Und es war Sommer
Frankfurt am Main, 29. Oktober 2013
Den ganzen Weg zurück bis zum Hotel kicherten wir herum und blieben immer, wenn niemand in der Nähe war stehen, um zu knutschen. Darum brauchten wir auch doppelt so lange für den Weg, als man wahrscheinlich normalerweise dafür brauchen würde.
Lukas war tatsächlich in mich verliebt.
Lukas, der intelligenteste, kreativste, talentierteste und hübscheste Mensch, den ich kannte. Ich konnte es noch gar nicht so wirklich glauben.
„Boah, ich erfriere gleich", jammerte er und hüpfte auf der Stelle herum.
„Na dann lass uns doch mal schauen, dass wir endlich voran kommen", antwortete ich schmunzelnd. „Du kannst ja deine Hände nicht von mir lassen."
„Wie könnte ich auch?", fragte Lukas und gab mir einen leichten Schlag auf den Hintern. „Du musst unbedingt dafür sorgen, dass mir heute nochmal warm wird."
„So kalt ist es doch gar nicht", sagte ich und überspielte somit geschickt seine Bemerkung, die vermutlich mal wieder ins Versaute übergehen sollte. „Ich wusste gar nicht, dass du so extrem verfroren bist."
„Du trägst Hoodies im Hochsommer. Ich wundere mich, warum dir nicht kalt ist."
„Das ist deine heiße Ausstrahlung, Lukas. Die heizt mir genug ein", sagte ich, um ihm seinen Ball doch zurückzuspielen.
„An deinem Dirty Talk müssen wir noch arbeiten", meinte Lukas und grinste.
Ich grinste zurück. „Ein Experte in der Hinsicht reicht, denke ich."
„Was, wenn ich mir das aber sehnsüchtigst von dir wünsche?"
„Dann lerne ich es halt doch", sagte ich und spürte dabei, wie mir augenblicklich die Röte ins Gesicht schoss.
Lukas zwinkerte mir zu. „Gut."
Endlich am Hotel angekommen, standen wir am Aufzug und warteten, dass dieser kam.
„Willst du gleich schlafen, oder wollen wir uns noch in unsere geheime Höhle der Lust verziehen?", fragte ich und verkniff es mir, dabei schallend loszulachen. Das übernahm Lukas für mich.
„Timi!", prustete er.
„Du wolltest doch Dirty Talk!"
„Oh Mann, naja... ob das jetzt Dirty Talk war? Hört sich eher nach dem Titel von einem ultraschlechten Porno an. War aber ein guter Anfang. Leider geht da ja sexy oft nahtlos ins alberne über."
„Schon", meinte ich und grinste.
„Du machst mich fertig", murmelte Lukas, kicherte dann, und drückte sich von hinten an mich. Während der gefühlten Ewigkeit, die der Aufzug brauchte, um zu uns runterzukommen, konnte ich seinen Bauch an meinem Rücken beben spüren.
Als wir diesen dann endlich mal betreten konnten, drückte Lukas ohne ein weiteres Wort den Knopf für den vierten Stock, in dem sich unser geheimes Zimmer befand.
„Okay, also hat dich mein missglückter Versuch, dir mündlich einzuheizen, nicht komplett abgeschreckt."
„Nein. Ich hoffe, dass du mir gleich ohne Worte mit deinem Mund einheizen wirst", flüsterte er und drückte mich an die Wand des Aufzugs, sobald sich die Türen komplett geschlossen hatten.
Als seine Lippen auf meine trafen, seufzte ich zufrieden und zog ihn zu mir ran. Es kam mir so vor, als ob unser letzter Kuss schon Ewigkeiten her war, obwohl es sich dabei in Wahrheit vielleicht gerade mal um eine Viertelstunde gehandelt hatte.
„Endlich", sagte Lukas und sah mich zufrieden an, ehe er mich nochmal küsste.
Die Türen öffneten sich wieder und wir lösten uns schnell voneinander. Lukas sah sich auf dem langen Flur um, und als er niemanden außer uns entdeckte, zwickte er mir kichernd in den Hintern.
