Auf Abwegen

Bochum, 19. Oktober 2013

Am nächsten Morgen drückte ich mich, noch in einem leichten und angenehmen Dämmerzustand, an den warmen Körper von Lukas ran, auf dem ich halb lag. Meine Hand hatte ich auf seiner Brust platziert und ich konnte so deutlich seinen leicht erhöhten Puls spüren. Mein Kopf lag auf seiner Schulter, mein Gesicht war ganz nah an seinem Hals und ich atmete mit einem zufriedenen Seufzen seinen wunderbaren Duft ein.
Im Zimmer war es schon vollkommen hell und die Sonne schien durchs Fenster auf uns herab. Ich hatte jedoch noch keinen Wecker klingeln gehört und hoffte, es würde noch ganz lange dauern bis das geschehen würde.
Nach ein paar Minuten, in denen wir beide regungslos so dagelegen hatten, begann Lukas damit, ganz sanft meinen Rücken zu streicheln, was mir einen wohligen Schauer durch den Körper jagte.
Ich genoss das einen Moment lang und rutschte dann ein Stückchen nach hinten, um ihn anzusehen.
„Hi", sagte Lukas und drückte mir einen zärtlichen Kuss auf den Mund.
In dem Moment riss ich mich los und machte einen Satz nach hinten. Wir waren doch gar nicht alleine im Zimmer! Stefan war doch hier! Warum küsste Lukas mich da einfach?

„Gott, Timi!", stieß Lukas erschrocken aus. „Was ist denn los?"
„Stefan!", zischte ich und sprang mit Blick auf dessen Bett auf.
„Psssst. Stefan ist schon im Bad und duscht."
Als ich tatsächlich ein leises Prasseln vom Wasser hörte, ließ ich mich erleichtert wieder nach hinten fallen. „Er hat uns aber nicht so gesehen, oder?"
„Nein, natürlich nicht", sagte Lukas leise lachend und fuhr mir sanft durch die Haare. „Keine Panik. Ich bin vorhin schon ganz früh aufgewacht und dann auf meine Seite rüber gerutscht. Da hat er noch tief und fest geschlafen. Und erst jetzt hab ich dich wieder zu mir gezogen, als er ins Bad gegangen ist."
„Okay, dann ist ja gut. Zum Glück ist das nochmal gut gegangen."
„Ja. Stefan duscht ja immer sehr lange...", sagte Lukas mit einem leichten Grinsen und legte sich dann auf mich drauf. „Das sollten wir doch noch ausnutzen, oder?"
„Gott und wenn er doch früher fertig wird, als du denkst?", fragte ich skeptisch.
„So lange das Wasser läuft, wird er wohl kaum rauskommen."
„Aber..."
„Timi!"
„Hm?"
„Sei jetzt endlich ruhig, wenn du die paar Minuten nicht mit einer ewigen Diskussion verschwenden willst", sagte Lukas und legte mir warnend einen Finger auf die Lippen. „Wer weiß, wann wir wieder alleine sind. Nur ein bisschen knutschen."
„Ist ja gut", antwortete ich und schob seine Hand aus meinem Gesicht. Dann zog ich seinen Kopf zu mir runter und wir fingen damit an, uns zu küssen.

Ich hatte schon vorher nicht wirklich damit gerechnet, dass Lukas es nach der vergangenen Nacht nur beim Knutschen belassen würde. Er rutschte ziemlich schnell wieder von mir runter, legte sich eng neben mich und ließ seine Hand in meiner Hose verschwinden, während er mich weiter küsste.
Es fühlte sich zwar echt gut an, aber die Tatsache, dass Stefan direkt hinter der Wand neben dem Bett stand, hemmte mich einfach viel zu sehr.
Außerdem waren Lukas und ich uns bisher noch nie im Hellen nähergekommen, sondern nur in dunklen Gängen, stockdunklen Zimmern und unbeleuchteten Hinterhöfen. Auch an der Raststätte gestern hatte es nur ein winzig kleines Fenster gegeben, durch das kaum Licht kam und wir hatten in der Eile auch kein zusätzliches Licht angemacht. Jetzt konnte man aber durch die grelle Morgensonne einfach alles sehen und ich fühlte mich total beobachtet. Es war mir nicht so angenehm, dass Lukas mich direkt ansah und auf jede Regung in meinem Gesicht achtete.
„Ist wohl noch nicht alles von dir wach", sagte Lukas und gab sich noch ein bisschen mehr Mühe mit seiner Handarbeit.
Ich drückte mir leicht beschämt ein Kissen ins Gesicht. „Ich kann nicht, wenn Stefan quasi danebensteht. Sorry!", murmelte ich hinein.
„Schon okay", meinte Lukas und nahm seine Hand wieder weg. Dann zog er das Kissen ein wenig aus meinem Gesicht, sodass er mir wieder in die Augen sehen konnte und grinste mich dreckig an. „Ich hätte dir jetzt sowieso viel lieber einen gelutscht, aber das geht ja wohl noch schlechter."
Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss und versteckte mich wieder hinter meinem Kissen. „Du...du..."
„Ich was?"
„Du bist voll das durchtriebene Luder, Lukas."
Lukas fing an, schallend zu lachen und zog mir das Kissen wieder aus dem Gesicht. „Also, das hat auch noch nie jemand zu mir gesagt!"
„Das wundert mich ehrlich gesagt ein bisschen."

