Brombeere ~Paldado
Seit einer Stunde saß er nun schon auf dem umgekippten Baumstumpf, das kleine Büchlein auf dem Schoß und den Bleistift in der rechten Hand. Nur vereinzelt verirrte sie ein Gast der Feier auf den kleinen Berg auf dem der blonde saß und zeichnete.
Von dort hatte er einen perfekten Überblick über das loderne Feuer am Füße des Hügels und die Menschen drum herum. Leise hörte er die 80ziger Jahre Musik aus den leicht brummenden Lautsprechern. Warum er da oben saß und nicht mit feiert? Was gab es schon zu feiern? Was bedeutet ein Osterfeuer eigentlich? Der Winter soll ausgetrieben werden. Ha guter Witz. Der Wetterbericht hat für Ostersonntag schon wieder Schnee angesagt. Schnee! Ende März!
Der grünäugige junge Mann klappte seufzend sein Buch zu. Für mehr als ein paar lächerliche Skizzen hatte seine Motivation nicht gereicht, außerdem wurden seine Hände kalt. Deshalb verstaute er sie, kaum war das Büchlein wieder in seinem Rucksack, in seiner Jackentasche.
Dennoch blieb er auf dem Baumstumpf sitzen. Damals als er noch jünger war kannte er jede Person bei diesem jährlichen Osterfeuer aber je mehr Städter in das kleine Dörfchen zogen, desto unwohler fühlte er sich. Die heimische Atmosphäre verschwand nach und nach.
"Hey! Bist du Maurice?"
Angesprochener drehte sich erschrocken um. Da stand, kaum erkennbar im Dunkeln, ein junger braunhaariger Mann. Maurice nickte verwirrt.
"Ich sollte dir das von deinem Bruder geben. Er meinte du bräuchtest das mal."
Und mit diesem Worten überreicht der Neuankömmling dem blonden einen Becher mit warmen Traubenpunsch.
Irgendwas irritierte Maurice an dem Unbekannten.
"Danke schön. Kenn ich dich?"
Der Mann vor ihm lachte und kam näher an den Baumstamm heran.
"Ich denke nicht. Das ist ein ziemlich kleines Dorf mitten in der Pampa. Hier gibt es wahrscheinlich nicht mal wirklich gutes Internet also denke ich mal nicht."
Maurice verwirrte das Gesagte des Mannes und leichte Wut überkam ihn.
"Ach? Ich lebe seit 24 Jahren hier und das Internet ist, seit es welches gibt, noch nie ausgefallen. Nur weil du wahrscheinlich aus einer Großstadt kommst heißt das noch lange nicht das ein kleines gemütliches Dorf nicht gut genug ist!"
Maurice musste sich zusammen reißen nicht noch lauter zu werden. Sein Gegenüber blickte ihn nun irritiert an und blinzelte ein paar Mal bevor er sich wieder entspannte.
"Tut mir leid. Ich wusste nicht das dieser Ort dir so wichtig ist. Aber du hast recht. Ich komme aus Hamburg und weiß nicht wie das Landleben so ist. Vielleicht kannst du es mir ja etwas näher bringen."
Nun grinst Maurice breit.
"Natürlich gerne. Aber verrat mir doch erstmal deinem Namen!"
"Patrick"
Kaum hatte Patrick seinen Namen ausgesprochen sprang Maurice von dem Stamm und zog den Braunhaarigen mit sich. Den Punsch ließ er unbeachtet auf dem Baumstumpf stehen.
Das Osterfeuer fand auf einem großen unbewohnten Waldgrundstück statt. Nur wenige wussten was es hinter dem kleinen Hügel zu entdecken gab. Maurice wusste es! Langsam kletterte der noch ein wenig den Hügel entlang, durchs Gestrüpp und Unterholz.
Patrick hatte wahrlich starke Probleme dem Blonden hinterher zu kommen. Er hatte tatsächlich nicht die richtigen Schuhe für eine Wald und Hügelwanderung an und zusätzlich noch bei so einem Matsch.
Plötzlich rutschte er, worauf auch immer, aus und flog ein paar Meter den Berg hinab.
"MAU-" schrie er noch bevor er sich auf den Aufklatscher im Schlamm gefasst machte, doch nichts der gleichen geschah.
Langsam öffnete Patrick seine Augen und sah das er über dem kleinen nicht sehr steilen Abhang hing und irgendwer ihn an der Kapuze fest hielt.
"Das nächste Mal machst du es wie ich ok?"
Maurice hinter ihm, zog den nun verdreckten und aufgeregten Braunhaarigen wieder hoch und sofort hielt sich Patrick an einem Baumstamm fest.
"Danke aber müssen wir wirklich hier runter?"
Maurice nickte und antwortetete: "Natürlich! Was du dort unten sehen wirst, ist das was das Dorfleben ausmacht, was es so besonders macht. Und der Weg dahin zeigt dir wie anstrengend es sein kann, diesen Erfolg sehen zu können."
"Das war wirklich schön gesagt. Jetzt will ich unbedingt wissen was das unten wartet. Hilfst du mir?"
Patrick lächelte etwas schief und Maurice nickte zustimmend.
Der 1.90m große Mann griff nach der Hand seines Kompanen und gemeinsam kletterten sie den Hügel hinab bis beide auf einer kleinen Wiese stehen blieben.
