Ein paar Worte |Rewilz

Den Oneshot hatte ich zuerst in meinem "Taggs, Zeichnungen und sonstiger Shit"-Buch hochgeladen, dann kam mir die Idee mit diesem Buch hier, deshalb ist der jetzt hier.
Viel Spaß!

"Ich möchte noch ein paar Worte sagen. Zu ihm, um den es hier eigentlich geht. Zu Felix. Ich liebte ihn. Ich liebte ihn so sehr. Sein Lächeln, sein Lachen, seine lockigen braunen Haare, seine gesamte Erscheinung. Ich liebte ihn so sehr.

Aber ich konnte es ihm nicht sagen. Wie auch? Ich meine, er war mein bester Freund. Was sollte ich machen? 'Hey, Felix, weißt du, die ganzen dummen Witze, die wir immer machen, wollen wir die mal Ernst werden lassen?'
Ganz sicher nicht. Abgesehen davon... ich bin überhaupt nicht der Typ dafür.
Ich bin Rewinside, ich schlage meinen Tisch kaputt, wenn mich jemand im Minecraft Pvp besiegt! Ich schreie rum und mache in jedem zweiten Satz Andeutungen zum Thema Sex. Aber jemandem meine Liebe gestehen?
Nein, danke! Sowas... liegt mir einfach nicht. Ich... ach, ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Es fraß mich auf, die Liebe zu ihm.
Ich saß bestimmt jede dritte Nacht in meinem Bett und heulte. Weil er so... perfekt war. Er war einfach... er selbst. Felix Hardy. Und ich hatte ihn nicht verdient, weder als besten Freund, noch als festen.

Wir waren eines Nachts in einem Club mit ein paar Freunden und haben gesoffen, wie man das halt so macht. Palle hatte Tequilas geholt und wir haben bescheuerte Trinkspiele gespielt, wie so kleine, dumme Teenager, aber es hat um ehrlich zu sein echt Spaß gemacht.
Irgendwann kam Felix dran und das war so ne typisch bescheuerte Aufgabe, er sollte halt jemanden küssen und so.
Und er hat mich genommen. Und das Gefühl ihn zu küssen, es war... unbeschreiblich. Als würde die Welt um uns herum einfach still stehen. Es gab nur noch uns zwei und unsere Lippen passten so gut aufeinander. Mein ganzer Körper hat gekribbelt, dieses klischeehafte Feuerwerk.
Und wir haben uns lange geküsst, länger als nötig. Das war der Moment in dem ich mir dachte, vielleicht erwidert er meine Gefühle. Vielleicht gibt es eine klitzekleine Chance!

Tja, was daraus geworden ist... ich stehe in einem Anzug hier vorm Altar, aber das ist jetzt überhaupt nicht wichtig, es geht schließlich um ihn. Also, hauptsächlich. Irgendwie aber auch um uns alle, ich meine, wir sind alle hier, also ist er uns wohl allen super wichtig...

Na ja, auf jeden Fall wollte ich noch was erzählen. Vom Urlaub. Weil das war einer der schönsten Urlaube, die ich je hatte.
Wir waren in Los Angeles, Felix, Simon, Alex, der andere Felix und ich. Wir hatten ein Vier-Sterne-Hotel gebucht und Felix und ich haben uns ein Zimmer geteilt. Ja, ok, ein Bett auch.
Das waren für mich die überhaupt schönsten zwei Wochen in meinem Leben. Wir haben jeden Tag irgendwas cooles gemacht, entweder waren wir am Strand oder an anderen mega krassen Orten und abends sind wir immer in irgendwelche Restaurants gegangen. Felix war... umwerfend.
Ich meine, das war er immer, aber in den zwei Wochen ist mir das nochmal richtig krass aufgefallen. Er hat andauernd gelächelt und gelacht und wir haben uns die ganze Zeit geärgert und sind den anderen und uns selber total auf die Nerven gegangen.
Das ist das Beste an Felix, ich konnte da mit ihm so viel Scheiße bauen und wir konnten uns noch so sehr anschreien, aber am Ende lagen wir mit einem Lachflash auf dem Boden. Was rede ich hier eigentlich, das passt überhaupt nicht zur Situation, Entschuldigung.

