22 ♫ Sadly beautiful
I wanted to be with you alone
And talk about the weather
But traditions I can trace
Against the child in your face
Won't escape my attention
You keep your distance with a system of touch
And gentle persuasion
I'm lost in admiration, could I need you this much
Something happens and I'm head over heels
I never find out till I'm head over heels
Something happens and I'm head over heels
[ Tears for Fears ]
HARRY ║ „Du siehst albern aus", sprach ich trocken, doch Louis rollte nur mit den Augen und antwortete: „Halt's Maul." Er trug ein schwarzes Shirt mit roter The Metropolis-Aufschrift. Im Hintergrund war ein großer, weißer Notenschlüssel.
„Du hast nett zu mir zu sein", behauptete Louis. „Immerhin habe ich Mara nach Konzertkarten gefragt und ich habe dir großzügig angeboten mich zu begleiten. Und ich bin immer noch pissig auf dich, weil du mich verarscht hast!"
„Wie selbstlos von dir", bereits die ganze Autofahrt über war ich angespannt und froh, dass Louis fuhr. Nachdem Niall in Los Angeles so heftig von der Grippe niedergestreckt worden war und wir eine Zwangspause einlegen mussten, hatte Louis den Sprung über den eigenen Schatten gewagt.
Gut gelaunt plapperte er vor sich hin und erzählte mir zum zweiten Mal, dass Mara ihm sogar VIP-Karten angeboten hatte. „Aber da würden wir sofort auffallen. Block 402 ganz oben rechts reicht völlig aus. Außerdem dürfen wir sie Backstage besuchen."
Ich atmete laut aus: „Tue mir den Gefallen, Louis und reiß dich gleich zusammen. Okay?"
„Ich bin so cool, wie man nur sein kann. Cooler als cool!", behauptete er und schlug den Weg zum O₂ ein. Wir parkten und ich setzte mir eine Beanie auf und eine Sonnenbrille. Auch wenn der Herbst angebrochen war, war dies reine Gewohnheit.
Aufgeregte Truppen zogen an uns vorbei. Louis und ich schienen für die Leute nahezu unsichtbar zu sein. Viele trugen dasselbe Shirt wie Louis, andere hatten Plakate dabei und ich hörte die Vorfreude in ihren Gesprächen.
Da wir schon oft am O₂ waren, wussten wir genau, wie wir zum Backstage-Bereich kamen. Zu unserer Überraschung fanden wir Paul mit einem Kollegen vor dem zuständigen Eingang bei einer Raucherpause.
„Tz, tz", sprach Louis. „Was sagt deine Gattin dazu?"
„Ein Wort Tomlinson und ich sage Frank, er soll euch das nächste Mal einer Fanmeute ausliefern", brummte unser ehemaliger Tour-Manager. Er winkte uns heran und verlangte: „Ausweise."
Louis rollte mit den Augen und reichte ihm die Backstage-Pässe: „Ernsthaft?"
„Ihr könntet hier sein, um ärger zu machen und ehrlich gesagt, Tomlinson, dir traue ich alles zu", er prüfte die Pässe auf Echtheit. „Muss ich euch filzen?"
„Was hast du denn geraucht!", empörte sich Louis und Paul lächelte schmal: „Nichts relevantes, aber Zayn und du in Thailand Zeug, wo ihr verdammt viele Gehirnzellen verloren habt. Also, Schmuggelware vorhanden?"
„Zählt ein Snickers?", warf ich ein. Paul grinste mich freundlich an, dann stieß er die schwere Tür auf: „Macht keinen Scheiß, sonst schmeiße ich euch raus."
„Ich habe dich auch vermisst, Paulchen", fotzelte Louis und wir verschwanden nach drinnen. Ich blickte auf mein Handy, während ich ihm folgte. Es war komisch jetzt auf Besuch hier zu sein. Kurzerhand schrieb ich Spencer eine Nachricht, dass ihm gleich nicht sämtliche Beherrschung aus dem Gesicht fiel. Immerhin wusste er nicht, zu was ich mich hier gerade hinreißen ließ.
