Gewittersturm- 3
Unscharfe Stimmen drangen an mein Ohr und angestrengt probierte ich vergeblich meine schweren Augenlider zu heben. Es war unmöglich. In meinem Rücken pochte ein dumpfer Schmerz und mein Kopf fühlte sich an, als würde er langsam mit einem Beil gespalten werden. Meine Augen flackerten jetzt ein wenig, ich konnte ein wenig von dem Raum sehen, doch mein Hirn konnte die Bilder nicht mit Informationen verarbeiten.
Eine kühle Hand legte sich auf meine Stirn. Sofort zuckte der furchtbare Schmerz wieder durch meinen Körper, ich zuckte von der Hand, krümmte mich zusammen und brüllte wie ein verletztes Tier.
„Bitte"
Die Stimme klang flehend, brach zusammen und war doch so vertraut. Ich stöhnte vor dem Schmerz auf, sehnte mich nach dem Nichts in dem ich bis vor wenigen Sekunden nichts gefühlt hatte. Gnädigerweise war dieser Gedanke mein letzter bevor ich wieder in ihr versank.
Es fühlte sich an, als würde ich gegen irgendetwas in dieser Ohnmacht auf Leben und Tod konkurrieren, es war ein verbitterter Kampf, den mein Körper da führte.
Als ich das nächste Mal erwachte, konnte ich endlich meine Augen öffnen. Hoffnungsvoll probierte ich meinen Kopf zu drehen, wurde jedoch von dem dumpfen Pochen in meinem Kopf jäh gehindert. Mit dem Rücken zu mir standen mehrere Männer. Der eine hatte dunkles Haar, der andere durchsichtig anmutende braune Haare und der dritte und letzte hatte seine Kapuze des grauen Mantels über seine Haare gezogen.
Ich kannte die Personen irgendwoher, ich wusste jedoch nicht woher, warum und wer sie überhaupt waren.
Mein Kopf platzte aus allen Nähten, zu wenig Antworten und so viele Fragen.
Langsam, wie die Blätter im Herbst, die auf den Boden schwebten sammelte mein Hirn die Informationen.
Ich fing mit dem Dunkelhaarigen an, der gerade redete.
Er musste ein guter Freund sein, nein, ich war mit ihm zusammen.
Er war König.
Neben ihm stand Hugo und die blonden Haarspitzen, die aus der Kapuze hervorlugten, verrieten mir, dass es Heiko sein musste.
Warum erinnerte ich mich dann nicht mehr an seinen Namen?
Ich wusste wer er war, ich konnte mich an alles mit ihm erinnern, nur nicht an seinen Namen.
Wütend kaute ich mir auf der Unterlippe herum während ich den Stimmen meiner Freunde lauschte.
„... hohes Fieber gestern, wussten nicht ob es besser wird"
„Sein Zustand hat sich schon verbessert" Heiko.
„Wird er wieder so wie früher?" Hugos Stimme klang belegt.
„Ich weiß es nicht, ich... ich könnte es mir nie verzeihen, wenn nicht"
Seine Stimme gab mir ein Gefühl von Geborgenheit, ein Gefühl von Zuhause, einem warmen weichen Bett und hell erleuchteten Fenstern.
Doch ich kannte seinen verdammten Namen nicht.
Ich probierte ihnen klarzumachen dass ich wach war, doch bevor ich überhaupt den Mund öffnen könnte, schlief ich wieder erschöpft ein.
Beim nächsten Mal Aufwachen war nur noch die bleierne Müdigkeit da, die Schmerzen waren zum größten Teil vorüber.
Es war das Erholen nach einer langen Grippe.
Ich setzte mich auf und sah mich zum ersten Mal richtig in meinem Krankenzimmer um. Es war hell eingerichtet, aus den hoch liegenden Fenstern fiel sanft das Licht auf den Marmorboden. Auf den Stuhl neben mir schlief wieder der König des Landes auf einem morschen Holzstuhl, seines Namens war ich mir immer noch ungewiss.
Meine Zungen klebte an meinem Daumen, mein Rachen fühlte sich an wie trockenes Laub, welches langsam zerbröckelte.
Trotzdem betrachtete ich ihn wieder genau, begutachtete jede einzelne Strähne seines Haares, das von der Morgensonne angestrahlt wurde.
Er sah so perfekt aus, wie er schlief.
Den Kopf leicht in den Nacken gelegt, die muskulösen Arme über der Brust verschränkt, mit einem leicht verträumten Ausdruck im Gesicht. Die Sonne schien direkt auf sein Gesicht, ließ ihn aussehen wie ein verdammter Gott.
Die Wut auf ihn war schon lange verpufft, ich hatte nur kurz vergessen, wie sehr ich ihn liebte.