Aber es ist schon wichtig, weil ich wollte, dass ihr alle wisst, was eigentlich passiert ist. Wir sind nämlich länger da geblieben als die anderen.
Die sind am Freitag, morgens um fünf Uhr, wieder nach Hause geflogen. Felix und ich sind noch drei Tage länger geblieben und am Montag zurück. Der Flug war auch klasse, weil Felix auf meiner Schulter eingeschlafen ist und ich am Fenster saß und es war Nacht und ich habe die ganzen Lichter und den Ozean gesehen und auf ihn aufgepasst. Es fühlte sich so an, als läge mir die ganze Welt zu Füßen. Das ist wie unbeschreibliches Glück.

In Deutschland hat es natürlich wie immer saumäßig geregnet.
Was wir überhaupt nicht bedacht hatten war, dass wir zu fünft mit einem Auto hin gefahren sind und wir niemandem Bescheid gesagt hatten, dass wir um zwei Uhr morgens ankommen, weil unser eigentlicher Flug verlegt wurde und man da oben logischerweise kein Netz hat.
Na ja, wir sind dann mit dem Zug von Hamburg, wo wir ankommen sind, nach Köln gefahren. Es hat angefangen zu gewittern und als wir einmal umsteigen mussten hat er sich so süß an mich gekuschelt, weil wir beide kein so'n shit Wetter erwartet haben und uns kalt war.
Und er hat gelächelt, oh Gott, wie unglaublich süß er da gelächelt hat. Das war nicht dieses typische 'Wir-machen-Quatsch'-Lächeln, nein, das war ein anderes, was ich so noch nie gesehen hatte an ihm. Da steckte... so viel Gefühl drinnen.
Ich meine, wir saßen im stürmenden Gewitter da auf dieser kalten Metallbank am Bahnhof und der Regen kam zu uns reingeweht und wir mussten eine fucking Stunde auf den bescheuerten Zug warten und der Typ lächelt mich an, wie ein kleines Kind, das im Sommer gerade ein Eis bekommen hat. In dem Moment hatte ich so viel Hoffnung und hab mir ausgemalt, was in Zukunft passieren könnte und ich hab mir so fest vorgenommen ihm an diesem Abend zu sagen, was ich für ihn fühlte. Ich hätte ihn am liebsten nie losgelassen und das hätte ich wohl auch nicht sollen.

Na ja, jedenfalls kamen wir in Köln an und es hat immer noch geregnet und gestürmt, weil das verfluchte Gewitter mit in unsere Richtung gezogen ist. Ich habe darauf bestanden, dass er mit zu mir kommt und er hat zugestimmt, also sind wir zu mir gegangen. Auf dem Weg haben wir die ganze Zeit geredet und gelacht, aber es hat sich anders angefühlt. Nicht so oberflächlich, sondern... besonderer, Verbundener. Ehrlicher.

Das Problem war dann, dass er zu abgelenkt war. Er ist weiter gegangen und der Autofahrer hat wegen dem Regen nichts gesehen.
Ich hab Felix noch am Arm gepackt und geschrieen, er soll aufpassen, aber es war zu spät. Das Auto hat ihn erwischt. Ich hab das alles gar nicht so schnell realisiert, auf einmal lag er da und hat geblutet.
Ich bin zu ihm und hab versucht, ihn aufzuwecken. Ich hab irgendwie Mund zu Mund Beatmung versucht und ihn angeschrien, er solle aufwachen. Aber er ist nicht aufgewacht. Er war einfach... tot.
Und lag kalt und nass in meinen Armen und ich hab geheult und geschrieen, aber es brachte nichts. Ich hab nichtmal mitgekriegt, wie Sanitäter und die Polizei gekommen sind und irgenwer hat mich dann nach Hause gebracht, aber ich hab das alles nicht mitgekriegt.
Eigentlich habe ich die nächsten drei Tage nicht besonders viel mitgekriegt.