"Wir sind da!" Maurice deutete vor sich und Patrick betrachtete das Bild welches sich bot. Ein kleiner Fluss schlängelte sich am Rande der Wiese entlang und der Vollmond beschien die beiden hell. Das Gras war nass und matschig aber Patrick verschlug es die Sprache als sie dem Flusslauf folgen bis sie wegen einem großen und breiten Brombeerstrauch nicht weiter kamen. Der Fluss wanderte weiter durch das Unterholz und Maurice zog den Städter direkt auf das dornige Gebüsch zu. Dort nahm den Blonde einen langen Stock und schob damit ein paar stachelige Äste zur Seite.
"Willst du wirklich da durch?" skeptisch blickt sich Patrick um und überlegt ob es wirklich so eine gute Idee war hier her zu kommen.
"Komm schon. Nur wenn du mir vertraust wirst du den Zauber sehen können" redete Maurice beruhigend auf ihn ein.
"Zauber?" Patrick stutzte und sah Maurice nun noch zweifelnder an.
Dieser jedoch belächelte die Zweifel des kleineren einfach und sah ihm in die Augen.
Wäre es nicht so dunkel gewesen hätte Maurice seinen Gegenüber wahrscheinlich direkt beim ersten Blick erkannt doch nun wurde es ihm klar. Der Mond erhellte das Gesicht des Braunhaarigen und Maurice schnappte vor Überraschung nach Luft.
"Maurice? Alles gut?" fragte daraufhin Patrick nach, doch der Angesprochene nickte bloß.
"Paluten!" stellte er fest und Patrick vor ihm schaute nun noch verwirrter drein.
"Also kennst du mich doch?" lachte er nun und sah wie sich die Wangen des Größeren sacht rot färbten.
"Hätte nicht gedacht, dich hier mal zu treffen. Oder überhaupt mal zu treffen." mit gesenkten Blick drehte sich Maurice wieder zu dem Gestrüpp.
Traurig, weil einer seiner besten Freunde ihn nicht an seiner Stimme erkannt hat, erleichtert die Person, die schon so lange in seinem Kopf herum schwirrt, endlich in Real Life sehen zu können.
"Aber komm! Ich wollte dir ja was zeigen." flüsterte Maurice nun und krabbelte durch die Brombeerpflanze hindurch.
"Du meinst das ernst?" rief Palle hinter ihm und kroch langsam hinterher.
"Es lohnt sich. Ich verspreche es dir."
Und tatsächlich lichtete sich das Gebüsch nach nur wenigen Metern wieder und es kam eine kleine Höhle aus Brombeerästen mitten im Busch zum Vorschein. Sie war riesig. So groß das locker drei Menschen drin stehen könnten. Am anderen Ende war eine Öffnung, wo man den Fluss durchfließen sehen kann. Von oben schien der König durch das Geäst und wurf gespenstische Schatten auf den Laubboden. In der Mitte des Höhle stand ein größerer Holzkasten und darauf lag eine dünne Decke. Maurice setzte sich auf den Kasten und klopfte neben sich.
"Hier sitze ich gerne und zeichne. Niemand kennt den Ort und niemand kommt hier rein. Du bist der erste der davon erfährt."
Patrick starrte nun grade aus auf das Wasser. Völlig verwirrt von dem jungen Mann neben ihm.
"Warum zeigst du mir das? Du kennst mich ja nichtmal richtig."
"Ich weiß nicht. Es überkam mich einfach. Du hast was an dir was ich nicht deuten kann. Und wer sagt das ich dich nicht richtig kenne?" kicherte Maudado und sah wieder zur Seite.
"Wie jetzt? Ich komme aus Hamburg und das ist super weit weg vom Schwarzwald. Ich war noch nie hier."
"Stimmt da hast du recht aber wir haben uns auch noch nie in Real Life gesehen. Überlege doch mal. Kommt dir mein Name nicht bekannt vor? Du hast es vorhin noch gerufen: Mau"
Nun ist der bekannte Youtuber noch verwirrter und überlegte wirklich ob er jemanden mit dem Namen Maurice kennt. Mau? Mau- Mau- Maudado!
Wie Schuppen fiel es Paluten von den Augen. Natürlich! Das er nicht mal die einzigartige Stimme des Youtubers erkannt hatte.
"Oh Gott! Maudado?! Du siehst ganz anders aus als ich mir dich vorgestellt habe. Also nicht schlechter oder so aber anders... Niedlicher... Ähm größer meinte ich." stotterte Paluten und wurde knall rot.
Maudado lachte nur schüchtern. "Tadaaa. Das bin ich. Ein Dorfkind wie es im Buche steht und ein kleiner Träumer."
"Oh Maudado! Lass dich umarmen!"
Und schon fiel Patrick dem Blonden um den Hals und drückte ihn an sich was besagter junger Mann freudig erwiderte.
So saßen die beiden den ganzen Abend noch da und sahen Schweigend auf das Glitzernde Wasser. Was Paluten nun dort auf einem Osterfeuer im Schwarzwald zu suchen hatte wollte er partu nicht verraten aber das ist eine andere Geschichte...
~~~~~
Die Idee kam mir gestern Abend bei unserem Dorfosterfeuer und ich habe quasi alles in den Oneshot gepackt was mit gestern dort gefehlt hat. Bissle Romantik, schönes Wetter, eine Begleitung und einen ruhigen Ort zum Zeichnen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top