1. Kapitel: Dunkelheit
»Was denkst du, was ist dort unten?« Wind beugte sich gefährlich weit über den Riss, der vor seinen Pfoten in der Erde klaffte und starrte angestrengt hinunter in die bodenlose Tiefe.
Als wenn er in dieser Finsternis mehr als ein paar Fuchslängen rohen Gesteins hätte sehen können. Nur schwach leuchtete die Mondsichel vom wolkenverhangenen Himmel herab und noch weniger Licht kam letztendlich bei den drei Jungen am Grund des Kiefernwaldes an.Asche tapste vorsichtig zu ihren Wurfgefährten, sie hatte ein wenig mehr Respekt vor dem Abgrund.
»Pass auf, dass du nicht hinein fällst«, warnte sie, packte Wind am Nackenfell und zog ihn einen Pfotenschritt zurück.
»Ich stürze nicht ab!« Wind riss sich von ihr los und fauchte. »Niemals! Ein Krieger stürzt nicht.«
Ein Krieger?! Manchmal kam es Asche so vor, als sei sie das einzige Junge, das wusste, wie viel sie noch zu lernen hatten, bevor sie sich ihre langen Namen verdienen würden.
Käfer stolzierte am Rand des Abgrundes entlang. »Dort unten lauert ein düsteres Geheimnis. Ein Schrecken der Dunkelheit.«
Belustigt schnurrend wirbelte Asche zu ihm herum. »Mäusehirn!«
Käfer tat so als wäre er beleidigt, nur das Funkeln in seinen Augen verriet, dass er das alles ebenfalls für einen Scherz hielt. »Springender Rabe hat gesagt, es würde so sein. Sie meinte, dort unten gäbe es nur eisige Kälte, die die Herzen der Katzen gefriert.«
»Dann ist Springender Rabe ein Flohhirn! Das ist doch nur...«
»Der Schrecken, von dem du sprichst, ist ein Teil unserer Vergangenheit.« Asche hob den Blick von ihrem Bruder und entdeckte Wolkes Gestalt im Unterholz. Die Kätzin hatte langes, graues Fell, das in den Schatten unter den Kiefern nur als ein dunkler Umriss zu erkennen war, doch das auffälligste waren wohl ihre vernarbten Augen. Wegen dieser alten Verletzungen konnte Wolke nichts mehr sehen.
»Mutter!«, rief Asche erfreut, rannte auf Wolke zu und warf sich spielerisch gegen sie, wobei sie zur Hälfte in ihrem dichten Fell verschwand.
Wolke taumelte und fuhr dem Jungen schnurrend mit dem Schweif über den Rücken. »Nicht so stürmisch, Kleine!«
»Aber sie ist doch gar nicht unsere Mutter!«, hörte Asche Käfers Miauen.
Als sie sich endlich aus Wolkes immer etwas verfilztem Fell gekämpft hatte, sah sie ihren Wurfgefährten auf sich zu tappen. Ganz eindeutig hatte Käfer zu viel mit dieser Springender Rabe geplaudert, die ihm wohl auch eingeredet hatte, Wolke könne nicht ihre Mutter sein, nur weil sie sie nicht geboren hatte. Aber sie hat uns aufgezogen, war immer für uns da, hat uns Geschichten erzählt, während wir einschliefen und uns wieder beruhigt, wenn wir von schaurigen Monstern geträumt haben... Wer könnte sonst unsere Mutter sein, wenn nicht sie?
Irgendwo hinter Käfer sah sich Wind um und stürmte hinter seinem Bruder her, als er ihn bei Wolke und Asche entdeckte.
»Erzählst du uns von unserer richtigen Mutter?«, bettelte er.
Asche spürte Wolkes Zögern. Sie ahnte, dass es wieder einmal vergeblich gewesen war, diese Frage zu stellen. Noch nie hatte Wolke sich dazu bereit erklärt, diese Geschichte zu erzählen.
»Kommt erst einmal mit ins Lager«, seufzte Wolke.
***
Das, was Wolke Lager genannt hatte, war eigentlich nur eine winzige, von Farngestrüpp umgebene Lichtung. Die Schatten der umliegenden Bäume krochen über die mit Flechten und Moos bewachsenen Felsen in der Mitte, als wollten sie die darauf sitzenden Jungen packen und davon zerren. Unter einem Haselstrauch funkelten zwei Augenpaare zu ihnen hinüber. Springender Rabe und Fliehender Rauch, erkannte Asche und konnte nun auch ihre mageren Körper in der Dunkelheit ausmachen.
