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Oh fuck, fuck, fuck, fuck, FUCK! - fluchte ich still, während ich hektisch mit meinen Koffern im Schlepptau auf meinen High Heels über die spiegelnden Fliesen des Incheon Flughafens in Richtung Check-In Schalter stöckelte. Warum hatte ich mich doch gleich für die Dinger entschieden?! Hätte ich mir gestern schon Gedanken zu meinem Outfit gemacht, wäre ich heute nicht erst in letzter Sekunde losgehechtet, um die Bahn zum Flughafen noch rechtzeitig zu erwischen. Still verfluchte ich mich über meine sagenhaft ätzende Gabe, meine Entscheidungen bezüglich meiner Outfits immer wieder in letzter Sekunde zu ändern. Grrr!
Doch da fluchen bekanntlich nicht weiterbrachte, beschloss ich, mich nun auf meine eigentliche Mission zu konzentrieren: Den Check-In von Flug KE07541 durchzuführen und dann weiter durch die Sicherheitskontrolle zum Gate gelangen, bevor mein Flieger abheben würde!
Es war wichtig, dass ich den Flieger erwischte! Denn dieser Flieger würde mich nach New York bringen, wo ich von meinem Unternehmen hin entsandt worden bin, um einem jungen koreanischen Künstler zu unterstützen, indem ich mich um die Übersetzung seines neuen Minialbums in die englische Sprache kümmern würde, während er sein aktuell erschienenes Album promotete. Gleichzeitig würde ich jedoch auch als Dolmetscherin bei Auftritten in Talkshows fungieren.
Ich sah diesen Arbeitsauftrag als eine riesen Chance an, meine Karriere weiter voran zu treiben und eines Tages eine der gefragtesten Dolmetscher aller Zeiten zu werden. Und ja, das war wirklich mein Ziel!
Die Dame am Check-In warf mir zwar einen Blick zu, der deutlich machte, was sie von gehetzten Fluggästen unter Zeitdruck wie mir hielt, dennoch erbarmte sie sich und nahm mir die Koffer rasch ab, um sie zur Verladestation zu schicken. Ich bedankte mich mit mehreren tiefen Verbeugungen und flitzte dann, so schnell ich auf diesen verdammten Schuhen konnte, weiter zur Schlange am Sicherheitsschalter.
Während ich wartete, zuckte mein Blick immer wieder unruhig zur Uhr, die über den Köpfen der Pass-Kontrolleure hing. Das Boarding hatte bereits begonnen. Verdammt! Besorgt zählte ich die Menschen, die noch vor mir standen: 1, 2, 3, 4... 10 Menschen. Sofort begann mein Hirn die Kontrollzeit pro Fluggast im Kopf zu überschlagen. Wenn alles gut lief, wäre ich in 30 Minuten hier raus! Allerdings wäre dann auch das Boarding beinahe vorbei. Frustriert gruben sich meine Nägel in die Handflächen, als ich meine Hände zu Fäusten ballte, um mich zu zügeln. Doch es blieb mir nichts anderes übrig als weiter hier zu stehen und zu warten. Seufz.
27 Minuten später sprintete ich die Gates auf er Suche nach meinem Abflugterminal ab. Erneut ertönte die Ansage meines Flugs zum letzten Aufruf. Argh! Meine Seiten stachen bereits von der unregelmäßigen Atmung und meine Schienbeine schmerzten von dem strammen Tempo, doch ich durfte jetzt nicht schlapp machen. Stöckel, Stöckel, Stöckel... Klapper, Klapper, Klapper...
Da! Endlich! Gate 48! Ich setzte zu einem letzten Schnellsprint an und rannte prompt in einen jungen maskierten Mann, der just diesem Moment meinen Weg schnitt. Auch er hatte ein ordentliches Tempo drauf. In einem Reflex klammerten wir uns erschrocken aneinander, bevor wir eng umschlungen gemeinsam zu Boden flogen.
Durch die Wucht des Tempos, das er draufhatte (und den beachtlichen Muskeln, wie ich bald darauf feststellte), landete er auf mir und presste mir unbeabsichtigt die Luft aus meinen Lungen. "Uff!", entfuhr es mir, als sein Gewicht auf mir lastete. Doch schon kurz darauf rappelte er sich auf und bot mir die Hand zum Aufstehen an. "Entschuldige, ich habe dich nicht gesehen. Ich muss meinen Flug erwischen!", sprach er so schnell, dass ich ihn beinahe nicht verstand. Ich ergriff seine Hand, die auf dem Rücken und Fingerknöcheln mit Tattoos übersäht war und ließ mir hochhelfen. "Alles gut... wir sind wohl beide ziemlich in Eile." Als ich wieder auf den Beinen war, warf ich einen raschen Blick auf den jungen Mann.
Seine Haare waren etwas länger und fielen ihm unter dem schwarzen Fischerhut in die Stirn. Ich entdeckte mehrere Ohrringe an beiden Ohren und ein Augenbrauen-Piercing an seiner rechten Braue. Seine dunklen Augen erwiderten nur kurz meinen Blick. "Tut mir leid, ich muss weiter..." Als er die Richtung einschlug, in die ich ebenfalls gehen musste, rief ich: "Flugnummer KE07541?" Abrupt blieb er stehen und drehte sich nach mir um. "Ja..?" Er zog den Vokal in die Länge. "Ich auch!", war alles, was ich rausbrachte, während ich meine Tasche erneut schulterte und mich zum weiterhechten bereitmachte. Als er die Maske runterzog, kam ein einladendes Lächeln zum Vorschein. Er streckte die Hand aus und hielt sie mir hin. "Gemeinsam?", fragte er amüsiert.
Ich griff seine Hand und gemeinsam rannten wir das letzte Stück zu Gate 48. Die Stewardess bemerkte uns im letzten Moment und öffnete noch einmal für uns das Absperrband. Wir bedankten uns mehrfach bei ihr und liefen dann vor ihr her in die riesige Boeing747.
New York, ich komme!
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