Fledermausland (II) ~ #Zomger
»That's all? Yes ... Yeah, okay ... Yeah, Bye.«
Genervt nahm Maudado sein Telefon vom Ohr, tippte auf die rote Taste darauf.
»Was ist?«
Alle vier Youtuber standen vor der Tür ihres Wohnwagens, Maudado musterte verärgert sein Handy.
»Die Reperatur kann erst morgen kommen. Frühestens, wahrscheinlich sogar übermorgen. So lange müssen wir hier warten.«
»Ernsthaft? Oh mann!« Manu fuhr sich durch die, dieses Mal offenen, Haare. »Ganz im Ernst, das könnte in Deutschland nicht passieren.«
Schulterzuckend stimmten Maudado und Fabian zu. Frustriert murmelte Manu ein »Drecks Mietwagen, ey.«
Micha versuchte, es positiv zu sehen:
»Dann bleiben wir halt so lange hier. Ist doch jetzt nicht schlimm. Wir haben ja alles da, was wir brauchen. Und Terminplan haben wir auch keinen, den wir einhalten müssen. Hoffen wir bloß, dass es jetzt nicht zwei Tage durchregnet, dann wird es nämlich sehr kuschlig, durchgehend zu viert in dem Wagen. Zwei Tage sollte unser Trinkwasser locker halten. Das Auto steht nicht auf der Straße, sondern auf der Wiese, dank Fabis ›Oh-da-stimmt-etwas-nicht-ich-hab-die-Geistesgegenwart-und-lenk-von-der-Straße-wenn-wir-liegenbleiben-Aktion‹. Also eigentlich ist das jetzt echt kein Drama.«
Frustriert stöhnte Manu auf.
»Aber es ist halt nervig. Einen Pannenwagen kann man im Urlaub wirklich nicht gebrauchen.«
»Stimmt schon. Am nervigsten wird werden, dass wir jetzt kein Fahrzeug mehr haben. Das heißt, irgendwer muss heute oder morgen los, das Dorf, durch das wir vorhin sind, müsste nur drei Kilometer oder so weg sein. Vielleicht noch einmal etwas Einkaufen. Ansonsten sollten die zwei Tage doch leicht überbrückbar sein.«
»Vorausgesetzt, es wird nicht kälter.«
Micha verdrehte die Augen über Manus Schwarzmalerei, konnte es ihm aber andererseits nicht ganz verdenken.
»Dann haben wir alle warme Schlafsäcke dabei und noch einiges an Wolldecken drinnen. Und ansonsten kommst du halt zu mir, kuscheln, dann wird dir warm.«
Den letzten Teil sagte er im Scherz.
»Zomger-Action hier oder was?«
Micha grinste.
»Na, was denkst du denn? Liegen gebliebener Wohnwagen, draußen ist es kalt? Hallo, klingt doch wie aus einer Fanfiktion. Bloß Maudado und Fabian stören da ein bisschen.«
»Na Danke.«, Osaft lachte auf, nahm es aber mit Humor. Micha warf ihm einen Luftkuss zu.
»Naaaw. Aber pass auf! Am Ende wachst du auf und Manu liegt wirklich neben dir.«
Maudado grinste, doch Zombey zuckte mit den Schultern.
»Selbst wenn. Fände ich jetzt nicht schlimm. Ganz abgesehen von diesem ganzen Shipping-Zomger-Zeug. Ich finde es nicht schlimm, neben einem guten Freund zu schlafen.«
Manu wirkte unsicher, zog eine Augenbraue hoch.
»Aber ... kuscheln?«
Zombey zuckte mit den Schultern.
»Fände ich jetzt auch nicht schlimm. Wir sind Freunde. Ich fände es wirklich lächerlich, sich künstlich zu distanzieren, nur um ja nicht in Gefahr zu geraten, als schwul gesehen zu werden. Mir ist es eigentlich scheiß egal, welche Sexualität oder sonst was meine Freunde haben. Wenn ein Hetero-Manu kuscheln wollen würde, fände ich das genau so nicht schlimm, wie wenn ein Homo-Manu das wollen würde. Oder ein Maudado oder Fabi oder sonst wer. So lange es mich persönlich nicht betrifft, diese Person nicht auf mich steht oder sonst was, kann mir das doch vollkommen egal sein. Mit der Sexualität Anderer muss ich mich erst beschäftigen, wenn sie mich betrifft«
Kurz herrschte nachdenkliches Schweigen, dann nickte Maudado als Erster.
»Stimmt schon. Du hast schon recht. Eigentlich ist es vollkommen egal. Ich schließe mich dem an. Ich weiß nicht, ob ich es so befolgen könnte, wenn ich wüsste, dass jemand schwul oder so ist, aber ich versuche es. Es ist Schwachsinn, sich so künstlich zu beschränken, das stimmt schon.«
Auch Manu und Fabi nickten, stimmten dem zu.
