54 ♫ The shadow

I've been watchin'

I've been waitin'

In the shadows for my time

I've been searchin'

I've been livin'

For tomorrows all my life

[ The Rasmus ]



HARRY ║ Ganze drei Stunden hatte ich keinen Plan was abging. Das Hotel wurde gewechselt und statt zum Flughafen zu fahren, blieben wir in Mailand. Ich kannte das Mandarin Oriental Hotel nur zu gut, schließlich waren die Jungs und ich in dieser Hotelkette oft genug selbst abgestiegen.

Zusammen mit Demi ging ich in einem der vielen Hoteleigenen Restaurants essen und wir vertrieben uns die Zeit. Ich kam mir vor, wie eine dieser Spielerfrauen beim Fußball. Schließlich war diese Besprechung zu Ende und wir kehrten in die Suite zurück. Die Stimmung war äußerst angespannt und niedergeschlagen.

„Was ist los?", fragte ich Spencer, als ich meine Reisetasche in sein Schlafzimmer schob. Die große Suite verband sämtliche Schlafzimmer mit dem Wohnzimmer und ich bemerkte, dass Spencers Laune einen ordentlichen Absturz gemacht hatte.

„Parker unterbricht unsere Tour, wie es aussieht haben wir ein oder zwei Stalker", gab er Schultern zuckend zu. Ich blinzelte, natürlich waren mir Stalker nicht unbekannt. One Direction hatte selbst welche, aber die Meisten waren harmlos und Hater gab es schließlich überall.

Nachdenklich setzte Spencer sich auf das Bett und musterte mich, dann haute er raus: „Ich denke, es wäre besser, wenn wir uns die nächste Zeit nicht sehen und treffen."

„Wegen einem dummen Stalker?", das war doch wohl ein Witz. Spencer kratzte sich am Nacken, er schien nachzudenken: „Ich will nicht, dass deine Paranoia wieder größer wird und wir entdeckt werden. Weil...", kurz zögerte er. „..., weil es sein könnte, dass wir bereits aufgeflogen sind."

Eine Hand legte sich um meine Luftröhre und ich musste mich in einen Sessel fallen lassen. Spencer begann davon zu erzählen, dass das Haus in London abgehört und verwanzt worden war. Er hatte mit seinen Freunden über mich gesprochen und das hieß, dass dieser Stalker es gehört haben musste.

Zu meinem Glück hatte ich in London nie einen Fuß über die Türschwelle gesetzt und da keine der Aufnahmen irgendwo auf Twitter oder sonst wo zu hören waren, schien er zu glauben, dass sie nicht mehr nach draußen getragen wurden.

„Das hätte der Typ sicher sonst schon längst gemacht", schlussfolgerte Spencer erschreckend ruhig und ich begann mich zu fragen, ob dieser Kriminelle vielleicht nur auf eine Gelegenheit wartete.

„Ich... muss meinen Anwalt anrufen", entwich es mir, denn es gab immer noch juristische Mittel, um das zu verhindern. Spencer nickte verstehend: „Parker hat bereits rechtliche Schritte eingeleitet und ich... hoffe, dass es wirklich niemals abgespielt wird."

In der Regel hielten sich viele Journalisten daran, wenn sie bestimmtes Material zugespielt bekamen und auch Twitter musste sich an Richtlinien halten. Die meisten waren sowieso käuflich. Doch irgendwelche Arschlöcher gab es immer.

Ich erhob mich und seilte mich ab, damit ich Constantin anrufen konnte. Mittlerweile war ich mit meinem Anwalt per ‚du', er hatte schon viele Dinge für mich diskret gedreht. Mir war schlecht bei der Vorstellung, dass die Aufnahme nach draußen ging, doch wütend konnte ich nicht sein.

Denn die eigenen vier Wände waren für jeden Prominenten ein Rückzugsort. Wenn sie da nicht offen sprechen konnten, wo dann? Auch ich hatte Louis bei mir zu Hause von Spencer erzählt.

Während ich jedoch auf dem Rand der Badewanne im Bad saß, Constantin oberflächlich erklärte, dass es um Tonbandaufnahmen ging, die Rufschädigend waren, da dachte ich darüber nach, was Spencer sagte.

Das Haus in London war verwanzt gewesen... war das wirklich alles? Würde man deshalb direkt eine Tour abbrechen?