Ich konnte nicht nein sagen, als Louis mich fragte, ob ich Lust hätte das Konzert zu besuchen. Besonders, weil es eine minimale Chance war Spencer zumindest zu sehen, bevor The Metropolis heute Nacht weiter flogen.
Ein paar Minuten waren besser als gar nichts.
Louis versuchte sich zu entspannen und ich musste schmunzeln. Wir gingen vorbei an Stilisten und Technikern. Schließlich erreichten wir die Räume, wo die Meet and Greets stattfanden. Gemütliche Sitzgelegenheiten verteilten sich im Raum, ein Buffet war aufgebaut und auf einem großen Plasmabildschirm lief ein Videospiel.
Ein greller Schrei durchschnitt die Geräusche des Raumes, sofort wurde das Videospiel angehalten und es krachte.
„Neiiiiin!", der Typ mit den merkwürdigen Namen lag am Boden und versuchte davon zu robben. Eiskalt saß Spencer auf ihm drauf, verlor jedoch das Gleichgewicht. Wie die Kleinkinder rangen sie miteinander und schließlich beugte sich Spencer vor, in seiner rechten Hand hielt er einen Edding – wahrscheinlich wasserfest.
„Komm schon Fynny-Boy, es ist doch nur ein bisschen schwarze Farbe", sprach er teuflisch freundlich. Mit aller Kraft versuchte Fenton den Stift von seinem Gesicht fern zu halten: „Pinsel dich selbst an, Mann!"
„Du bist der Älteste, also musst du Trends setzen", behauptete Spencer belustigt und Fenton schnaubte wild entschlossen: „Niemals! Jetz' fahr zum Teuf- Maraaaaa!"
„Oh wie süß, da ruft jemand nach seiner Mama", trietze Spencer ihn, ich glaubte, dass er weiter machen würde, aber er hörte auf, setzte sich aufrecht und zog Fenton lachen auf die Beine: „Du hast jetzt aber kein Wasser gelassen, ne? Das war nur ein Spaß."
„Du dämlischer alta Wi-"
„Keine Zensur-Wörter!", fuhr der humpelnde Typ mit den Locken dazwischen. Alex, wie ich mittlerweile zu genau wusste. Im Chor antworteten Spencer und Fenton: „Ja Daddy."
Ich sah auf Louis und wartete darauf, dass er etwas sagte, aber er schien sich nicht mehr im Griff zu haben. Seine Augen leuchteten und er hatte ein merkwürdiges Funkeln in den Augen. So, als hätte man ihm gerade erklärt, dass der Weihnachtsmann käme.
Wir hatten Glück, denn Mara entdeckte uns zuerst: „Louis, Harry, wie schön, dass ihr es geschafft habt!" Sie ließ sofort die Controller sinken und stürmte auf uns zu: „Wir haben uns ewig nicht gesehen."
Herzlich umarmte sie Louis, während sie mir knapp zu nickte. In diesem Moment drehten sich sämtliche Köpfe in unsere Richtung. Ich vermied es Spencer anzusehen und hörte Mara zu.
Von der linkischen jungen Frau war nichts mehr übrig. Sie sah niedlich aus, mit der Flechtfrisur, die ihr dichtes Haar zusammen hielt.
Das zu große schwarze Shirt mit dem Aufdruck von der Serie Sons of Anarchy steckte locker in der Jeans und mit einem Seitenblick auf diesen Alex wurde mir klar, dass sie heute alle Serien auf ihren Shirts hatten. The Walking Dead, Doctor Who und ich blinzelte, als ich diesen Fenton ansah, The Vampire Diaries - war das sein Ernst?
„Machen wir ein Gruppenfoto?", fragte Mara in die Runde. Vom Sessel aus runzelte Mattheo die Stirn: „Die Meet and Greets sind doch vorbei?"
„Beweg' deinen Zuckerarsch, Matty", sprach Fenton. „Wir kenn' jetz' ¾ von One Direction, damit müssen wa' angeben! Hey, ich bin Fenton!"
