46 ♫ Forgiveness
https://youtu.be/zXDQ-QliMJI
And I hate how much I love you, boy
I can't stand how much I need you
And I hate how much I love you, boy
But I just can't let you go
And I hate that I love you so
[ Rihanna feat. Ne‐Yo ]
HARRY ║ Mein Herz schlug bis zum Hals, ich wartete darauf, dass Spencer reagierte. Doch er tat einfach... nichts.
Er nahm den Blick von mir und blieb liegen. Sein Atem ging gleichmäßig und seine Finger strichen an meinen Arm entlang. Ich musterte ihn und mein Herzschlag beruhigte sich langsam wieder. Die Gelassenheit erfasste auch mich und ich begriff, dass offen so etwas auszusprechen nichts war, was mir Angst machen sollte.
Denn es war Tatsache, ich liebte ihn und das so, wie ich es vorher noch nie bei einem Menschen getan hatte. Ich liebte das Gute, aber auch das Schlechte an Spencer. Seine Stärken und seine Schwächen und manchmal gab es Momente, da verliebte ich mich einfach aufs Neue in ihn.
Immer wieder.
In diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich absolut glücklich war in seiner Nähe. Automatisch zog ich ihn näher zu mir, genoss es, dass Spencer es zuließ und lehnte die Stirn gegen seinen Kopf. Leicht wandte er sich und schließlich atmete Spencer schwer aus.
Ich öffnete die Augen und setzte mich aufrecht hin: „Was ist los?"
Nur langsam setzte er sich ebenfalls aufrecht hin und vermied es mich anzusehen, dann gestand er: „Du erdrückst mich, Harry."
„Was?", geschockt starrte ich ihn an, aber bevor ich etwas sagen konnte, da setzte Spencer hinzu: „Nicht so, wie du glaubst. Es ist nur-"
Eiskalte Erkenntnis erfasste mich, meine Stimme war fast nur ein Flüstern: „Du empfindest nicht, wie ich. Deshalb-"
Spencer hob den Blick und ich schluckte hart, mir war, als hätte jemand mir buchstäblich das Herz aus der Brust gerissen. Ich war zu spät, in der Zwischenzeit hatte sich etwas geändert und mit einem mal kroch Angst in mir hoch, dass die Zuneigung, die er für mich empfunden hatte, abflaute. Er genoss es Zeit mit mir zu verbringen, mehr aber auch nicht.
Atmen fiel mir unendlich schwer.
„Harry", die Art, wie er meinen Namen sagte, hätte mich glücklich machen sollen, doch der Sturz aus den Wolken war so brutal, dass ich nicht drauf achtete. So lange, bis Spencer mir hart in die Wange kniff.
Seine Miene war absolut ernst: „Das hat nichts damit zu tun, dass ich meine Meinung geändert habe. Ich würde nicht mit dir schlafen und dich weiter ertragen, wenn ich dich nicht lieben würde!"
Mehrmals blinzelte ich, mir war eiskalt und schweres Gewicht legte sich auf meine Brust.
„M-Mich weiter ertragen?", entwich es mir fast flüsternd und jetzt kniff er mir mit der anderen Hand ebenfalls in die Wange und zischte: „Manchmal könnte man glauben, du hörst nur das, was du hören willst! Ich sagte, ich liebe dich! Kommt das bei dir an?"
Spencer ließ mich los und ich rieb mir die Wangen: „Kein Grund gleich grob zu werden. Du hast mich nur angesehen, als wenn-"
„-Es der falsche Zeitpunkt ist?", unterbrach er mich rüde. Tief seufzte er, dann ließ er die Bombe platzen: „Ich möchte nicht mit dir zusammen sein."
Jetzt war ich völlig überfordert: „Aber du hast doch eben gesagt, du liebst mich."
„Ja, trotzdem möchte ich keine Beziehung mehr mit dir", erklärte Spencer komplett ruhig, ohne den Blick von mir zu wenden.
Ich spürte einen bitteren Beigeschmack im Mund: „Und wieso willst du keine Beziehung mehr?"
„Es hat sich nichts geändert", antwortete er schlicht. „Diese Art von Beziehung möchte ich mit dir nicht mehr führen und es ist das Einzige, was ich kriegen werde. Das muss ich akzeptieren und dann eben damit leben, dass du und ich nicht zusammen sein werden."