Als sie die beiden Krieger so betrachtete, konnte Asche kaum glauben, dass ihre Gruppe einmal so mächtig und weise gewesen sein sollte wie Wolke immer behauptete. Nun waren sie nur noch drei Junge, eine Blinde und zwei Krieger, die es kaum schafften, genügend Beute für alle zu fangen.
Auf einmal ertönte irgendwo zwischen den Nadelbäumen ein Knacken wie von einem zerbrechenden Ast und Asche schreckte hoch. Suchend sah sie sich um, als auch schon eine Kätzin, die Asche völlig unbekannt war, aus dem Farn auftauchte. Mit ihrem grauen Pelz hätte man sie für Wolkes Wurfgefährtin halten können, doch hatte diese den Jungen nie von Geschwistern erzählt.
»Wolke!« Die Fremde trat noch einen Schritt vor und neigte grüßend den Kopf.
Neugierig tappte Asche näher, besonders feindselig wirkte der Neuankömmling schließlich nicht.
Sie hielt erst inne, als Springender Rabe hinter ihr knurrte: »Sie hat auch einen langen Namen! Zeige etwas Respekt vor deiner Schwester!«
Verdutzt musterte Asche Springender Rabe. Fliehender Rauch hatte den Jungen einmal erzählt, er habe seinen langen Namen dafür erhalten, dass er einmal vier Junge vor einem Fuchs verteidigt und dann mit ihnen geflohen sei. Woher Springender Rabe ihren Namen hatte, erkannte jeder, der sie beim Jagen beobachtete. Aus der Schülerin Rabe war vor vielen Monden die Kriegerin Springender Rabe geworden, denn kaum eine Katze konnte so weit springen wie sie. Aber Asche hatte nicht gewusst, dass auch Wolke so einen langen Namen hatte. Womit sie sich wohl ihre Ernennung zur Kriegerin verdient hat?, fragte sich Asche.
»Das ist längst Vergangenheit!«, widersprach Wolke. »Was wir damals hatten, ist nicht mehr. Es wurde uns genommen und das zu recht! Wie ihr wisst hätte ich einen guten Grund, Wirbelndes Laub auf der Stelle wieder fortzuschicken.« Wolke warf einen Blick zu ihrer Schwester, der voller Wut war. »Aber was meinen langen Namen angeht, so wäre er heute nur noch eins: eine Lüge! Das solltet du wissen, Springender Rabe, schließlich werde ich schon seit Monden von allen nur noch Wolke genannt.«
Käfer schaute so ratlos drein wie Asche sich fühlte. »Was denn? Was ist vorbei?«
»Wirbelndes Laub, was auch immer du von uns willst, wende dich an Springender Rabe und Fliehender Rauch, ich will nichts davon wissen!«, miaute Wolke. Ihre Stimme verriet Asche, dass sie keinen Wiederspruch dulden würde. »Ihr Jungen, kommt mit in unseren Bau. Obwohl ich am liebsten alles vergessen würde, was geschehen ist, solltet ihr die ganze Geschichte nun endlich hören...«
»Die von unserer Mutter?« Käfer fegte um Wolkes Pfoten herum, während sie auf ein Brombeerdickicht zusteuerten.
Wind jagte seinem Bruder hinterher. »Oder die wie ihr... irgendwas... verloren habt?«
»Ich sagte doch, die ganze Geschichte...«
***
Mit halb geschlossenen Augen lag Asche im Brombeerbau und lauschte. Im Haselstrauchbau wurde im Flüsterton ein Gespräch geführt, doch sie konnte nicht erahnen, worüber die Katzen redeten.
Wind kletterte auf Wolke herum und Käfer saß am Rand des Nestes, während er mit ihren Krallen ungeduldig das Moos aus dem Nestpolster zupfte. »Ich will die Geschichte hören! Wann erzählst du sie uns endlich?«
»Sie braucht etwas Zeit. Macht es euch gemütlich, denn wenn ihr alles verstehen wollt, muss ich lange vor eurer Geburt beginnen. Ja, einiges kenne sogar ich nur aus Erzählungen, wenngleich ich schon einige Blattwechsel erlebt habe.« Wolke schüttelte Wind ab, der neben seinen Wurfgefährten ins Nest plumpste.
Einen Moment noch schien Wolke nachzudenken, bevor sie begann. »Ihr erinnert euch an den Felsspalt vor dem ihr eben gestanden habt? Schließt eure Augen und erinnert euch an diese undurchdringliche Dunkelheit, die ihr dort unten erspäht habt. Seht ihr sie vor euch?«
Asche nickte angestrengt, als sie das Bild in ihren Gedanken hervorrief. Die Finsternis war absolut schwarz gewesen, düsterer noch als eine Neumondnacht, in der Wolken die Sterne verdeckten.