Die Antwort war Nein und ein erschreckendes Gefühl machte sich in mir breit. Ich kehrte zwanzig Minuten zurück ins Schlafzimmer. Constantin versprach seine Spürhunde einzusetzen und ich sah, dass Spencer nachdenklich auf dem Bett lag und an die Decke sah.

„Was ist noch passiert?", wollte ich wissen und es dauerte, bis er mit der Sprache rausrückte. Ich hörte von der Randale im Haus, den entweihten Betten, den Drohungen an der Wand und Spencer tat das mit einem leichten: „Ist eben ein Bekloppter", ab.

„Und wieso haben wir das Hotel hier gewechselt?", horchte ich. Er zögerte: „Gab einen kleinen Zwischenfall."

Dieser Zwischenfall entpuppte sich als ein Massaker aus Schweineblut im Hotelzimmer und mir drehte sich der Magen um. Die Art, wie locker Spencer das Ganze nahm, gefiel mir gar nicht. Also seilte ich mich wortlos ab und suchte Preston und Paul auf, die gerade mit anderen Bodyguards eine Besprechung beendet hatten.

Dort ließ ich mir erklären, wie schlimm es wirklich war und ich begann zu begreifen, dass ein harmloser Stalker schon längst gefasst worden wäre. Es waren zudem mehrere und das Wissen, wie extrem ekelerregend die Fanpost teilweise war und dass einer der Stalker es bis in den Tourbus schaffte, ließ mich erschaudern.

„Was ist der Plan?", fragte ich und erfuhr, dass Preston mit Mark zusammen eine Art Roardtrip mit Spencer vorhatten. Spencer selbst hatte mehrere Orte aufgezählt, wo er gerne hinwollte und ich sah mir die Liste an. Nashville, New York, Berlin, Los Angeles – ich begann zu verstehen und sein Vorschlag, sich einige Zeit nicht zu treffen, begann Sinn zu machen.

„Die Fünf werden eine ganze Weile keinen Kontakt miteinander halten", sprach Paul. „Wir müssen sie in alle Himmelsrichtungen verteilen, um festzustellen, ob einer bewusst ins Visier geraten ist."

Das würde hart werden.

„Kann ich Spencer ab und an besuchen?", fragte ich und bemerkte, dass Preston und Paul einen Blick wechselten, dann sprach Erster: „Nein. Die ersten Wochen wäre es besser, wenn niemand voraussieht, wo er sich aufhält."

„Und wie lange soll das ungefähr gehen?", mir schwante Übliches.

„Wir rechnen mit mindestens acht Wochen", gab Paul zu und ich verstand, was das hieß. In dieser Zeit würde Spencer mich nicht anrufen, ich nicht wissen, wo er war und ich wahrscheinlich vor lauter Sorge die Wände hochgehen.

Bevor ich gründlich darüber nachgedacht hatte, sprach ich: „Könnte ich mit? Ich meine, ich habe ein paar Immobilien, in denen könnten wir uns aufhalten, ohne, dass jemand uns dort vermuten würde. Wir sind gut darin uns Undercover zu bewegen."

Preston musterte mich eingehend: „Das ist wahr. Außerdem glaube ich, dass Spencer nicht sehr gut darin ist das zu tun, was man von ihm verlangt. Er ist schließlich schon öfters abgehauen."

Die Befürchtung, er würde sich alleine abseilen, während ein kranker Typ Jagt auf ihn machte, verursachte mir Übelkeit.

„Harry könnte einen guten Einfluss haben", gab Paul zu. „Immerhin bist du um einiges Vernünftiger."

Sie nahmen mich mit und ich wusste noch nicht genau, wie ich das Louis erklären sollte. Bei Niall war ich erst gewesen und ich hatte festgestellt, dass er lieber seine Ruhe hatte, als irgendeinen Aufpasser bei sich. Außerdem meldete Niall sich ab und an bei mir, wenn ihm danach war. Liam dagegen war vollauf damit beschäftigt den Handwerker in ihm zu finden.

Als ich Spencer sagte, ich würde ihn begleiten, da veränderte sich sein Gesichtsausdruck prompt: „Das halte ich für keine gute Idee."

„Komisch, Preston und Paul sind da ganz anderer Meinung", antwortete ich. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich eindringlich an: „Wir könnten auffliegen, Harry."

„Nein, ich denke nicht. Man wird die Zimmer, in denen du dich aufhältst, genau überprüfen, außerdem halten uns die Leute sowieso schon für Kumpels", zählte ich auf. „Außerhalb der vier Wände haben wir nie etwas getan, was andere Schlüsse zulässt."