„Mein Gott, so gute Laune am frühen Morgen?", fragte Stefan, der in diesem Moment aus dem Bad gekommen war. „Um was geht's denn?"
„Kommt vor... ach, da muss man dabei gewesen sein", antwortete Lukas, noch immer lachend und stand dann auf, um ins Bad zu gehen.
„Was habt ihr denn getrieben?", fragte Stefan mich, als Lukas die Tür geschlossen hatte.
„Nichts!", antwortete ich eine Spur zu schnell. „Gar nichts! Wir haben gar nichts getrieben!"
„Ähm...okay. Ist ja gut. Sag mal, hast du Speed gezogen oder was? Schon vor dem Aufstehen?"
„Du Dummschwätzer. Natürlich nicht", sagte ich lachend und warf Stefan mit einem Kissen ab.
„Als ob das jetzt so abwegig wäre", meinte er und schmiss das Kissen zurück.

Stefan war im Zimmer geblieben, bis Lukas und ich ebenfalls geduscht und angezogen waren. Nach dem Frühstück hatten wir uns dann direkt am Bus versammelt und uns auf den Weg gemacht, denn wir würden auch heute wieder ziemlich viel Zeit auf der Autobahn verbringen.

„Warum muss ich eigentlich die ganze Zeit fahren?", meckerte Igor vor sich hin.
„Weil du es eben am besten kannst", meinte Benni und schlug ihm kräftig an die Schulter, sodass er kurz das Lenkrad verriss.
Lukas, der neben mir saß, erschreckte sich dabei so dermaßen, dass er sich an mir festkrallte und fast auf meinem Schoß saß. „Alter, geht's noch?"
Benni sah kein Problem darin und lachte einfach nur. „Alle wach?"
Lukas ließ von mir ab und setzte sich wieder richtig auf seinen Platz, hielt jedoch noch immer meine Hand. Ich lächelte ihn schief an und sah dann auf unsere ineinander verschränkten Hände hinunter, woraufhin Lukas die Hand dann los ließ. Jedoch nicht, ohne vorher nochmal kurz darüber zu streicheln.

„So, das ist alles viel zu normal hier", meinte Benni und warf Stefan ein Tütchen Koks nach hinten. „Ich würde sagen, wir bringen jetzt mal ein bisschen Stimmung in die Karre hier."
„Guter Plan", meinte Stefan und griff nach einer CD Hülle, die in der Autotür steckte.
„Bei der nächsten Tour fahre ich nicht, damit ihr das gleich wisst. Das ist total langweilig", beschwerte sich Igor. „Kann nicht Lukas mal fahren? Der nimmt doch eh nichts."
„Dann würden wir erst recht nicht lebend irgendwo ankommen", lachte Lukas. „Ich bin seit ich in Berlin wohne nicht ein einziges Mal mehr Auto gefahren."

„Hier, gib mal an Timi weiter", sagte Stefan, als er gezogen hatte. Lukas nahm die CD Hülle und das Koks, welches er sich kurz interessiert betrachtete, an sich und legte mir dann beides in den Schoß.
Ich überlegte kurz, ob ich das jetzt überhaupt wollte. Ich entschied mich dann schnell dafür, denn ich war neben Lukas mal wieder so extrem nervös und kribbelig, dass ich es kaum aushielt. Daher gefiel mir der Gedanke, mal kurz was anderes fühlen zu können.

Nach wenigen Minuten entfaltete sich die Wirkung bei Benni, Stefan und mir endlich. Wir verbrachten die nächste Stunde damit, uns gegenseitig in allen Details zu schildern, was wir an unseren Körpern selbst extrem geil fanden. Vor allem bei Benni brach dabei der Größenwahn aus und er erzählte uns zehn Minuten lang etwas über seinen Penis, den er in diesem Moment abgöttisch liebte. Erst, als er ihn uns dann auch noch zeigen wollte, stoppte Igor ihn.
Benni gab sich alternativ damit zufrieden, seinen nackten Arsch aus dem Fenster zu halten, um der „ganzen Welt" seinen „Prachtarsch" zu präsentieren.

