Kapitel 52 - Die beinahe-Tat

Magnus' Sicht

~Was ist nur los mit dir?! Ich weiß, dass dich etwas beschäftigt und du nicht darüber reden möchtest, aber wieso? Was ist so schwerwiegend, dass du nicht darüber reden kannst? Vertraust du mir etwa nicht? Ich verstehe nicht, wieso du dich entfernst, aber weißt du was? Das tut verdammt noch mal weh, wenn man aus dem Nichts wie Luft behandelt wird! Wenn ich irgendetwas getan habe, dann sag es mir. Ich bin kein Kind mehr, Alexander! Ich kann damit umgehen, wenn du das hier zwischen uns beenden willst, nur lass diese quälende Funkstille. Ich sehe doch, dass du leidest und versuchst es für dich zu behalten. Ich bin für dich da, aber du musst mich auch lassen. Ich stehe direkt vor dir, also versuch nicht so zu tun als würden wir uns gar nicht kennen. Tut uns das nicht an.~, schüttete er Alec sein Herz aus.

Magnus war es in diesem Moment gleich, dass seine Mauern unten waren und der König sehen konnte, wie es wirklich hinter seiner Fassade aussah. Dass er erkennen konnte, wie ihn dieses Ignorieren fertig machte und dass er gründlich gescheitert war im Versuch dieselbe Distanz aufzubauen.

Diese gelang ihm nur vorübergehend, denn sonst erschien es unmöglich, sich selbst abzuschotten und wieder so zu tun, als würde ihn nichts auf dieser Welt auch nur ansatzweise berühren. Denn das tat es nicht oder zumindest nicht mehr.

Er hatte versagt und Alexander konnte es sehen und hören, doch ob er es auch verstand, war eine andere Sache.

Magnus hatte schon seid geraumer Zeit dieses Gefühl und in diesem Gespräch hatte es sich bisher nur bestätigt. Der König hörte seine Worte, verstand sie aber nicht. Er sah ihn an, doch erkannte die Wahrheit nicht. Es war beinahe so, als würde Magnus gegen eine unsichtbare Wand schreien, hinter der der König ihn nur gedämpft wahrnehmen konnte.

Magnus hasste Streitereien, hatte er schon immer, aber selbst er sah ein, dass es manchmal keine andere Möglichkeit gab als die Simme zu erheben, wenn man fürchtete, sonst nicht gehört zu werden. Genau das fürchtete er nämlich, denn sollten seine Worte den König wachgerüttelt haben, so ließ er es sich nicht anmerken.

Es brach Magnus das Herz, doch in all dem Chaos, das gerade in ihm herrschte, konnte er es kaum hören. Dazu war er zu wütend, frustriert und verzweifelt. Er fühlte sich hilflos und naiv und gefangen.

Das Gegenteil von dem, das er als sein Lebensziel ansah: Freiheit. Gerade schien er weiter weg davon als je zuvor. Noch weiter als er es im Gefängnis gewesen war und hier konnte er sich frei bewegen. Vielleicht sogar noch weiter als beim Vorfall mit Andrew, denn hier war ihm derjenige, der ihn einsperrte nicht egal.

~Es tut mir leid, dass ich dich offenbar damit verletzte, aber meine Probleme gehen dich nichts an, Magnus.~, antwortete der König steif.

Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht und Magnus taumelte ein paar Schritte zurück, überwältigt vom Phantomschmerz.

All seine Worte ... für nichts. Seine Verzweiflung umsonst. Seine Worte hatten nichts bewegt sondern waren sogar mit Füßen getreten worden und er konnte nicht anders als verletzt zu sein, aber auch enttäuscht. Größtenteils von sich selbst, denn er hatte Hoffnung gehabt.

Er hatte Hoffnung, dass Alec vielleicht endlich reagierte und einsah, dass das, was er sich wohl in den Kopf gesetzt hatte, nicht richtig war. Doch er ignorierte ihn einfach.