Dass ich jetzt hier stehe und euch allen von meinem missglückten Liebesleben erzähle tut mir leid, wirklich. Aber mein Psychater meinte, es würde mir helfen und ich wollte, dass ihr die Wahrheit kennt. Dass rein theoretisch ich Schuld bin an seinem Tod. Ich hab nicht auf ihn aufgepasst... Ich hab die Liebe meines Lebens verloren, weil ich zu doof war, richtig auf ihn aufzupassen.
Ich weiß, Liebe meines Lebens ist ein großes Wort, aber es fühlt sich wirklich so an. Und ja, ihr dürft jetzt alle auf mir rumhacken, weil ich Schuld bin. So dumm... aber das weiß ich auch selber und ihr könnt mir glauben, wenn ich sage, dass ich diesen Moment unglaublich bereue.

Aber den Tag bereue ich nicht. Es war einer der Schönsten, die ich je erlebt habe, die ganze Zeit, die ich - wir alle - mit Felix hatten, war toll. Ich kann mich dafür nur bedanken und wo immer er jetzt auch ist, ich glaube, dass es ihm gut geht.
Und falls du mich gerade auf irgendeine krude Weise hören kannst Felix... ich liebe dich immer noch. Ich hoffe, ich kann den Fehler in Zukunft wieder gut machen. Richtig auf Leute aufpassen. Es tut mir leid, dass du so früh gehen musstest, aber ich glaube, die Zeit die du hattest hast du genossen. Ich hoffe es für dich.
Ach ja, und ich habe dir längst verziehen, dass du dich nie an unseren Tequila-Kuss erinnern konntest. Auch wenn es verdammt wehgetan hat, als du meintest, du wüsstest nichts mehr. Und ich werde nie wissen ob du nicht auch dieses Feuerwerk gespürt hast... Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann wieder, wer weiß. Also dann..."

Sebastian legte das Mikro auf die Kanzel und ging zurück auf seinen Platz in der zweiten Reihe der Kirche. Im Vorbeigehen strich er nochmal liebevoll über den Sarg seines besten Freundes.
Die restliche Beerdigung war er wie in Trance, wie eigentlich schon die ganze Woche lang. Die Blicke der anderen Gäste, es waren leicht vorwurfsvolle, bewundernde und hauptsächlich bemitleidende dabei, ignorierte er.
Genau wie die Tränen, die sich schon während seiner Rede ständig bemerkbar gemacht hatten. Nur als er dann tatsächlich vor dem Grab stand und auf den Sarg hinunter blickte ließ er sie laufen. Stumm und von den meisten unbemerkt.

Es wurde immer leerer um ihn, aber Rewi blieb da. Er wollte bei ihm bleiben. Wer war er schon ohne ihn? Wer war er die letzten Tage gewesen? Ein Häufchen Elend, das nicht viel tat außer herum liegen, manchmal ein bisschen heulen und mit dem Psychater reden.
Mit anderen hatte er kaum gesprochen, auch wenn vor allem Paluten es immer wieder versucht hatte.
Und er wusste es ja selber. Dass er loslassen musste. Aber sie alle verstanden es nicht.
Er hatte all seine Zukunftsfantasien auf diesen Jungen gesetzt, der da jetzt unter Erde und Blumen lag. Nur wegen ihm.
Rewi wusste tief in seinem Inneren auch, dass er nicht Schuld war. Aber er wollte irgendwem die Schuld geben, und zwar nicht dem Autofahrer, der konnte nichts dafür. Irgendwann ging selbst Felix Familie. Es gab gleich noch Kaffeetrinken, etwas, das der Youtuber für vollkommen blödsinnig hielt. Er würde eh nur ausgefragt werden und dazu hatte er keine Lust.
Es hatte angefangen zu regnen, Ironie des Schicksals. Langsam wurde ihm kalt, aber er wollte noch bei Felix bleiben.

Nur noch fünf Minuten. Na gut, eher zehn...
Vielleicht auch 30?

...50?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top