Ich hatte Mühe nicht breit zu grinsen und stellte mich stattdessen höflich vor, genauso wie Alex, Mattheo und schließlich begrüßte ich Spencer. Seine grauen Augen trafen mich so intensiv, dass ich hart schluckte.
Sein Schmunzeln beflügelte mich und mein Puls tanzte aus dem Takt.
Das Gruppenfoto wurde gemacht, mit vielen Faxen und es dauerte nur wenige Minuten und für mich stand fest, dass Louis und dieser Fenton in ihrem vorherigen Leben Brüder gewesen sein mussten.
Ganz cool machte Fenton bei Louis Häschen, während Louis genau dasselbe tat und Fenton es nicht bemerkte.
Spencer stand direkt neben mir, ich spürte seine Hand auf meiner Schulter und obwohl wir uns nicht einmal ansahen, so war es schwer nicht die ganze Zeit dümmlich zu grinsen. Mein Nacken prickelte.
„Wieso besuchter' uns hier?", wollte der Cowboy schließlich wissen und Louis wurde vom Fleck weg adoptiert. Plötzlich saß er rechts und links eingekesselt von Mattheo und Alex, während Fenton ohne Punkt und Komma auf ihn einredete.
Neben mir seufzte Mara schwer und verschränkte die Arme vor der Brust: „Sag Niall und Liam, dass ihr euch ein neues viertes Mitglied suchen müsst. Den kriegt ihr ganz sicher nicht wieder."
„Ihr dürft ihn sowieso behalten. Louis macht mehr Ärger, als das er nützlich ist", ging ich drauf ein und sie gesellte sich amüsiert zu den Chaoten. Im selben Moment ging mein Handy und ich zog es aus der Jackentasche.
Spencer hatte unauffällig den Raum verlassen und ich seilte mich ab, indem ich dümmlich nach den Toilette fragte, obwohl ich mich hier auskannte. Noch einmal sah ich zu Louis, aber der würde mich ganz bestimmt nicht vermissen.
Dann verließ ich den großen Raum und schritt den Gang zu den Toiletten entlang. Aber statt die Kabinen aufzusuchen, landete ich schließlich in einer staubigen Putzkammer.
Es war stockdunkel, als ich die Tür hinter mir schloss und als erstes mit dem Bein gegen drei gestapelte Eimer rannte. „Verdammt!"
„Ja, es ist ein wenig unkuschelig hier", hörte ich Spencer sagen und dann betätigte er den Lichtschalter. Über uns brummte eine milchige Lampe und endlich brauchte ich meine Gesichtsmuskeln nicht mehr unter Kontrolle halten, sondern lächelte.
Sein Haar war durcheinander, wie immer, er trug bereits die Jeansweste und ich erkannte einige Flicken von Berlin. Auf seinem schwarzen Shirt war die Serienaufschrift von Big Bang Theory zu lesen und ich bemerkte, dass Spencer mich genauso abscannte, wie ich ihn.
„Scheiße, Harry, was machst du hier?", sprach er sichtlich überfahren, zwischen Fassungslosigkeit und Belustigung.
„Du hast gesagt, du bist nur für dieses Konzert in London und Louis hatte rein zufällig eine Karte frei", sprach ich gelassen. Er machte einen Schritt auf mich zu und seine Hände schoben sich in meinem Nacken. Mit den Daumen strich er über die Linie meines Kiefers.
Spencer sagte nichts, stattdessen wurde das Lächeln auf seinen Lippen breiter und breiter. Obwohl wir hier zwischen Putzmittel, Mopp und Müllwagen standen, war es völlig egal. Es war richtig, dass ich mit Louis gegangen war, denn alleine diese paar Minuten waren es mir wert.
Sein Stirn lehnte gegen meine und schließlich raunte er: „Ich habe dich vermisst."
„Wäre schlimm, wenn nicht", konterte ich und umfasste seine Handgelenke.