Im ersten Moment konnte ich nicht anders, als ihn nur wortlos anzusehen und schließlich musste ich leider zugeben, dass Spencer recht hatte. An den eigentlichen Dingen, die ihn immer störten, tat sich nichts. Weder an meiner Einstellung eine Beziehung, besonders diese, öffentlich zu führen, noch wollte ich die Grenzen des Geheimnisses dehnen.
„Ich bin froh, dass du hier bist, wirklich", fuhr Spencer fort, „und dass du nicht einfach gegangen bist, als ich ausgeflippt bin. Denn ich weiß nicht, ob ich an deiner Stelle geblieben wäre."
Sein Blick traf mich und ich spürte, wie seine Finger über meinen Handrücken strichen, direkt bis zu meinen Handflächen. „Aber ich werde nicht deshalb meine Regeln ändern. Das macht weder dich, noch mich glücklich."
„Du meinst, wenn wir die Zeit zurückdrehen und dort einfach weiter machen?", warf ich ein. Spencer nickte: „Das funktioniert nicht. Wir wissen das."
Ja, irgendwo schon und es laut auszusprechen änderte rein gar nichts.
Auf Spencers Lippen schlich sich ein Grinsen: „Sagst du es mir irgendwann noch mal?"
„Ich weiß nicht, was du meinst", redete ich mich belustigt raus und wollte die Beine aus dem Bett schwingen, doch stattdessen zog er mich zurück und ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken.
In seinen Armen zu liegen, entspannte mich und Spencer hielt mich einfach weiterhin fest. Tief atmete ich seinen warmen Geruch ein, schloss kurz die Augen und bemerkte, dass er eigentlich nichts anderes wollte, als dass ich einfach blieb wo ich war.
Genau dies war irgendwie typisch für unsere Nicht-Beziehung. Schon in Berlin hatten wir sehr oft einfach gar nichts getan, außer kleine Gesten auszutauschen und Zeit miteinander zu verbringen. Es reichte uns völlig aus und das war etwas, was ich bei niemand anderen so empfunden hatte.
Ich ließ mich gehen, genoss es, dass Spencer durch mein Haar strich, ich seine Wärme spürte und er zumindest für diesen langen Moment nur mir gehörte. Dafür musste er nicht mit mir zusammen sein.
Mein Magen beendete den Gammeltag, indem er laut brummte und verkündete, er würde sich selbst verdauen. In der Küche machte ich Sandwichs und hörte Spencer aus dem Wohnzimmer fragen: „Wann ist das Paket angekommen?"
„Es stand heute morgen vor der Tür", erklärte ich und spazierte mit dem Essen zu ihm. Auf der Couch sitzend beobachtete ich, wie er das Paket öffnete und jede Menge Bläschenfolie entfernte. Achtlos warf er den Brief zur Seite, riss ihn vorher wie immer in zwei und ich erkannte die geschwungene, elegante Schrift.
Seine Mutter hatte wieder geschrieben.
Verwirrt sah ich, dass Spencer einen Geigenkasten auf dem Tisch vor der Couch abstellte und die Stirn runzelte, mit den Fingern strich er über eine Macke am Kasten und ich fragte: „Was ist?"
„Ich bin mir nicht sicher", gab er zu, „aber das hier ist Milagros, die Violine meiner Mom."
„Sie hat ihr einen Namen gegeben?", entwich es mir belustigt und Spencer grinste: „Ja, sie meinte, wenn das Instrument einen Namen hat, dann wird es persönlich und die Musik, die man spielt, ebenfalls."
„Milagros ist ein komischer Name", fand ich. Er sah das genauso, gab aber dann zu: „Es ist die Bedeutung, die meiner Mom gefallen hat. Milagros heißt Miracle."
Er öffnete den Geigenkasten und dann sah ich, wie er die Violine betrachtete: „Ich durfte mir Milagros nie ausleihen, also habe ich es heimlich getan und auf ihr gespielt. Die Macke hier am Kasten ist entstanden, als ich sie zurück räumen wollte und ich sie fallen ließ."
„Gab es Ärger?"