»Gut«, fuhr Wolke fort. »Das Lager meines alten Clans, des FinsterClans, liegt weit unter unseren Pfoten in einer Höhle, die durch ein Loch in der Decke in ein schwaches Licht getaucht wird. Doch die Gänge, die ich mit meinen Wurfgefährten erkundete, als wir kaum einen Mond älter waren als ihr jetzt, waren oft so finster, dass man selbst die eignen Pfoten vor Augen nicht mehr erkennen konnte.«
»Konntest du damals noch sehen?«, unterbrach Wind Wolke.
»Mäusehirn!« Käfer schnippte seinem Bruder mit dem Schweif übers Ohr. »Sie sagte doch, dass es zu dunkel war!«
»Still, ihr beiden! Wenn ihr nicht leise sein könnt, werde ich mich jetzt schlafen legen, anstatt die Geschichte zu erzählen.«
Wind riss seine Augen so weit auf, dass Asche nicht anders konnte als belustigt zu schnurren. »Wir werden ganz still sein!«, beteuerte er.
Wolke machte es sich noch einmal in ihrem Nest bequem und begann dann von neuem. »Ich war knapp fünf Monde alt und hatte an meine Mutter, Schleichende Eule, gekuschelt geschlafen.
Auf einmal rüttelte mich eine Pfote an der Seite und als ich meine Augen aufschlug, stürzte sich auch schon ein graues Fellknäul auf mich: Meine Schwester Laub.
Kiesel, mein zweiter Wurfgefährte kauerte in der Nähe und flüsterte, wobei er fast von Laubs Kampfgeschrei übertönt wurde: ›Leise! Wollt ihr, dass Schleichende Eule aufwacht?‹
Ich erinnerte mich an den Plan, den wir am Tag zuvor geschmiedet hatten und riss mich von Laub los. Ein letzter Blick auf Schleichende Eule bestätigte uns, dass sie trotz allem noch schlief. Dann huschten wir drei durch die langen Reihen der mit Flechten gepolsterten Schlafkuhlen unserer Clangefährten zum äußeren Rand der Höhle, wo wir durch die Schatten schlichen. Den Blick hatten wir immer auf unser Ziel gerichtet, ein finsteres Loch in der Höhlenwand, wo der Tunnel mit dem ausgetrockneten Flussbett an seinem Grund begann.
Kiesel war der erste, der die Stimmen hörte und daraufhin so plötzlich stehen blieb, dass Laub glatt in ihn hinein schlidderte. Bevor sie jedoch protestieren konnte, legte ihr Kiesel den Schweif über ihr Maul und schob sie hinter den Wisperstein. Ich folgte ihnen so eilig, dass ich ausrutschte und in die Schlafkuhle der Sehenden - wie sie von den Kriegern genannt wurde- purzelte. Weil diese jedoch seit einigen Tagen mit einer Patrouille bei den drei Licht-Clans, die an der Erdoberfläche lebten, unterwegs war, war ihr Nest ein ebenso gutes Versteck wie der Felsen.
Es schien mir als wäre ein halbes Katzenleben vergangen, als die Krieger sich endlich wieder entfernten, doch nun verschwendeten wir Jungen keinen Augenblick mehr und stürmten in den Tunnel, hinein in diese neue, unbekannte Welt außerhalb unseres Lagers.
Bald schon war es um uns herum so dunkel, dass wir gezwungen waren, langsamer zu laufen und uns voranzutasten. Es dauerte, bis wir endlich einen auf ein Netz von Tunneln stießen - von den Kriegern in ihren Geschichten die Sonnentunnel genannt - in die durch kleine Löcher in der Decke Tageslicht hinein fiel. Unsere Schritte hallten von den Wänden wieder, während wir immer weiter gingen, eine Tunnelgabelung nach der Anderen hinter uns ließen. Aber war da nicht noch ein anderes Geräusch?
›Hört ihr das?‹, flüsterte ich. Falls das eine Katze war, sollte sie uns auf keinen Fall entdecken. Wir durften doch eigentlich gar nicht hier sein!
›Was denn?‹, fragte Laub. ›Da ist nichts, das bildest du dir nur ein.‹
Doch wenig später sollte sich herausstellen, dass ich Recht gehabt hatte. Umso weiter wir gingen, um so lauter wurde es, dieses Platschen, das in regelmäßigen Abständen ertönte.