„Wie viel Zeit haben wir?", fragte Spencer und ich sprach: „Nicht viel. Ein paar Minuten."
Er seufzte frustriert und ich konnte das sogar verstehen, aber die Minuten waren besser als gar nichts. Ich tastete hinter mich, die Tür im Rücken und schloss ab. Sicher war sicher.
„Was ist jetzt, ich dachte, du wolltest dich bessern", durchbrach ich die seltsame Stille. „Entweder du hältst dich dran, oder wir rollen neue Abmachungen auf."
Das ließ sich Spencer nicht zweimal sagen und überbrückte die wenigen Zentimeter zwischen uns. Seine Lippen strichen sanft über meinen und obwohl es ein simpler Kuss war, seufzte ich sofort leise auf.
Oh ja, auch ich hatte ihn definitiv vermisst.
Ich zog ihn zu mir, hielt ihn fest und ließ zu, dass ich mich haltlos fallen ließ. Wärme, Glück und rasende Zufriedenheit jagte durch meinen Körper. Es war nur für diesen Moment, aber es war ein Moment, den ich mit Spencer hatte.
Automatisch vertiefte ich den Kuss, drängte meine Zunge der seinen entgegen und schmeckte die Cola auf seinen Lippen. Das Problem war, dass ich Spencer immer küssen könnte. Dabei spielte es auch keine Rolle, wie schnell die Uhr tickte.
Leider war die Uhr hier enorm wichtig.
Er löste sich von mir, als wir das erste Mal Stimmen hörten, die auf der anderen Seite der Tür an uns vorbei gingen. Sichtlich frustriert atmete er durch: „Ist das nicht ironisch, ich habe dich gerade erst begrüßt und kann mich direkt wieder verabschieden."
„Egal, Hauptsache, du machst beides gescheit", murmelte ich. Spencer strich mit den rechten Daumen über mein Grübchen: „Ja, ich hab's versprochen."
Ich sah auf die Aufnäher von Berlin und dachte an die unglaubliche Woche, die nur dämlich zu Ende gegangen war.
„Okay...", sprach ich langsam. „Wenn wir da gleich raus müssen, sollte einer zuerst gehen und der andere sich Zeit lassen."
„Stimmt, könnte sonst komisch aussehen", gab auch Spencer zu. „Aber vorher... mach's gut, Harry. Bis zum nächsten Mal."
„Das klingt, als hätten wir immer nur zehn Minuten, wenn wir uns treffen", empörte ich mich und er schmunzelte: „So kommt es mir jedenfalls immer vor."
Darauf brauchte ich nicht antworten, denn Spencer verabschiedete sich, so, wie er es mir versprach. Aber dieses Mal schmeckte der Kuss irgendwie bitter. Ich spürte, dass er sich arg zurückhielt und konnte das nachvollziehen. Niemand sollte uns ansehen, dass wir uns hier überhaupt getroffen hatten.
Ich wollte nicht daran denken, wie scheiße die gesamte Situation war, sondern nur, dass wir den Terminplaner ein Schnippchen geschlagen hatten. Spencer machte schließlich einen halben Schritt von mir weg und strich sich mit der Hand durch die chaotischen Haare: „Du solltest zuerst gehen."
So sah es aus.
Gerade wollte ich die Tür hinter mir aufschließen, als ich inne hielt: „Silvester."
„Was ist damit?", fragte er verdutzt.
„Ich muss nicht arbeiten", das erste Mal seit Jahren. Bei Spencer schien ein Licht aufzugehen, denn er nickte: „Ich muss nachsehen, aber wenn der Tag frei ist, dann haben wir wieder unsere zehn Minuten."
Zehn Minuten klangen nicht lange, doch als ich zurück in den Backstage-Bereich kam, da fühlte es sich wie Stunden an, die ich weg war und in denen etwas hätte passieren können. Zehn Minuten mit Spencer selbst wurden dagegen zu Sekunden.
Niemand hatte etwas bemerkt, Louis diskutierte heftig mit Fenton, das Videospiel lief wieder.