»Wie das jetzt so voll in ein ernstes Gespräch abgerutscht ist. Nee, aber jetzt nochmal ernsthaft: Wir werden schon nicht erfrieren.«
Maudado nickte zustimmend.
»Denke ich auch. Was haltet ihr davon, wenn wir erstmal was zu Essen machen? Fabi, hilfst du mir? In 'ner Stunde oder so wird es dunkel und wenn wir nicht drinnen an dem winzigen Tisch essen wollen, sollten wir uns beeilen.«
*
Es war ruhig geworden im und um den Wohnwagen. Die Sonne war inzwischen lange untergegangen und es wurde mit jeder Minute dunkler. Die Straße, die neben dem großen Gefährt verlief, war so verlassen, wie es in Deutschland kaum vorstellbar war, und auch der Himmel hier kam ihnen allen dunkler und irgendwie intensiver vor, als Zuhause. Manu und Micha hatten es sich mit einigen Decken auf dem Dach des Wagens gemütlich gemacht. Maudado und Fabian hatten sie dort irgendwann alleine gelassen - Micha und Manu verband etwas, was irgendwie mehr zu sein schien, als das, was sie mit den anderen Beiden hatten. Hätte man Fabi oder Maudado gefragt, hätten sie nicht mit Sicherheit sagen können, was das dort zwischen ihren beiden Freunden war - aber es fragte keiner und so war es egal.
Die Beiden schwiegen - sie hatten sich viel zu sagen, scheinbar unendlich viel, aber genauso sehr genossen sie es, einfach gemeinsam zu schweigen und den Moment zu genießen.
Es war Manu, der die Stille zwischen ihnen das erste Mal wieder durchbrach:
»Micha? Das, was du vorhin gesagt hast, das mit dem ... kuscheln ...«
Zombey lächelte nur leicht, betrachtete mit sanftem Gesichtsausdruck den Jungen neben ihm. Er konnte ihm ansehen, was er fragen wollte und doch nicht auszusprechen können schien.
»Na komm schon her.«
Einladend klopfte er neben sich auf das flache Dach und beobachtete schließlich, wie Manu wirklich näher zu ihm rutschte und mit unter die Decke schlupfte, die Micha über sich ausgebreitet hatte. Augenblicklich wärmte ihn die Nähe des Anderen ein bisschen mehr in der kühlen Luft.
Stumm legte Micha sich zurück, bis er auf dem Dach lag und die Sterne direkt über sich sehen konnte. Manu tat es ihm gleich, um unter der Decke bleiben zu können und zuckte nur ein winziges Bisschen zusammen, als Micha seinen Kopf in seine Halsbeuge legte.
»Findest du das unangenehm?«
Michas Stimme klang abwesend, doch allem Anschein nach hatte er Manus Zusammenzucken bemerkt. Dieser seufzte, traute sich sogar, seine Finger mutig mit denen seines besten Freundes zu verschränken.
»Nein. Es ist ... schön.«
Micha lächelte. Das warme Mondlicht brach sich in seinem Gesicht und ließ ihn in Manus Augen wirklich schön aussehen.
»Siehst du?« Er schien Manus Zögern, seinen inneren Kampf zu bemerken: »Komm ruhig her.«
Wortlos kuschelte Manu sich tatsächlich an Michas Brust, der bloß beruhigend seine Arme um seinen besten Freund legte. Manu fühlte sich in der Umarmung seines besten Freundes so wohl und geborgen, wie schon lange nicht mehr. Sein Instinkt schrie danach, jetzt einen dummen Spruch zu machen, jedoch schob er diesen Drang zur Seite und griff stattdessen erneut nach Michas Hand, die er bei seiner Annäherung losgelassen hatte.
Im Endeffekt hatte er ja recht: Es war doch egal, was sie taten oder fühlten, so lange sie beide es mochten.
Und das taten sie.
Das taten sie, als sie in dieser Nacht kuschelten.
Als Manu danach wortlos zu Micha ins Bett kroch und sie so zusammen gekuschelt schliefen.
Als Micha am nächsten Tag immer wieder Manus Hand nahm und ihm süß zulächelte.
Als sie stundenlang einfach nur da saßen, Seite an Seite, redeten und sich immer wieder sanft berührten.
Und auch als sie sich schließlich küssten, mitten in Transsilvanien, auf dem Dach eines gestrandeten Wohnmobils, wie die Nächte zuvor zusammen in Decken gekuschelt, über ihnen Mond und Sterne.
Sie mochten es und hätten sich in diesem Moment nichts Schöneres vorstellen können.
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