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Drei Tage bevor das große Finale startete, flogen wir bereits nach Barcelona um vor Ort die Trainingseinheiten durchzuführen. Die Halle stand, wie im Cup of Russia, allen Teilnehmer frei zu Verfügung. Eine vorzeitige Begegnung mit Chris, ließ sich also nicht vermeiden.

Wie nicht anders zu erwarten, standen Yuri und ich schon frühzeitig auf dem Eis, um den Rest des Tages anderweitig verbringen zu können. "Yuri.. du denkst zu viel nach!", rief ich über die Eisfläche hinweg. Worauf ich mir einen bösen Blick einfing. Yuri war zwar in Topform und auch seine mentale Stärke hatte ungeheuer an Kraft gewonnen, trotzdem schien er unausgeglichen. "Du hältst dein freies Bein unsauber!", er besserte es aus, doch das Feuer fehlte. "Deine Arme.. stell dir vor du stehst ohne Klamotten auf dem Eis und musst der Welt zeigen, wie schön ein nackter Mann auf Schlittschuhen sein kann.", lachend drehte ich mich weg um nicht wieder einen bösen Blick zu bekommen. "Wie bitte?!", Yuri hielt abrupt an und sah zu mir. Vorsichtig drehte ich mich zu ihm, er stand am anderen Ende der Bahn und sah mich ungläubig an. Zügig kam er zu mir gefahren "Du willst mich wohl veräppeln!", heute wirkte er wesentlich kratzbürstiger als sonst. "Wer bitte wäre glücklich darüber mich nackt zu sehen?", genervt und irritiert sah er mich an. "Nun ja.. als erstes.. wäre ich es!", zur Unterstützung hob ich meinen Zeigefinger. Yuri rollte die Augen, seine Wangen bekamen eine rote Farbe woraufhin er schnaubte und weiter trainierte. Lachend stand ich an der Bande und beobachtete ihn.
Aber sein Lauf gefiel mir einfach nicht. "Sag mal wie oft hast du schon etwas gewonnen?", es war eine rein rhetorische Frage. "Denn wenn du so weiter machst, wirst du wieder nichts gewinnen.", ich war kurz davor Yuri die Kür vorzulaufen. Obwohl ich nicht vor hatte es zu tun. Doch da Yuri nicht mehr der kleine schüchterne Junge von vor einigen Monaten war, zog ich es in Erwägung.
Mein Schützling kam zu mir an die Bande und trank einen Schluck. "Ruhe dich einen Augenblick aus.", ich zog meine Schoner von den Kufen und stieg aufs Eis. Ich nahm die Anfangspose ein und spürte gleich wie Yuri's Blick auf mir haftete. Damit hatte er wohl kaum gerechnet. Wehmütig, verletzt und voller Emotionen lief ich die ersten Figuren und Schrittfolgen. Gefolgt von den Sprüngen. Meine Gesichtszüge veränderten sich je nach Part von "Yuri on Ice", bis hin zum Schluss als die Pirouette zum Einsatz kam.

Schwer atmend kam ich zum stehen und zog scharf die Luft ein bevor ich mich zu Yuri drehte. Mein Schützling stand mit weit aufgerissenen Augen an der Bande und starrte mich an. Langsam lief ich auf ihn zu und kam kurz vor ihm zum stehen. "Hast du gesehen? Lass deine Gefühle raus. Es ist gut traurig zu sein, genauso wie es gut ist wütend oder gar glücklich zu sein. Zeig es auf dem Eis!", mit verschränkten Armen sah ich ihn an. Schweigend nickte er. "Dann lass es das für heute gewesen sein. Dehne dich bitte.", leicht geschafft aber auch genervt von dem schlechten Training zog ich die Schoner über meine Kufen, Yuri tat es mir gleich und fing an sich zu dehnen. Ich ließ meinen Blick über die Halle schweifen und sah auf der gegenüberliegenden Seite Chris, zusammen mit Jean-Jacques Leroy oder wie er sich gern nannte - JJ. Beide sahen sie zu uns herüber. JJ zwinkerte mir zu während Chris mir einen Luftkuss zuwarf und anschließend winkte. Freundlich wie ich war, winkte ich zurück. Yuri stand gerade auf und stellte sich neben mich. Umgehend fokussierte er Chris. Doch er drehte sich schnell wieder um und strafte Chris mit Ignoranz. Was wahrscheinlich die Beste Entscheidung war.

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Nachdem wir uns frisch gemacht und umgezogen hatten, schlug Yuri vor, dass ich ihm die Stadt - Barcelona - zeigen konnte. Was ich gern für ihn tat. Obwohl Yuri auf Grund der Wettkämpfe etwas um die Welt kam, schien er sich nie die Zeit für die jeweiligen Städte genommen zu haben. Deshalb führte ich ihn an alle mögliche Orte die man in Barcelona gesehen haben musste. Mit zeitgleicher Einkleidungstour für mich.

Es wurde langsam Abend. Yuri und ich setzten uns auf eine Bank und genossen das Treiben Barcelonas. Unauffällig schaute ich zu ihm. Er schaute ins Leere, doch seine Augen verrieten mir, dass er wieder einmal versuchte das Problem auf dem Eis zu lösen. Grinsend sah ich zum Himmel und dankte Gott, dass ich Yuri an meiner Seite hatte.

Wie von einer Tarantel gestochen sprang Yuri auf und sah mich an. "Ich muss nochmal schnell weg. Gib mir 30 Minuten!", er ließ mir nicht einmal die Gelegenheit zu antworten, da rannte er auch schon die Straße entlang.

Ich fragte mich, ob er die Lösung des Problems gefunden hatte..

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