Die Wut darüber wuchs rapide in ihm und ehe er sich davon abhalten konnte, patzte er~Ich weiß, warum du mich nicht mehr an dich heranlässt. Du bist feige! Schlicht und ergreifend feige. Und unfair! Du hast von mir velangt, mich fallen zu lassen, aber selbst vertraust du mir nicht genug, um es mir gleich zu tun! Und jetzt hast du noch nicht einmal den Mumm in den Knochen, mir das ins Gesicht zu sagen! Du bist feige, Alec!~

Magnus wusste, dass nun er derjenige war, der unfair wurde, denn er hatte eigentlich vorgehabt, diese Vermutung für sich zu behalten, bis Alexander das selbst erkennen und diese Angst überwinden könnte.

Angst allein war nämlich nichts Schlimmes. Erst, wenn man sie nicht überwinden konnte, wurde sie zu einem Problem.

Wenn er ehrlich war, hatte er auch nicht gerade das Gefühl, das beurteilen zu dürfen, denn er hatte selbst oft Angst und ließ sich auch von ihr kontrollieren.

Doch gerade konnte er an nichts anderes denken, als dass er verletzt und wütend war und Rache für diese Gefühle der Schwäche wollte. Er wollte den König treffen, weil er selbst getroffen worden war.

Besagter versteifte sich sichtlich und sah ihn an. Sein Blick war hart und proffesionell, aber auch sauer.
~Was hast du gesagt?~, knurrte er drohend.

Das wäre das Signal für den Rückzug gewesen, aber Magnus konnte und wollte nicht klein bei geben. Da war er gerade einfach zu stolz dafür.
~Du hast mich schon verstanden. Du bist feige und unfair, Alec. Was Jace in dir gesehen hat, weiß ich ...~

Er stoppte, als der König mit wütender Miene auf ihn zurauschte, die Hand unbewusst erhoben.

Magnus reagierte rein aus Reflex, als er zurückwich, die linke Hand abwehrend in die Luft hob, während die rechte nach hinten zum versteckten Dolch wanderte. Dabei duckte er sich leicht defensiv, während es für einen Bruchteil einer Sekunde still in ihm wurde.

Sofort blieb der König stehen unf musterte ihn mit perplexer Miene von oben bis unten, bevor er hastig die Hand sinken ließ und einen Schritt zurücktrat. Reue flackerte über sein Gesicht, aber es war zu spät.

Magnus hatte bereits reagiert und mit dem Rückzug begonnen, der wahrscheinlich in einen darauffolgenden Zusammenbruch enden würde, so wie er seine emotionale Lage gerade einschätzte.

Er hasste es, aber eher würde die Hölle zufrieren, als dass er vor diesem Alec nochmals Schwäche zeigte. Lieber war er allein, wenn er zuließ, dass ihn alles übermannte und der Schmerz unerträglich würde.

Auf Alexander als Vertrauensperson konnte er im Moment schließlich nicht mehr zählen, auch wenn er seine beinahe-Tat zu bereuen schien.

Nun war er derjenige, der sich abwandte, dann aber doch noch kurz stehen blieb. Noch einmal war er ehrlich und ließ seine Mauern runter.
~Ich dachte du wärst anders~, gab er zu, bevor er die Schultern auf die Art und Weise zuckte, als hätte er erneut einen altbekannten Fehler gemacht,~Da hab ich mich wohl geirrt.~

Dann verließ er schnellen Schrittes die Bibleothek und erst als er wieder allein in seinem Zimmer war, ließ er sich erschöpft und kraftlos zu Boden sinken. Den Kopf legte er auf der Bettkante ab, während er seine Hände in den Haaren vergrub und leicht an den Strähnen zog, um den inneren Schmerz mit dem äußeren aufzuwiegen.

Seine Brust war eng und schmerzte und er fühlte sich überfordert. Nicht nur mit der beinahe-Tat, die er dem König jedoch nicht nachtrug, wenn er ehrlich war, sondern vor allem wegen dieser Ignoranz, die er Magnus entgegengebracht hatte. Als wäre er ihm einfach egal.

Wieso konnte er also nicht Magnus egal sein? Wieso musste ihm ausgerechnet der König wichtig sein?

Inmitten des Chaos wusste sein Herz die Antwort.
Weil du in ihn verliebt bist.

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