›Jetzt höre ich es auch‹, maunzte Kiesel.
Lass uns nachsehen, was das ist!‹ Ohne auf eine Antwort zu warten, preschte Laub davon, Kiesel und ich folgten ihr einen Herzschlag später.
Unter unseren Pfoten wirbelte Staub auf, während wir durch den Tunnel stürmten und uns allmählich dem geheimnisvollen Platschen näherten. Ich war schon ein wenig außer Atem, als ich meine Schwester endlich eingeholt hatte und wir nebeneinander weiter rannten. Vor uns knickte der Tunnel ab und gleichzeitig bogen Laub und ich um die Ecke. Der kleine See tauchte so unvermittelt vor uns auf, dass ich beinahe hinein geschliddert wäre, doch Laub hielt mich gerade noch rechtzeitig am Nackenfell fest. Oben an der Decke befand sich ein Riss, durch den Sonnenstrahlen in die vor uns liegende Höhle fielen und stetig Wasser in den See tropfte.
›Da wärst du fast schwimmen gegangen, wie so ein schleimiger Fisch‹, schnurrte Laub belustigt.
›Wäre ich nicht‹, murmelte ich, während ich an ihr vorbei in den Tunnel spähte, aus dem wir gekommen waren. ›Wo bleibt denn Kiesel?‹
›Weiß nicht.‹ Laub tappte zurück, weg von dem See. ›Aber wir werden ihn finden! Ich bin die Anführerin des FinsterClans, Kämpfendes Laub, und ich führe eine Patrouille zur Rettung unseres Bruders!‹
›Warum kann ich nicht Anführerin sein?‹, protestierte ich und schlug spielerisch nach Laubs Ohr. Ich war mir sicher, eines Tages würde ich die beste Kriegerin des Clans werden!
Mit funkelnden Augen wirbelte Laub zu mir herum. ›Du wagst es, deine Anführerin zu schlagen?‹, schnurrte sie. ›Das werde ich dir heimzahlen!‹
Sie stürzte sich auf mich, zwickte mich mit ihren Zähnen vorsichtig ins Ohr und zog sich dann schnell wieder zurück. Gerade wollte ich zu einem Gegenschlag ausholen, als mich ein Husten innehalten ließ.
Als ich mich umdrehte, stand Kiesel hinter mir. Er hustete erneut, so wie er es immer tat, wenn er sich angestrengt hatte, dabei war er doch gar nicht so schnell gerannt wie wir!
›Kiesel, da bist du - uff!‹ Mir wurde die Luft aus den Lungen gepresst, als Laub mich umwarf und am Boden festnagelte.
›Gewonnen!‹, miaute sie triumphierend und fügte dann an Kiesel gerichtet hinzu: ›Warum hast du denn so lange gebraucht, du bist ja langsamer als die Sehende!‹
›Bin ich nicht!‹, widersprach er.
›Langsamer als die Sehende kann man gar nicht sein‹, stimmte ich ihm zu. ›Es sei denn, man ist eine Schnecke.‹
›Ihr solltet nicht so über sie reden.‹ Kiesel hustete erneut, tappte dann zum See und trank einen Schluck. ›Die Krieger sagen, sie ist wichtig für unseren Clan und sie ist die älteste Katze von uns allen, glaube ich zumindest.‹
Nicht nur die älteste, überlegte ich. Auch die seltsamste. Manchmal saß Sehender Schatten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang neben dem Wisperstein und murmelte leise irgendein wirres Zeug vor sich hin und obwohl sie offensichtlich weder jagen, noch gegen Füchse und Streuner kämpfen konnte, bestand sie oft darauf, eine der Patrouillen ans Tageslicht zu begleiten.
Ich seufzte bei diesem Gedanken. Wie sehr wünschte ich es mir, die Höhlen zu verlassen, meine erste Beute zu machen, mich im Kampf zu beweisen und mir so eines Tages meinen langen Namen zu verdienen!
***
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir in dem Labyrinth danach noch unterwegs waren, wie oft Kiesel zögernd an einer erneuten Abzweigung im Tunnel stand und nicht weiter gehen wollte aus Angst, dass wir und verlaufen könnten, wie oft Laub und ich ihn nach dem Weg fragen oder auf ihn warten mussten.
Irgendwann befanden wir uns jedoch durch das trockene Flussbett auf dem Rückweg ins Lager. Unsere Pfoten trommelten auf dem Boden, während wir hintereinander her jagten, Laub an der Spitze und Kiesel bereits eine Baumlänge hinter uns. Die Höhle war bereits so nah, dass das Licht von dort aus durch den Tunnel bis zu uns vordrang.