Leider erzielte das Kokain bei mir nicht die ursprünglich gewünschte Wirkung. Eigentlich hatte ich mich ja von Lukas ablenken wollen, aber als ich ihn jetzt im Rausch so ansah, kam er mir noch viel hübscher und anziehender vor, als sowieso schon. Mein Herz raste dabei und ein unbeschreiblich starker Glücksrausch durchströmte meinen Körper.
Ich grinste ihn an und begann, mit meiner Hand über seinen Bauch zu fahren. Ich rückte mit meinem Kopf immer näher zu ihm und küsste mich dann an seinem Hals entlang. „Oh Lukas, du bist so geil. Dein Körper ist so geil. Alles an dir ist so verfickt geil", stöhnte ich wie von Sinnen und schnallte mich dann ab, um mich auf seinen Schoß zu setzen.
„Timi", sagte er erschrocken und starrte mich an. Er grinste dabei aber ein wenig und sah dann zu Stefan rüber.
„Ja stimmt", meinte Stefan. „Jetzt wo du das sagst, sehe ich es auch. Das ist mir noch gar nicht so richtig aufgefallen."
Die Situation wurde immer abgefahrener, denn nun begann auch noch Stefan damit, Lukas zu befummeln und drückte ihm dabei einen Kuss auf die Wange.
„Hört auf, ihr Verrückten", sagte Lukas lachend. „Benni! Die vergewaltigen mich!"
Benni fuhr herum und starrte uns mit seinen geweiteten Pupillen wütend an. „Hört auf, Lukas zu missbrauchen, sonst schlag ich euch aufs Maul!"
Stefan lachte und rutschte wieder auf seine Seite. Lukas packte mich an meinen Hüften und drückte mich mit großer Anstrengung wieder von sich runter. Ich musste aber jetzt einfach nah an ihm dran sein, also legte ich mein Bein über seine und umschlang mit meinen Armen seinen Hals.
„Timi", flüsterte er. „Was machst du denn da bloß?"
„Scharf auf dich sein", antwortete ich und drückte ihm dann einen Kuss auf den Mund. Er wehrte sich erst mal nicht dagegen und schloss mit einem gequälten Seufzen die Augen. Er ließ sogar noch einen ganz, ganz kurzen Zungenkuss zu, dann drückte er mich jedoch sehr bestimmt ganz von sich weg.
Igor hatte sich, so gut es bei diesem Affentheater eben ging, auf den Verkehr konzentriert und Benni und Stefan waren so mit sich selbst beschäftigt, sodass es vermutlich niemand beobachtet hatte.
„Bitte, hör auf", keuchte Lukas und sah mich mit einem sehr sehnsüchtigen, lustverschleierten Blick an, der mir fast den Verstand raubte.
„Ich versuch es, du geiles Stück", sagte ich lachend und lehnte mich zurück.

Kurz darauf war der Rausch dann auch schon wieder vorüber und ich achtete penibel darauf, Lukas nicht mehr großartig zu berühren. Auch Lukas war etwas von mir weg und mehr zu Stefan hin gerutscht, wo er dann den Rest der Fahrt mit aufgesetzten Kopfhörern an dessen Schulter gelehnt schlief.

Auch den Rest des Tages hielten wir etwas mehr Abstand zueinander und es gab auch keine Situation mehr, in der wir alleine waren.
Obwohl wir in Stuttgart tatsächlich mal ein Zimmer alleine hatten, hatten wir beide zugestimmt, nach dem Konzert, das auch heute wieder wahnsinnig geil war, mit den Anderen feiern zu gehen.
Kaum waren wir in dem Club angekommen, verzog ich mich mit Stefan und Benni auf die Toilette, um zu koksen. Obwohl mich der Rausch während der Fahrt in eine ziemlich heikle Situation gebracht hatte, wollte ich unbedingt weiter machen. Ich hatte mich auf dieser Tour bisher schließlich kaum abgeschossen und fand, es war nun langsam mal an der Zeit, das Verpasste nachzuholen.

„Ich dachte schon, du wärst krank oder so", meinte Benni zu mir, als wir uns wieder aus der Toilette raus drängelten. „Du hast dich ungewöhnlich lang zurück gehalten, was war denn los?"
„Keine Ahnung, das ändert sich jetzt aber", sagte ich und zerrte ihn mit mir auf die Tanzfläche, wo wir eine halbe Stunde lang herumsprangen.
Kaum war der Rausch vorbei, verzogen wir uns wieder, um etwas dagegen zu unternehmen.