„Hey", sprach ich, doch keiner reagierte, also ging ich kopfschüttelnd zum Buffet. Fast drei Minuten später erschien Spencer, er sah auf die Meute und rollte mit den Augen, dann schlenderte er auf mich zu und sprach völlig unverfroren: „Du schuldest mir noch einen Urlaub mit Führung durch die Stadt, Harry. Immerhin war Berlin mein Job."
Ich grinste: „Wir wäre es mit Los Angeles?"
„Was hast du nur immer mit LA?", fragte er nicht verstehend. Er nannte es die Hochburg der Paparazzi. Ich nannte es die einzige Stadt auf der Welt, wo so viele Promis lebten, dass man vielleicht irgendwann einmal unwichtig wurde.
Als das Konzert in greifbarer Nähe rückte, da war es echt schwer Louis dazu zu bringen, sich loszureißen: „Kommt uns doch mal besuchen!"
„Klaro!", grölte Fenton. „Teesäufer rückt deine Nummer ja raus für uns, nä?"
„Wer bin ich, euer Dealer?", antwortete Mara sarkastisch, aber das Grinsen verriet, dass sie es tun würde. Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg zum oberen rechten Block, wo unsere Plätze waren.
„Vielleicht sollten wir mal eine Kollaborationen vorschlagen", quasselte Louis und ich erinnerte: „Schätze nicht, dass Mara da mitmacht, immerhin haben wir von ihr Songs bekommen und sie ausgeschlagen."
„Das ist mir doch egal! Wir hetzten ihr irgendwelche Anwälte auf den Hals und die regeln das schon", begann Louis zu spinnen. In Gedanken verglich ich das mit seinem Briana-Desaster und verkniff mir jeglichen Kommentar dazu.
Mit Colabechern in der Hand erreichten wir unsere Plätze und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so weit hinten gesessen hatte. Die Bühne war rund, hatte mehrere Erhebungen und oben drüber sah man die Leinwände.
„Ob sie Caught in the middle oder einen neuen Song spielen?", Louis wippte aufgeregt auf seinem Platz hin und her. Ich schwieg dazu, dass ich das neue Lied 'Teenage Symphony' schon in Englisch und Italienisch gehört hatte. Es würde nächste Woche rauskommen und bislang waren nur die Italiener in den Genuss gekommen.
„Haben sie nicht eh am nächsten Album gearbeitet?", warf ich ein. Louis schnaubte: „Das Zweit ist erst seit dem Sommer draußen, ich weiß nicht, wie sie das machen. Wir brauchen gefühlt ewig."
„Wir arbeiten durcheinander, sie haben eine klare Abfolge, wer für was zuständig ist", sprach ich und nippte an meiner Cola. Louis musterte mich angestrengt: „Wie viel Insider-Wissen hast du eigentlich wirklich? Ich meine, du bist mit Spencer gut befreundet, oder?"
„Geht so", wich ich aus. „Kennen uns eben noch nicht lange."
Was eine Lüge, es war bald ein ganzes Jahr um. Ich wollte das Thema wechseln: „Ist lange her, seit wir das letzte Mal was zusammen gemacht haben."
Louis blinzelte, dann nickte er: „Ja. Früher war das anders." Er stieß mich mit den Ellenbogen in die Seite: „Umso cooler finde ich es, dass du mit bist, auch wenn ich ganz schön sauer war, als du mir nicht erzählt hast, dass du Kontakte zu The Metropolis hast."
„Du solltest ja eigentlich auch Konzertkarten zum Geburtstag kriegen!", sprach ich. „Aber die üblichen Stalker haben das ein bisschen kaputt gemacht."
„Du hättest trotzdem etwas sagen können", behauptete Louis zum hundertsten Mal. Und damit lag er nicht einmal falsch. Zu meinem Glück mussten wir aufstehen, da Leute zu ihren Plätzen wollten. Die Halle war mittlerweile komplett gefüllt und da es bei The Metropolis keine Vorband gab, stieg auch die Aufregung.