Es überraschte mich selbst, dass ich so nüchtern dachte. Meine Paranoia wurde überschattet von Sorge darum, dass Spencer die Sache nicht ernst genug nahm. „Dir wird die Decke auf den Kopf fallen, immerhin darfst du keinen der Anderen anrufen. Das wird nur deine Unvernunft fördern und am Ende tust du etwas, was dich Kopf und Kragen kosten wird."

Schwer seufzte Spencer schließlich und dann setzte er mich fies unter Druck: „Ich werde meine Eltern besuchen, Harry. Und wenn du dabei bist, werde ich sie nicht anlügen, wenn sie mich fragen, wer du bist."

Statt Panik erfasste mich nur Gelassenheit. „Ich weiß, das erwähntest du schon und das ist in Ordnung."

Frustriert darüber, dass er mich nicht abschrecken konnte, trat Spencer schließlich gegen seine Reisetasche. Ich hatte kein schlechtes Gewissen, noch fühlte ich mich schlecht, im Gegenteil. Mir war wohler dabei, wenn ich die Reise mitmachte, als wenn ich überhaupt nichts wusste.

Ein paar Stunden später war ich dabei, wie The Metropolis zusammen ausköchelte, wie sie es vielleicht doch schafften in Kontakt zu bleiben. Die Gruppe aß ein letztes Mal zusammen im Wohnzimmer und erstellten einen Chatroom, wo nur sie sich treffen konnten. Ich hielt das für keine gute Idee, sagte aber nichts dazu.

Es wurde ein Abend des Abschieds und am nächsten Morgen gipfelte es in einer Gruppenumarmung. Das war der Unterschied zwischen eine Band sein und Freunde. Ich hoffte, dass die Jungs und ich das mit One Direction auch wieder hinbekamen. Denn dieses Denken vermisste ich mehr, als ich geglaubt hatte.

Alex drohte zum Abschied: „Macht keinen Scheiß!" Sofort bekam er eine spöttische Antwort von Fenton: „Wir doch nich'!"

Ganz so optimistisch schien Mattheo nicht zu sein: „Ihr seid die ersten in der Kiste."

Ich sah, dass Fenton einen beherzten Sprung machte, die Beine um Spencers Hüfte schlang und wirkte wie ein Klammeräffchen. Unwillkürlich musste ich lächeln, denn wir waren die Nächsten, die aus dem Foyer des Hotels am Morgen verschwanden.

Mochte sein, dass Fenton mich nicht mochte, aber das konnte mir egal sein. Er würde Spencer genauso vermissen, wie ich es an seiner Stelle getan hätte. Großes Geheule ertönte und Preston warf sich schließlich dazwischen: „Jetzt ist aber genug, wir müssen den Flieger kriegen."

Abschied fiel schwer und schlussendlich schafften wir es verspätet in den Mietwagen. Ich war wieder auf die falsche Perücke umgestiegen und Spencer zog sich am Flughafen die Snapback tief ins Gesicht. Obwohl wir mit einem Privatjet flogen, mussten wir trotzdem noch warten und so beobachtete ich, wie mein Freund unruhig vor dem großen Panoramafenster auf und ab ging.

Er wirkte nicht besonders glücklich und unwillkürlich dachte ich an Niall. Spencer liebte die Bühne und erinnerte, dass Niall das genauso getan hatte. Schlussendlich führte das zu Angst dieses berauschende Gefühl zu verlieren.

Preston, der neben mir saß, seufzte tief, er und Mark würden sich den Job bei Spencer teilen und ich wusste jetzt schon, dass mein Freund es den beiden nicht leichtmachen würde. Er brauchte Freiraum und Bewegung. Die zwei Tage im Hotel waren für Spencer schon am Limit gewesen.

Ich stand auf und trat auf ihn zu: „Wie läuft's eigentlich mit deinen Eltern im Moment so? Kommen wir dort unter?"

„Nein", sprach Spencer angespannt. „Ich habe Carrie gefragt, ob das Appartment über ihrem Studio frei ist und dachte, es wäre entspannter, wenn uns abgesehen von Big P nicht ständig jemand im Nacken sitzt."

Er ließ keinen Zweifel daran, dass mit Big P Preston gemein war. „Allerdings haben meine Eltern zum Essen eingeladen", erzählte er mir und betrachtete mich. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich jemanden mitbringe, es sei denn, du möchtest nicht."

