. Es war nicht seine Arbeit und garantiert würde er sich nicht darin einmischen. Jeder lebte sein eigenes Leben. Vor allem hier in New York. Das hatte er schon früh lernen müssen. „Ich verstehe", nuschelte Adrian, wobei er überhaupt nichts verstand. Was wollte sie dann überhaupt hier? Ihn nerven? Das war eine schlechte Idee.
Audrey streckte sich etwas und gab einen leise, leicht quietschenden Laut von sich. „Gut, dass ich noch ein paar Tage Urlaub habe", sagte sie gut gelaunt und nahm sich den Cocktail.
„Wie schön für Sie. Genießen Sie Ihre Zeit", kam es leicht beschwipst über seine Lippen. So war das also. Ihn auf eine falsche Fährte locken. Eigentlich war er es gewohnt, da viele Frauen solche Spielchen trieben. Wieso sprach sie über die Arbeit, wenn sie Urlaub hatte? Dieses Wort allein war für ihn fremd geworden, seit er seine Firma errichtet hatte.
Mit leicht glasigem Blick wanderten seine Augen wieder über ihren zierlichen Körper. Sicherlich war der Sex mit ihr .. nein, was dachte er sich gerade nur? Dazu hatte Adrian nicht einmal Lust, auch wenn der Körper der Frau anziehend war.
Der Alkohol machte sich bereits bemerkbar, was Adrian daran erkannte, dass ihm alles egal wurde. Seine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf den Grund, warum er hier war. Die schlanken Finger fischten nach dem Glas vor ihm und er nippte daran.
Es wurde Zeit, dass er ging. Eine Frau für die Nacht würde er so garantiert nicht finden. Was ihm auch recht war. So konnte er einfach auf der Couch seinen Rausch ausschlafen, um am nächsten Morgen wieder frisch und munter zur Arbeit zu gehen.
Allerdings schien Audrey da anderer Meinung. Sie bewegte ihr Bein und ließ es scheinbar unbeabsichtigt über seines streifen. „Wollen wir nicht ein wenig Zeit gemeinsam genießen?", fragte sie mit einem schnurrenden, verführerischen Unterton in ihrer Stimme, während ihre Augen ihn durchdringend, aber lustvoll ansahen.
Leise schnalzte er mit der Zunge. Sonst war er derjenige, der bei Frauen so reagierte. Sie verführte, damit er den stressigen Alltag für eine Stunde vergessen konnte. Solche Verführungen von den Frauen waren zwar keine Seltenheit, doch zugetraut hatte er es Audrey nicht.
Da er generell niemand war, der sah volltrank, nur um dann mit jemanden im Bett zu landen, winkte er ab. „Entschuldigen Sie bitte. Ich werde mich jetzt auf den Heimweg machen", sagte Adrian, trank den Rest des doppelten Whiskys aus und zückte seine Geldbörse nicht gerade elegant aus der Hosentasche.
Blind griff er hinein und nahm einen Schein heraus, den er auf den Tresen legte. Ohne auf das restliche Geld zu warten, stand Adrian auf. Musste sich sogar für einen Moment festhalten, weil alles unter ihm wankte. Gut, wenn er ging. Die kalte und wahrscheinlich nasse Luft würde seinen Geist wieder wecken. Und vielleicht brachte er es dann auch fertig, noch irgendwas zu essen.
Audrey zeigte ein leichtes Schmunzeln, bevor ihr Blick dem eines Raubtieres auf Beutefang glich. „Natürlich. Hab eine angenehme Nacht", sagte sie scheinbar bereit dazu, ihn gehen zu lassen.
Was Adrian jedoch nicht wusste war, dass er ihren Jagdtrieb geweckt hatte.
„Schön, Sie kennengelernt zu haben, Audrey", erwiderte der Schwarzhaarige leicht betrunken und ließ einen Gruß mit zwei Fingern dem Besitzer der Bar zukommen.
Nicht gerade auf festen Beinen verließ er den Tresen, ohne sich umzusehen. Der Mann an der Abgabe hielt ihm bereits seinen Mantel hin, den Adrian nicht nur einmal verfehlte, als er diesen anziehen wollte.
Mit einem winkenden Gruß zu Audrey verließ er die Cocktail Bar und verschwand in der regnerischen Dunkelheit, zu der sich Wind gesellt hatte.
Audrey nahm ihr Getränk und leerte es. Den Blick auf die Tür gerichtet, durch die Adrian gegangen war. „Möge die Jagd beginnen", flüsterte sie leise und stellte das Glas zurück, bevor sie sich auf den Weg nach draußen machte.
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