Wo Lukas die ganze Zeit über war, hatte ich nicht mitbekommen, aber irgendwann lief ich mitten in ihn hinein und drückte ihn an mich.
„Timi? Wie lange willst du noch hier bleiben?", fragte er mich gähnend.
Die Aussicht darauf, eine Nacht mit ihm zu verbringen, freute mich zwar extrem, aber ich genoss die ganze Atmosphäre in dem Club gerade auch unglaublich. Ich fühlte mich so extrem glücklich. Ich wollte noch nicht hier weg. Ich war viel zu fasziniert von der intensiven Musik, dem tiefen Bass in meinem Bauch und den bunten Lichtern, die überall um mich herum und durch mich durch zuckten.
„Ein bisschen noch!", schrie ich ihm entgegen und rannte auf Stefan zu, um mit ihm zu tanzen.

„Ich brauch noch was", meinte dieser dann und zog mich Richtung Toiletten. „Hast du noch was?"
„Klar", sagte ich grinsend und schubste ihn in eine Kabine hinein.
Als wir wieder rauskamen, begegneten wir Lukas zufällig wieder. Er wollte etwas sagen, aber als er meine geweiteten Pupillen und das euphorische Lächeln in meinem Gesicht sah, verdrehte er nur genervt die Augen und drehte wieder um.
Ich wollte ihm nach, aber fand ihn in der Menschenmenge beim ersten Versuch nicht. Also tanzte ich einfach wieder mit Stefan. Wir waren sowieso in einem Zimmer und würden uns dann ja spätestens im Hotel wieder sehen. Da war ja dann immer noch genug Zeit, denn es würde uns ja heute niemand stören.

Ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Schwer zu sagen, ob eine Stunde oder fünf vergangen waren, bis Benni mich von der Tanzfläche mit nach draußen zog. Dort standen Stefan und Igor schon und warteten auf uns. Doch wo war Lukas?
Als Benni ein Taxi rief und sich niemand darüber wunderte, dass Lukas nicht da war, fragte ich dann doch mal vorsichtig.
„Ach, der hat sich ne Tussi klargemacht und ist schon vor zwei Stunden mit ihr weg gegangen."

Ich versuchte mir das, was in meinem Inneren gerade ablief, nicht anmerken zu lassen.
„Ähm... okay... hab ich gar nicht mitbekommen", sagte ich so neutral, wie es mir möglich war.
„Ging ziemlich schnell. Er saß an der Bar, sie hat ihn angesprochen, dann haben sie ein paar Schnäpse gekippt, kurz getanzt und dann drückte er sich auch schon mit seiner Hand an ihrem Arsch an uns vorbei und meinte mit einem fetten Grinsen, dass er jetzt geht und wir nicht auf ihn warten sollen."
„Alles klar. Äh. Schön für ihn", murmelte ich.

Das Taxi kam und ich sagte den ganzen Weg bis zum Hotel keinen Ton mehr.
„Alles okay, Timi? Du siehst gar nicht gut aus", sagte Stefan besorgt.
„Ich fühl mich gerade nicht so gut, ich hab es wohl übertrieben", seufzte ich und schluckte schwer.

Als wir am Hotel ankamen, verabschiedete ich mich und verzog mich direkt in unser Zimmer, was heute Nacht wohl eher mein Zimmer war, denn von Lukas war nichts zu sehen. Wenigstens war er nicht auf die Idee gekommen, die Bitch in unserem Zimmer zu ficken.
Ich war so ein Idiot! Wäre mir der schnelle Rausch nicht wichtiger gewesen, würde ich jetzt mit Lukas hier liegen und nicht alleine an die Decke starren.
Er hatte mich ja gefragt, wie lange ich noch im Club bleiben wollte und ich hatte ihn einfach abblitzen lassen. Gleichzeitig ärgerte es mich aber auch extrem, dass Lukas sich einfach so schnell Ersatz suchte, sobald ich nicht verfügbar war.
Als die erste Träne meine Wange runter rollte, zwang ich mich, ganz schnell damit aufzuhören und schlug frustriert ins Kissen. Lukas konnte doch machen, was er wollte. Das, was wir miteinander hatten, hatte schließlich erst vor zwei Tagen begonnen und es war nichts weiter, als neugieriges Herumprobieren!

Bis es schon wieder langsam dämmerte, lag ich im Bett und starrte die Decke an. Bei jedem kleinen Geräusch zuckte ich zusammen und hoffte so sehr, dass sich die Tür öffnen würde. Ich hoffte, dass Lukas reinkommen würde, sich zu mir ins Bett legen würde und mir sagen würde, das wäre alles nur ein Missverständnis... dass er die Nacht lieber mit mir verbringen wollte und doch nichts mit diesem Mädchen gelaufen war.
Doch Lukas kam nicht. Die Tür öffnete sich nicht und die Seite des Bettes, die für Lukas vorgesehen war, blieb kalt und leer.
Es tat mir so viel mehr weh, als ich es jemals für möglich gehalten hatte.
Aber wir hatten uns ja nichts versprochen.

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