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Kaum, dass wir ins Flugzeug gestiegen waren, verriegelte sich die Tür hinter uns. Bemüht meine Schnappatmung zu verbergen, holte ich bewusst tief Luft und versuchte die Atemzüge zu verlangsamen. Mein Herz hämmerte immer noch protestierend in der Brust. Schnell warf ich einen schnellen Seitenblick auf den jungen Mann - der bei genauerer Betrachtung ungefähr in meinem Alter sein musste . Er hatte bereits auf die nächste Stewardess zugesteuert und zeigte ihr sein Flugticket vor. "Selbstverständlich", lächelte sie und machte eine verbeugende Geste. "Folgen Sie mir bitte." Da drehte sich der junge Mann noch einmal zu mir um und schenkte mir ein kleines Lächeln. "Na dann... guten Flug." Schüchtern winkte er mit der Hand. Ich lächelte. "Danke, dir auch." Er wandte sich ab und folgte der Stewardess in die Business Class... wow... Er flog Business Class und mein Unternehmen ließ mich knallhart Economy fliegen. Ich nahm mir vor, nochmal mit meinem Geizkragen von Chef zu sprechen, sobald ich zurück nach Seoul käme und setzte den Punkt auf meine ToDo-Liste, die ich mir für die Arbeit erstellt hatte.

Der Flug zog sich hin. Zwischen schreienden Kindern und trinkenden Fluggästen zu sitzen, war nun wirklich nicht angenehm. Bereits kurz nach Abflug vom Flughafen, kramte ich deshalb meine Kopfhörer aus der Tasche und startete meine Playlist auf Spotify. Zusätzlich suchte ich nochmal meine Reiseunterlagen und den erstellten Arbeits-Plan hervor, der für die nächsten zwei Wochen mein ständiger Begleiter sein würde. Position für Position ging ich den Plan durch und machte mir Checkpoints für alle anstehenden ToDo's nach der Landung. 


Vierzehneinhalb Stunden galt es nun, sich zu beschäftigen und die Nerven unter den anderen Fluggästen zu behalten. Als mich dicke Spritzer des Kotzstrahls eines Kleinkindes neben mir trafen und meine weiße Bluse befleckten, schloss ich die Augen und versuchte ruhig zu bleiben. Atmen... das ist der Trick... einfach weiteratmen... Doch das war leichter gesagt als getan... meine Wechsel-Klamotten lagen sauber gefaltet in meinem Koffer im Verladeraum...in diesem Moment also unerreichbar.


Als wir endlich am JFK International Airport landeten, war ich eine der Ersten, die aufsprangen und sich ihren Weg den Gang zu Tür... nun ja... schon beinahe durchboxten. Nichts wie raus, zum Gepäckband und dann die stinkende Bluse wechseln! Meine Laune war auf dem 0-Level angekommen und hob sich nur leicht bei dem Gedanken daran, was mich außerhalb des Flughafens erwarten würde. Glücklicherweise fand ich am Gepäckband direkt meine Koffer, zog sie etwas unelegant vom Band runter und flitzte mit ihnen zur nächsten Damentoilette. Wieder frisch und vorzeigbar verließ ich schließlich das Gebäude auf der Suche nach meinem Fahrer.

In einer Reihe von parkenden, elegant geschnittenen, schwarzen PKW's, fand ich meinen Fahrer, der mir mit einem Pappschild mit der Aufschrift 'Cha Mila' erwartungsvoll entgegenblickte. Ich stieg ein und wir fuhren los. Doch kaum ließ der Adrenalinspiegel nach, stellte sich auch schon bald darauf die Müdigkeit bei mir ein. Erschöpft blinzelte ich, blickte dann aus dem Fenster und staunte träge über diese atemberaubend hohen Wolkenkratzer, die sich als mächtige Giganten aus Glas, Stahl und Beton in den sich langsam verdunkelnden Himmel streckten. Es gab Ähnlichkeiten zu Seoul und dennoch war es gleichzeitig so anders. 

Gerade standen wir an einer Ampel, als ein weiterer schwarzer Wagen mit getönten Scheiben neben uns hielt. Mit verträumten Augen, heftete ich meinen Blick auf die verdunkelte Scheibe, in der sich ein weiterer hoher Wolkenkratzer spiegelte. Plötzlich wurde die Scheibe ein Stück herunter gelassen und ich blickte einem Paar dunkler, mandelförmiger Augen entgegen. Die Scheibe surrte weiter runter und da erkannte ich ihn - den Typen vom Incheon Flughafen! Er winkte und schenkte mir ein breites Grinsen. Automatisch erwiderte ich es und winkte wie eine Idiotin zurück. Die Wagen fuhren langsam wieder an. Der Mann mit dem Augenbrauen-Piercing ließ die Scheibe wieder hochfahren und fuhr mit seinem Fahrer davon.

Nur kurze Zeit später lud mich mein Fahrer an meinem Hotel aus und nahm meine Koffer noch bis zur Rezeption für mich mit. Dann war ich endgültig auf mich gestellt. Müde betrat ich nach dem Check-In den Fahrstuhl und fuhr mit diesem in meine Etage hoch. Im kleinen aber modernen Hotelzimmer angekommen, verstaute ich meine Sachen im Schrank und im Bad auf dem Regal, ging duschen, zog mir nochmal kurz Alltagskleidung an und ging dann runter ins Restaurant zum Abendessen. Als ich danach wieder oben auf meinem Zimmer ankam, legte ich mir meine Sachen für den morgigen Tag über die Stuhllehne, ging dann Zähne putzen, checkte nochmal meinen Plan für morgen und fiel danach müde in die unerwartet weichen Kissen meines Bettes.

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