›Hörst du mich? Komm schnell, bitte!‹ Die Stimme war nur ein Hauch, der sich unter das Donnern unserer Schritte mischte. Es war wie ein Wunder, dass ich sie überhaupt gehört hatte...
Ich blieb so abrupt stehen, dass ich beinahe über meine eigenen Pfoten stolperte und versuchte dann zu ergründen, wer da gesprochen hatte. Doch das einzige, was ich entdecken konnte war ein Felsspalt, gerade einmal groß genug, das sich eine erwachsene Katze hindurch zwängen könnte.
Neugierig spähte ich hinein, aber die Schatten waren dort zu dicht, als dass ich etwas hätte erkennen können. Die schwache Geruchsspur bemerkte ich erst in dem Moment, in dem Kiesel zu mir aufgeholt hatte.
›Was hast du da gefunden? ‹, keuchte Kiesel völlig außer Atem und hustete.
›Da ist eine Katze...‹, miaute ich, folgte der Fährte in den Felsspalt und ließ meinen Bruder davor zurück. ›Ich glaube, sie braucht Hilfe. Warte hier auf mich, ich werde nachsehen.‹
Langsam tastete ich mich voran und für eine Weile spürte ich die Enge um mich herum, bevor der Wiederhall meiner Schritte verriet, dass ich sich die Tunnelwände nun von mir entfernten. Allmählich mussten sich auch meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, denn ich erinnere mich noch an eine Gestalt, die dort in den Schatten lauerte.
Sie war das letzte, das ich an diesem Tag sehen sollte. Krallen trafen mich im Gesicht, fuhren über meine Augen... Es ist seltsam. Ich erinnere mich kaum an den Schmerz, nur noch an den Schrecken. Vielleicht war ich zu geschockt, um Schmerz zu empfinden, vielleicht war es auch diese schreckliche Angst, die überwog.
›Die Sehende ist alt, kann bald kaum noch laufen‹, hörte ich eine Stimme. ›Du musst sehen! Ohne die Wisperkatzen sind wir nichts. Es musste sein!‹
Jetzt kam er doch, der Schmerz. Ich krümmte mich auf dem Boden, versuchte mit meinen Pfoten die Blutung zu stoppen und hatte das Gefühl damit alles nur noch schlimmer zu machen.
›Du und Laub, ihr seid die Zukunft unseres Clans. Ihr seid stark. Es tut mir leid, dass es dich getroffen hat, Wolke. Ich hatte gehofft, Kiesel wäre es, der mich hört und meinem Ruf folgt. Dann wäre er zumindest dieses eine Mal zu etwas zu gebrauchen gewesen.‹
Unter normalen Umständen hätte ich die Stimme sicherlich wiedererkannt. Aber zu dem Zeitpunkt war ich kaum noch bei Bewusstsein und kurz darauf enden meine Erinnerungen an jenen Tag.«
Für ein paar Herzschläge herrschte Stille im Brombeerbau. Asche wagte kaum zu atmen und selbst Wind war ganz still geworden. Daher hat Wolke also ihre Verletzungen, deshalb ist sie nun blind. Und ich dachte immer, es wäre in vielleicht einem Kampf geschehen, ich war davon ausgegangen, es wäre ein Unfall gewesen! Welche Katze ist zu so etwas fähig? Das ist grausam!
Neben ihr hievte sich Wolke auf die Pfoten und seufzte. Auf einmal kam sie Asche so verletzlich vor...
»Es ist spät, ihr solltet jetzt schlafen. Alles andere erzähle ich euch Morgen. Ich muss jetzt noch etwas mit Springender Rabe und Fliehender Rauch besprechen.« Wolke schob sich aus dem Bau hinaus.
Als sie weg war, beugte sich Käfer zu den anderen beiden Jungen vor.
»Was soll das sein, eine Wisperkatze? Diese Geschichte ist verwirrend«, flüsterte er.
Dem konnte Asche nur zustimmen, doch sie war noch immer zu geschockt um etwas zu erwidern.
***
Hallo,
Hätte da noch eine Frage: Wie findet ihr diese... äh... Geschichte in der Geschichte, oder wie man das nennen soll, also dass erst ein Abschnitt aus Asches Sicht kommt, dann Wolkes Geschichte und dann wieder ein bisschen aus Asches Sicht? Und was meint ihr, wie würdet ihr es finden, wenn alle Kapitel so geschrieben sind? Bin mir da irgendwie nicht so sicher... ^^
LG Funkenpfote
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