Prolog

Grelle Lichter, Schweiß, Musik, Jubel und Euphorie.
Die Bühne.
Du und ich.
Wir beide, ganz in unserem Element.
Für dich ein gewöhnlicher Auftritt, wie du ihn schon unzählige Male zuvor erlebt hast.
Für mich ist heute nichts gewöhnlich. Unser gemeinsamer Song neigt sich dem Ende zu und ich werde es gleich tun. Werde gleich endlich das tun, was ich schon tausende Male in meinem Kopf mit dir gemacht habe. Werde das tun, woran ich in der Nacht als Letztes denke. Werde gleich das tun, was sich am Morgen als Erstes in meine Gedanken schleicht.

Gedanken und Wünsche.
Sehnsucht nach dir. Eine Sehnsucht, die ich lange nicht begreifen konnte. Nicht akzeptieren konnte. Nicht akzeptieren wollte. Eine Sehnsucht, gegen die ich mich mit aller Kraft gewehrt habe und doch hat sie mich nie verlassen.

Ich hole tief Luft. Die letzten Takte des Liedes erklingen. Jetzt oder nie. Alles oder Nichts.
Ich drehe mich zu dir um und lasse alle Zweifel, alle Ängste los.

Drei Zentimeter noch.
Zwei Zentimeter.
Ein Zentimeter.

Ich schließe die Lücke zwischen unseren Körpern. Überwinde die Schlucht, die uns trennte. Meine Lippen verschmelzen für zehn Sekunden mit den deinen. Der Kuss ist anders, als die ganzen Küsse mit dir in meiner Fantasie. Wilder, grober, besser.

Zehn Sekunden, in denen ich dich endlich spüren darf.
Zehn Sekunden, in denen wir uns endlich für einen kurzen Moment ganz nah sind.
Zehn Sekunden, in denen ich dir endlich all das mit meinem Kuss zeige, was ich dir nicht sagen kann.
Zehn Sekunden, in die ich all meine Hoffnung lege.

Hoffnung darauf, dass du mich jetzt ohne Worte verstehst.
Hoffnung darauf, dass ich es dir nicht sagen muss, weil du es schon lange weißt.

Unser Moment.
Du und ich.
Ein Moment, den Hunderte hier mit uns teilen.
Ein Moment, der doch nur uns beiden gehört.
Ein Moment, in dem du für einen kurzen Augenblick nur mir allein gehörst.

Ich nehme niemanden mehr um mich herum wahr. Ich höre keine Musik mehr, keinen Jubel, keine Schreie. Es gibt nur dich und mich.
Ich werfe mich in deine Arme.
Will mit dir verschmelzen, die Zeit genau jetzt stoppen. Auf ewig.
Werde schwerelos und fliege, fliege, fliege für einen Moment.

In meinem Kopf wieder diese drei Worte.
Die drei Worte, die ich dir nicht sagen kann.
Die drei Worte, die seit Jahren schon in meinem Kopf herumspuken, wann immer ich dich sehe.
Die drei Worte, die aus dir und mir ein wir machen könnten.
Die drei Worte, die uns zerstören könnten.
Die drei Worte, die du nicht hören willst.
Die drei Worte, die du nie von mir hören wirst.

Ich habe dir diese drei Worte schon oft gesagt. Leise und still.
Ich habe sie dir schon so oft auf der Bühne zugeflüstert. Übertönt von Musik und Jubel.
Ich habe sie dir schon so oft im Hotel zugeflüstert. Wenn dich der Schlaf weit weg getragen hat und du neben mir in deinen Träumen schwebst. Habe ich in deinen Träumen so viel Platz, wie du in meinen?

Unser Moment endet. Du trennst dich von mir. Ich trenne mich von dir. Wir trennen uns voneinander.
Du drehst dich von mir weg, gehst an den Rand der Bühne, breitest deine Arme aus und lässt dich von der jubelnden Masse feiern.
Ich stehe hinter dir. Alleine. Verlassen. Setze mein Lächeln auf.

Brenne weiter still für dich. Liebe dich weiter leise.

In drei Tagen spielen wir das nächste Konzert. Für dich sind es drei Tage. Für mich ist es die Ewigkeit.
Wir werden wieder unseren Song spielen.
Deinen und meinen.

Vielleicht küsse ich dich dann wieder.
Vielleicht verstehst du es ja dann.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top