06
Wieder leckte ich mir über meine Lippen und ging langsam zu meinem Schützling ans Bett. Schutzlos und verletzlich lag er dort, aber er war entspannt und frei von jeglichen Sorgen, Komplexen oder Konflikten mit sich selbst. Es lag noch so viel Arbeit vor uns aber in Hinblick auf die Zukunft war ich glücklich. Denn ich Nikiforov Victor, war Katsuki Yuri's Trainer. Und das mit stolz.
Behutsam legte ich meine Hand auf seine Wange und gab ihn einen Kuss auf sein Haar. Verschlafen säuselte er etwas vor sich hin, das ich nicht verstand. Da er immer noch schlief, streifte ich mit meinem Daumen über seine Wange.
"Ohayo ohayo!!! Warum schläfst du noch?", abrupt klatschte ich in die Hände und zog ihm die Decke weg. Erschrocken und nicht in der Lage zu erkennen was hier gerade vor sich ging, fiel Yuri aus dem Bett "V-Victor? Gomenasai!!", schrie er fast und verbeugte sich tief vor mir. "Hi hi. Mach dich fertig, heut Abend steht was anderes auf dem Programm.", ich wendete mich ab und verließ sein Zimmer.
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Am späten Abend ging ich mit Yuri an meiner Seite durch die Stadt. Diesmal wollte ich nicht die Zeit, nach dem Training, damit vergeuden im Badehaus nur umher zu liegen. Daher hatte ich vor, mit Yuri, auf dem Weihnachtsmarkt etwas Ablenkung zu suchen. Er sollte wieder mit mir reden, ich wollte so viel von ihm wissen, ihn kennenlernen, verstehen warum er wann wie handelte. Damit ich ihn in jeder Situation unterstützen konnte.
Allein ich, war dazu in der Lage, das Beste aus diesem talentierten Jungen herauszuholen. Auch wenn das bedeutete, dass ich mein Talent auf der Strecke ließ. Er gab mir Motivation, trieb mich an meine Grenzen und erweiterte meinen Horizont, meine Wahrnehmung, mein Feingefühl. Er allein machte mich zu einem besseren Menschen, zu einem besseren Sportler.. zu einem besseren Ich.
Deshalb war es längst überflüssig gewesen, so einen Abend wie diesem einzulegen. Er sollte aufhören, mich gleichzusetzen mit Erwartungen, Druck, Stress und Training.
Die Stimmung allerdings war angespannt. Egal was oder wie ich etwas sagte, von Yuri kam immer nur ein einfaches, leises "Hi", zurück. Doch mir entging nicht, dass er versuchte an seinem Problem zu arbeiten, er wusste immer noch nicht was Liebe für ihn bedeutete, doch so lang er das nicht herausfand, würde er keine Fortschritte machen. Momentan hielten wir uns immer noch bei den Basics auf, was er eigentlich nicht nötig hätte.
"Kann ich dir irgendwas gutes tun? Glühwein, gebrannte Mandeln?", vor Kälte rieb ich meine Hände aneinander und hauchte sie an, mein warmer Atem wurde durch die Kälte sichtbar. "Oh nein, ich trinke nicht vor einem Training oder Wettkampf", gedankenverloren ließ er seinen Blick durch die Menge schweifen. "Aber einen Crêpe würde ich nehmen.", er schaute verlegen nach unten, seine Wangen wurden rot und er mied meinen Blick. "Gern.", entgegnete ich ihm.
"Hier, bitte.", ich händigte ihm seinen Crêpe aus. "Arigato!", rief er beinahe. Seine Augen glänzten als er den Duft des warmen Teigs, gemischt mit warmen Früchten einsog. Wieder einer dieser Augenblicke die ich niemals vergessen könnte.
Wir schlenderten weiter über den Weihnachtsmarkt. Hielten an einigen Buden an, die deutsche Spezialitäten anboten und probierten uns durch. "Eines Tages möchte ich auch nach Deutschland.", mein Schützling hielt eine heiße Tüte Mutzen in der Hand. "Dort gibt es viele leckere Sachen und die Kultur ist so viel offener als hier. Ich könnte eine Menge lernen.", fuhr er fort.
Überrascht blieb ich stehen und schaute Yuri an. "Ich war schon mal dort. Es ist wirklich ein schönes Land.", ich strich mir meine Haare aus dem Gesicht und lächelte ihn an. Ein leichter Rotschimmer bildete sich auf seinen Wangen. Als er es merkte wich er meinen Blick aus und schaute hinüber zu den kandierten Äpfeln. Ich trat einige Schritte vor, bis ich die Lücke zwischen uns geschlossen hatte und strich ihm über sein Haar. Überrascht wurden seine Augen immer größer und seine Wangen immer roter. "Sag mir all deine Wünsche, deine Ängste, deine Stärken und Schwächen. Wonach sehnst du dich? All das möchte ich wissen.", flüsterte ich ihn in sein Ohr.
Ruhe.
Gefühlt etliche Minuten Ruhe, bis er mich in eine Umarmung zog und anfing zu zittern.
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