„Aber hallo, sie hat meine Baseballsammelkarten angefordert und verschwinden lassen, damit ich merke, was für ein scheiß Gefühl es ist, wenn jemand anderes an deine Sachen geht", erzählte er mir, „nachdem ich mich aufgeführt habe, wie ein kindischer Bastard, habe ich nur noch auf meiner gespielt und als ich mich abregte, da versprach sie mir, dass ich Milagros irgendwann bekommen würde, wenn ich älter wäre."
Ich ließ das Sandwich in der Hand sinken: „Das war die Bedingung, einfach nur älter werden?"
„Nicht ganz", gab Spencer zu, „wortwörtlich hieß es, wenn ich ein erwachsener, guter und anständiger Mensch wäre, auf...", kurz zögerte er und setzte heiser hinzu, „... auf den sie stolz sein konnte."
Simpel, aber wenn man die Sache nüchtern betrachtete, dann schien dies der allerletzte Strick zu sein, an dem sich seine Mom klammerte.
„Sie kennt mich nicht", behauptete Spencer und ließ die Violine in den Händen sinken.
Ich sah, dass sich sein Kiefer anspannte und dann stellte ich den Teller ab und setzte mich ihm gegenüber auf den Boden: „Doch, ich denke das tut sie, denn sonst wäre sie nicht mit Essen zu dir gekommen und als ich sie in London auf dem Konzert getroffen habe, da wusste sie, dass du zu der Sorte gehören wirst, die einmal Tattoos haben."
Spencer blinzelte und ich fuhr fort: „Sie sprach davon, dass du hoffentlich nur in saubere Läden gehst und ich glaube, dass sie ganz genau weiß, was du die letzten Monate so gemacht hast."
Tief atmete er durch: „Und wenn schon, wie soll ich wissen was sie will-"
„-Wenn du all ihre Briefe wegwirfst, die sie dir geschrieben hat?", warf ich sarkastisch ein. „Wie gut, dass du mich hast."
Ich klang spöttisch und dieses Mal war ich derjenige, der Spencer in die Wange kniff. Kurz darauf stand ich auf und kam wenig später mit eine Packung Cornflakes wieder.
Die Schachtel selbst war leer, aber im Inneren befanden sich die Briefe. Ich hatte sie aus dem Müll gefischt und in der Mitte zusammen geklebt, weil ich sicher war, dass Spencer es irgendwann bereuen würde.
Überfahren sah er auf die gesammelten Briefe, dann ließ er die Packung sinken und sprach: „Lass uns rausgehen."
„Willst du sie nicht lesen?", fragte ich. Er nickte schließlich: „Doch, aber... nicht jetzt."
Ich verstand das nicht, er würde schon wissen, wann er sich damit auseinander setzte. Hastig schlang ich das Sandwich herunter, dann wuschen wir uns fix, zogen uns an und verschwanden nach draußen.
Dick eingepackt traten wir hinaus in den Schnee. Mittlerweile waren die Wege geräumt. Doch das hielt uns nicht davon ab, hin und wieder einen Schneeball durch die Luft fliegen zu lassen. Wir hatten kein besonderes Ziel, stattdessen liefen wir einfach. Erst, als wir am Neptunbrunnen waren, da hielten wir inne.
Um ihn herum war eine Eisbahn aufgebaut und zuerst betrachteten wir das Treiben nur. Die Mützen tief ins Gesicht gezogen, gingen wir völlig in der Menge unter. Als ich mit den Augen nach einer Bude suchte, wo man Schlittschuhe ausleihen konnte, da zog ich Spencer hinter mir her.
Er lachte, als er erkannte, was ich vorhatte: „Das mach ohne mich."
„Angst?", frotzelte ich und er gab zu: „Ja!"
Trotzdem ließ ich Spencer keine Wahl und wenig später hatte ich Mühe mich vor Lachen nicht einzupissen. Er sah auf dem Eis aus, wie Bambi im Winter. Spencer ließ sich kaum überreden den Rand loszulassen und er brach mir fast die Hand, als ich ihn schieben wollte.
Der erste Sturz ließ nicht lange auf sich warten und ich konnte kaum noch an mich halten, da er zuerst nur mit den Armen ruderte und sich dann auf den Allerwertesten setzte. Statt sich lange aufhalten zu lassen, versuchte er auf allen Vieren irgendwie wieder hoch zu kommen.
Ich musste mir die Lachtränen aus den Augen wischen und hielt ihm beide Hände hin. Doch Spencer schlug sie aus: „Das kriege ich alleine hin!"
Und wie.