Jetzt wollte ich ihn umarmen, ihn küssen, seine Haut auf meiner spüren.
Doch zuallererst würde ich etwas trinken, ich hatte das Gefühl von innen heraus zu vertrocknen.
Ich räusperte mich.
„Entschuldigung" Ich klang wie ein heiserer Papagei.
Lächerlich.
Der Mann schlug langsam die Augen auf, erst starrte er mich verdattert an, dann begannen Sterne in seinen Augen aufzugehen.
„Du bist wach Stegi"
Er sprang auf, eilte zu meinem Krankenlager.
Für eine seltsame Sekunde, für die eine seltsame Ewigkeit, wollte ich ihn töten.
Geschockt riss ich die Augen auf, doch das Gefühl verschwand ebenso so schnell, wie es gekommen war.
Dafür wusste ich seinen Namen wieder.
Bastian.
Basti.
Alles was geblieben war, war das ohnmächtige Bedürfnis ihn zu umarmen und nie wieder loszulassen.
Er drückte mir einen Kuss auf die Lippen, sanft und behutsam, als wäre ich aus Glas. Ebenso sanft und plätschernd war das Kribbeln in meinem Bauch. Nicht aufgeregt und schnell wie es oft war, wenn ich ihn ansah, nein stärker.
Dinge hatten sich verändert.
Trotz allem musste ich nach Luft schnappen, als wir uns lösten.
Wie immer.
Seine hübschen, schmalen Lippen formten sich zu einem breiten Grinsen.
„Ich bin so glücklich, dass du wieder da bist Stegi, man Ey du Idiot"
„welcher Tag ist heute?" Verdattert schaute ich ihn an.
„Der erste September. Du warst 5 Tage bewusstlos"
Ich riss die Augen auf. So lange?
„Was ist denn passiert"'
Ich zögerte, wie genau erklärte ich ihm es, ohne wie ein naives Kind zu wirken?
Wie erklärte ich ihm dieses seltsame Vertrauen zu dieser Stimme?
Er würde es nicht verstehen, verstand ich mich doch selbst nicht.
„Ich kann mich nicht wirklich erinnern. Ich hab nur irgendwas in meinen Fingern gespürt, dann, dann weiß ich es nicht mehr"
Es war unmöglich in seine besorgten blauen Augen mit diesem Grünstich zuschauen. Es war das allererste Mal, das ich ihn anlog.
Ich hatte ihn natürlich schon mal angeschwindelt, behauptetet, dass Essen sei vortrefflich und mir ginge es gut.
Doch Schwindeln und Lügen könnten nicht weiter voneinander liegen.
Bewusst die Unwahrheit sagen, um jemanden zu täuschen.
Mir war schlecht.
Basti schwieg, sehr lange, schritt nur auf und ab.
Dann starrte er mich an, seine besorgten Augen durchleuchteten mich, machten mich schwach.
„Denkst du, du könntest dieses Gefühl in deinen Fingern nochmal spüren?"
Ich betrachtete argwöhnisch meine schmalen Fingerspitzen, die seltsamerweise halb verheilte Brandwunden zierten.
Ich hatte Angst, dass diese unkontrollierbare Kraft nochmal aus mir herausströmte.
Behutsam.
Ich schloss die Augen und suchte in meinem Innersten nach der Quelle der Magie, konzentrierte mich ganz auf sie, streckte den Zeigefinger aus...
Ich wartete.
Ich spürte die Magie tief in mir, aber sie schaffte es nicht den Weg herauszufinden, es ging einfach nicht.
Egal wie sehr ich die Augen zusammenkniff.
Enttäuscht blickte ich an meinen mickrigen Fingern herunter.
Versagt.
Basti allerdings schien sich zu freuen, er lächelte leicht.
Ein Magenknurren erinnerte mich wieder an meinen Durst und Hunger.
Ich seufzte sehnsüchtig auf.
„Ich hab so Huunger, Basti"
Er grinste über meinen leicht jammernden Ton, verschwand jedoch aus der Tür und ließ mich allein zurück.
Mit mir und meinen Gedanken.
Wieso war die Magie noch da, wieso ließ sie sich nicht rufen?
Ich ließ meinen Blick erneut im Raum schweifen, blieb an dem großen Gemälde in der Mitte des Raumes hängen.
Ein kleiner braunhaariger Junge, vielleicht fünf Jahre alt, rannte mit einer Papierkrone auf dem Kopf barfuß vor einem größeren, älteren Jungen weg. Der Kleine trug einen grauen Strickpullover und eine einfache Leinenhose. Der Große trug jedoch schon einen lilanen Mantel mit dem Wappen des Landes und eine schwarze Weste. Er war nicht barfuß, seine Füße steckten in glänzenden schwarzen Lederstiefeln.