„Aua. Ist das irgendwie dein Fetisch, oder so?", fragte ich und rieb über die brennende Stelle.
„Nee, ich find es nur total witzig, weil du immer so einen kleinen Hüpfer machst, wenn ich das tue. Das sieht süß aus!"
„Du bist ein Freak, Lukas", sagte ich und zog die Schlüsselkarte durch.
Das Zimmer war aufgeräumt worden und auch die Bettwäsche hatte man ausgewechselt. Keine Anzeichen von dem, was in der letzten Nacht hier passiert war, waren noch zu sehen.
„Die Arbeit hätten die sich sparen können, wenn wir jetzt sowieso wieder alles einsauen", meinte Lukas und zwinkerte mir zu.
Kurz darauf hatte er mich auch schon Richtung Bett geschoben und mich auf die Matratze geschubst, wo er nun auf mir lag und mich wild küsste. Dabei rieb er sich heftig an meinem Oberschenkel.
„Gott Lukas, darf ich vielleicht noch meine Jacke ausziehen, oder so?", fragte ich ihn lachend und atemlos, als er mir mal Gelegenheit dazu gab.
Lukas fummelte am Reißverschluss meiner Jacke herum um diese zu öffnen, aber das gelang ihm natürlich nur bedingt, während er komplett auf mir lag.
„Ja okay, aber mach schnell!", sagte er und zog sich selbst in einem atemberaubenden Tempo bis auf Shirt und Boxershorts aus, als er mich aus seinen Fängen entlassen hatte.
Als ich mich ebenfalls von einigen Kleidungsstücken befreit hatte und wieder neben ihm im Bett lag, spukte mir plötzlich eine sehr unwillkommene Frage im Kopf herum. Nämlich die, warum Lukas mich bei jeder Gelegenheit, die sich ihm bietet, eifersüchtig macht, so wie es am Mittag in der Stadt vor diesem Bordell passiert war.
Lukas bekam von meinen Gedanken nichts mit, fackelte nicht lange und setzte sich auf mich drauf, dann beugte er sich runter, um mich zu küssen. Erst, als ich nicht so wirklich darauf einging merkte er, dass ich gerade ganz wo anders war.
„Über was machst du dir jetzt schon wieder Gedanken, meine kleine Drama-Queen?"
Ich grinste schief. „Lukas... ich bin keine Drama-Queen. Jedenfalls nicht mit Absicht."
„Ich weiß. Aber was gibt's denn jetzt wieder zu grübeln? Ich bin in dich verknallt, du in mich. Wir haben beide fast nichts mehr an und haben dieses Zimmer hier für uns. Wo ist das Problem?"
Ich legte beide Hände an seine Oberschenkel und streichelte sachte darüber. „Es gibt kein Problem. Nur ein paar Fragen, vielleicht."
„Jetzt?", fragte er und warf einen kurzen, leicht verzweifelten Blick auf seine bereits ausgebeulten Shorts. Ich nickte kurz und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Lukas seufzte, rollte sich von mir runter und legte sich neben mich. „Dann frag", sagte er und guckte an die Zimmerdecke.
„Naja, warum machst du mich denn manchmal eifersüchtig?"
„Meinst du in der Stadt da, mit der Prostituierten?"
„Zum Beispiel, ja."
Lukas lachte leise. „Ach Timi. Dir muss doch bewusst sein, dass ich nicht in einen Puff rein stürme, wenn wir mit Marcel und Ines unterwegs sind. Und ich verliebe mich wohl auch nicht innerhalb von den paar Sekunden, in denen diese Interaktion stattgefunden hat, in eine mir völlig unbekannte Frau. Ich hab mir dabei überhaupt nichts gedacht. Ich fand das in dem Moment einfach nur witzig, sonst nichts. Ich habe mich nicht gefragt, was du darüber denken könntest. Jedenfalls nicht bewusst. Ich hatte mir für heute vorgenommen, dass ich dir deutlich meine Gefühle für dich mitteilen will. Vielleicht wollte ich ja mit der Aktion, ohne es bewusst zu merken, testen, wie ernst deine Gefühle für mich sind. Denn wenn du keine hättest und du nur mit mir ficken wolltest, hätte es dich ja kalt gelassen. Keine Ahnung, Timi."