Es dauerte ewig bis er den Rand erreicht hatte und schwer atmend zog er sich hoch. „Ich glaube, ich habe mir den Arsch gebrochen."
„Soll ich mich zu Hause drum kümmern?", fragte ich grinsend und bekam eine Faust in die Seite, gespielt empört behauptete Spencer: „Wenn ich mir hier alle Knochen breche, dann wird das nichts mit meinem Hintern."
Lachend sorgte ich dafür, dass er sich sicher voran bewegte, trotzdem konnte ich spüren, dass er mehr als nur erleichtert die Luft ausstieß, als wir das Abenteuer nach einiger Zeit beendeten. Weniger glatten Boden unter den Füßen zu haben, schien ihn zu beruhigen.
Wir zogen weiter durch Berlin, immer wieder schneite es und komplett durchgefroren rieb ich mir irgendwann die Hände aneinander. Trotz Handschuhe war der Wind eisig. Zwischendurch bekam ich Nachrichten von Louis und lass, dass Liam und er sich im Nialls Haus in London gekümmert hatten.
Es war nun Drogenfrei.
Morgen würde es für Louis selbst dann nach Malibu gehen. Er wollte sich einen Überblick verschaffen, was den Entzug und die Fortschritte anging. Ich hielt das für keine gute Idee, aber gleichzeitig war mir wohler bei dem Gedanken, dass zumindest einer von uns in Malibu war.
Spencer kam mit zwei Bechern von Starbucks wieder und reichte mir einen: „Schlechte Nachrichten?"
Sofort wärmten sich meine Finger und ich seufzte tief: „Geht um Niall und seinen Entzug. Wir sind noch etwas ratlos, wie wir das alles angehen sollen."
„Wisst ihr mittlerweile, wieso er überhaupt so tief gesunken ist?", fragte Spencer, als wir durch die schmalen Seitenstraßen zurück nach Hause gingen.
„Nein", musste ich bitter zugeben. „Bislang ist keiner von uns dazu gekommen, ihn überhaupt zu fragen. Wir waren einfach nur froh, als wir ihn endlich im Flugzeug Richtung Malibu sitzen hatten."
Neben mir nickte Spencer verstehend und eine Weile schwiegen wir, bis er es brach: „Ihr kennt euch alle schon sehr lange, nicht wahr?"
„Ja", antwortete ich, „auch, wenn es mir manchmal nicht so vorkommt." Besonders in letzter Zeit nicht. Viel eher glaubte ich, dass wir uns auseinanderentwickelt hatten. Ganz langsam und still. Eine Erkenntnis, die mich erschreckte.
Denn konnte ich wirklich sagen, dass ich wusste, was bei Louis und Liam privat gerade los war?
„Ich glaube, dass irgendwann einfach der Zeitpunkt kommt, an dem man merkt, dass man verschiedene Richtungen einschlägt", sprach ich fast mit mir selbst. Spencer sagte darauf nichts.
Wir erreichten den Hinterhof und wenig später betraten wir das warme Loft. Ich machte mich daran zu kochen, denn heute hatte ich Spencer noch nichts essen gesehen.
Gerade suchte ich alle Lebensmittel für ein Blech Ofengemüse mit Hähnchen zusammen, als ich aus dem Wohnzimmer die sanften Klänge einer Violine hörte. Ich wusste, wie Spencer spielte. Schwer, traurig und melancholisch.
Doch jetzt war es anders.
Ich kannte das Lied nicht, von Klassik hatte ich nicht viel Ahnung, doch es klang, als würde er den Frühling anlocken wollen. Es war ungewohnt und automatisch verließ ich die Küche und trat ins Wohnzimmer.
Ich sah ihn in einem intimen Moment, der mir eine Gänsehaut beschwerte und ohne es zu merken entschwärzte sich eine weitere Seite, die ich nicht an ihm kannte.
Die Melodie spiegelte sein Gemüt wieder und verriet mehr über ihn, als er es vielleicht ahnte.
Spencer spielte auf der Geige seiner Mutter und obwohl ich nicht wusste, wieso er es tat, wo er doch so wenig von ihr hielt, so war mir, als hätte sie den richtigen Weg gefunden, ihm Trost zu spenden. Auch, wenn er sie nicht in seiner Nähe haben wollte.
Auf diese Weise war sie es doch.
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