Mir war zum Weglaufen zumute, aber gleichzeitig wusste ich, dass ich so schnell nicht mehr dazu kommen würde Spencers Eltern zu treffen. „Vielleicht haben wir Glück und du kannst mir Nashville hier und da zeigen", warf ich ein.

Spencers Blick ging an mir vorbei: „Ich weiß nicht, ob Big P so gut drauf ist."

„Wenn du keine Dummheiten machst, dann lässt er sicher mit sich reden", behauptete ich. „Er kann dich ja nicht von einem kugelsicheren Raum zum nächsten schieben." Prinzipiell könnte Preston schon, aber ich wollte Spencer nicht die Hoffnungen nehmen.

Im Privatjet hörten wir Musik, sahen Filme und irgendwann nickte Spencer neben mir weg. Ich konnte immer noch nicht glauben, was ich hier tat und schrieb mir gedanklich ein Memo, dass ich zu Hause anrief, damit zumindest meine Mutter wusste, dass ich auf Achse war.

Nebenbei zählte ich Preston die Immobilien auf, die ich hatte und sah, dass er mit Mark über einen sinnvollen Plan grübelte. Hoffentlich lief in Nashville alles glatt, denn ich wollte ganz sicher nicht aufwachen und durch Schweineblut latschen.

Nach der Landung sah ich, dass Spencer sein Handy prüfte, nur um festzustellen, dass keiner der anderen ihm geschrieben hatte. In Nashville war es bereits dunkel und mit einem Geländewagen kurvte Preston wie James Bond durch die Straßen.

„Meine Fresse, Preston, du fährst als hätten wir einen Amokschützen im Nacken", beschwerte sich Spencer schließlich und er hatte nicht unrecht. Das Nachtleben von Nashville war bunt und schillernd, überall blinkte Leuchtreklame. Natürlich war ich schon einmal hier gewesen, aber mehr als das Stadium und das Hotel hatte ich nicht zu sehen bekommen.

Der Wagen wurde langsamer und parkte schließlich in einer Seitenstraße. Die Laternen gingen an und ich zog mich schwerfällig aus dem Auto. Eingekesselt von einem Musikladen und einem kitschigen Orchids Café, reihte sich das unauffällige zweistöckige Haus ein. 

Es war nicht neu, aber halbwegs gepflegt und ein Schild an der Hauswand machte auf ein feines, kleines Label aufmerksam. Dies war eindeutig ein Ort für unentdeckte Musiker und Freigeister.

Spencer grinste, als er die Autotür zuschlug: „Willkommen in der Brutstätte von The Metropolis. Hier haben wir uns alle das erste Mal getroffen."

Im Haus brannte Licht und während Mark und Preston die Gegend abscannte, da klingelte Spencer bereits und die Tür sprang energisch auf. Beinahe wäre ich hinter Spencer erschrocken zurückgewichen.

Eine hochgewachsene Frau mit langer, blonder Goldie Hawn - Mähne strahlte uns an und umarmte Spencer herzhaft. Er schnappte augenblicklich nach Luft und seine Rippen schienen zu knacksen. „Mein großer, heißer Superstar, wie schön, dass du deinen Entdecker nicht vergessen hast!"

Die Frau trug ein ärmelloses Fan-Shirt von den Sex Pistols und eine hautenge Lederhose mit hohen Pumps, die glitzerten, wie eine Diskokugel. Sie wirkte, als wäre sie ein Model aus der Cindy Crawford – Zeit, doch wenn man genauer hinsah, dann erkannte man, dass sie die vierzig schon lange überschritten hatte und auf die fünfzig zuging.

„Wie könnte man dich vergessen, Carrie", röchelte Spencer und ich bemerkte, dass mich die blonde Dame musterte und schließlich zu den beiden Bodyguards schweifte. Breit grinste sie und irgendwie erinnerten mich ihre Gesichtszüge an jemanden.

Spencer drehte sich zu uns um, nachdem er losgelassen wurde: „Das ist Carrie Corbin, Maras Tante."

Just in diesem Moment fiel bei mir der Groschen.

Carrie machte uns Platz: „Nur rein in meinen bescheidenen Palast! Essen ist gratis, Betten müsst ihr selbst beziehen und die kleine erste Dröhnung geht auf Kosten des Hauses."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top