„Das ist mir auch klar, dass du die Nutte nicht heiraten wolltest. Ich weiß nicht, warum ich so eifersüchtig bin. Das war ich sonst nie."
Lukas drehte sich auf die Seite und legte seinen Kopf auf meiner Brust ab. „Das ist vielleicht manchmal ein bisschen anstrengend, aber auf der anderen Seite finde ich es auch total süß."
„Ich weiß nicht, ob ich das süß finden würde, wenn mir jemand ständig so ne Szene macht", seufzte ich.
„Na dann können wir ja froh sein, dass die Rollen so verteilt sind", murmelte Lukas und malte Kreise auf meinem Bauch.
„Ich reiße mich in Zukunft ein bisschen zusammen."
„Schon gut, Timi. Ich verhalte mich manchmal auch provozierend, das sehe ich ja ein. Jetzt lass uns doch, wie gesagt, ein bisschen Zeit zusammen verbringen und dann schauen wir, ob es was ernstes wird. Ich kann mir das jedenfalls ziemlich gut vorstellen. Und wenn wir uns wirklich für eine... Beziehung entscheiden, dann hast du gar keinen Grund dazu, eifersüchtig zu sein. Ich bin vielleicht ziemlich durchtrieben, aber wenn ich mit jemandem zusammen bin, dann will ich nur den."
„Okay."
„Eigentlich hab ich auch jetzt schon kein Bedürfnis mehr danach, mit jemand anderem ins Bett zu gehen. Ich hab vorher noch nie so heftig abgespritzt, wie mit dir."
Ich lachte los und schlug Lukas sachte auf den Oberarm. „Du tust es ja schon wieder!"
„Was denn?"
„Na eine ernste Situation mit so einem Spruch auflösen."
„Und?"
„Nichts und. Wir haben es ja jetzt geklärt."
Lukas ließ seine Hand von meinem Bauch beginnend direkt hinab in meinen Schritt wandern. „Und irgendwie muss ich ja das Thema wieder hierauf bekommen", meinte er grinsend und packte so fest zu, dass ich nach Luft schnappen musste.
„Weißt du, was ich auch total geil an dir finde, Timi?"
„Nein, aber ich glaube, du sagst es mir gleich."
„Dass du so alt bist."
Noch einmal schnappte ich nach Luft, jedoch diesmal vor Empörung. „Also hör mal, so alt bin ich jetzt auch wieder nicht. Vierundzwanzig und dreißig machen doch kaum einen Unterschied."
„Oh doch! Letzten Monat war ich sogar noch dreiundzwanzig und du wirst in einem halben Jahr schon einunddreißig."
„Hör auf, ich fühle mich so alt, dass ich spüre wie meine Haare grau werden."
Lukas lachte und schob seine Hand in meine Shorts. „Ich steh einfach auf Ältere."
„Hey, aber nicht, dass du jetzt noch ne Daddy-Phase kriegst... Das hat bestimmt deine Musiklehrerin in dir geweckt. Wie alt war sie nochmal?"
Lukas lachte, räusperte sich, dann begann er zu singen.
„Ich war sechzehn, und sie einunddreißig. Und über Liebe wusste ich nicht viel. Sie wusste alles und sie ließ mich spüren, ich war kein Kind mehr...", dann konnte er sich nicht mehr beherrschen und lachte los.
„... und es war Sommer", beendete ich seinen kleinen Vortrag und lachte ebenfalls los. „Mann Lukas, du hast doch mehr getrunken, als es den Anschein gemacht hat, oder?"
„Etwas", antwortete er und wischte sich eine Träne aus dem Auge, dann prustete er nochmal los.
„Ich hab noch deinen Schwanz in der Hand! Ich hab noch nie mit einem Schwanz in der Hand gesungen!"