An mir schob sich eine kleine, blonde Frau vorbei. Das Haar akkurat zu einem Bob frisiert und mit einen Blick auf ihre Kleidung war mir, als hätte sie sich verirrt. Sie hätte viel besser auf eine sommerliche Yacht gepasst. Die elegante Bundfaltenhose passte zu ihrer cremefarbenden Bluse und der Blazer gehörte nicht auf ein Rockkonzert.
Unsicher blickte sie sich um, hielt ihre Tasche fest umklammert und schien sich absolut fehl am Platz zu fühlen. Fahrig strich sie sich über die Haare, so als müsste sie feststellen, ob auch jedes Haar richtig lag. Die tiefen Falten um ihre Mundwinkel verschoben sich, als sie lächelte. Sie hob die schmale Hand und winkte zögerlich.
Ich wusste nicht, wieso ich diese Frau so fest ansehen musste. Da war etwas, was mir irgendwie bekannt vorkam. Allerdings konnte ich nicht sagen, woran es lag.
Wir ließen einen Mann vorbei, auch er passte hier nicht hin. Das dunkle Haar war angegraut, der dunkelgraue Anzug, ich sah es auf den ersten Blick, war von Armani. Diese Zwei hatten sich definitiv verirrt.
„War der Tee bei Mr Cameron langatmig?", hörte ich die Frau fragen und ihr Mann verzog das Gesicht. Die Falten um seine Augen wurden tief und er machte eine abfällige Geste: „Den neuen Wahlkampf kann er jemand anderen anvertrauen."
Es war unhöflich zu zuhören und zu sehen, wie dieses Ehepaar miteinander umging. Sie setzten sich und sichtlich adrett schlug sie die Beine übereinander, während auch ihr Mann besser an den Verhandlungstisch für nationale Sicherheit aufgehoben wäre.
„Entspann dich, Lauren", hörte ich die raue Stimme des Mannes. Der Klang war ungewöhnlich und die blonde Frau atmete tief durch: „Ich möchte ihn nur sehen."
„Ja", stimmte ihr Mann zu, „deshalb sind wir hier und weil Parker sich nicht mehr von dir terrorisieren lassen wollte."
Verstimmt rümpfte sie die Stupsnase: „Dieser snobistische Clown! Er kann froh sein, dass ich ihn nur regelmäßig angerufen habe und nicht verklage wegen Entfremdung der Familie." Sie berührte wieder ihr Haar, so als würde diese Geste sie beruhigen.
„Entschuldigung", sprach sie plötzlich, stand auf und winkte einem Verkäufer, der Programmhefte an den Mann bringen wollte. Auch Louis schloss sich sofort an und während er neben mir die Setiste durchging, versuchte ich verzweifelt der Dame neben mir zu zuhören.
„Ach Gott", sprach sie mit einem Lächeln. „Der Junge müsste unbedingt zum Friseur. Hoffentlich lässt er sich nur in sauberen Ländern tätowieren." Die Frau blätterte ein paar Fotos durch und ihr Mann beugte sich zu ihr: „Ich glaube nicht, dass er das je tun würde."
„Bei ihm weiß man nie, ich traue ihm alles zu", gab sie direkt zu und ihr amerikanischer Akzent verstärkte sich. Sie strich mit den Fingern über eine Seite, wo man persönliche Worte von The Metropolis lesen konnte.
Es war die Art, wie sie schließlich das Heft schloss und das Kinn reckte, die mir völlige Klarheit verschaffte. Ihr Blick traf mich, sie lächelte freundlich, auf eine gewisse Weise distanziert – so wie ich es von Spencer kannte.
In meinem Kopf ging just in diesem Moment ein Licht an. Der Grund, wieso ich den Blick nicht von der eleganten Frau nehmen konnte, war die Tatsache, dass mich ihre Augen an Spencers erinnerten. Sie waren genauso grau, wie seine.
Im selben Atemzug ging das Licht aus, die Lautstärke hoch und das Konzert begann.
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