Basti liebte dieses Bild von ihm und seinen frühverstorbenen Bruder.
Heute jedoch schien es mir nicht so, als würde der große Bruder im Spiel seinem kleinen lachenden Bruder nachjagen.
Nein, für ihn war es kein Spiel, er wollte diese Krone um jeden Preis haben, und wenn er dafür das Kind töten müsste.
Das lachende Kind mit den damals noch hellbraunen Haaren war heute wirklich König, es hatte dem großen wirklich die Krone gestohlen.
Basti redete ungern über Patrick, seine Erzählungen von seiner Kindheit stoppten abrupt ab seinem zwölften Lebensjahr. Von da an erzählte er nichts tat einen Zeitsprung bis zu den drei, vier Monaten nach seiner Krönung.
Diese vier Jahre Lücke waren auch nur am Rande in den staatlichen Chroniken erwähnt, selbst die alten Leute wussten wenig.
Patricks düstere, leere Augen schauten mich nun direkt an, durchbohrten mich wie, stachen mir durch Herz.
Er wollte mich töten, weil ich eine Macht hatte.
Wie das kleine Kind vor ihm.
Ich rutschte unwillkürlich in meinem Bett zurück, probierte mich vor den dunklen Farbflecken die seine Augen darstellten zu verbergen.
Meine krallten sich in die Bettdecke, doch würde ich nun wegschauen, war das Kind tot, dessen war ich mir sicher.
Mein Atem ging nun flach, ich schwitze.
Dann quietschte die Tür, fröhlich summend kam die erwachsene Version des Kindes ins Zimmer.
Er brachte wieder die Wärme mit sich, endlich konnte ich meinen Blick abwenden.
Auf seinem Holztablett stand ein dampfender Teller Suppe und ein Glas Wasser.
Blitzschnell hatte ich alles verschlungen, es war eine angenehme Ruhe entstanden, nur unterbrochen von dem klappern des silbernen Löffels auf dem Teller.
Dann sah ich an mir herab und verspürte den Plötzlichen Wunsch aufzuspringen und zum Kleiderschrank zueilen.
Ich hatte nicht meine gewohnte Kleidung an, nicht das blaue Hemd und auch nicht die rote Hose. Nein, stattdessen hatte ich ein lächerliches Nachthemd an, welches mir bis zu den Knien reichte. Ich schwang meine Beine zum Bett, stellte vorsichtig den einen Fuß dann den anderen auf die kühlen Fliesen. Als ich sie belastete knickten sie fast unter meinem Gewicht weg, Basti konnte mich gerade noch so stützen.
„Was 'n das für 'nen Dreck?" beschwerte ich mich kichernd.
„Ich könnte dich tragen" bot Basti grinsend an, doch ich lehnte ab.
Er stütze mich sanft, als ich vorsichtig auftrat. Ein Schritt nach dem anderen kämpften wir uns so bis zu der Mitte des Raumes, ich wurde immer selbstbewusster bis ich wieder schmerzhaft auf dem Boden zur Vernunft kam.
Mit einem schmerzverzerrten Gesicht hielt ich mir die Rippen, musste jedoch dennoch lachen.
„Aua" presste ich zwischen den Lachern hervor.
„Lachen tut weh" woraufhin ich nur noch mehr Lachen musste.
Unter starkem Protest hob Basti mich hoch und setzte mich auf seinem Rücken.
„Zu meinen Kleiderschrank bitte" gab ich ergeben von mir.
Wenn uns jetzt jemand sehen könnte.
Der König rennend und lachend mit seinem blonden ebenfalls lachenden Berater auf dem Rücken.
Ich hatte solche Momente vermisst, seitdem der Krieg gekommen war, hatten wir nur noch wenige solcher glücklichen Stunden gehabt.
Also first of all: Hey, es war nie so geplant, dass es jetzt halbe Geschichte wird, hilfe. Ich brauche das Kapitel aber, obwohl es keinen Inhalt hat, das ist fast alles wichtig, um die Geschichte besser zuverstehen. Oder so. Idk. Mir ist realtalk richtig schwindelig, ich glaub ich war heute nen bisschen viel vorm Bildschirm xD.
Ok, jetzt ist die Frage aller Fragen: Wen mögen wir hier in der Story lieber:Basti oder Stegi?
Ich geb mir große Mühe beide verständlich zu erklären. Ok, es wird gefühlt jetzt noch nen vierten und nen fünften Part geben, aber hey, ONEshots who cares :D
Also Triple Upload bei EWieElla mit einem wunderhübschen Oneshot und zwei wundervolle Kapitel ihrer wirklich gemütlichen Geschichte bei
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