„Sag das nicht Benni. Der kommt sonst noch auf Ideen..."
„Ja, das mach ich besser nicht", stimmte er mir kichernd zu.
Ich fuhr ihm durch die Haare und grinste ihn an. „Aber das Komische ist, du kannst einfach jeden Scheiß singen, und es hört sich trotzdem schön an."
Ich hätte es nicht sagen sollen, den Lukas verstand das als Einladung und stimmte gleich den nächsten, äußerst fragwürdigen Song an.
„Ich bin der König von Mallorca, ich bin der Prinz von Arenal. Ich hab zwar einen an der Krone, doch das ist mir scheißegal!"
Als wäre das alleine nicht schon albern genug, drückte Lukas mir auch noch im Takt auf dem Schwanz herum, während er mir dieses hochwertige deutsche Liedgut vortrug.
„Du hast ja einen an der Krone", meinte ich und entfernte lachend Lukas Hand von meinem Penis.
„Genug herumgesponnen. Können wir jetzt vielleicht mal was ganz kitschiges machen?", fragte er und lächelte mich total süß an.
„Was denn?", fragte ich und wünschte, ich hätte seine Hand dort gelassen, wo sie war.
„Baden."
„Okay."
Eigentlich war ich schon viel zu faul, um nochmal aufzustehen, aber ein bisschen kalt war mir noch immer, also konnte warmes Wasser da nicht schaden. Außerdem würden wir dabei nackt sein.
„Super", sagte Lukas erfreut und sprang aus dem Bett, um im Bad zu verschwinden.
„Ich rufe dich, wenn es fertig ist."
Zehn Minuten später lag ich mit Lukas in der Wanne. Auch wenn es platztechnisch schlauer gewesen wäre, wenn er sich hinten hin gelegt hätte, hatte er unbedingt darauf bestanden, dass er sich in meine Arme legen durfte. Dass seine langen Beine deswegen seitlich über den Rand hängen mussten, machte ihm gar nichts aus.
„Ist das wirklich bequem für dich?", fragte ich und streichelte seinen Bauch.
„Mh", murmelte er und drehte seinen Kopf, um kurz zu mir nach hinten zu grinsen.
Das Badewasser roch nach irgendwas blumigem und aus dem Radio kam leise Klaviermusik. Dazu hatte er im ganzen Bad noch ein paar Kerzen verteilt, die neben dem Mondlicht, das durch das Fenster schien, die einzige Lichtquelle waren.
„Wo hast du denn das ganze Zeug her?", fragte ich und verteilte sanft ein bisschen Schaum auf seiner Brust.
„Vielleicht habe ich das ja alles schon von langer Hand geplant."
„Natürlich hast du das."
Lukas griff ein Stück Seife vom Rand der Badewanne und drückte es mir in die Hand.
„Noch kitschiger wäre es, wenn du mir die Haare wäschst. Los, wasch meine Haare."
Ich grinste und verteilte etwas Schaum in seinem Haar, dann verpasste ich ihm eine Kopfmassage, die ihn schnurren ließ wie ein Kätzchen.
Doch lange hielt der Genuss für ihn nicht an. Er bekam Schaum ins Auge, den er sich einen Moment später jammernd raus spülte.
„Im Film passiert so etwas nie!", meckerte Lukas.
„Tja, das hier ist ja auch kein Film, das ist das wahre Leben."
Lukas drehte sich zu mir um und zog eine Schnute. „Das wahre Leben ist doof."
„Ach komm du kleiner Spinner. Gib mir die Seife, wir probieren es nochmal..."
Nach unserem romantischen Bad legten wir uns ins Bett und kuschelten uns nackt aneinander. Lukas Rücken hatte kaum die Matratze berührt, da war er auch schon völlig entspannt in meinen Armen eingeschlafen.
Auch wenn wir in dieser Nacht keinen Sex mehr hatten, fühlte ich mich ihm nach diesem wunderschönen Tag näher, als je zuvor.
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